NACHHALTIGKEIT IN MODERNEN GARTENBEWEGUNGEN
Seit den 1980er-Jahren rücken die Themen gesunde Ernährung, Bioanbau und Umweltschutz immer mehr in den Fokus der Gesellschaft. Es wächst die Erkenntnis, dass nur nachhaltiges Wirtschaften gut für alle Lebewesen ist.
In den letzten Jahren haben sich viele biologisch wirtschaftende Betriebe etabliert, die hochwertige Lebensmittel anbauen. Neben dem Wissen unserer Vorfahren nutzt man dort auch moderne Erkenntnisse und kümmert sich verstärkt um einen schonenden Umgang mit dem Boden. Biologischer Land- bzw. Gartenbau bedeutet nicht nur, auf Pestizide und synthetische Düngemittel zu verzichten, sondern vor allem Kreisläufe der Natur zu nutzen. So achteten Biobauern von Anfang an auf eine nachhaltige Versorgung der Böden. Anstatt Pflanzen gezielt synthetisch zu düngen, zielen alle Bodenpflegemaßnahmen darauf ab, das Bodenleben zu fördern. Dadurch steigt die Fruchtbarkeit des Bodens und zugleich kann reich geerntet werden. Abgesehen davon führt der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und synthetische Dünger dazu, dass die Qualität der Nahrung zunimmt.
Hochbeete gibt es schon seit Jahrhunderten. Durch die aktuelle Urban-Gardening-Bewegung erleben sie eine Renaissance.
PERMAKULTUR
Im Rahmen dieser Entwicklung findet auch die Philosophie der Permakultur große Aufmerksamkeit. Permakultur bedeutet nicht nur, mit der Natur zu gärtnern, sie beschäftigt sich vielmehr mit allen Lebensbereichen, die uns Menschen betreffen, wie zum Beispiel die nachhaltige Energieversorgung und einen fairen Umgang im sozialen Miteinander.
Im Garten versteht man unter Permakultur eine Kreislaufwirtschaft, bei der mit einfachen Mitteln positive Standortfaktoren gestärkt und negative minimiert werden. Permakulturgärtner versuchen, ihren Garten in ein robustes, dauerhaft produktives Ökosystem zu verwandeln. Alle Ressourcen werden mehrfach genutzt und biologische Anbaumethoden sorgen für ausreichende Erträge.
Die wichtigsten Prinzipien der Permakultur sind klar definiert: Man achtet die Kreisläufe der Natur und greift nur ein, wo es notwendig ist. Ziel ist ein hoher Grad an Selbstversorgung und Autarkie – und das bei möglichst geringem Zeitaufwand und dem Einsatz von möglichst wenig Ressourcen. Abfall wird weitestgehend vermieden und organische Stoffe werden in den Nährstoffkreislauf zurückgegeben. Mit Wasser und Energie wird so schonend wie möglich umgegangen. Zum Düngen und für den Pflanzenschutz verwendet man Pflanzenjauchen, mit Gartenabfällen wird gemulcht oder sie werden kompostiert und bleiben so den Kreisläufen im Garten erhalten. Das Gießen wird durch geschicktes Pflanzen und Mulchen minimiert und man gewinnt nach Möglichkeit eigenes Saatgut. Außerdem beherbergt ein Permakulturgarten eine große Vielfalt an Wildpflanzen, die Bestäubern und Nützlingen als Nahrung dienen. So versorgt er nicht nur den Menschen, sondern auch Nützlinge und andere Lebewesen.
Mulchen und Mischkulturen sind typisch für nachhaltige Gemüsebeete. Die Pflanzen helfen sich gegenseitig, der Boden bleibt aktiv.
URBAN GARDENING
Nachhaltiges Gärtnern findet längst nicht mehr nur auf dem Land statt, wie der starke Zulauf zu den vielfältigen Urban-Gardening-Projekten beweist – frei nach dem Motto: Eine andere Welt ist pflanzbar! Das ist kein Wunder, denn die Lust auf Grün wächst auch in der Stadt seit Jahren rasant. Zentral wohnen in großen Städten ist angesagt, denn hier pulsiert das Leben und die Wege sind kurz. Nur Gärten gibt es meistens nicht. Die Lösung: Überall tun sich Menschen zusammen, um bislang gar nicht oder anderweitig genutzte Areale in Gartenflächen umzuwandeln. Nicht nur in Metropolen wie New York, London oder Berlin gibt es zahlreiche Gartenprojekte, sondern mittlerweile in fast jeder größeren Stadt und Jahr für Jahr kommen neue Gemeinschaftsgärten dazu. Sie entstehen auf brachliegenden Grundstücken, auf Dächern oder auch in Hinterhöfen. Kräuter und Gemüse wachsen dort in mobilen Kisten oder Hochbeeten. Auf diese Weise lassen sich auch gepflasterte Flächen und sogar manche Orte, deren Böden mit Schadstoffen belastet sind, zum Gärtnern nutzen.
Neben nachhaltigen und biologischen Methoden kommt beim Urban Gardening noch ein weiterer wichtiger Aspekt dazu: Der Gedanke des gemeinsamen Tuns! Jeder kann kommen und mitmachen. Durch gemeinsame Gartenarbeit entsteht ein soziales Miteinander und die Ernte wird zum Schluss geteilt. Dabei werden die gemachten Erfahrungen ausgetauscht und jeder lernt dazu. Viele dieser Gärten sind mittlerweile zu beliebten Treffpunkten geworden und sie schaffen Raum für alle möglichen anderen Aktivitäten. Gemeinsam kochen und essen, verschiedene Workshops zum Thema Gärtnern, Upcyclingprojekte und auch Stadtteilpolitik gehören dazu.
Schnittlauch ist gesund, auch seine Blüten sind essbar. Zur Blütezeit ist die Pflanze ein Magnet für Hummeln.
WAS KANN ICH BEWIRKEN?
Fast jeder weiß, dass unsere moderne Lebensart nicht nachhaltig ist. Man redet sehr viel über Umweltschutz und über den Zustand unseres Planeten – meist mit der Erkenntnis, dass in vielen Bereichen einiges geschehen muss, um eine bessere Welt zu schaffen. Viele sehen die Hauptverantwortung dafür in der Wirtschaft oder Politik, was im Prinzip auch stimmt. Und doch ist der Gedanke etwas kurz gegriffen. Denn jeder von uns kann etwas Positives bewirken, wenn er nur will. Dazu gehört ein klares Bewusstsein, die Bereitschaft zum Handeln, Konsequenz und auch etwas Mut. Jeder von uns kann anfangen, die Welt ein kleines Stück besser zu machen!
Nachhaltig einkaufen
Ein besonders wichtiger Schritt bei diesem Prozess ist, sein eigenes Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen. Wo, wie und wann kaufe ich zum Beispiel Lebensmittel ein und wo kommen diese her? Natürlich möchte sich jeder mit hochwertigen Lebensmitteln gesund ernähren. Für den ökologischen Fußabdruck macht es jedoch wenig Sinn, wenn Nahrungsmittel unter miserablen Arbeitsbedingungen in fernen Ländern angebaut werden, um sie dann mit dem Schiff, schlimmer noch mit dem Flugzeug, zu uns zu transportieren. Frisches Obst oder Gemüse wird in den Anbauländern meist unreif gepflückt, reift beim Transport nach und muss lange frisch gehalten werden. Damit das funktioniert, werden Sorten gezüchtet und angebaut, die besonders homogene und zeitgleich reifende Früchte bilden. Zusätzlich müssen diese lange lagerfähig sein. Doch die Früchte der sogenannten Hochleistungssorten schmecken häufig fad – ein Beispiel dafür ist die Tomate.
Die Alternative ist der Kauf von saisonalen und regionalen Nahrungsmitteln in Bioqualität. Denn Biolandwirte und -gärtner setzen gern auf alte Regionalsorten. Sie sind an die jeweiligen Standorte besser angepasst und kommen oft mit weniger Dünger und Pflanzenschutzmaßnahmen aus.
Fast alle Kräuter und viele Gemüse wachsen sehr gut im Topf. Sie schmecken gut, sind gesund und locken obendrein Insekten an.
Vom cleanen Ziergarten zum lebendigen Biogarten
Gerade wer einen Garten oder wenigstens einen Balkon hat, kann einiges bewegen. Denn egal ob Balkon, Terrasse, Hinterhof, Haus- oder Schrebergarten, überall ist Platz zum Anbau von Nahrungsmitteln. Und wer einmal selbst angebautes Gemüse, Obst oder Kräuter genossen hat, wird nicht mehr gern im Supermarkt einkaufen.
Allerdings sind manche Gärten oft sehr »aufgeräumt« und wenig nachhaltig, nicht zuletzt, um keinen Ärger mit Nachbarn oder dem Gartenverein zu bekommen. Statt Gemüsebeeten und insektenfreundlichen Wildblumen gibt es Kiesflächen mit hochgezüchteten Zierpflanzen oder einen Rasen. Oft werden im Herbst alle Pflanzen abgeschnitten und die Erde wird umgegraben. Inzwischen weiß man jedoch, dass Umgraben das Bodenleben stört und nur in speziellen Fällen nötig ist. Genauso wenig muss man die Frucht- und Samenstände von Stauden im Herbst abschneiden, denn sie bieten Insekten und anderen Kleintieren im Winter Nahrung und Unterschlupf.
Wer sich ein wenig mit den Prinzipien des Biogärtnerns beschäftigt, kann aus einem konventionellen Garten in kurzer Zeit einen Biogarten machen und so das Bodenleben und die Artenvielfalt fördern. Voraussetzung ist die Auswahl standortgerechter Pflanzen, die zahlreichen Tieren Nahrung und Lebensraum bieten, und ihre optimale Versorgung. Statt chemischer Spritzmittel sorgen Mischkulturen dafür, dass weniger Schädlinge auftreten. Kommt es doch einmal zu starkem Befall, greift man zu biologischen Maßnahmen (siehe >). Zum Beispiel wirken manche Pflanzenjauchen gegen Schädlinge, andere stärken die Pflanzen und machen sie widerstandsfähig. Und im schlimmsten Fall kommen auch biologische Pflanzenschutzmittel aus dem Fachhandel infrage.
Wer die Ansprüche der verschiedenen Pflanzen kennt, kann schnell seine individuelle Auswahl treffen und Pflanzpläne für seine Gemüsebeete erstellen, möglichst nach den Prinzipien von Mischkultur und Fruchtfolge (siehe >). Ist alles gesät oder gepflanzt, heißt es dann, die Pflanzen gut zu pflegen und vor allem: rechtzeitig ernten! Gibt es trotzdem eine Ernteschwemme, lagert man die Genüsse fachgerecht oder macht sie als Wintervorrat ein (siehe >).
Stadtgärtner sind Meister im Upcycling. Alte Gebrauchsgegenstände wie Holzpaletten oder Bäckerkisten – die im besten Fall nachhaltig produziert wurden – verwandeln sich in ihren geschickten Händen in große und kleine Hochbeete. Die Erde für die Beete wird von regionalen Anbietern bezogen oder selbst produziert (Kompost, Terra Preta). Nicht mehr...