|15|1 Grundlagen der Pflege
|16|1.1 Überblick über Pflegemodelle
Modelle sind hilfreich, wenn es darum geht, einen theoretischen Sachverhalt zu verdeutlichen, ihn verständlich und anschaulich zu erklären. Sie sind Abbild der Wirklichkeit, ohne Wirklichkeit zu sein. Beispiel: Anatomisches Modell des Herzens.
Pflegemodelle orientieren sich am Menschen und berücksichtigen gesundheitliche und gesellschaftliche Aspekte sowie Umweltfaktoren. Sie sind sehr theoretische Gebilde und es gibt kein allgemeingültiges Pflegemodell.
Pflegemodelle:
definieren Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche professionell Pflegender
helfen dabei, die individuelle Pflegeplanung zu strukturieren
sollen Pflegende dabei unterstützen, z. B. chronisch kranke Menschen in ihrer Ganzheitlichkeit und Individualität zu sehen
fördern Verständnis für pflegebedürftige und (chronisch) kranke Menschen
liefern Argumente für ethisches Handeln
dienen der Qualitätssicherung.
Unterschiedliche Pflegemodelle
a) Bedürfnismodelle
Hier steht die Problemlösung bzw. Bedürfnisbefriedigung im Mittelpunkt. Beispielsweise beschrieb Virginia Henderson 14 Grundbedürfnisse des Menschen.
Nancy Roper formulierte zwölf Lebensaktivitäten (LA), Liliane Juchli entwickelte die zwölf Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL), Monika Krohwinkel beschrieb auf dieser Grundlage 13 ABEDL. ABEDL bedeutet: Aktivitäten, Beziehungen und existenzielle Erfahrungen des Lebens.
|17|Dorothea Orem beschrieb in ihrem Bedürfnismodell Selbstpflegedefizite bzw. Selbstfürsorgedefizite, die kompensiert werden müssen, um individuelle Bedürfnisse selbstständig befriedigen zu können.
b) Interaktionsmodelle
Die Pflegebeziehung steht bei diesen Modellen im Vordergrund, dies beinhaltet die Art und Weise der Kommunikation sowie die Beziehung zwischen Patient und Pflegeperson. Hildegard Peplau ist eine bekannte Vertreterin dieser Theorie.
c) Ergebnismodelle
Bei diesen Modellen wird die Pflege aus der Sicht des Ergebnisses entwickelt. Bekannte Vertreter sind M. Rogers und C. Roy (s. Tab. 1-1).
Bedürfnismodelle | Ein gesunder Mensch befriedigt seine Bedürfnisse normalerweise selbstständig, z. B. Essen, Trinken, Bewegen; bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit kann jedoch Unterstützung erforderlich sein. Die Pflegeperson unterstützt dann bei der Bedürfnisbefriedigung. Beispiele: Bedürfnismodelle nach D. Orem, J. Juchli, M. Krohwinkel |
Interaktionsmodelle | Pflegebeziehung im Mittelpunkt. Beispiel: Interaktionsmodell nach H. Peplau |
Pflegeergebnismodelle | Ergebnis der Pflege und das Wohlbefinden des zu Pflegenden stehen im Mittelpunkt. Beispiele: Ergebnismodelle nach C. Roy, M. Rogers |
(Quelle: vgl. Zenneck, H. U. (Hrsg.). (2012). Altenpflege in Lernfeldern – Pflege, Krankheitslehre, Anatomie und Physiologie. Stuttgart: Thieme Verlag, S. 17.)
|18|1.2 Pflegeprozess und Pflegeplanung
1.2.1 Was versteht man unter dem Pflegeprozess?
Der Pflegeprozess umfasst das theoretische Handwerkzeug für die Pflege. Der Pflegeprozess (theoretisch) ist eine systematische Arbeitsmethode, mit der alle Maßnahmen für den pflegebedürftigen Menschen erfasst, geplant, durchgeführt und evaluiert werden und stellt somit eine Checkliste dar.
Der Pflegeprozess beinhaltet grundsätzlich folgende Teilaspekte:
Problemlösungsprozess: Pflegepersonen suchen nach Lösungen, z. B. Ressourcen oder individuelle Fähigkeiten, mit denen pflegebedürftige Menschen ihre Beeinträchtigungen kompensieren können, um am Alltag teilzuhaben und sich wohl zu fühlen.
Beziehungsprozess: Pflege gelingt nur, wenn Pflegende eine gute Beziehung, eine Vertrauensbasis, zur pflegebedürftigen Person aufbauen.
Pflegedokumentation: Pflegeassistenten dokumentieren alle Aktivitäten, Befindlichkeiten und Wünsche der Person. Das ist einerseits für den Informationsaustausch erforderlich sowie andererseits für die Transparenz der Pflege. Letztlich gilt die Dokumentation als Nachweis erbrachter pflegerischer Leistungen sowie als juristischer Nachweis.
Je nach Modell beinhaltet der Pflegeprozess vier bis sechs Phasen, die der gesetzlich vorgeschriebenen Pflegedokumentation dienen.
1.2.2 Modell nach Fiechter/Meier
Das Modell nach Fiechter/Meier wird im Pflegebereich am häufigsten angewandt und beinhaltet folgende sechs Phasen (Fiechter & Meier, 1981, S. 31):
Informationssammlung über den zu Pflegenden
Erkennen von Ressourcen und Problemen des zu Pflegenden (Erhebung des Pflegebedarfs)
|19|Formulierung der Pflegeziele
Planung der Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen
Durchführung der Maßnahmen
Beurteilung (Evaluation), ob die Maßnahmen zum Erreichen der Ziele beigetragen haben.
Auf dieser Grundlage wird die Pflege für jede pflegebedürftige Person individuell geplant (s. Abb. 1-1).
|20|1.2.3 Pflegeplanung
Informationssammlung (Pflegeanamnese)
Die Informationssammlung zielt darauf ab, den aktuellen Allgemeinzustand der zu pflegenden Person zu erfassen. Dabei werden neben der Pflegeanamnese und Pflegediagnostik vor allem lebensgeschichtliche Informationen, wie Lebensgewohnheiten und Bedürfnisse, erfasst. Nur so ist eine individuelle Pflege möglich, die sich an vorhandenen individuellen Fähigkeiten und Ressourcen orientiert.
Erkennen von Ressourcen und Defiziten
Auf der Grundlage der Pflegeanamnese werden die Fähigkeiten (Ressourcen) der Person sowie die Einschränkungen (Probleme) in den ATLs erfasst. Ressourcen sind alle Fähigkeiten und Möglichkeiten, welche die Person zur Selbstpflege sowie zur Kompensation ihrer kognitiven, psychischen und physischen Einschränkungen besitzt und anwendet.
Formulieren der Pflegeziele
Im nächsten Schritt werden realistische Ziele formuliert, die schließlich zur Lösung von Problemen beitragen sollen.
Maßnahmen planen
Auf der Grundlage der formulierten Ziele werden die entsprechenden Maßnahmen geplant.
Durchführung der...