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Praxisorientierte Empfehlungen zur Konzipierung und Beurteilung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik

AutorTerenzio Angelini
VerlagStämpfli Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl104 Seiten
ISBN9783727221569
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,00 EUR
Die Schuldenpolitik öffentlicher Haushalte ist ein zentrales Thema der Finanzwissenschaft, der Rechtswissenschaft sowie der Politikwissenschaft. Im Unterschied zu diesen Einzelwissenschaften gibt die vorliegende Studie konkrete, praxisorientierte Empfehlungen zur Schuldenpolitik öffentlicher Haushalte. Dabei wird versucht, der Vielfalt öffentlicher Haushalte, der Vielfalt der Ausgangslage bezüglich des Schuldenvolumens, der Vielfalt möglicher Ziele sowie dem Einfluss der Geldpolitik auf die Schuldenpolitik Rechnung zu tragen. Die Publikation soll die Arbeit jener erleichtern, die für die Schuldenpolitik staatlicher Haushalte zuständig sind.

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Leseprobe

Erster Teil: Praxisorientierte Empfehlungen zu den Themen 1 - 7 für eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik auf der Basis eines sehr einfachen hypothetischen Modells


13

In einem ersten Teil wird von einem demokratisch konzipierten Zentralstaat ausgegangen, der alle öffentlichen Aufgaben selbst wahrnimmt und finanziert. Zudem steht als einziges Ziel eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik im Zentrum des Interesses. Es werden Probleme angesprochen und Lösungen aufgezeigt, die für die Konzipierung und Umsetzung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik relevant sein können.

Empfehlungen zum Thema 1: Relevanter Begriff «Staatsschulden» aus der Sicht der Nutzer und Zahler staatlicher Leistungen


14

Die Festlegung von Grenzwerten in der staatlichen Schuldenpolitik setzt zwingend voraus, dass der Begriff Staatsschuld präzisiert wird. Sowohl das Rechnungsmodell IPSAS als auch das schweizerische Rechnungsmodell HRM2 sehen vor, dass in der staatlichen Bilanz auf der Passivseite die Bruttoschulden und das Eigenkapital, sofern vorhanden, ausgewiesen werden. Auf der Aktivseite werden das Finanzvermögen, das Verwaltungsvermögen sowie ein allfälliger Bilanzfehlbetrag beziffert.

15

Man kann also zwischen der Bruttoschuld (gesamtes Fremdkapital), der Nettoschuld 1 (Bruttoschuld minus Finanzvermögen) und der Nettoschuld 2 (Bruttoschuld minus Finanzvermögen minus Verwaltungsvermögen) unterscheiden.

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Aus der Sicht der Nutzer und Zahler staatlicher Leistungen dürfte die Nettoschuld 2 die Informationsbedürfnisse am besten abdecken. Ergänzend werden folgende Empfehlungen vorgeschlagen:

1.1Das Finanzvermögen ist nach Möglichkeit auf der Basis von Marktpreisen auszuweisen


17

In der Praxis findet man gemessen am Marktwert sowohl Beispiele für eine Überbewertung als auch für eine Unterbewertung des Finanzvermögens. Die Forderung nach einer korrekten Bewertung ist daher berechtigt.

1.2Der Begriff «Verwaltungsvermögen» sollte für öffentliche Haushalte verbindlich, und möglichst präzise festgelegt werden


18

Üblicherweise setzt sich Verwaltungsvermögen aus Investitionsgütern zusammen, die eine mehrjährige Nutzungsmöglichkeit aufweisen. Da der Nutzen über mehrere Jahre anfällt, ist es auch gerechtfertigt, die Kosten auf mehrere Jahre zu verteilen, was eine Finanzierung durch Kredite zulässt. Sowohl national als auch international ist es üblich, den Begriff «Verwaltungsvermögen» im Zusammenhang mit Regeln zur Schuldenbegrenzung auf die bauliche Infrastruktur öffentlicher Haushalte zu beschränken. Je enger man den Begriff «Verwaltungsvermögen» umschreibt, umso restriktiver kann das maximal zulässige Schuldenvolumen festgelegt werden und umgekehrt. Aus der Perspektive der Begrenzung der Schulden beim Staat wird also eine starke Einschränkung des Begriffs Verwaltungsvermögen empfohlen. Dies hat zur Folge, dass ein Teil der Investitionen über die laufenden Einnahmen zu finanzieren sind. In Phasen guter Wirtschaftskonjunktur sollten die Ausgaben der laufenden Rechnung durch Einnahmen gedeckt werden.

1.3Öffentliche Haushalte sollten nachweisen, dass sie über mehrere Jahre regelmässig investieren und Sanierungsarbeiten vornehmen


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Die Summe der jährlichen Investitionen sollte über Jahre hinweg auf einem ausreichenden Niveau konstant gehalten werden. Es soll insbesondere verhindert werden, dass öffentliche Haushalte Investitionsausgaben kürzen, um zusätzliche Konsumausgaben vorzunehmen bzw. Steuersenkungen zu realisieren oder um die Einhaltung von Schuldengrenzen sicherzustellen. Eine dauerhafte Senkung der Investitionen hat eine Verschiebung von Lasten in die Zukunft zur Folge. Eine ungenügende oder schlecht unterhaltene Infrastruktur verursacht Lasten, die zukünftige Nutzer zu tragen haben. Um dies zu vermeiden, soll ein fixer Anteil an den jährlichen Gesamtausgaben öffentlicher Haushalte für Infrastrukturinvestitionen und Unterhaltsarbeiten vorgesehen werden.

1.4Öffentliche Haushalte sollten ein verbindliches Abschreibungsprozedere für das Verwaltungsvermögen vorsehen


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Weil Investitionen eine begrenzte Nutzungsdauer aufweisen, ist eine regelmässige Abschreibung des Verwaltungsvermögens unumgänglich. Als Minimalvorschrift ist sicherzustellen, dass mindestens im Ausmass des jährlichen Nutzenverlustes, der durch Gebrauch, durch technische Fortschritte und/oder durch andere nutzenschmälernde Einflüsse entsteht, abgeschrieben wird. Im Einklang mit den Empfehlungen im HRM 2 (vgl. Art. 55 Abs. 3 MFHG) sollten Überabschreibungen, die zu einer Verminderung des Schuldenbestandes führen, zulässig sein. Eine Lockerung der Abschreibungsregeln sollte hingegen untersagt werden.

21

Um bei Überabschreibungen den Nutzern und Zahlern staatlicher Infrastrukturanlagen einen Überblick über die vorhandenen Anlagen zu geben, könnten diese in der Bilanz mit einem symbolischen Wert von Fr. 1 aufgelistet werden.

1.5In rechtlicher Hinsicht sind Vorkehrungen zu treffen, die im Falle einer Insolvenz den Zugriff der Gläubiger auf das Verwaltungsvermögen verhindern können


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Im Insolvenzverfahren wäre es hilfreich, wenn die zuständigen Gerichte in rechtlicher Hinsicht klare Informationen darüber hätten, was als Verwaltungsvermögen zu gelten hat. Um die Weiterexistenz eines insolventen Staates zu sichern, sollten die relevanten Gerichte das Verwaltungsvermögen zur Deckung der Forderungen der Gläubiger nicht zur Verfügung stellen dürfen. Ferner sollten die Kreditgeber über die diesbezüglich relevanten Informationen verfügen. Die Schaffung von Transparenz in diesen Bereichen trägt zu einer effizienten Abwicklung des Insolvenzverfahrens bei.

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Bei kleinen öffentlichen Haushalten (z. B. Kleinstaaten), bei welchen der Investitionsbedarf intervallmässig anfällt, sollte die Summe der jährlich anfallenden Abschreibungen – soweit sie das Ausgabenvolumen für Investitionen übersteigt – im Rahmen einer doppelten Buchhaltung so verbucht werden, dass damit die Finanzierung zukünftiger Investitionen sichergestellt werden kann. Der Abbau des Schuldenvolumens ist der einfachste Weg um dieser Forderung gerecht zu werden. Es ist insbesondere zu vermeiden, über Abschreibungen das Finanzvermögen zu erhöhen, weil dies die Möglichkeit einer zweckfreien Verwendung eröffnet und damit im Falle einer Insolvenz zur Deckung von Forderungen der Gläubiger eingesetzt werden kann. Dies kann die Finanzierung zukünftiger Investitionen gefährden.

Empfehlung zum Thema 2: Aus Sicht der Gläubiger ist das Verwaltungsvermögen aus dem Begriff «Staatsschulden» auszuklammern


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Unter der Annahme, dass eine staatliche Institution rechtlich geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Verwaltungsvermögens vor dem Zugriff der Gläubiger im Insolvenzfall getroffen hat, ist die Nettoschuld 1 (Bruttoschuld minus Finanzvermögen) die relevante Grösse, an welcher sich Investoren zur Beurteilung der Risiken der Kreditgewährung an diesen Staat orientieren sollten. Gemäss den gängigen Rechnungslegungsstandards für die öffentlichen Haushalte der Schweiz (sowohl IPSAS als auch HRM 2) entspricht der Saldo der Bilanz jedoch den Aktiven (Finanzvermögen und Verwaltungsvermögen) minus das Fremdkapital. Aus der Sicht der Gläubiger verleitet dieser Saldo zu einer zu optimistischen Einschätzung der Schuldensituation öffentlicher Haushalte, weil auch das Verwaltungsvermögen in den Aktiven einbezogen wird, obwohl dieses zur Schuldendeckung üblicherweise nicht zur Verfügung steht. Um diesbezügliche Missverständnisse zu vermeiden, wird den öffentlichen Haushalten der Schweiz empfohlen, zwei Angaben zum Saldo der Bilanz zu machen. Zusätzlich zum üblichen Saldo sollte ein solcher ohne Berücksichtigung des Verwaltungsvermögens ausgewiesen werden. Dieses Vorgehen würde einen Beitrag dazu leisten, dass den unterschiedlichen Informationsbedürfnissen der Nutzer und Zahler öffentlicher Leistungen einerseits und der potentiellen Kreditgeber andererseits Rechnung getragen werden kann. Aktiven, die zur Schuldendeckung nicht zur Verfügung stehen, sollten aus der Sicht der Kreditgeber im Saldo der Bilanz nicht berücksichtigt werden.

Empfehlungen zum Thema 3: Vorschläge zur Unterstützung der öffentlichen Haushalte bei der Festlegung des maximal zulässigen Schuldenvolumens


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Im Zentrum des Interesses steht die Frage, für welche Zwecke ein Staat die Finanzierung durch Fremdmittel vorsehen darf und in welcher Höhe das diesbezügliche, maximale Schuldenvolumen konkret zulässig sein soll. Mit dem Hinweis darauf, dass für die Festlegung finanzieller Ziele im staatlichen Bereich politische Instanzen zuständig seien, verzichten Berater oftmals darauf, bei dieser zweifellos heiklen Aufgabe mitzuwirken. Es ist jedoch unbestritten, dass jene Stellen...

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