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E-Book

Geschichte der Kriegskunst, Band 3

Vollständige Ausgabe

AutorHans Delbrück
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl809 Seiten
ISBN9783849609399
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
'Die Geschichte der Kriegskunst' von Hans Delbrück (4 Bände) gehört zu den umfassendsten und besten Werke zur Militärgeschichte und Kriegskunst. Sehr detailliert und verständlich werden die Geheimnisse der Kriegsführung durch viele Jahrhunderte aufgearbeitet. Inhalt: Karl der Große und seine Nachkommen. Karl der Große. Die Unterwerfung der Sachsen. Das Karolingerreich, die Normannen und die Ungarn. Der vollendete Feudalstaat. Die Staatenbildung auf den Trümmern des Karolingerreichs. Die Schlacht auf dem Lechfelde. 10. August 955. Schlachten unter Kaiser Heinrich IV. Die Unterwerfung der Angelsachsen durch die Normannen. Die normannische Kriegsverfassung in England. Der Normannenstaat in Italien. Byzanz. Die Araber. Allgemeine Ansicht der Kreuzzüge. Das hohe Mittelalter. Das Rittertum als Stand. Das Rittertum militärisch. Söldner. Strategie. Die italienischen Kommunen und die Hohenstaufen. Die deutschen Städte. Die Eroberung Preußens durch den Deutschen Orden. Das englische Bogenschießen. Die Eroberung von Wales und Schottland durch Eduard I. Einzelne Feldzüge, Schlachten und Gefechte. Das späte Mittelalter. Vorwort. Phalangen-Schlachten. Bürgerwehren und Landsturm-Aufgebote. Abgesessene Ritter und Schützen. Die Osmanen. Die Hussiten. Condottieri, Ordonnanz-Kompagnien und Freischützen. Die Schlachten bei Tannenberg und Montl'héry und einige andere Gefechte der Periode. Die Schweizer. Einleitung. Die Schlacht am Morgarten. 15. November 1315. Schlacht bei Laupen. 21. Juni 1339. Die Schlacht bei Sempach. 9. Juli 1386. Die Schlacht bei Döffingen. 23. August 1388. Eidgenössische Kriegsverfassung564. Die Burgunderkriege.

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Leseprobe

 


64. Ut carra nostra quae in hostem pergunt basternae bene factae sint, et operculi bene sint cum coriis cooperti, et ita sint consuti, ut, si necessitas evenerit aquas ad natandum, cum ipsa expensa quae intus fuerit transire flumina possint, ut nequaquam aqua intus intrare valeat et bene salva causa nostra, sicut diximus, transire possit. Et hoc volumus, ut farina in unoquoque carro ad spensam nostram missa fiat, hoc est duodecim modia de farina; et in quibus vinum ducunt, modia XII ad nostrum modium mittant; et ad unumquodque carrum scutum et lanceam, cucurum et arcum habeant.

 

 

Capitulare Aquisgranense. 801-813. M. G. I, 170.

 

10. Ut regis spensa (Bedürfnisse) in carra ducatur, simul episcoporum, comitum, abbatum et optimatum regis: farinam, vinum, baccones (Schinken) et victum abundanter, molas dolatorias (Äxte oder Hobelmesser), secures, taretros (Bohrer), fundibulas (Schleudern), et illos homines qui exinde bene sciant iactare. Et marscalci regis adducant eis petras (Steine), in saumas viginti, si opus est. Et unusquisque hostiliter sit paratus, et omnia utensilia sufficienter habeant. Et unusquisque comis duas partes de herba in suo comitatu defendat ad opus illius hostis, et habeat pontes bonos, naves bonas.

 

 

Capitulare missorum für die Gebiete westlich der Seine. 807. M. G. I, 134.

 

 

3. Omnes itaque fideles nostri capitanei cum eorum hominibus et carra sive dona, quantum melius praeparare potuerint, ad condictum placitum veniant. Et unusquisque missorum nostrorum per singula ministeria considerare faciat unum de vasallis nostris et praecipiat de verbo nostro, ut cum illa minore manu et carra de singulis comitatibus veniat et eos post nos pacifice adducat ita, ut nihil exinde remaneat et mediante mense Augusto ad Renum sint.

 

Die basternae sind eine bestimmte Art von Karren, von zwei Tieren gezogen. Sie sollen mit wasserdichten Lederdecken versehen sein. Auf jedem Karren sollen 12 Modii Mehl oder 12 Modii Wein verladen sein. Der Modius wird zu etwa 52 Liter angenommen; ein Liter Mehl wiegt nur etwa 600 Gramm, ein Liter Wein 1000 Gramm. Ein Mehlwagen wäre demnach nur mit acht, ein Weinwagen mit reichlich 12 Zentnern beladen gewesen. Man sieht, wie solche Vorschriften nur sehr im Allgemeinen genommen werden. Eine Netto-Last von 12 Zentnern für ein Zweigespann ist für damalige Verhältnisse sehr hoch (vgl. Bd. II, 475); wenn man überhaupt solche Vorschriften nicht bloß als ungefähre Norm, sondern als reale Forderung angesehen hat, so hat man wohl damit gerechnet, daß ja die 12 Zentner nur eine Anfangslast seien, die sich von Tag zu Tag verringerte. Andererseits gilt das auch für die Mehlwagen, und es ist nicht zu übersehen, daß eine Zusammenstellung von gleichartigen Fuhrwerken in einem Zuge, die so ganz ungleich beladen sind, eine unpraktische Organisation ist.

 

 

Die italienischen Capitularien.


 


Die Capitularien, die uns aus dem Longobardenreiche über das Kriegswesen erhalten sind (ebenfalls zusammengestellt bei BORETIUS, Beitr. z. Capitularienkritik), weichen im einzelnen mannigfach von den fränkischen ab, in den Grundzügen jedoch stimmen sie mit ihnen überein und bestätigen in glücklicher Weise unsere Auslegung.43

 

Noch viel deutlicher als im Frankenreiche ersehen wir aus ihnen, wie hier seit den Tagen der Völkerwanderung ein Kriegerstand inmitten einer unkriegerischen Bevölkerung lebte und sich fortpflanzte. Von einem solchen Kriegerstand, der kein geschlossenes Volk ist, keine große Gefolgschaft bildet und auch nicht auf Landleihe aufgebaut ist, hat man sich bisher keine Vorstellung machen können, und so ist es gekommen, daß in dem grundlegenden Buche für die mittelalterliche italienische Rechtsgeschichte, der »Geschichte der Städteverfassung von Italien« von CARL HEGEL das Richtige eigentlich mit runden Worten dasteht, weil die Urkunden völlig deutlich sind, und dann doch wieder durch falsche Wendungen verdrängt wird, weil es dem Verfasser praktisch so unmöglich erscheint.

 

Die Zeugnisse beziehen sich ebensowohl auf die longobardischen, wie auf die nicht von den Longobarden unterworfenen Gebiete.

 

Gregor I. (590-604) schreibt einmal an die Ravennaten, zählt alle einzelnen Stände auf und darunter auch die »Krieger« (milites). Ganz ähnlich in einem anderen Brief an die Einwohner von Zara oder Jadera.44

 

Um die Mitte des 7. Jahrhunderts, als der griechische Kaiser den Papst Martin gefangen nehmen lassen wollte, empfiehlt er seinem Statthalter, erst die Stimmung des römischen »Heeres« auszuforschen und sich still zu verhalten, wenn sie feindlich sein sollte.45

 

Könnte man sich noch vorstellen, daß es sich hier nur um eine zufällig vorhandene Söldnerbande handelt, so wird man diese Auslegung nicht mehr für nötig halten, wenn man sieht, daß in den Urkunden des folgenden Jahrhunderts fortwährend von dem Stande der Krieger (milites) und den Optimates militiae die Rede ist. Auch bei den Papstwahlen haben sie (primates exercitus) ihr Recht und sind berufen, das Wahldekret am Schlusse zu unterschreiben. HEGEL sagt selbst (I, 253), dieses Heer könne weder ein Heer von Soldtruppen, noch ein ganzes Volksheer gewesen sein, und will deshalb einen »angesehenen Kriegerstand aus dem Kern der Bürgschaft« darin sehen. »Die Römer waren wieder wehrhaft, das Volk ein Heer geworden« (S. 250). Es sind die durch Grundbesitz und Waffentüchtigkeit vollberechtigten Mitglieder der römischen Gemeinde, hauptsächlich die ehemaligen Possessoren (S. 254).

 

Woher sollten aber gerade die Hausbesitzer in Rom und Ravenna wieder kriegstüchtig geworden sein, die übrigen »cives honesti«, wie die ehrsamen Stadtbürger im Gegensatz zu ihnen genannt werden, nicht? Sie sind nicht nur plötzlich kriegstüchtig geworden, sie haben sogar eine militärische Organisation von ehrwürdigem Alter, die »scholas militiae«, wie sie einst der große Constantin genannt und die noch Papst Hadrian dem Frankenkönig Carol entgegenschickte (HEGEL, S. 259), und in Ravenna waren sie von solcher Wildheit, daß sie Sonntags vor den Toren blutige Waffenspiele aufführten, wobei die verschiedenen Stadtquartiere gegeneinander fochten (HEGEL, S. 263).

 

Für die Nachkommen der Bürger, für deren Dienste in der Schlacht Belisar einst trotz Anerkennung des guten Willens freundlich gedankt hatte, scheint das doch eine gar zu merkwürdige Verwandlung, besonders unter der Obhut griechischer Statthalter oder geistlicher Regenten. Hier muß offenbar ein ganz anderes Moment im Spiel sein und es ist auch nicht schwer zu finden.

 

Dieser neue kriegerische Stand ist nicht ein plötzlich kriegerisch gewordener Hausbesitzerstand, sondern umgekehrt, es sind die barbarischen Krieger, die sich allmählich romanisiert und eingebürgert, vielfach auch Haus- und sonst Besitzer geworden sein mögen, dabei aber ihren kriegerischen Charakter noch Generationen hindurch bewahren und durch Übung erhalten. Man bedurfte ihrer ja fortwährend und wäre ohne sie völlig schutzlos gewesen.

 

Noch als Otto der Große im Jahre 963 in der Peterskirche seine große Synode abhielt, war dabei »omnis Romanorum militia« zugegen.46

 

Die Langobarden waren im Unterschied von den Goten von vornherein kein geschlossener Volksstamm, sondern ein Kriegsbund, zu dem sich mit dem Hauptstamm Gepiden, Sachsen, Pannonier, Noricer und sogar Bulgaren zusammengeschlossen hatten; sie lösten sich gleich nach der Eroberung des Landes in Kleinherrschaften unter 35 Herzogen auf und hatten auch später immer ein schwaches Wahl-Königtum. Die Zeit der Herzogtümer haben wir uns so vorzustellen, daß in jeder größeren Stadt sich ein Bandenführer (Geschlechtshaupt, Hunno) niederließ und die Herrschaft ergriff, für sich nahm, was ihm gefiel, und seinen Leuten anwies, was ihm gutdünkte. Die Überlieferung,47 daß damals viele vornehme Römer aus Habgier umgebracht oder ausgetrieben worden seien, wird wohl richtig sein. Es dürften römische Großbesitzer überhaupt wenig übrig geblieben sein. Die gesamte römische Bevölkerung trat in den Stand der Halbfreiheit; die Römer wurden Aldien (oder Liten), die Langobarden waren der allein vollfreie Stand der Krieger, der Arimannen (Exerzitalen). So war es ja auch bei den Franken, nur mit dem Unterschied, daß es hier vermöge des starken Königtums von Anfang an vornehmen römischen Familien möglich war, Schutz für Leben und Eigentum zu gewinnen und durch Eintritt in den königlichen Dienst und in die Kriegerschaft selber Mitglieder des herrschenden vollfreien Standes zu werden, was bei den Langobarden kaum der Fall gewesen sein wird.

 

Daß jeder Langobarde Grundbesitzer geworden sei und ein so bedeutender Besitzer, daß er davon als Reiter zu Felde ziehen...

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