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E-Book

Gymnasium

Ein Ratgeber für Eltern

AutorIrene Zimmermann, Klaus Fritz
Verlagdtv Deutscher Taschenbuch Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783423412537
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Alles, was Eltern übers Gymnasium wissen müssen. Dieser umfassende und kompetente Ratgeber bietet Entscheidungshilfen für den Übertritt und vermittelt praktisches Knowhow: über Hausaufgabenstellung, wie man mit dem »Schreckgespenst« Schulaufgabe umgeht, welche Fragen man beim ersten Klassenelternabend stellt und wie man sich auf ein Eltern-Lehrer-Gespräch vorbereitet. Und nicht zuletzt hilft er, die Frage nach der Notwendigkeit von (häufig kostspieliger) Nachhilfe zu klären. 

Klaus Fritz ist Diplomsoziologe und promovierter Philosoph. Seit 1991 ist er als freier Journalist tätig. Zusammen mit Dietmar Friedmann veröffentlichte er bei dtv >Wer bin ich, wer bist du?< (1996) und >Wie ändere ich meinen Mann?< (1997). 1998 ist von ihm >Ein Sternenmantel voll Vertrauen<, ein Märchen für Erwachsene und Kinder, erschienen, 2003 >So verstehen wir uns<, ein Ratgeber, wie Kommunikation in der Familie gelingt.

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Leseprobe

Das richtige Gymnasium für Ihr Kind


»Seit Wochen verbringen wir unsere Samstage in diversen Gymnasien«, stöhnt eine Mutter, die für ihre Zwillinge die geeignete Schule sucht. »Bei jedem Tag der offenen Tür sind wir dabei, schauen uns physikalische Experimente an, jede Menge Sketche, wahlweise auf Englisch, Französisch, Latein. Aber eigentlich ist das Angebot fast überall gleich.«

Ganz unrecht hat diese Mutter nicht. In allen Gymnasien wird gelernt, gearbeitet und am Schluss (hoffentlich) erfolgreich das Abitur abgelegt. Die Entscheidung, in welchem Gymnasium Sie Ihr Kind anmelden, hängt von unterschiedlichen Erwägungen ab, wobei sich Ihr Blick vermutlich zuerst auf das Schulprofil richtet: altsprachlich, neusprachlich, bilingual, mathematisch-naturwissenschaftlich oder auch musisch. Falls Sie selbst in Ihrer Schulzeit ein besonderes Faible etwa für Mathemathik und Physik hatten und Ihr Kind sich ebenfalls für Naturwissenschaften interessiert, fällt die Entscheidung für ein Gymnasium mit naturwissenschaftlicher Ausrichtung sicherlich leicht, denn hier steht eine vertiefte Beschäftigung mit diesem Themenbereich im Mittelpunkt. Allerdings gibt es das klassische Gymnasium, das zum Beispiel rein altsprachlich oder mathematisch-naturwissenschaftlich orientiert war, heute kaum noch. Die meisten Schulen bieten stattdessen unter einem Dach ganz unterschiedliche »Züge« an. Genaue Informationen erhalten Sie in den meisten Fällen über die Homepage der jeweiligen Schule unter dem Stichwort »Schulprofil«. Ganz bequem können Sie so von zu Hause aus erste Informationen auf den Webseiten der ansässigen Gymnasien bekommen.

Was man dort darüber hinaus entdeckt, ist oftmals mehr als beeindruckend: »Im Angebot« ist da zum Beispiel der Schüleraustausch mit Neuseeland, Florida und Kalifornien, aber auch ein Chinesischkurs – natürlich mit anschließender Klassenfahrt nach China. Oder sollte man sich vielleicht doch lieber für eine Schule mit modernsten Computerräumen, einem Schülercafé, Hausaufgabenbetreuung, Theater-, Surf- oder Zirkus-Arbeitsgruppe entscheiden? Den Möglichkeiten, die Schulen außerhalb ihres Kerngeschäfts präsentieren (es soll ja auch noch der Unterrichtsstoff vermittelt werden), scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein, und für viele Eltern vergrößert sich damit nur die Qual der Schulwahl. Dies gilt nicht nur für Großstädte. Selbst in Kleinstädten mit einer eingeschränkten Anzahl an Gymnasien kann es ein breites Zusatzangebot geben. Welche Entscheidungshilfen können Sie also zusätzlich in Ihre Überlegungen einfließen lassen?

Neben der Ausrichtung eines Gymnasiums sollte man auch die Größe der Schule berücksichtigen. »Das Gymnasium, auf das mein Sohn unbedingt möchte, kommt mir riesig vor!«, seufzt eine Mutter. »Über 1200 Schüler! Ich mache mir ernsthaft Gedanken, ob dort ein Einzelner nicht regelrecht untergeht, vor allem in den ersten Klassen. Wie soll sich ein Zehnjähriger denn dort zurechtfinden?«

Das ist die (subjektive) Befürchtung der Mutter – das Kind aber sieht das wahrscheinlich wesentlich lockerer, denn unabhängig von der Größe der Schule ist die Anzahl der Schüler in den einzelnen Klassen in der Regel ungefähr gleich. Positiv an einer großen Schule ist sicherlich, dass zum Beispiel das Angebot an Arbeitsgruppen naturgemäß umfangreicher ist als an einer kleineren. Und weil an großen Schulen mehrere Klassen eines Jahrgangs unterrichtet werden, ist es für Schüler auch relativ problemlos möglich, bei eventuell auftretenden Schwierigkeiten in ihrer Klasse in eine Parallelklasse desselben »Zuges« zu wechseln.

In kleineren Schulen steht meist der persönliche Kontakt im Mittelpunkt – jeder kennt hier fast jeden. Das kann für die Schüler – je nach Sichtweise – positiv oder negativ sein, weil sie bis zum Abitur immer wieder auf dieselben Lehrer treffen. Vorteilhaft ist die Überschaubarkeit an einer kleineren Schule auf alle Fälle, denn die Lehrer dort sehen die Entwicklung, die die Kinder nehmen, meist viel unmittelbarer als an großen Schulzentren. Zumindest in Schulen, in denen die Leitung ihren pädagogischen Auftrag ernst nimmt, wird daher vor allem in den unteren Klassen darauf geachtet, dass eine personelle Kontinuität gewährleistet ist. Das heißt, es gibt verhältnismäßig wenig Lehrerwechsel in diesen Klassen. Und so wirft die nette kleine Schule mit dem überschaubaren Kollegium oft auch Probleme auf: »Jan-Mark geht gern in die Schule, im Prinzip wenigstens«, meint eine Mutter. »Sogar Latein macht er ganz gern – wenn bloß die Lehrerin nicht wäre. Und der zweite Lateinlehrer an der Schule hat den Ruf, ziemlich ungerecht zu benoten. Wir wären froh, wenn Jan-Mark irgendwann einen anderen Lehrer in diesem Fach bekäme, damit unserem Sohn die Freude an Latein nicht genommen wird.«

Bei der Auswahl des Gymnasiums sollten Sie auch den Schulweg berücksichtigen: Ist die Schule bequem zu Fuß erreichbar, mit Bus oder Fahrrad, oder sind Sie eventuell sogar gezwungen, Ihr Kind Tag für Tag mit dem Auto zur Schule zu bringen? Sicherlich kann man sich zu Fahrgemeinschaften zusammenfinden – nur: Klappt das auch die ganze Schulzeit über?

Den Idealfall – das Traumgymnasium direkt vor der Haustür – gibt es garantiert selten, und Ihr Kind ist inzwischen sicherlich auch fit genug für einen kürzeren oder längeren Schulweg. Testen Sie diesen, aber bitte nicht am Sonntagnachmittag, sondern unter realistischen Bedingungen: Fahren Sie mit Ihrem Kind Bus oder Straßenbahn – und zwar genau nach Schulschluss. Beobachten Sie dabei: Wie verhält sich Ihr Kind, wenn an der Haltestelle und im Bus gedrängelt wird? Kommt es damit zurecht oder reagiert es eher verstört? Vielleicht können Sie auch schon im Vorfeld klären, ob es den Schulweg allein machen muss oder ob sich »Weggefährten« finden lassen.

Auch wenn es wie eine Binsenweisheit klingt: Wenn Sie sehr besorgt sind, begleiten Sie Ihr Kind in den ersten Tagen zur Schule, bis es alle Gefahrenstellen auf seinem Weg kennt und sich entsprechend umsichtig verhält. Diesen Zeitaufwand zu erbringen ist auf alle Fälle sinnvoller, als sich den halben Vormittag Gedanken darüber zu machen, ob es heil durch den Großstadtverkehr gekommen ist. Vielleicht finden Sie aber auch Eltern in der näheren Umgebung, mit denen Sie sich abwechseln können.

 

Neben diesen eher objektiven Kriterien wie Profil und Größe der Schule oder Länge des Schulwegs gibt es noch andere Faktoren, die Ihre Wahl beeinflussen können. Vielleicht geht es Ihnen ja so wie dieser Mutter: »Bei den Gesprächen mit anderen in der letzten Grundschulklasse wurde immer wieder deutlich, dass für die meisten Eltern nur das Gymnasium im Nachbarort in Frage kommt. Das soll einfach das Beste sein, das sagen alle, mit denen ich gesprochen habe.«

Sicherlich hat eine Schule ihren Ruf nicht grundlos, ob er nun gut ist oder eher schlecht. Aber ein bisschen genauer möchte man es dann schon wissen! Scheuen Sie sich in diesem Fall nicht nachzufragen, was denn nun an dieser Schule so gut oder schlecht sein soll. Manchmal bekommt man im Gespräch mit Eltern, deren Kinder schon länger an der Schule sind, interessante Informationen, die Rückschlüsse auf die Schulsituation zulassen. (Beim Tag der offenen Tür treffen Sie auf jede Menge Eltern, die Ihnen sicherlich gerne Auskunft geben.)

Wenig Lehrerwechsel lässt beispielsweise sehr oft auf eine gut geführte Schule schließen; welcher Lehrer würde sich – außer aus persönlichen Gründen – schon von einer Schule wegbewerben, an der ein angenehmes Arbeitsklima herrscht? Fragen Sie beispielsweise auch nach, wie mit Problemen zwischen Eltern und Schule umgegangen wird – verlassen Sie sich aber nicht auf eine Meinungsäußerung allein. Die kann man nämlich nicht unbedingt verallgemeinern!

Und was ist, wenn Sie schließlich das Gymnasium gefunden haben, an dem sich Ihr Kind aller Wahrscheinlichkeit nach die nächsten acht Jahre wohlfühlen wird, Ihr Kind sich aber ein anderes Gymnasium in den Kopf gesetzt hat? Es soll ja vorkommen, dass sich Kindern zum Beispiel die Schönheit alter Sprachen nicht unbedingt sofort erschließt und sie deshalb »null Bock darauf haben«, Vokabeln einer Sprache zu lernen, die sowieso niemand mehr spricht.

Natürlich können Sie sich in diesem Fall durchsetzen; Sie sind schließlich erziehungsberechtigt. Allerdings sollten Sie sich auch fragen, ob Sie sich dann vielleicht mit schöner Regelmäßigkeit anhören wollen: »Wenn ich auf die andere Schule gegangen wäre, dann hätte ich bestimmt mehr Freude am Lernen/bessere Noten/wäre nicht versetzungsgefährdet … und hätte keine Pickel auf der Stirn!«

Um solchen Vorwürfen vorzubeugen, ist ein ausführliches Gespräch unabdingbar. Erklären Sie Ihrem Kind, warum Sie gerade diese Schule bevorzugen, und hören Sie sich seine Argumente für eine andere Schule an. Sollte Ihr Kind nach einer angemessenen »Bedenkzeit« immer noch überzeugt davon sein, nur auf dieses eine Gymnasium und ganz bestimmt auf kein anderes gehen zu wollen, dann sollten Sie das akzeptieren – es sei denn, es sprächen sehr schwerwiegende Kriterien dagegen. Es ist nämlich nicht einzusehen, dass Sie zum Beispiel Taxidienst machen sollen, nur damit Ihr Kind die Schule seiner Wahl besuchen kann.

Bis zum Schuljahresbeginn sind glücklicherweise auch diese Probleme gelöst. Das Kind ist angemeldet, es kennt seinen...

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