Liverpool zählt gegenwärtig dreimalhunderttausend Einwohner und der Rauminhalt der in seinen Hafenregistern eingezeichneten Schiffe beträgt zwischen vier- und fünfmalhunderttausend Tonnen. Mehr als einmal ist im dortigen Zollhause in einem Jahre eine Summe bezahlt worden, welche das Gesammteinkommen der englischen Krone im Jahre 1685 um mehr als das Dreifache übersteigt. Die Einnahme des Postamtes zu Liverpool übertrifft selbst seit der Portoermäßigung die Summe, die das Postwesen des ganzen Reiches dem Herzoge von York eintrug. Seine riesigen Docks, Quais und Waarenspeicher werden zu den Weltwundern gerechnet, und doch scheinen sie für den Bedarf des ungeheuren Merseyhandels kaum zu genügen, so daß bereits eine rivalisirende Stadt am andren Ufer des Flusses rasch emporwächst. Zu den Zeiten Karl’s II. wurde Liverpool als eine aufblühende Stadt beschrieben, welche neuerdings große Fortschritte gemacht habe und mit Irland und den Zuckercolonien einen ergiebigen Handel treibe. Binnen sechzehn Jahren hatte sich der Ertrag der Zölle verachtfacht und die damals als ungeheuer betrachtete Summe von fünfzehntausend Pfund Sterling jährlich erreicht. Die Bevölkerung kann jedoch kaum viertausend Seelen überstiegen haben, der Gehalt seiner Schiffe betrug ungefähr vierzehnhundert Tonnen, das heißt weniger als der Tonnengehalt eines einzigen unserer jetzigen Ostindienfahrer erster Klasse, und die Anzahl der zum Hafen gehörenden Seeleute darf auf nicht mehr als zweihundert Köpfe angeschlagen werden.
So wuchsen die Städte empor, in denen Reichthümer erworben und aufgehäuft wurden. Nicht minder rasch erhob sich eine andre Klasse von Städten, in denen der anderwärts erworbene Reichthum entweder aus Gesundheitsrücksichten oder um des Vergnügens willen verzehrt wird. Von den bedeutendsten derselben sind einige erst seit den Zeiten der Stuarts entstanden.
Cheltenham ist jetzt größer als irgend eine Stadt des ganzen Reichs im siebzehnten Jahrhundert, London allein ausgenommen, während es im siebzehnten und noch zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts von Lokalgeschichtschreibern nur als ein ländliches Kirchspiel erwähnt wird, das am Fuße der Cotswold-Hügel liege und guten Boden für Ackerbau und Weide habe. An der Stelle, welche gegenwärtig mit freundlichen Straßen und Landhäusern bedeckt ist, wuchs damals Korn und weidete Vieh.
Brighton wurde als ein ehemals wohlhabender Ort geschildert, der eine Menge kleiner Fischerboote besessen und in seiner höchsten Blüthe etwa zweitausend Einwohner gehabt habe, jetzt aber seinem Untergänge entgegeneile. Das Meer spülte ein Haus nach dem andren fort und die Stadt mußte endlich ganz verschwinden. Noch vor neunzig Jahren konnte man zwischen den Steinen und dem Seetang am Strande die Trümmer eines alten Forts sehen, und alte Leute konnten noch die Spuren der Grundmauern einer Straße von mehr als hundert Hütten bezeichnen, die von den Wogen verschlungen worden war. Nach diesem Unglücke verödete der Ort bald dermaßen, daß man die dortige Pfarrei kaum noch des Besitzes werth hielt. Einige arme Fischer fuhren jedoch fort, ihre Netze auf den Küstenfelsen zu trocknen, wo jetzt eine Stadt, die mehr als zweimal so groß und volkreich ist, als das Bristol der Stuarts in einer Ausdehnung von mehreren Meilen ihre freundliche und fantastische Fronte dem Meere zeigt.
England war jedoch im siebzehnten Jahrhundert durchaus nicht ohne alle Badeorte. Die Gentry von Derbyshire und der benachbarten Grafschaften begab sich nach Buxton, wo sie in niedrigen hölzernen Hütten zusammengepfercht und mit einem Brode von Hafermehl und einem Fleische bewirthet wurden, welches die Gastwirthe für Hammelfleisch ausgaben, das aber die Consumenten stark in dem Verdachte hatten, daß es von Hunden herrührte.
Weit mehr Anziehendes hatte Tunbridge Wells, das etwa eine Tagereise von London in einer der reichsten und kultivirtesten Gegenden des Reiches lag. Gegenwärtig erblicken wir daselbst eine Stadt, die der Einwohnerzahl nach vor hundertsechzig Jahren die vierte oder fünfte Stadt Englands gewesen wäre. Die Eleganz der Läden und der Luxus der Privatwohnungen übertrifft jetzt Alles was England damals irgendwo aufzuweisen hatte. Als der Hof kurz nach der Restauration Tunbridge Wells besuchte, war es noch keine Stadt, sondern man sah nur eine Anzahl Hütten, etwas freundlicher und sauberer als die gewöhnlichen Hütten jener Zeit, welche in der nächsten Umgebung der Heilquellen zerstreut umherlagen. Einige von diesen Hütten waren transportabel und wurden auf Schleifen versetzt wohin man es wünschte. In diese Hütten kam die feine Welt von London, des Geräusches und des Rauches der Hauptstadt müde, zuweilen im Sommer, um frische Luft einzuathmen und einen Vorgeschmack vom Landleben zu erhalten. Während der Saison wurde täglich in der Nähe der Quellen eine Art Markt gehalten. Die Frauen und Töchter der Landwirthe von Kent brachten aus den umliegenden Dörfern Rahm, Obst, Weißkehlchen und Wachteln zum Verkauf, und mit ihnen zu scherzen und zu tändeln, ihre Strohhüte und ihre kleinen Füßchen zu rühmen, war für Wüstlinge, welche der prätentiösen Manieren der Schauspielerinnen und Hofdamen überdrüssig waren, ein angenehmer Zeitvertreib. Putzmacherinnen, Galanteriewaarenhändler und Juweliere kamen von London und eröffneten unter den Bäumen einen Bazar. In der einen Bude fand der Politiker seine Tasse Kaffee und die Londoner Zeitung; in einer andren wurde heimlich Basset gespielt; an schönen Abenden fanden sich Musikanten ein und auf einem weichen Rasenplatze wurde der Mohrentanz aufgeführt. Im Jahre 1685 war eben unter den Brunnengästen eine Sammlung zum Bau einer Kirche eröffnet worden, welche auf Verlangen der damals überall dominirenden Tories dem heiligen Karl, dem Märtyrer, geweiht werden mußte.
Der wichtigste Badeort Englands war jedoch unstreitig Bath. Die dortigen Heilquellen waren schon zu den Zeiten der Römer berühmt und mehrere Jahrhunderte lang war die Stadt der Sitz eines Bischofs gewesen. Aus allen Theilen des Landes strömten die Kranken dahin und selbst der König hielt dort zuweilen seinen Hof. Bei alledem war Bath damals nur ein winkeliger Ort von vier- bis fünfhundert Häusern, welche unweit des Avon innerhalb einer alten Befestigungsmauer zusammengedrängt waren. Es giebt noch Abbildungen von den schönsten dieser Häuser, welche große Ähnlichkeit mit den schlechtesten Hütten und Schenken an der Radcliffestraße zeigen. Selbst die damaligen Reisenden klagten über die Enge und Unsauberkeit der Straßen. Die schöne Stadt, welche gegenwärtig selbst das Auge Derer entzückt, die an den Anblick der Meisterwerke eines Bramante und Palladio gewöhnt sind, und deren Boden durch den Genius von Anstey und Smollett, von Frances Burney und Johanna Austen eine klassische Berühmtheit erlangt hat, existirte damals noch nicht. Die jetzige Milsomstraße war noch ein Stück Feld, das weit außerhalb der Umfassungsmauer lag, und Baumhecken durchzogen den Platz, den gegenwärtig der „Crescent“ und der „Cirkus“ einnehmen. Die bedauernswerthen Kranken, denen der Gebrauch der Heilquellen verordnet war, mußten in Räumen zubringen, welche, um uns des Ausdrucks eines damaligen Arztes zu bedienen, mehr einem Stalle, als einer menschlichen Wohnung glichen. Über den Luxus und die Bequemlichkeiten, welche die zum Zwecke, der Kur oder des Vergnügens dahin kommenden vornehmen Badegäste in den Häusern fanden, haben wir vollständigere und genauere Nachrichten, als sie sonst in Bezug auf derartige Gegenstände zu erlangen sind. Ein Schriftsteller, der ungefähr sechzig Jahre nach der Revolution eine Beschreibung der Stadt herausgab, schildert mit großer Genauigkeit die Veränderungen, die im Bereiche seiner Erinnerung daselbst stattgefunden haben. Er versichert uns, daß in seinen jüngeren Jahren die Badegäste in Zimmern schlafen mußten, welche nicht viel besser waren als die Dachkammern, die er später von den Dienstleuten bewohnt fand. Der Fußboden der Speisezimmer war mit keinem Teppiche bedeckt und mit einer aus Ruß und Dünnbier bereiteten Flüssigkeit überstrichen, um seine Unsauberkeit zu verbergen; keine Wand war gemalt, kein Herd oder Kaminmantel war von Marmor, eine Platte von ordinären Quadern und Feuerböcke, die nicht mehr als einige Schillinge kosteten, wurden für genügend erachtet. Die besten Zimmer waren mit einem groben wollenen Stoffe ausgeschlagen und mit Rohrstühlen versehen. Leser, die sich für die Fortschritte der Civilisation und der nützlichen Künste interessiren, werden dem bescheidenen Topographen für die Aufzeichnung dieser Details dankbar sein und es vielleicht bedauern, daß anspruchsvollere Geschichtschreiber ihre Erzählungen von Schlachten und politischen Intriguen nicht zuweilen um einige Seiten abkürzen, um uns mitzutheilen, wie es in den Wohn- und Schlafzimmern unserer Voreltern aussah.
London nahm im Verhältniß zu den anderen Städten des Königreichs zur Zeit Karl’s II. einen viel höheren Rang ein als gegenwärtig. Seine Bevölkerung ist jetzt wenig mehr als sechsmal so stark...