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Ertrag- und erbschaftsteuerliche Behandlung der Übertragung von Betrieben, Grundstücken und Gesellschaftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt

AutorChristian Haas
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl117 Seiten
ISBN9783640548583
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,5, Hochschule Fulda, Sprache: Deutsch, Abstract: Oftmals fällt es der älteren Generation sehr schwer, sich bereits zu Lebzeiten von ihrem Vermögen zu trennen. Diese Entscheidung wird ihnen erheblich erleichtert, indem man ihnen ein lebenslanges Nießbrauchrecht an den Vermögensgegenständen einräumt, die sie nun auf die nachfolgende Generation übertragen sollen. Nach dem Eigentum oder der Vollrechtsinhaberschaft ist der Nießbrauch die umfassendste Berechtigung an einer Sache, einem Recht oder an einer Vermögensmasse. Damit sichert sich der Schenker eine ausreichende Altersversorgung und gibt gleichzeitig durch die Umschichtung des Vermögens Verantwortung und Verpflichtungen an die potenziellen Empfänger ab, wie sie z.B. durch die Verwaltung eines Mietwohngrundstückes oder durch die Führung eines Unternehmens entstehen können. Gerade bei mittelständischen Familienunternehmen ist der weitere Erfolg, in manchen Fällen sogar die Existenz des Unternehmens davon abhängig, ob der Betrieb personell vorausschauend übertragen wurde. Mit dem Instrument des Nießbrauchs bietet sich dem Übertragenden die Möglichkeit, seine Nachfolger nach und nach mit den Aufgaben der Unternehmensführung vertraut zu machen und somit einen lang anhaltenden Erfolg zu gewährleisten. Die frühzeitige Schenkung unter Lebenden bietet aber auch große steuerliche Vorteile. Zum einen sichert man sich trotz der Zurückbehaltung der Einkünfte durch die Übertragung die Anwendung des Steuerrechts in der heute geltenden Fassung (niedrige Steuerwerte bei Immobilienvermögen, Freibeträge und Bewertungsabschlag des § 13 a ErbStG). Zum anderen erhält man die Chance, die Freibeträge des § 14 ErbStG, welche im Zehnjahreszyklus gewährt werden, mehrfach auszunutzen. Die nachstehenden Ausführungen sollen zuerst den Sinn und Zweck der vorweggenommenen Erbfolge und die Vereinbarungen bezüglich der Absicherung der Übergebenden näher erläutern. Daraufhin werden Möglichkeiten, Rechtsfolgen sowie Gefahren von Vorbehaltsnießbrauchgestaltungen in zivil- und steuerrechtlicher Hinsicht dokumentiert. Abschließend sollen die Auswirkungen der Bestellung eines Vorbehaltsnießbrauchs an Grundstücken, Betrieben und Gesellschaftsanteilen geschildert, sowie die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Folgen dargestellt werden.

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Leseprobe

II. Wesen der vorweggenommenen Erbfolge im Zivil- und Steuerrecht


 

Vielen Menschen bereitet die Auseinandersetzung mit dem Tod großes Unbehagen. Der ungeplante Erbfall kann jedoch zu bösen Überraschungen führen, da nach dem Tod des Erblassers, ohne zu Lebzeiten getroffene Verfügungen, grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge[6] in Kraft tritt. Dies führt häufig zu Streitigkeiten unter Angehörigen, die Unternehmensnachfolge ist nicht gesichert oder es kommt zu großen ertrag -bzw. erbschatsteuerlichen Nachteilen.

 

Um dies auszuschließen, gibt man dem Erblasser einige Instrumente an die Hand, um bereits zu Lebzeiten Verfügungen für den Fall der Fälle zu treffen. Dies sind zum einen das Testament[7] und der Erbvertrag[8] im Falle des Todes. Diese Regelungen führen zur so genannten gewillkürten Erbfolge[9].

 

Des weitern besteht die Möglichkeit, schon zu Lebzeiten des künftigen Erblassers die Nachfolge über sein Vermögen endgültig zu regeln und damit die gesetzliche oder ge- willkürte Erbfolge vorweg zu nehmen.[10] So kann er sichergehen, dass seinen Wünschen und Zielen hinsichtlich der Übertragung seines Vermögens auch Rechnung getragen wird z.B. kann die Versorgung von Angehörigen sichergestellt werden, der Betrieb zum richtigen Zeitpunkt auf einen geeigneten Nachfolger übertragen werden, der Nachlass frühzeitig reduziert und Pflichtteilsansprüche abgegolten werden.

 

Die vorweggenommene Erbfolge kann unentgeltlich erfolgen oder aufgrund von vereinbarten Leistungszahlungen an den Übergeber oder Ausgleichszahlungen an Geschwister den Charakter der Teilentgeltlichkeit erhalten. Weiterhin ist es möglich auch nicht verwandte Personen, wie z.B. den nichtehelichen Lebenspartner zu bedenken.

 

A. Zivilrechtlicher Begriff


 

Die Regelungen zur Übertragung von Vermögen unter Lebenden sind von der Rechtspraxis geschaffen worden, da sich im BGB keine Legaldefinitionen für den Begriff „vorweggenommene Erbfolge" findet.[11]

 

 Dem Zivilrecht ist demnach der Begriff der vorweggenommenen Erbfolge an sich fremd, lediglich im § 593a BGB wird für einen unbedeutenden Einzelfall der Begriff als gegeben angesehen.[12]

 

Der BGH definiert die vorweggenommene Erbfolge aufgrund der fehlenden Begriffsbestimmungen wie folgt:

 

[...] die Übertragung des Vermögens (oder eines Teiles davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als Erben in Aussicht genommenen Empfänger, sie richtet sich im Grundsatz nicht nach Erbrecht, sondern muss sich der Rechtsgeschäfte unter Lebenden bedie nen. [...][13]

 

Wie bereits erwähnt, kann die vorweggenommene Erbfolge sowohl unter fremden Dritten als auch unter nahen Angehörigen vereinbart werden. Zu beachten ist, dass die Vereinbarungen zur vorweggenommenen Erbfolge unter nahen Angehörigen den Anforderungen an die Vergleichbarkeit mit Vereinbarungen unter fremden Dritten genüge tragen muss, demnach also bürgerlich-rechtlich klar und eindeutig abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt sein muss.[14] Der Vermögensübergang der vorweggenommenen Erbfolge tritt nicht kraft Gesetztes ein, sondern dadurch, dass individualvertragliche Regelungen getroffen werden.[15]

 

B. Steuerrechtlicher Begriff


 

Steuerlich betrachtet versteht man unter vorweggenommener Erbfolge die Vermögensübertragung unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge. Eine Zuwendung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge setzt voraus, dass sie wenigstens teilweise unentgeltlich erfolgt und der Empfänger objektiv auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Der Vermögensübergang tritt ebenfalls, wie im Zivilrecht, nicht kraft Gesetzes, sondern durch einzelvertragliche Regelungen ein.[16]

 

Schenkungen sind das eigentliche Hauptinstrument der vorweggenommenen Erbfolge. Im § 516 BGB bestimmt das Gesetz bezüglich einer Schenkung, dass die diese eine Zuwendung ist, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wobei beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung (teilweise) unentgeltlich erfolgt.[17] Demnach ist im Verhältnis jede Schenkung im Sinne des § 516 BGB eine Schenkung unter Lebenden im Sinne des ErbStG. Allerdings ist festzuhalten, dass nicht jede Schenkung unter Lebenden eine Schenkung im Sinne des BGB ist, da eine Schenkung im Sinne des Zivilrechtes § 516 BGB voraussetzt, dass sich Schenker und Beschenkter über die Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes einig sind.

 

Gem. § 7 Abs.1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden unter anderem,

 

[...] jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. [...]

 

Eine freigiebige Zuwendung kann nur dann bejaht werden, wenn objektiv eine Bereicherung beim Empfänger und auf Seiten des Zuwendenden der Wille zur Bereicherung vorliegen.[18] Dabei kann es sich auch um eine teilweise entgeltliche Zuwendung handeln. Sind z.B. mehrere Erben berechtigt, wird der Vorgang meist teilweise entgeltlich behandelt, da häufig Gleichstellungsgelder für potentielle Miterben vereinbart werden. Wurden Verbindlichkeiten in Form von Hypotheken oder Grundschulden übernommen, führt auch dies zu einer Teilentgeltlichkeit.

 

Unentgeltlich ist die vorweggenommene Erbfolge, wenn für die Übertragung keine Gegenleistung vereinbart wird. Ein voll entgeltliches Geschäft ist dann anzunehmen, wenn die Werte der Leistung und Gegenleistung wie unter Fremden kaufmännisch gegeneinander abgewogen werden. Liegt ein voll entgeltliches Veräußerungsgeschäft vor, so ist hier von der vorweggenommenen Erbfolge abzugrenzen.

 

Je nach Art der vereinbarten Leistungen anlässlich der Vermögensübertragung, handelt es sich bei der vorweggenommenen Erbfolge um eine voll unentgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung.[19]

 

C. Vorweggenommene Erbfolge unter Leistungsauflagen


 

In der Praxis ist es üblich, eine vorweggenommene Erfolge unter einer Leistungsauflage oder eines Nutzungsvorbehaltes zu vereinbaren, um auch bei lebzeitiger Übertragung von Vermögen auf die nächste Generation der Absicherung des Übergebers genüge zu tun. Bei der Schenkung unter Auflage ist streng zu differenzieren zwischen der Schenkung unter Auflage und der gemischten Schenkung. Bei der Schenkung unter Auflage gilt der Gegenstand als verschenkt, die Auflage mindert den Wert des Vermögens nicht. Bei der gemischten Schenkung zerfällt diese in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Teil, wobei die von dem Zuwendungsempfänger erbrachte Gegenleistung den Wert des übertragenen Vermögens mindert.[20]

 

Folgende Vereinbarungen sind praxisrelevant und denkbar:

 

Das Wohnungsrecht:

 

Das dingliche Wohnungsrecht ist im § 1093 BGB geregelt. Es bemächtigt den Inhaber des Rechts, den Eigentümer von der Nutzung des Gebäudes oder des Gebäudeteils auszuschließen. Es ist sinnvoll, die Dienstbarkeit zur Absicherung in das Grundbuch eintragen zu lassen. Das Wohnungsrecht ist ein unpfändbares, höchstpersönliches und nicht übertragbares Recht.[21]

 

Die Versorgungs- und Pflegeverpflichtung:

 

Der Begünstigte übernimmt die schuldrechtliche Verpflichtung, den Übergeber zu Lebzeiten persönlich zu versorgen und zu pflegen. Die Pflegeverpflichtung kann durch Eintragung einer Reallast in das Grundbuch gesichert werden.[22]

 

Das Altenteil:

 

Es handelt sich um eine umfassende leibliche und persönliche Versorgung des Übertragenden, da hier sowohl ein Wohnrecht als auch eine Pflegeverp flichtung vereinbart werden.[23]

 

Ausgleichs- und Abstandsverpflichtungen:

 

Es wird ein Vertrag zugunsten eines Dritten geschlossen i.S.d. § 328 BGB. Ein nicht bei der vorweggenommenen Erbfolge begünstigter Abkömmling erwirbt einen direkten Anspruch an den Übernehmer, auch Gleichstellungsgeld genannt. Dieser Anspruch kann über eine Sicherungshypothek im Grundbuch abgesichert werden. Eine weitere Variante ist, dass sich der Übernehmer verpflichtet eine Abstandszahlung an den Übergeber zu leisten.[24]

 

Die Schuldübernahme:

 

Der Empfänger übernimmt mit Zustimmung des Gläubigers die Restschuld des Übergebers, die auf dem übertragenen Vermögen ruht.[25]

 

Der Erb- und Pflichtteilsverzicht:

 

Es handelt sich um ein erbrechtlich abstraktes Verfügungsgeschäft, wonach auf den gesetzlichen Erbteil bzw. auf den Pflichtteil verzichtet wird. Der Erbverzicht bedarf der notariellen Beurkundung i.S.d. § 2348 BGB. Er wird zwischen dem Erblasser und dem Verzichtenden abgeschlossen. Nur durch einen solchen Vertrag, kann ein Pflichtteilsberechtigter wirksam von der Geltendmachung seines Pflichtteils ausgeschlossen werden. Der Erb -und Pflichtteilsverzicht wirkt nicht durch eine testamentarische Verfügung oder einen Erbvertrag.[26]

 

Nießbrauchsrecht:

 

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