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E-Book

Munkey Diaries

Die privaten Tagebücher - Mit exklusivem Fotomaterial

AutorJane Birkin
VerlagPenguin Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl352 Seiten
ISBN9783641252632
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Jane Birkin unplugged: Die Ikone der 70er veröffentlicht ihre Tagebücher
Der Skandalsong Je t'aime mit Serge Gainsbourg und Filme wie Blow Up und Der Swimmingpool machten Jane Birkin weltberühmt, die Birkin Bag ist zum zeitlosen Accessoire geworden. Munkey Diaries sind die persönlichen Aufzeichnungen der Stil-Ikone, vom Swinging London bis ins Paris der 60er- und 70er-Jahre. Ungeschönt, ehrlich, das intime Porträt eines Frauenlebens. Liebe und Verlust, Begierde und Einsamkeit, eine weibliche Symbolfigur, die sich selbst nie als solche sehen konnte. Birkin erzählt von den Begegnungen, die ihrem Leben die entscheidenden Wendungen gegeben haben, von der Beziehung zu ihren Töchtern und deren Vätern. 'In Birkins Tagebüchern geht es nicht um die Filme, die sie gedreht hat, und auch nicht um die Lieder, die sie gesungen hat. Es geht um sie, das Mädchen, die Frau, die Mutter.' (Der Spiegel)

Jane Birkin (1946-2023) wurde in London geboren. Als Schauspielerin bekannt wurde sie durch ihre Rolle in Michelangelo Antonionis Film 'Blow Up' (1967). 1969 nahm sie mit Serge Gainsbourg das Lied 'Je t'aime ... moi non plus' auf, das für einen Skandal sorgte und das Paar international berühmt machte. Es folgte eine einzigartige Karriere in Musik und Film mit 13 veröffentlichten Alben und Rollen unter bedeutenden Regisseuren. Birkin führte auch selbst Regie. Aus ihren Beziehungen mit John Barry, Serge Gainsbourg und Jaques Doillon hatte sie drei Töchter; Charlotte Gainsbourg und Lou Doillon sind ihrerseits bekannte Schauspielerinnen.

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Leseprobe

Ich bin am 14. Dezember 1946 in einer Londoner Klinik geboren, viel zu früh, mit siebeneinhalb Monaten. Man hat mich und einen kleinen Jungen auf den Heizkörper gelegt, in einer Box, die mit einer nassen Windel zugedeckt war. Inkubatoren gab es noch nicht. Mama sagte, sie habe nach dem Frühstück angefangen mich zu verlieren. Man machte einen Kaiserschnitt bei ihr, von oben bis unten. Sie hat sich nie beklagt, sie sagte, es war eine Befreiung, kein Todeskampf wie im Jahr zuvor bei meinem Bruder Andrew, der genau bei Kriegsende zu Hause geboren worden war.

Mein Vater, David Birkin, stammte aus der Spitzenhändler-Bourgeoisie, Birkin Lace, in Nottingham, seine Mutter war eine geborene Russell aus dem verarmten Adel; ihr Papa clergyman und Enkel eines Lords. Mein Vater sah infolge einer schiefgegangenen Nebenhöhlenoperation alles doppelt. Er hatte Lungenblutungen und war sehr anfällig. Als er achtzehn war, betete seine Tante, Gott möge ihm diesen Leidensweg ersparen und ihn zu sich nehmen! Nach dem Studium in Cambridge, wo er Chirurg werden wollte, wurde er – welche Ironie! – weiteren katastrophalen Eingriffen unterzogen und zur Erholung in die Schweiz geschickt. Bei Kriegsausbruch kehrte er nach England zurück und versuchte alles – vergeblich, wegen seiner Gesundheit –, um in die Armee aufgenommen zu werden. Sein ältester Bruder war in der Armee, der zweite ein brillanter Pilot, und er, der jüngste, schaffte es schließlich dank seiner Ausdauer in die Royal Naval Volunteer Reserve, die Freiwilligen-Reserve der Marine. Er absolvierte die einjährige Grundausbildung, danach ein Spionagetraining und einen Crashkurs in Navigation; als einfacher Matrose auf Schiffsattrappen an Land hatte er noch nie einen Fuß auf ein Schiff gesetzt, aber als guter Mathematiker war er dafür begabt. Er erfuhr, dass es die Möglichkeit gab, auf den beiden Schiffen anzuheuern, die zwischen Frankreich und England hin- und herfuhren, er und sein Freund Peter Williams1, der das sister-ship steuern würde, bewarben sich, und schon bald wurden ihnen die nächtlichen Missionen von Dartmouth an die bretonische Küste und von Aber-Wrach nach Paimpol anvertraut. Er, der Navigator, brachte Free French und Spione hinüber und englische und kanadische Flieger, die von der französischen Résistance versteckt worden waren, zurück. Jeden Monat mussten sie die mondlosen Nächte abwarten, um vor der Nase der Deutschen über die unruhige, dunkle See zu navigieren, ohne Sonar und Licht, er wurde furchtbar seekrank in seiner kleinen Kabine, das Schiff wurde von den Wogen herumgeworfen und die Karten fielen herunter. Von all den Missionen hat er keine einzige verpatzt …

In diesen beiden Kriegsjahren musste mein Vater seine Blutungen vor den Militärs verheimlichen; er bat jemanden, während der Eingriffe bei ihm zu bleiben, falls er unter der Narkose anfangen würde zu reden und Geheimnnisse zu verraten. Er hat diesen Krieg heimlich geführt und riskierte, die Schiffe und die französischen Widerständler, die auf ihn zählten, zu verlieren. Gegen Ende des Krieges sagte meine Mutter in einer Londoner Telefonzelle zu ihm: »Ich glaube, ich weiß, was du tust …«. Eine Frau hatte auf einer Cocktail-Party erzählt, dass ihr Sohn übers Meer, nicht durch die Luft, aus Frankreich zurückgekehrt sei, und mein Vater hatte geantwortet, diese Glucke müsse man zum Schweigen bringen!

Nach dem Krieg hat er keinen Fuß mehr auf ein Schiff gesetzt. Er hat uns sehr spät davon erzählt, um 1967 herum, wegen des Official Secret Act, der die Agenten zur Geheimhaltung verpflichtet. Dabei haben ihm seine geheimen Missionen das DSC (Distinguished Service Cross) aus der Hand des Königs eingebracht. Seine Bewunderung galt immer den Franzosen, den Bretonen, besonders Joe Mainguy, dem Chef des Widerstandsnetzes, der es bis zu seinem Tod ablehnte, dass eine Straße nach ihm benannt wurde, und Tanguy, dem Automechaniker in Lannilis, der auf seinem Dachboden englische Flieger versteckte und in einem Lastwagen, unter Algen verborgen, zu einem bei Ebbe erreichbaren Inselchen brachte, wo sie mein Vater bei Flut abholen konnte. Einmal zu Weihnachten waren die Flieger nicht wie vorgesehen auf dem Felsen, und mein Vater musste vor Tagesanbruch nach Dartmouth zurückkehren, wo er und seine Mannschaft sich, traurig, weil sie niemanden angetroffen hatten, betranken. Dann erhielten sie die Nachricht: »Die Hemden von Jean-Pierre liegen in der Wäscherei bereit« oder »Der Liguster blüht«, und sie mussten in derselben Nacht wieder los, um die Flieger heil nach Hause zu holen. Er war es auch, der François Mitterrand von Dartmouth zur Pointe de Beg an Fry brachte … Nach Papas Tod sind Mama und ich die ganze bretonische Küste entlanggefahren und haben an jeder Stelle, wo er während des Kriegs gelandet war, etwas von seiner Asche verstreut. An jeder Station erwarteten uns ehemalige Widerstandskämpfer, und als wir am Bonaparte-Strand ankamen, trafen wir Joe Mainguy. Er nahm eine Handvoll von Papa, warf die Asche ins Meer und sagte: »Adieu, David.«

Die Mutter meiner Mutter war Schauspielerin, sie hatte meinen Großvater geheiratet, der ebenfalls Schauspieler war. Er kam aus bescheidenen Verhältnissen in Norfolk und hatte seinen Namen, Gamble, in Campbell geändert, um die Rolle eines Schotten zu bekommen. Er und meine Großmutter schrieben Melodramen und eröffneten in Grantham ein Theater, das sie später in ein Kino verwandelten, das erste in Nordengland. Meine Mutter, Judy, verbrachte ganze Tage dort, sie sagte, ihre Bildung verdanke sie hauptsächlich den Filmen, die sie jeden Tag auf dem Schoß der Platzanweiserin sah. Von Zeit zu Zeit kam ein anderes kleines Mädchen in dieses Kino: Margaret Thatcher.

Meine Mutter ist nach London gegangen, um Schauspielerin zu werden, sie war außergewöhnlich schön; sie wurde für Rollen aus dem klassichen Repertoire eingesetzt und hat auch in einigen Filmen gespielt, darunter einer mit David Niven, oder in Achtung: Grün (Green for Danger), aber ihr Ding war die Bühne. Eric Maschwitz hat für sie A Nightingale sang in Berkeley Square geschrieben, das sie während der Bombardierungen Londons abends im Theater sang, mit ihrer gebrochenen Stimme, weil sie lieber auf der Bühne blieb, als in der Untergrundbahn Schutz zu suchen, die ihr Angst machte … Die Leute haben mir von ihrer Grazie erzählt und ihrem Humor … bei jedem »Bumm«, der rechts und links London zerstörte, applaudierte das Publikum ihr stehend. Der berühmte Dramatiker Noël Coward sah sie eines Abends und bat sie, für die Gäste, die wie er und sie nicht in die Schutzräume gegangen waren, »Nightingale« zu singen, und sie hatte den Mut, es zu tun. Sie wurde seine Muse und die leading lady in seinen Komödien, sie spielten für die Truppen, Shows in ganz England, um die Moral aufrechtzuerhalten. Während eines Bombenangriffs wurde ihre Wohnung zerstört, und ich habe sie einmal gefragt: »Was hast du mitgenommen?« Sie sagte: »Schiaparelli shocking pink perfume – wenn dir für die Moral nichts mehr bleibt, bleibt noch das Überflüssige.« Jahre später, als ich nach Sarajewo fuhr, habe ich in meinem Rucksack Lippenstifte von Guerlain, Parfumfläschchen und seidene Unterwäsche für die Schülerinnen mitgenommen … meine Mutter hatte recht, das Überflüssige!

Mama teilte sich in London die Wohnung mit zwei befreundeten Schauspielerinnen, Sarah Churchill2 und Penelope Reed, genannt Pempie, der Cousine meines Vaters. Durch sie lernten sie sich kennen: Pempie sagte zu meiner Mutter: »Wenn du nur meinen Cousin David kennen würdest, er ist göttlich«, und zu meinem Vater: »Wenn du meine Freundin Judy kennen würdest, sie ist die hinreißendste Frau auf der Welt.« Mama und er haben 1944 geheiratet, es wurde für die Wochenschau aufgenommen, denn meine Mutter war sehr berühmt. Sie sahen herrlich distinguiert aus. Papa mit einer Augenklappe, Mama als film star, angezogen von Victor Steibel, dem größten Modeschöpfer seiner Zeit, der mein Pate wurde, zwischen Sarah Churchill, meiner Patin, und Pempie. Diese Heirat war für Papas Familie eine wunderbare Nachricht … Meine Großmutter hatte drei Söhne und einen Mann, der sich hauptsächlich für den Krieg begeisterte, den ersten, den zweiten und alle anderen, sogar für die, zu denen er nicht eingeladen war! Eine Tochter in der Familie zu haben hieß daher für meine Großmutter: endlich eine Verbündete … Eine Katastrophe hingegen war es für Mamas Eltern, die sich für ihre Tochter eine glänzende Theaterkarriere erhofften … Dabei hatte mein Vater versprochen, dass sie weiterhin würde spielen können, dass er sie nie daran hindern würde … promises, promises!

Ein Jahr danach wurde Andrew geboren und im Jahr darauf ich. Meine kleine Schwester Linda kam vier Jahre später zur Welt, und Papa hat uns und Mama auf eine Farm gebracht, was sein Traum und für uns ein Paradies war, aber es war gerade ein bisschen zu weit für Mama, um abends in London auf der Bühne stehen zu können … Es gab eine weitere Farm in Henley-on-Thames, dann musste Papa sich so oft operieren lassen, dass wir in die Nähe von London zogen. Vielleicht hat er auch nachgegeben, damit Mama den Theatern näher war. Sie kauften also ein großes viktorianisches Haus in Chelsea, Cheyne Gardens. Andrew ist, glaube ich, mit sechs Jahren ins Internat geschickt worden, wie viele kleine Jungen aus guten Familien in England. Am Anfang blieb er nur während der Woche dort, aber bald, da Benzin rationiert war und meine Mutter glaubte, er amüsiere sich gut, haben sie ihn – ein übereilter Entschluss –...

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