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Psychologische Erste Hilfe

AutorChristoph Kröger
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783840922862
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Das öffentliche Bewusstsein für die Sorge um Opfer, Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene und Zeugen ist in Deutschland mit Ereignissen wie dem Flugzeugunglück in Ramstein, dem Zugunglück in Eschede und dem sog. Amoklauf in Erfurt gewachsen. Inzwischen wird es als selbstverständlich erachtet, dass nicht nur eine medizinische, sondern auch eine psychosoziale Unterstützung nach derartigen Ereignissen kurzfristig gewährleistet ist. Auch Angehörige bestimmter Berufsgruppen wie Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei benötigen nach bestimmten Einsätzen psychosoziale Unterstützung. Der Band bietet einen Überblick über die Auswirkungen von traumatischen Ereignissen, insbesondere nach Schadens- und Gefahrenlagen bzw. Katastrophen. Es werden häufige psychische Beeinträchtigungen, psychische Störungen und relevante Störungsmodelle beschrieben. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Allgemeinbevölkerung und spezifischer Risikogruppen gerecht zu werden, wird ein gestuftes diagnostisches Vorgehen und ein Versorgungsmodell vorgestellt. Die aufgezeigten Interventionen folgen einem inzwischen international verbreiteten Konzept der Psychologischen Ersten Hilfe, welches für den deutschsprachigen Raum adaptiert und ergänzt wurde. Zahlreiche Interventionsbeispiele und konkrete Formulierungsvorschläge veranschaulichen das praktische Vorgehen.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Einleitung
  3. 1 Beschreibung
  4. 2 Störungstheorien und -modelle
  5. 3 Diagnostik
  6. 4 Versorgungskonzepte
  7. 5 Intervention
  8. 6 Qualitätsstandards und Wirksamkeit
  9. 7 Weiterführende Literatur
  10. 8 Literatur
  11. 9 Anhang
  12. Karten
Leseprobe
Posttraumatische Belastungsstörung in Deutschland:
In einer repräsentativen Studie in der Region München (Perkonigg, Kessler, Storz & Wittchen, 2000) berichteten 25 % der Teilnehmer und knapp 18% der Teilnehmerinnen im Alter von 14 bis 24 Jahren von mindestens einem potenziell traumatischen Ereignis in ihrem bisherigen Leben . Körperliche Angriffe, schwerwiegende Unfälle und Zeuge solcher Ereignisse wurden am häufigsten angegeben . Auch hier ergab sich ein geschlechtsbezogener Effekt: Männliche Teilnehmer berichteten insgesamt häufiger als weibliche von Ereignissen; allerdings wiesen Teilnehmerinnen mit 2% häufiger eine PTBS auf . Ähnliche Befunde wurden in der Bremer Jugendstudie beschrieben (Essau, Conradt & Petermann, 1999) . Von den Münchnern, die die Kriterien einer PTBS erfüllten, remittierten 52 % innerhalb von 3 bis 4 Jahren (Perkonigg et al ., 2005) . Ein chronischer Verlauf war verbunden mit dem Erlebnis eines weiteren traumatischen Ereignisses in der Nachbefragungszeit sowie neu aufgetretenen somatoformen bzw . anderen Angststörungen .

Nach komplexen Schadensund Gefahrenlagen bzw . Katastrophen wurde am häufigsten die posttraumatische Symptomatik untersucht (Neria, Nandi & Galea, 2008) . Während die unmittelbaren Reaktionen und die ABS bei der überwiegenden Mehrheit wieder abklingt, bleibt die posttraumatische Symptomatik bei Menschen mit bestimmten Risikomerkmalen bestehen . Dies gilt selbst nach Ereignissen wie einem terroristischen Anschlag (z . B . auf das World Trade Center, Galea et al ., 2002; 2003), die von Menschen intendiert wurden, oder einer Naturkatastrophe, die die Infrastruktur zerstört hat (wie der Hurrikan Katrina, Galea et al ., 2007) . Während beispielsweise die Prävalenz der posttraumatischen Symptomatik bei Einwohnern in Manhatten von 7,5 % ein Monat nach den terroristischen Anschlägen auf 1,7 % und 0,6 % nach vier bzw . sechs Monaten remittierten, war die Prävalenz bei Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status mit 10,2 % höher (Neria et al ., 2006) . Insgesamt wurde eine Rate von akuter PTBS nach terroristischen Anschlägen bei ca . 30 bis 40 % der Erwachsenen festgestellt; zwei Jahre später waren es noch ca . 20 % (Whalley & Brewin, 2007, für einen Überblick) .

Außerdem kann sich eine posttraumatische Symptomatik bei ca . 10% der mit dem traumatischen Ereignis konfrontierten Personen verzögert entwickeln . Ein erhöhter Konsum von Reportagen zum Jahrestag kann zu dieser später einsetzenden Symptomatik beitragen (Bernstein, Ahern, Tracy, Boscarino & Galea, 2007) . Fehlende soziale Unterstützung, das Auftreten zusätzlicher traumatischer Ereignisse und anhaltende Stressoren (z . B . Trennung von Partner, Verkehrsunfall) sowie Verluste (z . B . Einkommensund Arbeitsplatzverlust, Neuansiedelung in einer anderen Region des Landes) tragen zur Aufrechterhaltung der posttraumatischen Symptomatik langfristig bei (Galea et al ., 2008) . Depressive Störungen. Eine wachsende Zahl an Studien untersucht die depressive Symptomatik nach einem traumatischen Ereignis, was insbesondere unter Berücksichtigung des rezidivierenden und teilweise chronischen Verlaufs der Major Depression (MD) gesundheitsökonomisch besonders wichtig erscheint . In Tabelle 4 sind die diagnostischen Kriterien der depressiven Episode laut ICD-10 zusammengestellt, welche sich mit denen des DSM-IV-TR gleichen .

Beispielsweise erfüllten 2 Wochen nach Verkehrsunfällen knapp 10 % und nach 6 Monaten 8 % die Kriterien einer Major Depression (Ehring, Ehlers & Glucksman, 2008) . Werden die Folgen der terroristischen Anschläge vom 11 . 03 . 2004 in Madrid und 11 . 09 . 2001 in Manhatten verglichen, fällt auf, dass die Rate der wahrscheinlichen PTBS zwar in Madrid niedriger ausfällt, die Rate der wahrscheinlichen MD mit 8 % bzw . knapp 10 % aber ähnlich hoch ist (vgl . Abb . 1; Galea et al ., 2002; Miguel-Tobal et al ., 2006) . In einem längeren Zeitraum von zwei Jahren nach einem derartigen Ereignis erlebten allerdings ungefähr 30 % mindestens eine depressive Episode .

Ähnlich wie bei der posttraumatischen Symptomatik sind ein niedriges Einkommen, zusätzliche traumatische Ereignisse und anhaltende Stressoren Prädiktoren für eine längerfristige Beeinträchtigung durch eine depressive Symptomatik (Beard et al ., 2008; Nandi, Tracy, Beard, Vlahov & Galea, 2009) . Soziale Unterstützung hat nur bei denen Einfluss ausgeübt, die mehrere depressive Episoden erlebten . Eine verspätete depressive Symptomatik lässt sich auf zusätzliche Ressourcenverluste zurückführen, die unmittelbar nach dem Ereignis noch nicht abzusehen waren .

Nach dem Verlust einer geliebten oder nahe stehenden Person ist mit einer akuten Trauerreaktion zu rechnen, die sehr unterschiedlich ausfallen kann . Auch wenn es am Anfang schmerzhaft ist, sind Trauerreaktionen gesund und normal .
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis7
Einleitung11
1 Beschreibung14
1.1 Definition und Klassifikation von traumatischen Ereignissen14
1.2 Traumatische Lebensereignisse in der Lebensspanne16
1.3 Kurzfristige Reaktionen16
1.4 Häufige psychische Störungen im weiteren Verlauf17
1.5 Risiko- und Schutzfaktoren26
1.6 Langfristiger Verlauf29
1.7 Spezifische Bevölkerungsgruppen30
2 Störungstheorien und -modelle35
2.1 Psychophysiologische Annahmen36
2.2 Kognitive Theorien37
2.3 Theorie der Ressourcenerhaltung38
3 Diagnostik39
3.1 Zweistufiges diagnostisches Vorgehen39
3.2 Screening-Instrumente41
4 Versorgungskonzepte43
4.1 Psychosoziale Notfallversorgung in Deutschland43
4.2 Mehr-Ebenen-Modell zur Prävention von Traumafolgestörungen46
5 Intervention50
5.1 Frühintervention in der Kritik50
5.2 Psychologische Erste Hilfe54
6 Qualitätsstandards und Wirksamkeit89
7 Weiterführende Literatur91
8 Literatur91
9 Anhang99
Karten111

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