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Beschimpfen, bloßstellen, erniedrigen

Beschämung in der Pädagogik

AutorBenno Hafeneger
VerlagBrandes & Apsel Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl164 Seiten
ISBN9783955580230
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Der bekannte Erziehungswissenschaftler Benno Hafeneger setzt sich mit den vielfältigen und subtilen Formen auseinander, die Beschämung im pädagogischen Alltag annehmen kann. Dabei geht es immer um Kränkungen von Kindern und Jugendlichen. Doch auch die Institution Schule und die Pädagogik selbst sind öffentlichen Beschimpfungen und Beschämungen ausgesetzt. Der Autor bilanziert die wissenschaftliche Diskussion um Scham und Beschämung und sichtet die neueren empirischen Befunde. Sein Fazit: Wir brauchen eine neue Schulkultur - eine professionelle pädagogische Kultur der Anerkennung. In pädagogischen Einrichtungen gibt es vielfältige subtile Formen von sprachlicher und gestischer Gewalt, die sich in Beschämungen ausdrücken. Diese erfahren Kinder und Jugendliche, indem sie von Pädagoginnen und Pädagogen, von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bloßgestellt, lächerlich gemacht, vorgeführt, diskriminiert, erniedrigt, fertig gemacht, ausgegrenzt werden. Der Autor beschreibt Formen und Folgen im pädagogischen Alltag, bilanziert die Diskussion zu Scham und Beschämung und zeigt, welche neueren empirischen Befunde vor allem für die Schule vorliegen. Deutlich wird auch, dass es einerseits Beschämungen von Kindern und Jugendlichen in der Pädagogok gibt, dass andererseits aber auch die Pädagogik selbst und hier vor allem die Schule immer wieder öffentlichen Beschimpfungen und Beschämungen ausgesetzt sind.

Der Autor: Benno Hafeneger, geboren 1948, Professor für Erziehungswissenschaft im Bereich 'Jugend- und Erwachsenenbildung' an der Philipps-Universität Marburg; Forschungsschwerpunkte: Jugendarbeit/-bildung, Jugendkulturen, Jugend-Gewalt-Rechtsextremismus. Zahlreiche Publikationen. Bei Brandes & Apsel: Zivilgesellschaftliche Strategien gegen die extreme Rechte in Hessen; Strafen, prügeln, missbrauchen - Gewalt in der Pädagogik.

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Leseprobe
In den letzten Jahren gab es in der Gesellschaft, in den Medien und der pädagogischen Öffentlichkeit eine rege Gewaltdebatte. Mehrere Berichte und Studien über körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt in pädagogischen Einrichtungen in den ersten Nachkriegsjahrzehnten und bis in die heutige Zeit stimulierten die Debatte. Damit gerieten pädagogische Orte und pädagogische Professionalität in den Blick und bildungshistorische Rekonstruktionen zeigten, in welchem Ausmaß unterschiedliche Formen von Grenzüberschreitungen und Gewalt es in der Erziehung bzw. in Erziehungs- u. Bildungseinrichtungen im 20. Jh. gab. Das gilt für die Straf- und Prügelpädagogik in öffentlichen Schulen bis in die 60er Jahre, die pädosexuelle Gewalt in Schulen der Reformpädagogik und katholisch-kirchlichen Internaten, dann für körperliche und sexualisierte Gewalt in der Heimerziehung in öffentlicher u. kirchlicher Trägerschaft und auch in anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Freizeit- und Jugendarbeit.
Es gibt in der Gesellschaft eine Vielzahl von Gewaltdiskursen, zu denen unter anderem jene um Gewalt in der Familie, Gewalt gegen Kinder und Frauen, Gewalt unter u. von Jugendlichen gehören, dann auch Gewalt in der Schule, im öffentlichen Raum, rechtsextrem motivierte Gewalt oder Gewalt in den Medien und hier vor allem im Internet zählen. Die öffentlichen Gewaltdiskurse sind - wenn man von Gewalt gegen Kinder innerhalb der Familie absieht - vor allem jugendzentriert; danach geht Gewalt vor allem von Jugendlichen aus bzw. handelt es sich um Gewalt unter Jugendlichen. Erst in den letzten Jahren sind Machtmissbrauch und Gewaltformen von Erwachsenen in pädagogischen Einrichtungen in die Diskussion geraten. Dabei machten die empirischen Befunde unter anderem für die Heimerziehung und einige reformpädagogische und kirchliche Internatsschulen deutlich, welches Ausmaß und welche Formen von körperlicher und sexualisierter Gewalt es dort in den ersten Nachkriegsjahrzehnten bis heute.
Im diesem zweiten Band geht es vor allem um Gewaltformen in der Pädagogik, die als Formen der Beschämung deutlich machen, dass wir es mit einem weiteren und vor allem aktuellen Phänomen in pädagogischen Einrichtungen zu tun haben. Dabei werden zunächst noch einmal die im ersten Band skizzierten Dimensionen der körperlichen und sexualisierten Gewalt in der Päda­gogik aufgenommen, weil diese immer auch mit folgenreichen - bis hin zu traumatischen - Beschämungserfahrungen verbunden sind. Über Scham und Beschämung nachzudenken, hat eine lange Tradition und sie waren wiederholt Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen und auch der empirischen Forschung. Das vorliegende Material wird hier in erziehungswissenschaftlicher und pädagogisch-praktischer Perspektive aufgenommen, sortiert und zusammengeführt. Die Diskussion und empirischen Befunde zeigen, dass wir es nach wie vor mit einem aktuellen Thema zu tun haben und mit welchen Herausforderungen die Erziehungswissenschaft, pädagogische Praxis und soziale Arbeit konfrontiert ist. Neben einer Mehrzahl anerkennender Interaktionsmuster gibt es in pädagogischen - schulischen wie außerschulischen - Handlungsfeldern auch beschämendes und verletzendes Verhalten von Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften. Mit der außerschulischen Jugendarbeit/ -bildung wird im letzten Kapitel exemplarisch aus einer Fülle von Bsp. dokumentiert, wie dieses Lern- und Bildungsfeld das Thema "sexualisierte Gewalt" aufgenommen und verarbeitet hat.
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