Care - Sorgen als sozialpolitische Aufgabe und als soziale Praxis
Ein Artikel aus der 6. Auflage des Handbuchs Soziale Arbeit - DOI10.2378/ot6a.art020 - (ISBN des Handbuchs 978-3-497-02745-3, PDF ISBN 978-3-497-60435-7)
Der Umbau der Wohlfahrtsstaaten und der Wandel der Geschlechter- und Generationenverhältnisse machen eine Debatte über gesellschaftliche Sorgetätigkeiten notwendig. Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt: eine gerechtere Arbeitsverteilung und die Einbeziehung von Sorgeleistenden und Sorgeempfangenden in soziale Staatsbürgerschaft, da Care als traditionell weibliche Tätigkeit weiterhin primär der nachrangigen privaten Sphäre zugeordnet respektive als Beruf abgewertet wird. Dazu ist es erforderlich, die Entwicklungsstränge der internationalen Care Debatte nachzuzeichnen, für die folgende Wissenschaftsbereiche relevant sind: Demokratietheorie/ Ethik, Sozialpolitik/ Arbeitswissenschaften und Handlungstheorien. Charakteristisch für Care ist das Spannungsverhältnis zwischen dem privaten und dem öffentlichen Bereich, bezahlten und unbezahlten Tätigkeiten sowie der politischen und der sozialen Sphäre. Insbesondere die Zunahme häufig illegalisierter Sorgearbeit von Migrantinnen in Privathaushalten stellt eine neue Ungerechtigkeit dar. Für Care als berufliche Tätigkeit ist eine bewusste 'Fürsorgerationalität' von besonderer Bedeutung, die auf Grenzen der Normierungen und Standardisierungen von Sorgetätigkeiten und auf notwendige Gestaltungsspielräume verweist. Angesichts der wachsenden Lücke im Sorgenetzwerk -- bei steigenden Sorgeaufgaben -- bedarf es neuer Modelle des Sorgens als gesellschaftliche Aufgabe, die den Bedürfnissen der zu Versorgenden gerecht werden und die Sorgenden nicht ausbeuten. Voraussetzung ist ein sozialstaatlich gesicherter Überbau und die Anerkennung von Sozial- und Pflegeberufen als Teil einer gerechten, öffentlichen Kultur des Sorgens.
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