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Eine empirische Analyse politischer Stellungnahmen zur Fair-Value-Bilanzierung während und im Nachklang der Finanzkrise

AutorDaniel Schreiber
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl97 Seiten
ISBN9783656318057
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,3, Universität Mannheim, Sprache: Deutsch, Abstract: Durch die globale Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 und den damit assoziierten Problemen und Zusammenbrüchen diverser Finanzinstitutionen in den USA und auf internationaler Ebene ist Fair-Value ins Blickfeld einer kontroversen Debatte gerückt. Bei-spiele für bedeutende amerikanische Geschäfts- und Investmentbanken, die im Rahmen der Rezession Insolvenz anmelden mussten beziehungsweise von Wettbewerbern übernommen wurden, sind unter anderem Bear Stearns, Lehman Brothers, Washington Mutual, Merrill Lynch und Wachovia. Auch im internationalen Raum führte die Finanzkrise zu erheblichen Problemen bei ABN AMRO, Dexia und Hypo Real Estate oder im Fall von Northern Rock gar zum Konkurs. Kritiker der Zeitwertmethode argumentieren, dass die Fair-Value-Vorschriften für Krisenzeiten nicht nur ineffektiv waren, sondern aufgrund von signifikanten Abschreibungen den Zusammenbruch einiger der genannten Finanzinstitutionen induzierten. Im Gegensatz dazu sehen Befürworter die Zeitwertbilanzierung zu Unrecht in der Kritik und ergo als Opfer der Finanzkrise an. Da die potenziellen Entstehungsgründe der Krise ein Politikum darstellen und insbesondere seitens des Finanzsektors ein immenser Einfluss auf Regierungsvertreter zum unverzüglichen Handeln ausgeübt wurde, ist Fair-Value sowohl im angloamerikanischen wie auch im internationalen Raum zunehmend in den Fokus politischer Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden geraten. Folglich sahen sich diese gezwungen, die Zweckmäßigkeit der Regelungen zu überdenken, sodass erheblicher Druck auf internationale Standardsetzer ausgeübt wurde, bestehende Fair-Value-Standards zu novellieren. Die vorliegende Arbeit setzt sich dabei das Ziel, die stattgefundene Fair-Value-Diskussion anhand von politischen Statements empirisch abzubilden. In diesem Zusammenhang stellt sich zum einen die Frage, in welchem thematischen und zeitlichen Kontext die Äußerungen angefallen sind, zum anderen ist interessant, welche allgemeinen Meinungen die Regierungsvertreter bezüglich Fair-Value vertreten und welche konkreten Pro- und Contra-Argumente in den Stellungnahmen hervorgebracht werden.

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Leseprobe

3  Datenerhebung


 

3.1  Identifikation und Erfassung relevanter Daten


 

3.1.1  Politische Statements zum Thema Fair-Value


 

Da bezüglich Fair-Value keine Abstimmung stattfand ist das Ziel der vorliegenden empirischen Analyse eine separate Erfassung der politischen Stellungnahmen in den USA und international. Die Untersuchung beinhaltet auf US-Ebene alle Kongressabgeordneten (Senat und Repräsentantenhaus) der 109., 110. und 111. Kongressperiode.[106] Die Stichprobe umfasst somit 701 Personen.[107] Im Gegensatz dazu sind die Politiker im internationalen Datensatz nicht eindeutig eingrenzbar. In diesem werden primär Aussagen von Regierungschefs und Vertreter relevanter Ministerien (Finanz-, Wirtschafts- und Justizministerien) der Jahre 2006 bis 2011 aus den Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Schweiz analysiert. Ergänzt wird diese Erhebung durch die Erfassung führender Mitglieder nationaler Zentralbanken (Deutsche Bundesbank, Banque de France, Bank of England, Schweizerische Nationalbank), supranationaler Organisationen (IMF, BIS, Worldbank), paneuropäischer Organe (EU-Kommission, EU-Parlament) sowie weiterer im Zusammenhang mit Fair-Value bereits in der internationalen Presse zitierten Top-Level-Politiker.[108] Eine Namensliste inklusive weiterer relevanter Daten wie Partei- und Komiteezugehörigkeit sowie Mitgliedschaften im Repräsentantenhaus oder im Senat aller Abgeordneten des US-Kongresses wird von Charles Stewart, Professor am Massachusetts Institute of Technology,[109] bereitgestellt. Die Zusammenfassung internationaler Politiker basiert auf Informationen der Chiefs of State and Cabinet Members of Foreign Governments-Datenbank,[110] ergänzt um eine eigenständige Aufbereitung diverser assoziierter Organisationshomepages.

 

Die Recherche nach politischen Stellungnahmen zur Fair-Value-Problematik wurde strukturiert über das Internet vorgenommen. Die Suche erfolgte über die individuellen Internetseiten der Politiker und im Anschluss über die Homepages der zugehörigen Institutionen. Als Suchbegriffe auf US-Ebene dienten „mark to market“, „mark-to-market“, „fair value“ und „fair-value“. Für das internationale Setting wurden ergänzend „IAS 39“, „IASB“, „IFRS 9“ sowie „Accounting“ verwendet. Im US-Datensatz wurden zunächst die individuellen Homepages der Kongressmitglieder, anschließend die Kongresskomitees sowie im letzten Schritt der Gesamtkongress abgedeckt.[111] Insgesamt wurden hier 206 Statements von 119 Kongressabgeordneten zum Thema Fair-Value erfasst. Eine Gliederung nach Einzeldokumenten ergab 97 Äußerungen. Die Suche nach Stellungnahmen internationaler Politiker wurde ebenso über deren individuelle Internetseiten wie auch über die zugehörigen Organisationshomepages durchgeführt.[112] Hier konnten 156 Statements von 113 Personen in 94 Einzeldokumenten identifiziert werden.[113] Eine erste Restriktion bei der Erhebung ergab sich durch die fehlende Präsenz eigener Homepages einer Vielzahl von Regierungsvertretern.[114] Da auch deren Stellungnahmen erfasst werden sollten, wurde die Recherche in einem abschließenden Schritt auf öffentliche Suchmaschinen wie Bing und Google ausgeweitet. Dies erfolgte durch Kombination der oben genannten Stichwörter mit den Namen der Politiker.

 

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass beide Datensätze nicht alle möglichen Arten von Äußerungen des oben definierten Personenkreises enthalten und folglich nicht abschließend sind. Beachtung fanden ausschließlich Dokumente in offizieller Form. Wie in Tabelle 1 veranschaulicht, wurden Aussagen von Regierungsvertretern in Anhörungen, Anträge/Anfragen/Vorschläge, Fallstudien, Journalartikel, Policy Paper, Pressemitteilungen, Reports, Reden, Working Paper sowie Offizielle Gruppen-[115] und Einzelbriefe erfasst. Eine zusätzliche Aufnahme von Zeitungsartikeln hätte den Umfang der Arbeit überschritten und wurde demnach nicht vorgenommen.

 

Tabelle 1: Verteilung der Statements nach Dokumentart

 

 

Es ist festzustellen, dass in den USA das Gros der Statements auf Pressemitteilungen, Offizielle Gruppenbriefe, Anträge/Anfragen/Vorschläge und Anhörungen entfällt, während die Mehrzahl der internationalen Stellungnahmen in Form von Reden, Anträgen/Anfragen/Vorschlägen, Pressemitteilungen und Reports abgegeben wird. Signifikante Unterschiede zwischen Gesamtstatements und Einzeldokumenten ergeben sich auf US-Ebene bei den Offiziellen Gruppenbriefen sowie den Anhörungen. Ersteres resultiert überwiegend aus einem an Christopher Cox, Vorsitzender der SEC, adressierten Brief, welcher 56 identifizierbare Unterschriften[116] individueller Kongressmitglieder enthält.[117] Weiterhin beziehen sich diverse Statements auf eine am 12. März 2009 im Financial Services Komitee des Repräsentantenhauses durchgeführte Anhörung zum Thema „Mark-to-Market-Accounting: Practices and Implications“.[118] Differenzen zwischen Gesamtstatements und Einzeldokumenten im Rahmen der internationalen Ermittlungen bestehen bei den Anträgen/Anfragen/Vorschlägen. Grund hierfür ist ein zum Thema Finanzmarktregulierung an die deutsche Bundesregierung gerichteter offizieller Antrag der FDP-Bundestagsfraktion, die sich aus 49 Abgeordneten zusammensetzt.[119]

 

Adressaten der erfassten offiziellen Briefe und Anträge/Anfragen/Vorschläge sind neben dem ehemaligen SEC Vorsitzenden Christopher Cox und der deutschen Bundesregierung hauptsächlich Rechnungslegungs- und Börsenaufsichtsbehörden, zum Teil auch persönlich Mary Schapiro, Vorsitzende der SEC und Sir David Tweedie, Vorsitzender des IASB. Dies ist insofern nicht verwunderlich, da die genannten Organisationen maßgeblich für die Standardsetzung und somit für die Fair-Value-Bilanzierung verantwortlich sind. Weitere Empfänger sind Politiker aus für die Finanzbranche zuständigen nationalen Ministerien. In den USA fallen darunter der ehemalige Finanzminister Henry Paulson sowie seine Kollegen Timothy Geithner und Lawrence Summers, welche allesamt dem US Treasury Department zuzuordnen sind. Zudem ist ein Offizieller Einzelbrief an Deutschlands früheren Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Michael Glos, adressiert. Tabelle 2 verschafft einen Überblick zu weiteren Empfängern auf Basis einzelner Dokumente.[120]

 

Tabelle 2: Verteilung der Offiziellen Briefe und Anträge/Anfragen/Vorschläge nach Empfänger

 

 

3.1.2  Lebensläufe, persönliche Finanzen, Wahlkampfspenden und Beschäftigungsstatistiken der Finanzindustrie


 

Für die Abgeordneten des US-Kongresses wurde eine Reihe weiterer relevanter Daten benötigt, die den Zusammenhang zwischen bestimmten qualitativen und finanziellen Charakteristika dieser Politiker und den erfassten Fair-Value-Statements aufzeigen sollen. Diese setzen sich aus vier Datensätzen zusammen: Lebensläufe, erhaltene Wahlkampfspenden, persönliche Finanzen sowie bundesstaatliche Beschäftigungsstatistiken für die Finanzindustrie. Informationen zu den ersten drei Datensätzen werden vom Center for Responsive Politics (CRP), einer gemeinnützigen Organisation, öffentlich zugänglich und kostenlos bereitgestellt.[121]

 

Das CRP publiziert die Lebensläufe aller Abgeordneten der 110. und 111. Kongressperiode, die neben persönlichen Informationen wie Geburtsdatum, -stadt und -staat auch detaillierte Einblicke in deren Ausbildungshintergründe und Abschlüsse sowie den beruflichen Werdegang gewähren.[122] Um die Statements anhand qualitativer Charakteristika zu erklären, sind primär Informationen zum beruflichen Hintergrund und zur betriebswirtschaftlichen Ausbildung der jeweiligen Personen relevant.

 

Daneben soll der Einfluss spezieller Interessengruppen auf die erfassten politischen Fair-Value-Äußerungen bewertet werden. Aufgrund dessen stellt der zweite Datensatz die erhaltenen Wahlkampfspenden dar. Diese werden von der Federal Election Commission in Berichten aufbereitet[123] und vom CRP gesammelt. Dargestellt sind neben der  Gesamtsumme auch die Aufgliederung in spezielle Zuwendungen durch Political Action Committees (PAC) und individuelle Spenden von Einzelpersonen auf föderalistischer Ebene. Für vorliegende Untersuchung sind dabei insbesondere die Zuwendungen aus dem Finanzsektor, welche im CRP unter der Kategorie „Finance/Insurance/Real Estate“ definiert sind, von Interesse.[124] Diese werden sowohl absolut wie auch prozentual zu den Gesamtspenden dargestellt. Die Spenden wurden für die Wahlperioden 2006, 2008 und 2010 erhoben. Grundlage für die Analyse ist der Betrag des Jahres 2008. Sollte ein Politiker in diesem Jahr jedoch nicht im Kongress vertreten gewesen sein, werden die Zuwendungen der Zyklen 2006 oder 2010 herangezogen.

 

Weiterhin soll der Einfluss individueller finanzieller Anreize gemessen werden, sodass zusätzlich persönliche Finanzdaten benötigt wurden. Aufgrund des Ethics in Government Acts von 1978 sind alle Abgeordneten verpflichtet, ihre persönlichen Finanzen, bestehend aus Einkommen, Vermögenswerten (Aktien,...

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