Vorwort
Mit 21 Jahren bin ich in den zentralafrikanischen Urwald gereist. Der Grund war eine verheerende Kindersterblichkeit in einem Stammesgebiet des Kamerun, nahe der nigerianischen Grenze, bei der ich helfen wollte. In meiner Nachbarschaft in Kitzbühel, wo ich aufgewachsen bin, starb ein zweijähriges Kind an einer Hirnhautentzündung. Die Ursachen blieben im Dunkeln. Dieses Schicksal hat mich bereits als Jugendlicher schwer belastet.
Als ich vom Ausbruch einer Schlafkrankheitsepidemie im Kamerun erfuhr, war mein Entschluss gefasst. Ich reiste zum Volk der Bangwa. Der Ort, in dem ein kleines Tropenspital lag, das ich aufsuchen wollte, hieß Fontem. Da sich unsere Ankunft um einen Monat verzögerte – das Schiff der Deutschen Ostafrika-Linien Gesellschaft, auf dem wir anheuern sollten, war defekt geworden –, hatte niemand mehr im Hafen von Douala auf uns gewartet. Wir kamen mit dem Flugzeug aus Brüssel. Es war Regenzeit, und wir waren sehr deprimiert. Gestrandet in einem fremden Land. Erst, nachdem wir die Anreiseroute ausgekundschaftet hatten, konnten wir in den Nordwesten des Landes aufbrechen. Wir hatten nur einen kleinen Zettel, auf dem der Name des Ortes stand. Es war eine beschwerliche Reise mit Buschtaxis in ein Niemandsland voller Rebellen. Doch mein Mut sollte sich lohnen, denn dieser Aufenthalt veränderte mein ganzes Leben.
Schon als Jugendlicher hatte ich mich gefragt, wie eine Frau spürt, dass sie schwanger ist, und wie sie dann die Schwangerschaft erlebt. Frauenärzte versicherten mir, es gebe einige untrügliche Anzeichen wie Übelkeit, Müdigkeit, geringen Scheidenausfluss oder Spannungsgefühle in den Brüsten. Ich bin sicher, es gibt auch noch weitere. Heißhunger, Ekel vor bestimmten Speisen, Schwindel und vermehrter Harndrang sowie eine untrügliche innere Stimme. Auch schien mir manchmal die Schwangerschaft im Westen wie eine Bürde, begleitet von der Angst um den Schmerz bei der Entbindung. Damals, im afrikanischen Urwald, schien alles anders.
Die Schwangeren saßen in kleine Gruppen zusammen, hatten meist noch ein Kleinkind auf den Rücken gebunden, lachten und waren unbeschwert. Der Schein aber trog. Eine Geburt südlich der Sahara ist fast immer eine Risikogeburt. Hier kam es darauf an, dass die Rasierklinge, die man zum Trennen der Nabelschnur verwendete, nicht zu sehr verrostet war. Dennoch, ich fühlte das Glück und die Hoffnung dieser meist noch sehr jungen Schwangeren.
Kannten sie dort auch eine bestimmte Nahrung, die besonders der Schwangeren gut bekommt? Fragen brachte nichts, beobachten schon. Sie aßen eigentlich wie immer. Viel Maniok, Kochbananen und Gemüse. Und dann bemerkte ich etwas Ungewöhnliches. Einige lutschten kleine Steinkrümel, und es schien, dass sie diese auch verschluckten. Mein erster Gedanke war: Handelt es sich um eine übliche Praxis? Tatsächliche war es eine Unsitte geworden, den Mineralhaushalt durch Steinlutschen zu decken. In Kenia haben es Ärzte bereits als eine Krankheit namens Pica diagnostiziert. Die Schwangeren deckten offenbar auf diese Weise ihren Eisen-, Kalzium- und Mineralstoffhaushalt. Meine Erlebnisse als junger Mann in Afrika waren damit der Anfang einer langen Beschäftigung mit der Kinderernährung vor und nach der Geburt.
Interessante Themen und vielfach unbeachtete Dinge rund um die Ernährung vor der Zeugung, in der Schwangerschaft, nach der Geburt und als Kind und Jugendlicher haben uns inspiriert, dieses Buch aus der Serie EssMedizin zu schreiben. Begleiten Sie uns auf dieser spannenden Reise. Lassen Sie uns gemeinsam kluge Wege finden, eine gesunde Kindheit zu gewährleisten, unsere Kinder nach ihren Bedürfnissen zu ernähren und ihnen Stütze zu sein, wenn Krankheit droht. Abseits aller Zwänge, Mythen und Märchen der Lebensmittelindustrie und übereifriger Impfärzte. Lassen Sie uns auch einige Gedanken finden, die bereits den glücklichen Startpunkt festlegen und ein gesundes Kind entstehen lassen.
Nichts von alledem, was wir hier aufschreiben, soll verletzend sein und die Entscheidung des Einzelnen einschränken. Dennoch möchten wir es hier nicht versäumen, einige vielfach unbekannte Dinge anzusprechen. Wir möchten Ihnen unser Wissen anbieten und an vielen Stellen Rat geben.
Betrachten wir vorerst andere Säugetiere und lassen uns von ihrem Verhalten inspirieren. Das Tierreich kennt hier viele Möglichkeiten der Paarbildung, die meisten sind nicht sehr romantisch. Das Murmeltier (Marmota marmota) hat keine Zeit für nutzloses Werben. Energiespendende Nahrung ist wichtig. Der Nachwuchs wird gezeugt, und kurz nach der Geburt beginnt schon der Überlebenskampf. In einer sehr kurzen Vegetationszeit müssen jene Kräuter gefunden werden, die Prostaglandine liefern, welche die Murmeltiermutter über die Muttermilch an den Nachwuchs weitergibt. Ohne diese Botenstoffe kann dieser den ersten Winterschlaf nicht beenden und im Frühjahr munter werden. Von den Murmeltieren sollten wir lernen. Nicht nur die Qualität der Muttermilch, sondern das gesamte Ernährungsverhalten ruft zur Nachahmung auf. Das Murmeltier achtet schon vor der Zeugung auf gesunde Nahrung und setzt dieses Verhalten auch während der Aufzucht fort. Dann muss alles schnell gehen. Denn im Tierreich wird die Ernährung an die Fortpflanzung gekoppelt, bei uns an leibliche Genüsse und Konsumträume.
Es sind nur knapp 20 Zentimeter von der Scheide bis zum Eileiter der Frau. Doch dieser Weg gleicht einem Hindernislauf. Wer sich schlecht bewegt, kommt nicht ans Ziel. Sind unsere Spermien nicht fit genug, wird das nichts mit einer Befruchtung. Die Chance jeder Samenzelle, neues Leben zu erschaffen, ist verschwindend gering. Sie beträgt weniger als 1 zu 500 Millionen. Gelöst hat dieses Problem die Natur durch die Masse der Spermien, die sich auf den Weg machen. Aber gerade hier beginnt ein neues Problem: Wir Männer produzieren immer weniger davon. Der Kinderwunsch wird also in unserer Gesellschaft zu einer Frage der Qualität und Menge der Spermien. Französische Forscher haben das jetzt in einer Langzeitstudie untermauert. Finden sich weniger als 20 Millionen Spermien in einem Milliliter Spermienflüssigkeit, beginnt eine Versorgungskrise. Kommen dann auch noch genetische Defekte und Fehlbildung hinzu, droht Unfruchtbarkeit. Glaubt man dem Gießener Andrologen Hans-Christian Schuppe, sind auch schon die Risikofaktoren sichtbar. Eine erhebliche Gefahr ist dabei die Fettleibigkeit, dicht gefolgt vom Rauchen. Fettleibigkeit ist eine chronische Entzündungserkrankung. Damit werden für mich, als ganzheitlich denkendem Biochemiker, alle chronischen Entzündungserkrankungen zu einem Risiko für gesunde Spermien.
Eigentlich ist ja jetzt alles klar, möchte man meinen. Wer auf Zigaretten verzichtet und auf sein Gewicht achtet, ist klar im Vorteil. Die Spurensuche nimmt jetzt aber erst Fahrt auf. Möglicherweise droht der gesamten Männerwelt, und auch den Frauen, eine weitere große Gefahr für gesunde Spermien und Eizellen neben dem Rauchen und der Fettleibigkeit. Körpermodifikation ist das Schlagwort, weniger romantisch nennt sich das Tattoo. Jeder fünfte Deutsche ist tätowiert. Tendenz steigend. Es geht eine Welle der Begeisterung rund um den Erdball. Sie hat etwas mit Körperkult und Schmerzmasochismus zu tun. Gut möglich aber, dass dieser Trend, seinen Körper mit Tattoos zu modifizieren, zur größten biologischen Katastrophe für die Fortpflanzung des Menschen wird. Hautirritationen, chronische Entzündungen und Immunschwäche sind als Folgeerscheinung von Tätowierungen keine guten Vorzeichen für gesunde Spermien und Eizellen. Es ist hier in jedem Fall noch etwas Vorsicht geboten, ob erste klinische Prüfungen Entwarnung geben. Dazu wird es aber nach meiner Einschätzung nicht kommen, denn Gift bleibt Gift. Dazu mehr in Kapitel 7 unter »Körpermodifikation mit Folgen«.
Wie ist nun aber kurzfristig auf die bekannten Risiken zu reagieren, oder:
Was können wir ändern?
Besonders die Männer sind gefordert. Achten Sie täglich auf einen gesunden Leberstoffwechsel. Entlasten Sie Ihren Darm und fördern Sie...