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E-Book

Die Christen

Expedition zu einem unbekannten Volk

AutorUwe Bork
VerlagKreuz
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl180 Seiten
ISBN9783451339332
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Beichtstuhl, Abendmahl, Bibelkreis: Was Christen glauben hat sie im ehemals christlichen Abendland zu Exoten werden lassen. Wer sind diese Menschen, die sich heute noch auf einen Mann berufen, der vor rund 2000 Jahren in Jerusalem hingerichtet wurde? Uwe Bork lädt ein zu einer Expedition ins unbekannte Land des Christentums: Geschichten und Geschichte, Gebote, Gebräuche und Gruppierungen - überraschend und unterhaltsam.

Uwe Bork, geboren 1951, ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern, einem Sohn und einer Tochter. Er leitet die Redaktion Religion, Kirche und Gesellschaft im SWR Fernsehen in Stuttgart.

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Leseprobe

3. Fest- und Feiertage


Sage niemand, Christen verstünden nicht zu feiern. Eigentlich dürfte das auch kein Wunder sein, denn ihr Evangelium sehen sie schließlich als »Frohe Botschaft« oder »Gute Nachricht« und die Verheißungen ihres Messias bieten ebenfalls keinen Grund zur Traurigkeit. Wer schon auf der Erde zugesichert bekommt, er werde leben bis in alle Ewigkeit und dieses ewige Leben werde – im wahrsten Sinne des Wortes – so himmlisch sein, dass es jede menschliche Vorstellung übersteigt, der sollte in der Tat an seinen Alltag mit einer inneren Freude und Gelassenheit herangehen, die ihn von nichtgläubigen Menschen unterscheidet.

Je nach Konfession oder Zugehörigkeit zu einer Kirche feiern Christen mit einer Vielzahl von Festen so ziemlich alles, was zwischen Himmel und Erde auf ein überirdisches Eingreifen hindeutet. Katholiken kennen zudem für jeden Tag des Jahres einen besonderen Heiligen, der ihnen vor allem in romanischen Ländern zusätzlich oder an Stelle des gewöhnlichen Geburtstags den sogenannten Namenstag beschert. Darunter versteht man jenes Fest, an dem nach dem katholischen Heiligenkalender das Fest des Heiligen gefeiert wird, auf dessen Namen sie getauft sind.

Schmerzhafte Beschränkung ist also angesagt, wenn es darum geht zu erläutern, was Christen wann und warum in Festtagsstimmung versetzt. Mehr als ein kurzer Überblick dürfte jedes Buch sprengen.

Der Sonntag


Jeder Sonntag ist auch ein christlicher Feiertag. Natürlich ist dies ein Tag, der in säkularen – also: weltlichen – Gesellschaften als weitgehend arbeitsfreier Tag für alle gilt, dennoch hat er christliche Wurzeln. Wenigstens einmal in jeder Woche sollen Christen schließlich die Gelegenheit haben, sich von ihrer Arbeit auszuruhen und ihren Gott zu preisen. Zu verdanken haben sie diese Möglichkeit zu Ruhe und Muße dem römischen Kaiser Konstantin, der im Jahr 321 einen allgemeinen wöchentlichen Ruhetag verfügte, an dem auch Sklaven und Soldaten zum Gottesdienst gehen und an christlichen Feiern teilnehmen konnten.

Ursprünglich hatten die Christen ihren arbeitsfreien Tag nach jüdischem Vorbild am Schabbat eingelegt; an diesem siebenten Tag ihrer Woche gedenken die Juden der Vollendung der Schöpfung. Auch Gott soll nach dem Zeugnis des biblischen Schöpfungsberichts an diesem Tag eine Pause eingelegt haben.

Schon bald kam in den christlichen Gemeinden allerdings der Wunsch auf, sich stärker von den jüdischen Brüdern und Schwestern abzugrenzen. Statt den letzten Tag der jüdischen Woche feierten die Christen nun deren ersten – und das ließ sich sogar theologisch begründen. War nicht Jesus an einem solchen Tag nach seiner Kreuzigung von den Toten auferstanden? Und war an diesem Tag der Erlösung nach christlichem Verständnis nicht eine neue Welt mit einem neuen, versöhnten Verhältnis zwischen Gott und den Menschen geschaffen worden? Grund genug zum Feiern war das doch allemal!

Die Tradition eines wöchentlichen Sonntags, eines Tages zu Ehren der Sonne, ist im Übrigen älter als das Christentum. Sie geht bis in die Zeiten Babylons zurück, als, wie später bei den Griechen und Römern, ein Tag der Woche der Sonne gewidmet war. Im germanischen Sprachraum blieb dies als sprachlicher Verweis erhalten, nur dass unter einer zu feiernden Sonne jetzt Christus als das wahre Licht der Gläubigen verstanden wurde. Die romanischen Sprachen orientierten sich dagegen am Kirchenlatein: Aus »dies dominica«, dem Tag des Herrn, wurde dort Domenica oder Dimanche.

Advent und Weihnachten


Große Ereignisse werfen in der Weltgeschichte oft ihre Schatten voraus. Beim christlichen Weihnachtsfest besteht dieser Schatten alljährlich aus der rund vierwöchigen Adventszeit. Schon das aus dem Lateinischen abgeleitete Wort deutet ihren Sinn an: Es geht für Christen in diesen Tagen, an denen viele Kinder täglich ein Fenster ihres Adventskalenders öffnen, darum, sich auf die Ankunft Jesu vorzubereiten. Der Kommerz und die drohende Sorge, mit den Weihnachtsvorbereitungen wie in jedem Jahr nicht rechtzeitig fertig zu werden, konterkarieren es meist, aber theologisch gesehen ist der Advent eine stille Zeit. Im christlichen Idealfall dient sie mehr der Besinnung als dem Einkauf.

 

Das Fest Weihnachten, das in manchen Regionen auch Christfest genannt wird, ist das erste der sogenannten christlichen Haupt- oder Hochfeste des Kirchenjahres, das – anders als das weltliche Jahr – an keinem festen Tag, sondern jeweils am ersten der vier Adventssonntage beginnt. Nicht nur bei Kindern gilt Weihnachten als das wichtigste Fest des Christentums.

Und wirklich: Die irdische Geburt Jesu als des religiösen Retters der Menschheit sollte für Christen jeden Alters genügend Grund für nennenswerte Festlichkeiten abgeben. Wurde doch nach christlichem Verständnis während einer Nacht vor rund 2000 Jahren in einem zugigen Stall in der Nähe der jüdischen Kleinstadt Bethlehem ein Kind geboren, das von Milliarden Menschen auf der ganzen Erde seither als ihr Heiland betrachtet wird. Als seine irdischen Eltern gelten Josef, ein Zimmermann aus Nazareth, sowie dessen Ehefrau Maria. Der eigentliche Vater Jesu ist für gläubige Christen jedoch Gott selbst. Er bildet mit ihm und dem Heiligen Geist die sogenannte Dreifaltigkeit (Trinität), eine spirituelle Einheit dreier Wesenheiten, die nur mit dem Glauben erfasst, nicht aber mit dem Verstand erklärt werden kann.

 

Weihnachten, das als Feiertag übrigens erst am 25. Dezember und nicht schon am Heiligen Abend begangen wird, ist also das Fest der Menschwerdung Gottes in der Person Jesu. Sie gilt als Symbol seiner unendlich großen und unverbrüchlichen Liebe zur Menschheit: Gott selbst ließ sich dabei in der Person seines Sohnes auf das Niveau der Menschen herab. Er teilte mit ihnen ihr Leben und ihren Alltag und wollte ihnen so die Hoffnung geben, dass ihre Existenz auf dieser Erde nicht alles ist, was einen Menschen ausmacht.

Vor allem aus diesem Grund gilt Weihnachten weltweit als das Fest der Liebe und des Friedens, an dem oft – zumindest für einen kurzen Zeitraum – in nationalen wie internationalen Konflikten die Waffen schweigen.

 

Ein völlig einheitliches Bild haben die Christen allerdings auch in Bezug auf Weihnachten nicht zustande gebracht. Da einige orthodoxe Kirchen ihre Feste nach wie vor nach dem Julianischen Kalender ausrichten, feiern sie das Weihnachtsfest erst am 31. Dezember. Russische Kinder, die ohnehin nicht vom Weihnachtsmann oder dem Christkind beschenkt werden, sondern von einem freundlichen Väterchen Frost, müssen damit auf ihre Geschenke eine Woche länger warten als ihre Altersgenossen im Westen.

Wichtiger als Weihnachten ist in der Orthodoxie ohnehin das Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar. Der Akzent liegt für sie weniger auf der von den westlichen Christen gefeierten Geburt Jesu in einem Stall bei Bethlehem, sie betonen stärker die Menschwerdung des Gottessohnes. Theologisch mag das strenger und konsequenter sein, als zu Herzen gehende Geschichte ist es dagegen eher schwächer.

Heilige Drei Könige (Epiphanias)


Das Fest der Heiligen Drei Könige, auch »Erscheinung des Herrn« oder griechisch »Epiphanias« genannt, wird auch in den katholischen Gebieten Deutschlands, in der Schweiz und in Österreich am 6. Januar gefeiert. An diesem Tag ziehen dort als »Sternsinger« verkleidete Kinder von Haus zu Haus, singen vor den Türen und sagen kleine Gedichte auf, um sich mit Süßigkeiten beschenken zu lassen oder Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln. Bei dieser Gelegenheit schreiben sie zusätzlich mit Kreide die drei Buchstaben CMB und die entsprechende Jahreszahl an den Türbalken, was nach der einen Meinung die Abkürzung für die Namen der Heiligen Drei Könige – Caspar, Melchior und Balthasar – ist, nach anderer Auffassung aber für das lateinische »Christus mansionem benedicat« steht: Christus segne dieses Haus.

 

Angesichts dieses Brauchs mit seinen liebenswert nachgespielten drei Königen mag es manchen enttäuschen, dass sich für die reale Existenz der Heiligen Drei Könige in der Bibel kaum Anhaltspunkte finden. Zwar spricht der Evangelist Matthäus in seiner Version der Geburtsgeschichte Jesu von Sterndeutern oder Weisen, die aus dem Osten kamen, um dem neugeborenen Heiland ihre Ehrerbietung zu erweisen und ihn anzubeten. Sie wurden nach seinen Aufzeichnungen sogar von einem Stern geführt und hatten als Geschenke die bekannten Gaben Gold, Weihrauch und das unter anderem als Arznei verwendete Baumharz Myrrhe dabei. Als unwiderlegbarer Beweis dafür, dass wirklich drei orientalische Herrscher zum Stall bei Bethlehem pilgerten, reicht das jedoch nicht aus.

Bezeugt ist weder, dass die Heiligen Drei Könige wirklich heilig waren, noch, dass es sich bei ihnen um genau drei Personen handelte. Selbst dafür, dass es sich bei ihnen um echte Könige aus dem Morgenland gehandelt hat, gibt es keine Belege. Vor diesem Hintergrund nirgendwo bestätigter historischer Fakten mutet die Annahme dann geradezu naiv an, dass ausgerechnet ihre Namen überliefert sein sollten. Im Matthäusevangelium werden sie jedenfalls an keiner Stelle erwähnt.

 

Doch mögen die Heiligen Drei Könige in der Realität nun Astrologen, Magier oder schlicht weise Männer gewesen sein, mag es von ihnen zwei, fünf oder neun gegeben haben und mögen sie nach den offiziellen Verfahren der katholischen Kirche auch nie heiliggesprochen worden sein, ihre Bedeutung liegt ganz einfach...

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