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Wassernutzung in Vorder- und Mittelasien

Geschichte, Entwicklung und Probleme des Nahen Ostens und des Industieflandes

AutorMartin Steger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783656273721
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Geowissenschaften / Geographie - Geologie, Mineralogie, Bodenkunde, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München (Department für Geographie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Abschlussarbeit beschäftigt sich mit der Wassernutzung im Nahen Osten und Vorderasien. Betrachtet werden hierbei sowohl die geschichtliche Wassernutzung, zum Beispiel durch die Nabatäer, als auch die rezente durch Israel und Palästina. Die dabei entstehenden natürlichen Probleme, die Wasserknappheit an sich und auch die bereits entstandenen sowie die zu befürchtenden politischen Konflikte um Wasser, werden hier untersucht. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Nahostkonflikt und dessen Entstehung. Einleitung: Wasser ist die Grundlage allen Lebens auf der Erde. Da die Erde zu 71% von Wasser bedeckt ist, wird sie auch immer wieder als 'Blauer Planet' bezeichnet. Obwohl mehr als zwei Drittel der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt sind muss man sich aber im Klaren darüber sein, dass ca. 97% dieser Wasservorräte aus Salzwasser bestehen. Außerdem sind von den verbleibenden 3% weitere zwei Drittel in den Polkappen und Gletschern gebunden und somit nicht unmittelbar nutzbar. Es bleibt von der Gesamtmenge des auf der Erde befindlichen Wassers also nur rund 1% flüssiges Süßwasser für den Menschen. Davon wiederum sind lediglich 2% flüssiges Oberflächenwasser. Die restlichen 98% sind in für den Menschen nur unter enormen Aufwand zugänglichen Grundwasserbeständen gebunden. Daraus kann gefolgert werden, dass circa 99% des Wassers der Erde dem Menschen zur Nutzung nicht zur Verfügung stehen. Des Weiteren muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass die zugänglichen Süßwasservorräte der Erde sowohl regional wie auch zeitlich äußerst ungleichmäßig verteilt sind. Etwa 80% des Abflusses entfallen auf die nördliche Halbkugel und die Äquatorialbereiche, während sich große Teile der Erde mit den restlichen 20% zu Recht finden müssen. Laut Vorhersagen des International Water Management Institutes (IWMI) wird bereits 2025 in weiten Teilen der Erde nicht mehr genügend Wasser zur Verfügung stehen. Laut Schätzungen der UNESCO werden im Jahr 2015 etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung in Regionen leben, die unter Wasserarmut leiden. Da Wasser nicht vor Landesgrenzen halt macht, bedingt diese angespannte Situation des Wassermangels schon heute diverse Konflikte um die Nutzung, die Quantität und die Qualität von Wasser sowie der genutzten Böden. Neben der aktuellen Situation in der Region soll ebenfalls gezeigt werden, wie frühere Generationen mit dem Gut Wasser umgegangen sind und inwiefern sich die Situation im Laufe der Zeit bis heute geändert hat.

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Leseprobe

2. Wassernutzung im Jordanbecken


 

Unter den 261 grenzüberschreitenden Gewässersystemen der Erde ist das Jordanbecken eines, welches zwei oder mehr Anrainerstaaten haben (Fröhlich, 2008, 77). Neben Jordanien, auf welchem das Hauptaugenmerk liegen soll, grenzen auch Israel, der Libanon, das Westjordanland und Syrien direkt an das Jordanbecken an. Um einen Überblick über die Wassersituation zu geben, werden drei Bereiche herausgearbeitet.

 

1. Wie stellt sich die Situation im Jordanbecken und speziell in Jordanien heute dar?

2. Welche Handlungen und Projekte sind notwendig und eventuell bereits geplant oder umgesetzt, um der angespannten Situation Herr zu werden?

3. Auf welche Art und Weise wussten die Menschen vor unserer modernen, industrialisierten Zeit das knappe Wasserangebot zu nutzen.

 

2.1. Aktuelle Wassersituation im Jordanbecken und


 

2.2. Jordanien


 

Jordanien befindet sich mit seiner Fläche von rund 90.000km2 und einer Bevölkerung von etwas weniger als 6,4 Millionen[1] Einwohnern an der Schnittstelle zwischen der kategorischen Abgrenzung von ariden und semi-ariden Regionen (al-Kurdi, 2008, 11). Laut der Klimaklassifikation nach Köppen und Geiger liegt es größtenteils in einer Gegend mit trockenheißem Wüstenklima BWh (Diercke, 2002, 222-223). Die Bergländer allerdings, die sich auf beiden Seiten des Jordan über den Höhenzug östlich des Toten Meeres durch das Wadi Araba bis etwa Shobak befinden, charakterisieren sich durch mediterranes Klima. Die Höchsttemperaturen liegen hier bei gemittelt +38,8 ºC zwischen April und Oktober. Die durchschnittlichen Tiefsttemperaturen zwischen November und März bei etwa +0,5 ºC. Östlich und südlich des Berglandes ist eine Übergangszone zu den Wüstengebieten. Die gemittelte Jahreshöchsttemperatur in diesem semiariden Bereich liegen bei etwa +40 ºC, die gemittelte Jahrestiefsttemperatur bei -1,6 ºC. In den vollariden Wüstengegenden, die Flächenmäßig den größten Teil des Landes ausmachen, ist diese Differenz noch bedeutend größer. Der Durchschnittliche Jahresniederschlag liegt für gesamt Jordanien zwischen 50 und 200mm (Bender, 1968, 12). Das Land gehört zu den zehn am stärksten von Trockenstress betroffenen Ländern der Erde. Jährlich können pro Kopf nur etwa 150m3 Trinkwasser im Schnitt auf die Bevölkerung verteilt werden. Ein Minimum von 1.000m3 stellt allerdings bereits die Demarkationslinie für unter chronischer Wasserknappheit leidende Länder dar. Dieser Wasserknappheits-Index wurde von der schwedischen Hydrologin Prof. Malin Falkenmark vom Stockholm International Water Institute eingeführt. Sie beschreibt die Mindestmenge an Wasser die zu einer gewissen Lebensqualität benötigt wird (al-Kurdi, 2008, 11). Jordanien unterschreitet diesen Wert, 1.000 m3, also um fast das siebenfache.

 

König Abdullah II bin Al-Hussein verbalisierte die Wassersituation Jordaniens in seiner Key Note folgendermaßen:

 

„Our water situation is a strategic challenge which cannot be ignored, and we have to make balance between the domestic, industrial and agricultural needs, while keeping the domestic water issue the fundamental and most important.”

 

(Othman al-Kurdi, 2008, 11)

 

Obwohl, wie in der Aussage von König Abdullah II bin Al-Hussein zu erkennen ist, das Problem der Wasserknappheit erkannt wurde, haben jordanische Haushalte im Schnitt lediglich zwischen 61 und 87 Liter Wasser pro Kopf und Tag zur Verfügung (Iskandarani, 2001, 12). Vergleichsweise dazu werden in Deutschland pro Bundesbürger pro Tag etwa 130l Brauch- und Trinkwasser verbraucht. Jährlich sind das immerhin schon 47,45m3. Die zur Verfügung stehende Menge überschreitet diesen Wert allerdings noch um ein vielfaches (www.planet-wissen.de Stand 28.06.2011). Allein der tatsächliche Verbrauch an virtuellem Wasser, „die Wassermenge […] die während der gesamten Produktionskette eines bestimmten Produktes verbraucht, verdunstet oder verschmutzt wird“ (www.wwf.de Stand 28.06.2011), liegt pro Bundesbürger in Deutschland bei rund 4m3 täglich. Umgerechnet auf ein Jahr sind das etwa 1.460m3 die sich auch in Fleisch, Salat oder Schokolade befinden. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass diese insgesamt rund 1.500 m3 nur die Menge an tatsächlich genutztem Wasser darstellt. Die zur potentiell zur Verfügung stehende Menge, anders als bei den genannten Mengenangaben für Jordanien, ist hierbei bei Weitem noch nicht erreicht (www.wwf.de Stand 28.06.2011). Ebenfalls nicht berücksichtigt sind dabei die durch Industrie und Importe verbrauchten Wassermengen. Abbildung 2 zeigt den deutschen Wasser-Fußabdruck und somit das komplette Ausmaß des Wasserverbrauchs der Bundesrepublik.

 

 

Abbildung 2: Deutschlands Wasser-Fußabdruck

 

(www.geo.de Stand 07.07.11)

 

Während private Haushalte, deutsche und ausländische Industrieprodukte nur etwas mehr als 25% des Wasserverbrauchs ausmachen, teilen sich deutsche und importierte Agrarprodukte die restlichen 75%. In Deutschland wird also alleine für die privaten Haushalte mit 5,5 Milliarden[2] m2 Wasser das viereinhalbfache an Wasser verbraucht, als die Menge des in Jordanien zur Verfügung stehenden Wassers.

 

Ausschlaggebend für die niedrigen Zahlen in Jordanien sind sowohl die geringen Niederschläge als auch das damit verbundene, eingeschränkte Grundwasservorkommen der Region. Auf Niederschlagsebene kann Jordanien ebenfalls in drei große Gebiete untergliedert werden: die Wüstengebiete, das Jordan Tal und das Hochland. Die östliche Wüstengegend, welche circa 91% der jordanischen Landesfläche ausmacht, verfügt pro Jahr durchschnittlich über zwischen 50 und 200mm Niederschlag. Im Vergleich dazu fällt im Jordan Tal, das 5,7% der Landesfläche ausmacht, mit 50 bis 300mm mittleren Jahresniederschlag nur unwesentlich mehr Regen. Das jordanische Hochland weist mit Werten zwischen 400 und 600mm pro Jahr deutlich mehr Niederschlag auf, wobei sich dieser auf lediglich 2,9% der Landefläche begrenzt.

 

Die Niederschläge sind jährlich an Intensität und Menge stark unterschiedlich. So fallen in feuchten Jahren etwa 11.000 Mio. m3 Niederschlag, in trockenen Jahren allerdings nur etwa 5.800 Mio. m3. Dadurch wird im Mittel ein Wert von 8.300 Mio. m3 erreicht. Abbildung 3 zeigt ebendiese regionale Verteilung des Niederschlags im Nahen Osten wobei die zeitliche Verteilung, ein weiterer wichtiger Faktor, in der Graphik nicht berücksichtigt ist (al-Kurdi, 2008, 11).

 

 

Abbildung 3: Jahresdurchschnittsniederschlag im Nahen Osten

 

(www.jewishvirtuallibary.com Stand 20.06.2011)

 

Die Wassersituation Jordaniens allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr muss das gesamte Jordanbecken, mit seinen rund 18.300 km2 Fläche, und alle seine Anrainer berücksichtigt werden (Dombrowsky, 2008, 64). Dies ist zum Einen notwendig um einen ganzheitlichen Eindruck über die Wassersituation der Länder zu bekommen. Zum Anderen um zu verstehen, welche Spannungen zwischen den Ländern warum über die letzten Jahtzehnte entstanden sind.

 

Neben den genannten Niederschlägen über Jordanien direkt sind für das Jordanbecken auch Niederschläge außerhalb der Staatsgrenzen, perennierende Flusssysteme, wie das des Jordan und Yarmuk, sowie, teilweise grenzüberschreitende, Aquifere von Bedeutung. Das Jordan-Yarmuk Flusssystem weist einen mittleren Durchfluss von etwa 1.200 Mio. m3 Wasser pro Jahr auf. Dies entspricht etwa der Menge Wasser der Spree an ihrer Mündung in die Havel. Der Durchfluss des Yarmuks wird durch die Entnahme der Anrainer Jordanien, Israel, Syrien, Libanon und das Westjordanland, allerdings auf lediglich 200 Mio. m3/Jahr reduziert. Dies entspricht etwa zweimal dem mittleren Durchfluss der Würm bei Obermenzing. Die Quellflüsse des Jordan, der Hasbani, der Dan und der Banias entspringen im Libanon, in Israel und in Syrien. Sie haben durchschnittliche Abflüsse von 140 Mio. m3/Jahr, 250 Mio. m3/Jahr und 120 Mio. 3/Jahr. Sie vereinigen sich kurz hinter der israelischen Grenze bei Sede Nehemija zum Jordan und bringen somit etwa 510 Mio. m3 Wasser pro Jahr in den Tiberiasee (See Genezareth). Etwa 10 km südlich des See Genezareth, aus dem seit Mitte der sechziger Jahre von Israel etwa 490 Mio. m3/Jahr durch den National Water Carrier (NWC) in die Negev Wüste abgeleitet werden, mündet dann schließlich der Yarmuk in den Jordan. Dieser bringt wiederum zwischen 400 und 500 Mio. m3/Jahr mit sich und füllt somit das durch Israel entnommene Wasser wieder auf. Von dort aus fließt der Jordan unter dem Zufluss von etwa 240 Mio. m3/Jahr aus dem Zarqua und diverser Wadis, welche...

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