Ausbildungsmarketing wird grundsätzlich immer dann angewendet, wenn es einen Mangel an Auszubildenden zu geben scheint. Dennoch gewinnt das Ausbildungsmarketing auch in Zeiten, in denen die Nachfrage am Arbeitsplatzmarkt größer als das Angebot ist, zunehmend an Bedeutung. Zum einen gewinnt die Rekrutierung und bedarfsgerechte Ausbildung geeigneter Nachwuchskräfte ein immer größeres Gewicht für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.[31] Zum anderen wird Ausbildungsmarketing auf Grund der demografischen Entwicklung wieder an Relevanz gewinnen. Abnehmende Schulabsolventenzahlen sowie stark schwankende Azubi-Neueinstellungen auf der einen und ein immer größer werdender Anteil an älteren Arbeitnehmern auf der anderen Seite machen eine Auseinandersetzung mit Ausbildungsmarketing unumgänglich.[32] Die folgenden Abbildungen verdeutlichen die oben genannte Problematik.
Abbildung 7: Schulabgänger
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Dietl, S., (2003), Köln, S. 18.
Abbildung 8: Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Statistisches Bundesamt, (2003): Bevölkerung Deutschlands bis 2050, 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden, S. 31.
In mittelständischen Unternehmen, die ausbilden und in denen es keine Marketingabteilung gibt, wird in Sachen Ausbildungsmarketing wenig bis nichts unternommen. Dies hat zur Folge, dass diese Unternehmen – die in Deutschland die Hauptlast der Ausbildung tragen – bei potentiellen Bewerbern kaum bekannt sind. Meist bewerben sich nur diejenigen, die bei den bekannten größeren Unternehmen abgewiesen wurden. Daraus können dann für die mittelständischen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen.[33] Aus diesem Grund müssen die Unternehmen ein eigenes herausragendes Profil schaffen. Hierbei werden die Unternehmen im Vorteil sein, die eine gute Ausbildungspolitik vorzuweisen haben und diese im Sinne des Marketing auch kommunizieren.
Dieses Kapitel soll nun einen Überblick über die Bedeutung des Ausbildungsmarketing geben, Möglichkeiten von Ausbildungsmarketinginstrumenten aufzeigen und Anregungen geben, wie sich ein Unternehmen als attraktiver Ausbilder darstellen kann.
Wie der Name schon andeutet, bezieht sich das Ausbildungsmarketing insbesondere auf Auszubildende. Es kann aber als Teilaspekt des Personalmarketing angesehen werden.[34] Genauso wie Personalmarketing lässt sich auch das Ausbildungsmarketing in internes und externes Marketing einteilen. Während sich internes Ausbildungsmarketing mit den bereits eingestellten Auszubildenden beschäftigt, bilden beim externen Ausbildungsmarketing die potentiellen Auszubildenden, also die Schulabgänger, die Hauptzielgruppe.[35] Das externe Ausbildungsmarketing richtet sein Augenmerk auf die Präsentation der Ausbildung auf dem Bewerbermarkt, das Begeistern für das Unternehmen und seine Produkte bzw. Dienstleistungen, ebenso wie auf das Wecken von Interesse bei geeigneten Bewerbern. Beim internen Personalmarketing geht es um Maßnahmen und Aktivitäten zur Gewinnung/Erhöhung von Ausbildungsbereitschaft und zur Bindung von Auszubildenden.[36] In dieser Arbeit wird jedoch nur auf das externe Ausbildungsmarketing eingegangen. Ausbildungsmarketing ist somit kein modischer Trend, sondern ein notwendiges Konzept zur langfristigen Auszubildendengewinnung. Es leitet sich ebenfalls vom originären Absatzmarketing ab.[37] Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die vier klassischen Säulen des Marketing und die Transformation auf das Ausbildungsmarketing.
Abbildung 9: Die Säulen des Ausbildungsmarketing
Quelle: Dietl, S., (2003): Ausbildungsmarketing und Bewerberauswahl, Köln, S. 17.
Abschließend kann Ausbildungsmarketing folgendermaßen zusammengefasst werden: „Ausbildungsmarketing umfasst alle Maßnahmen der Ansprache, Information und der Begeisterung interner und externer Zielgruppen für die Ausbildung im Unternehmen.“[38]
Zunächst einmal stellt sich jedem Unternehmen die Frage, wer die Zielgruppe des Ausbildungsmarketing sein soll. Wenn die Gruppe festgelegt worden ist, kann die Kernbotschaft des Ausbildungsmarketing konkretisiert werden. Das Unternehmen muss sich nun überlegen, als was es sich am Bewerbermarkt darstellt. Darauf bauen dann die Instrumente des Ausbildungsmarketing auf. Des Weiteren muss noch überlegt werden, wo die Zielgruppe am ehesten anzutreffen ist und wie diese optimal angesprochen werden kann.[39] Wie bereits in Punkt 3.1 erwähnt, unterscheidet man internes und externes Ausbildungsmarketing. Die Hauptzielgruppe des externen Ausbildungsmarketing, d.h. die potentiellen Bewerber, also die Schulabgänger, können noch nach besuchter Schulform und damit verbundenem Abschlussniveau unterschieden werden:[40]
ohne Hauptschulabschluss (Hauptschüler ohne Abschluss)
mit Hauptschulabschluss (Hauptschüler)
mit mittlerem Abschluss (Realschüler)
Hochschulzugangsberechtigte (Abiturienten).
Hinzu kommen noch die Schüler höherer Wirtschaftsschulen, Berufsfachschulen und diejenigen mit Fachhochschulreife (Abgänger nach der 12. Jahrgangsstufe). Wichtig ist jedoch, dass das Ausbildungsmarketing nicht nur auf die potentiellen Auszubildenden zu richten ist, sondern auch Einflussgruppen wie Eltern, Lehrer und Verwandte mit in die Kommunikationsgestaltung des Ausbildungsmarketing einbezogen werden. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auch auf die Peergroup zu richten. Diese besteht aus Freunden, Klassenkameraden und anderen Auszubildenden. Denn diese Gruppen beeinflussen oft die Berufswahl des potentiellen Auszubildenden.[41]
Auch die internen Zielgruppen müssen bei der Entwicklung von Ausbildungsmarketingkonzepten berücksichtigt werden. Dazu zählen Unternehmensmanager, Fachabteilungen und Ausbildungsbeauftragte. Da diese Gruppe über das Budget entscheidet und aktiv an der Ausbildung beteiligt ist, ist es von großer Bedeutung die Gruppe von der Notwendigkeit der betrieblichen Ausbildung zu überzeugen. Denn nur diese Zielgruppe kann wiederum die Zielgruppe der Stakeholder von der Notwendigkeit der Nachwuchssicherung überzeugen. Für sie ist es wichtig, dass sie die Berufsausbildung auch in ihren Entscheidungsstrukturen wiederfinden.[42] „Vor diesem Hintergrund sollten alle Aktivitäten auf die gewünschte Zielgruppe ausgerichtet sein, um einen möglichst hohen Effekt zu Gunsten des Unternehmens zu bewirken.“[43]
In den letzten Jahren sind der Ausbildungsplatzmarkt und die Bewerbernachfrage erheblich in Schieflage geraten. Besonders regionale Unausgewogenheiten und vor allem erhebliche Ungleichgewichte zwischen den Berufswünschen der Jugendlichen und dem tatsächlichen Angebot der Ausbildungsberufe sind dafür verantwortlich.[44] Auch die demografische Entwicklung spielt hier wieder eine zentrale Rolle. In Ostdeutschland und Berlin wird die Bewerberzahl bis 2012 um etwa die Hälfte auf rund 84.000 Ausbildungsplatzbewerber zurückgehen. In Westdeutschland ist im Jahr 2008 mit ca. 492.000 Ausbildungsplatzbewerbern zu rechnen. Längerfristig wird sich der Bedarf dann auf einem Niveau von ca. 465.000 einpendeln. Derzeit besteht in Ostdeutschland noch ein Mangel an betrieblichen Ausbildungsplätzen. In Westdeutschland hingegen sind bereits heute manche Betriebe vom Bewerbermangel betroffen. Dies sind insbesondere Unternehmen, die Ausbildungsberufe in der Dienstleistungsbranche und im gewerblich-technischen Bereich anbieten. Auch Betriebe des Handwerks, der Metallindustrie und der chemischen Industrie melden für einige Ausbildungsberufe rückläufige Bewerberzahlen.[45] Die folgenden Abbildungen sollen einen Überblick über die Entwicklung der Zahl von Schulabgängern und die Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt geben. Ebenfalls wird ein Einblick in die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge des Jahres 2006 gegeben.
Abbildung 10: Entwicklung der Zahl der Schulabgänger
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Bundesministerium für Bildung und Forschung, (2006): Berufsbildungsbericht 2006, Berlin, S. 94.
Abbildung 11:...