Um die Notwendigkeit des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze besser nachvollziehen zu können, soll in diesem Kapitel zunächst die Situation vor dem 01.07.2007, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens,[5] dargestellt werden.
Als „Hausgeld“ (mitunter auch missverständlich als „Wohngeld“)[6] wird der Beitrag des einzelnen Wohnungseigentümers zu den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie den Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, § 16 II WEG, bezeichnet.
Das Hausgeld umfasst neben den laufenden Beiträgen zu den Kosten auch die Abrechnungsspitze, die Rückstellungsbeiträge für die Instandhaltung gemäß § 21 V Nr. 4 WEG sowie die Sonderumlage. Diese kann erforderlich sein, wenn die Vorauszahlungen nicht ausreichen, um die tatsächlich anfallenden Kosten zu decken. Die Abrechnungsspitze und die Sonderumlage werden in Kapitel D IV begutachtet.
Zu entrichten ist der Beitrag entweder durch Vorschüsse auf die zu erwartenden Unkosten oder durch Zahlung des sich aus der Abrechnung ergebenen Betrages sowie durch Beiträge für künftige Aufwendungen (Instandhaltungsrücklage).
Wann diese fällig werden, kann sich aus dem Teilungsplan oder einer Vereinbarung nach § 10 II 2 WEG ergeben. Soweit sich dort Fälligkeitsbestimmungen nicht finden, können die Wohnungseigentümer nach § 21 VII, § 28 V WEG die Fälligkeit der Vorschusszahlungen im Beschluss über den Wirtschaftsplan und die Fälligkeit der übrigen Hausgeldansprüche im Jahresabrechnungsbeschluss oder in einem Beschluss über eine Sonderumlage bestimmen.[7]
Ist die Fälligkeit weder ausdrücklich noch konkludent geregelt, werden die Hausgelder gemäß § 28 II WEG auf den jederzeit möglichen Abruf des Verwalters hin fällig.[8]
Gläubigerin ist die Gemeinschaft.[9]
Sollte ein Wohnungseigentümer seiner Verpflichtung zur Zahlung der Hausgelder nicht nachkommen, müssen diese zunächst anteilig von den anderen Miteigentümern mitgetragen werden.[10] Es droht ein Wertverlust, da die Erhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums sowie die Begleichung der anfallenden Kosten der Gemeinschaft somit auf Dauer nicht mehr gewährleistet werden kann, wodurch eine Weiterveräußerung erheblich erschwert wird.
Vor Inkrafttreten der WEG-Novelle war die Gemeinschaft gezwungen, Hausgeldrückstände des säumigen Wohnungseigentümers – im Folgenden Schuldner genannt - titulieren zu lassen, damit die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung gegen diesen beigetrieben werden konnte.
Durch die Titulierung erlangte die Gemeinschaft die Möglichkeit, die Einzelzwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners zu betreiben, welche jedoch regelmäßig fruchtlos verlief, so dass lediglich als Vermögensgegenstand das Wohneigentum des Schuldners verlieb.[11]
Um das Sondereigentum zur Haftungsmasse für die rückständigen Hausgelder zu machen, wurde - unter den Voraussetzungen der §§ 866 ff. ZPO - eine Zwangssicherungshypothek in das Wohnungsgrundbuch des Schuldners eingetragen. Die Verlautbarung im Grundbuch führte dann zur dinglichen Haftung des belasteten Wohnungseigentums neben der auch weiterhin fortbestehenden persönlichen Zahlungspflicht des Schuldners[12] sowie zur Rangsicherung an dem Wohnungseigentum.[13]
Aus der Zwangssicherungshypothek konnte (und kann auch nach derzeit geltendem Recht) nunmehr die Zwangsversteigerung und auch die Zwangsverwaltung beim zuständigen Amtsgericht als Vollstreckungsgericht am Belegenheitsort des Grundstücks eingeleitet werden, § 866 I ZPO, § 1 ZVG.
Zur Durchsetzung des rangbesseren dinglichen Anspruchs auf Zahlung des Hypothekenbetrages aus dem Grundstück, das heißt für eine Zwangsversteigerung mit dem Rang der Sicherungshypothek gemäß § 867 III ZPO, ist der vollstreckbare Titel, auf dem die Eintragung vermerkt ist, ausreichend.[14] Ein dinglicher Titel nach §§ 794 I Nr. 5, 800 ZPO ist für die Einleitung der Zwangsversteigerung nicht erforderlich. Die Eintragung des Vermerks auf dem Titel ist demnach (für das Zwangsversteigerungsverfahren)[15] gleichgestellt mit einem titulierten Duldungsanspruch.
Um die Pfändung oder die Anordnung der Zwangsverwaltung zu erreichen, benötigt der Inhaber einer Zwangssicherungshypothek allerdings einen dinglichen Titel.[16]
Trotz dieser formellen Bevorzugung bzw. Gleichstellung mit anderen dinglichen Gläubigern scheitert die erfolgreiche Durchsetzung für die Gemeinschaft überwiegend daran, dass die Zwangssicherungshypothek erst zeitlich nach den Grundpfandrechten im Grundbuch eingetragen wird und diesen somit rangmäßig nachgeht.[17]
Aufgrund der geringen Erlöse im Zwangsversteigerungsverfahren und den regelmäßig der Zwangssicherungshypothek vorgehenden Rechten war im Falle der Erlösverteilung regelmäßig keine Ausschüttung für die Gemeinschaft zu erwarten.[18] Es drohte ein vollumfänglicher Ausfall.
Wird über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, erfolgt keine Unterbrechung des bereits angeordneten Zwangsversteigerungsverfahrens. Will der Insolvenzverwalter die Verwertung verhindern, kann er dies in erster Linie nur, wenn er die rückständigen Hausgelder aus der Masse zahlt[19] oder einen Antrag auf Einstellung der Zwangsversteigerung für die Dauer des Insolvenzverfahrens nach § 30d ZVG stellt.[20]
Nach § 30d I ZVG ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn der Berichtstermin nach § 29 I Nr. 1 InsO noch bevorsteht, beziehungsweise das Grundstück für die Fortführung des Unternehmens oder für die Vorbereitung der Veräußerung eines Betriebes oder einer anderen Gesamtheit an Gegenständen benötigt wird. Eine einstweilige Einstellung kommt auch in Betracht, wenn die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplanes gefährdet oder in sonstiger Weise die angemessene Verwertung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert würde.
Stehen dem Antrag keine besonderen Gläubigerinteressen entgegen, was z. B. der Fall wäre, wenn dem Gläubiger eine weitere Hinauszögerung der Versteigerung wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann,[21] so ist die Einstellung mit der Auflage anzuordnen, dass dem betreibenden Gläubiger für die Zeit nach dem Berichtstermin nach § 29 I Nr. 1 InsO laufend die geschuldeten Zinsen binnen 2 Wochen nach Eintritt der Fälligkeit aus der Insolvenzmasse zu zahlen sind, § 30e I ZVG. Durch die Zinszahlung soll vermieden werden, dass dem Gläubiger mit Einstellung des Verfahrens ein wirtschaftlicher Nachteil entsteht.
Die Kosten des Einstellungsverfahrens trägt in jedem Fall die Insolvenzmasse. Dies gilt sowohl wenn das Verfahren einstweilen eingestellt wird,[22] als auch bei Abweisung des Antrags.
Der Verwalter begründet durch einen Einstellungsantrag nach § 30d ZVG eine unmittelbare vertragliche Verpflichtung zu Lasten der Masse - vgl. im Übrigen auch den Wortlaut des § 30e I ZVG, wonach die laufend geschuldeten Zinsen „aus der Insolvenzmasse“ zu zahlen sind - dies ist sicherlich einer der Gründe, weshalb von diesem Einstellungsrecht in der Praxis eher selten Gebrauch gemacht wird.[23]
Die insolvenzrechtlichen Folgen für die Beitragsforderungen der Gemeinschaft sind nur zu verstehen, wenn man sich das System der Forderungsqualifizierung in der Insolvenz vor Augen hält.[24] Man unterscheidet die Insolvenzforderung und die Masseverbindlichkeit. Diese sollen anhand nachstehender Abbildung verdeutlicht und im Folgenden näher erläutert werden:
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