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E-Book

Mädchen in der Pubertät

Wie Töchter erwachsen werden

AutorJoachim Braun, Kirsten Khaschei
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783644471917
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der erste Eltern-Ratgeber zur Pubertät,der sich nur mit Mädchen beschäftigt. Was passiert bei Töchtern in der Pubertät? Wie schaffen Eltern den Rollenwechsel, wie überstehen sie die Ablösungskonflikte? Was tut man am besten bei typischen Alltagskonflikten wie Zickenalarm, Styling-Kontroversen, erste Liebe, Sex und Verhütung, null Bock auf Schule, zu viel Zeit vor dem Computer oder bei Facebook? Wie begegnet man Pubertätsrisiken wie Essstörungen, frühe Schwangerschaft, Alkohol und Drogen, Depressionen und Mobbing? Mit einer Menge Hintergrundwissen und vielen praktischen Tipps unterstützen die Psychologin Kirsten Khaschei und der Psychotherapeut Joachim Braun die Eltern heranwachsender Töchter. Fallgeschichten und O-Töne machen diesen Ratgeber zu einem hilfreichen Begleiter durch eine turbulenteEntwicklungsphase, in der Mädchen sich auf ihrem individuellen Weg zur Frau finden müssen - und Eltern erfahren: Wir sind nicht allein.

Dipl.-Päd. Joachim Braun, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Elternberater und Paartherapeut, praktiziert in eigener Praxis in Berlin. www.joachim-braun.de

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Leseprobe

Auf zu allerlei Abenteuern


Die Pubertät bei Mädchen, ein Überblick

Jugendliche in Deutschland kommen immer früher in die Pubertät. So lag das Durchschnittsalter bei Mädchen zum Zeitpunkt ihrer ersten Menstruation vor knapp hundert Jahren noch bei 14,5 Jahren, heute setzt der Zyklus im Durchschnitt mit 12 Jahren ein, dann haben bereits 43 Prozent aller Mädchen ihre erste Regel bekommen. Einen ähnlichen Trend erkennen die Wissenschaftler übrigens auch bei Jungen, die zum Zeitpunkt ihres ersten Samenergusses ebenfalls etwa 12 Jahre alt sind. Vermutlich hängt die früher einsetzende Geschlechtsreife mit der guten Ernährungssituation sowie dem durchweg hervorragenden Gesundheitszustand von Mädchen und Jungen zusammen. Als nachgewiesen gilt: Je mehr Körperfett im weiblichen Körper vorhanden ist, desto eher setzt auch die erste Regelblutung ein.

Im Großen und Ganzen verläuft der Pubertätsprozess bei Mädchen in drei Stadien:

  1. Die Vorpubertät, die bei Mädchen etwa zwischen dem 9. und 11. Lebensjahr liegt; bei einigen aber auch erst zwischen 10 und 12 Jahren;

  2. Die Kernphase der Pubertät, die sich etwa vom 12. oder 13. Lebensjahr bis zum 17. Lebensjahr erstreckt;

  3. Die Nachpubertät oder auch Adoleszenz, die mit ihren Nachwirkungen sogar noch über das 20. Lebensjahr hinausgehen kann.

«Puber» ist lateinisch und heißt Schamhaar, «pubertas», ebenfalls lateinisch, bedeutet Geschlechtsreife. Der Begriff Pubertät im engeren Sinn orientiert sich also hauptsächlich an den körperlichen und sexuellen Veränderungen. Der Begriff Adoleszenz dagegen bezieht sich eher auf den seelischen und emotionalen Prozess und wird häufig stellvertretend für die Phase der Nachpubertät verwendet, eine Zeit, in der die körperliche Entwicklung zwar weitgehend abgeschlossen ist, die emotionale Loslösung von den Eltern jedoch noch nicht vollständig bewältigt wurde.

Wie schon erwähnt verläuft jede Pubertät individuell, dennoch können sich Eltern, was die körperlichen Veränderungen betrifft, an bestimmten Durchschnittswerten orientieren:

  • Die Schambehaarung wächst von etwa 8,5 bis 12,5 Jahren.

  • Das Brustwachstum beginnt im Alter von 9 bis 13,5 Jahren.

  • Der Weißfluss, der auf Pubertätshormone hinweist, setzt mit etwa 9,5 bis 15,5 Jahren ein.

  • Die erste Menstruation haben Mädchen im Alter von 10 bis 15,5 Jahren, die meisten mit 11, 12 oder 13 Jahren.

  • Die körperliche Entwicklung ist mit ungefähr 17 Jahren abgeschlossen.

Ganz wichtig zu wissen ist: Innerhalb dieser Entwicklungsspannen hat jedes Mädchen sein eigenes Tempo, und das ist gut so. Sind die Freundinnen schon weiter oder noch nicht so weit, so kann das bei manchen Mädchen und damit möglicherweise auch bei Ihnen als Eltern die Besorgnis auslösen, die Entwicklung verlaufe nicht «normal». Doch wie man oben sieht, sind die Zeitspannen sehr groß und weit gefasst, sodass nur in seltenen Fällen etwas mit der Entwicklung vielleicht wirklich nicht stimmt (siehe Kasten). «Normal» ist hier jedenfalls ein sehr weites Feld.

Zu früh oder zu spät? Wenn die Entwicklung anders verläuft …

In der Pubertät verändert sich das Aussehen und damit auch das Körperempfinden. Dieser Prozess ist kompliziert und kostet die meisten Mädchen eine Menge Energie, da er einerseits eng mit der Entwicklung von Selbstwertgefühlen verknüpft ist, andererseits aber auch sehr häufig von Selbstzweifeln, Schamgefühlen und einer ausgeprägten persönlichen Empfindlichkeit begleitet wird. Für die meisten Mädchen ist es jetzt wichtig, möglichst «normal» zu sein und sich über die vielen Veränderungen mit Freundinnen austauschen zu können. Ein sehr früher oder besonders später Beginn der Pubertät kann ein Anlass zu großem Kummer sein, da die meisten Mädchen unter dem Druck stehen, genau wie die anderen sein zu wollen.

Insofern sollten Sie Ihre Tochter besonders bei einer verzögerten Pubertät seelisch unterstützen, um eventuell belastende Minderwertigkeitsgefühle aufzufangen. Tröstend sollte sein, dass jede Pubertät einzigartig ist und bei manchen Mädchen einfach später beginnt. Und oft holen sie dann innerhalb weniger Monate alles auf, was ihnen die Freundinnen voraushaben. Sprechen Sie darüber, dass der Körper keine Maschine mit An- und Ausschaltknöpfen ist, sondern ein kompliziertes lebendiges Wunderwerk, das nach eigenen Regeln funktioniert, die man nicht immer sofort versteht, die aber immer einen Sinn ergeben!

Aus medizinischer Sicht können Sie sich an einen Kinder- und Jugendgynäkologen wenden, wenn die ersten Pubertätszeichen bei Ihrer Tochter bereits vor dem 8. Lebensjahr auftreten, wobei die Ursache der «Pubertas praecox» in 80 Prozent der Fälle ungeklärt bleibt, oder wenn im Alter von 14,5 Jahren noch keinerlei Anzeichen einer Brustentwicklung zu sehen sind.

Die Vorpubertät


Der Eintritt in die Pubertät ist bei Mädchen eng mit einer erhöhten Selbstbeobachtung des eigenen Körpers verknüpft. Bei jüngeren Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren ist diese Beobachtung oft noch recht kindlich und unbefangen, bei älteren Mädchen kann sie eine Menge widersprüchlicher Gefühle auslösen. Rein biologisch gesehen ist es vor allem die verstärkte Produktion des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen, welche die verschiedenen pubertären Entwicklungsprozesse auslöst.

Viele Mädchen brauchen jetzt Zeit für sich, wollen nicht mehr einen so engen Kontakt zu Eltern und Geschwistern, sondern einfach ihre Ruhe haben! Rumms, ist die Zimmertür zu, schwupp, die Musik laut aufgedreht. Und Stress droht, wenn man als Mutter oder Vater eine Viertelstunde später in der Tür steht und anmahnt, dass die Hausaufgaben noch nicht erledigt sind oder der Hamsterkäfig mal wieder saubergemacht werden müsste.

Den neuen, für Sie zunächst noch fremden Wunsch nach Rückzug und Intimität sollten Sie akzeptieren. Dies zeigt das Bedürfnis nach Alleinsein, um eigenständiger zu werden. Noch vor kurzem hat das kleine Mädchen so ziemlich jedes Erlebnis mit Mama oder Papa geteilt, nun demonstriert die verschlossene Zimmertür einen jungen Menschen, der sich im Zuge der Ablösung in den nächsten Jahren zunehmend vor seinen Eltern verschließen wird. Für Sie als Eltern mag dies ungewohnt sein. Doch andererseits: Ist es nicht auch toll, dass sich Ihre Tochter erste Eigenständigkeiten zutraut? Dies ist auch Ihr Verdienst, und es ist schön, dass Sie Ihr Kind als Mutter oder Vater schon so weit begleitet haben.

Die Sache hat allerdings einen Haken, den Sie als Eltern vermutlich in der nächsten Zeit wahrnehmen werden: Wer sich auf die eigenen Beine stellen will, muss Widerstand gegen das entwickeln, was Erwachsene sagen. Man will sich nicht mehr alles von seinen Eltern gefallen lassen! So einfach ist das. Mit zunehmender Eigenständigkeit bekommen pubertierende Mädchen immer mehr Lust, sich von ihrer Familie weg zu orientieren, auf zu neuen Abenteuern, ob in der Phantasie oder im wirklichen Leben. Jetzt kommt die intensive Zeit der besten Freundinnen, die möglichst alles zusammen machen, sogar aufs Klo gehen. Man sitzt nebeneinander in der Schule, geht gemeinsam zum ersten Mal allein shoppen, schminkt und stylt sich gegenseitig. Oft schwärmen Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren auch für einen ganz bestimmten Jungen aus ihrer Klasse oder der Parallelklasse. Insgesamt interessieren sie sich immer mehr für Gleichaltrige und weniger für das, was ihnen die Eltern erzählen oder mit ihnen unternehmen wollen.

Rückblick: Die sexuelle Entwicklung bis zur Pubertät

Die sexuelle Entwicklung ist ein seelischer und körperlicher Prozess, der schon im Säuglingsalter beginnt, und zwar mit den ersten sinnlichen Erfahrungen beim Stillen oder dem schönen Gefühl, nackt nach Herzenslust auf dem Wickeltisch strampeln zu dürfen. Kinder haben ein angeborenes sexuelles Potenzial und gleiche oder ähnliche sexuelle Reaktionen wie Erwachsene. Kleine Jungen können zum Beispiel eine Erektion haben oder Mädchen lustvolle Gefühle empfinden, wenn sie auf einem Kissen herumrutschen. Aber Kinder schreiben diesen Erlebnissen eine ganz andere Bedeutung zu als Erwachsene: Für Kinder ist sie einfach Teil einer spontanen, neugierigen, lustvollen Sinnlichkeit, die sich auf den ganzen Körper bezieht. Schon im 2. Lebensjahr fangen Kinder an zu verstehen, dass es zwei Geschlechter gibt und dass man Mädchen bzw. Frauen und Jungen bzw. Männer aufgrund bestimmter Eigenschaften und Merkmale unterscheiden kann. Interessanterweise sind es in diesem Alter meist die Haare und Bekleidung, anhand derer kleine Kinder die Geschlechter unterscheiden. Erst mit etwa 5 Jahren begründen die Kinder Geschlechtszuordnungen mit genitalen Unterschieden. Im Vorschulalter von etwa 5 bis 6 Jahren sollten Kinder Begriffe für ihre Gefühle, ihren Körper und ihre Genitalien kennen, die...

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