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Die kompetente Familie

Neue Wege in der Erziehung - Das familylab-Buch

AutorJesper Juul
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783641036126
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Erziehungskompetenz für Eltern - Das Orientierungsbuch für die Familie
Die wichtigste Frage für jede Familie lautet: Wie verwandeln wir liebevolle Gefühle in liebevolles Verhalten? Denn dass wir einander lieben, bedeutet nicht automatisch, dass wir auch gut miteinander auskommen. Jesper Juul, einer der bedeutendsten Familientherapeuten unserer Zeit, bietet in seinem neuen Bestseller Orientierung und konkrete Hilfestellung.

Jesper Juul (1948-2019) war einer der bedeutendsten und innovativsten Familientherapeuten Europas, Konfliktberater und Gründer des Elternberatungsprojekts familylab international. Durch zahlreiche Seminare, Vorträge, Medienauftritte und erfolgreiche Elternbücher wurde er international bekannt. Seine respektvolle, gleichwürdige Art, mit Menschen umzugehen, beeindruckt Fachleute wie Eltern auch heute noch immer wieder neu.

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Leseprobe
Die gleichwürdige Beziehung (S. 57-58)

Die Betrachtung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen als gleichwürdige Individuen hat gleichermaßen große Freude und fundamentale Skepsis ausgelöst. Die Beschreibung einer idealen Beziehung zwischen Eltern und Kindern, die auch das Verhältnis zu professionellen Ratgebern oder Therapeuten mit einschließt, hat die Gemüter gespalten.

Als mich der norwegische Kinderpsychologe Prof. Magne Raundalen einst als Begründer eines neuen moralischen Paradigmas in der Kindererziehung bezeichnete, war ich überrascht. Ich hatte den Begriff der Gleichwürdigkeit nie als moralische Kategorie verstanden, denn als ich um 1980 darüber zu reden und schreiben begann, war die Ursache eine ganz andere. Ich hatte damals seit 15 Jahren als Familientherapeut gearbeitet - zunächst in einer Fürsorgeeinrichtung, dann mit einer Gruppe sozial gefährdeter alleinstehender Mütter und schließlich am Kempler-Institut in Dänemark, an dem wir mit zahlreichen Familien aller gesellschaftlichen Schichten zusammenarbeiten, deren Problematiken höchst verschieden sind.

All diesen Familien war gemein, dass die Eltern frustriert über die Beziehung zu ihren Kindern waren. Deren Verhalten war den Eltern zufolge von einem Mangel an Gehorsam, Kooperationswillen und Respekt geprägt. So wie die meisten meiner Kollegen stand ich in einer entwicklungspsychologischen Tradition, die sich kaum mit der individuellen Existenz von Kindern und Jugendlichen beschäftigte - eine Behandlungstradition, die vor allem darauf setzte, das Sozialverhalten junger Menschen sowie eine tradierte Erziehung zu verändern, die aus 80 Prozent Moral und 20 Prozent Wissen bestand. Doch mussten wir erleben, dass wir in zirka zwei Dritteln aller Fälle zu kurz griffen. Erst allmählich lösten wir uns von den damals existierenden fachlichen und moralischen Wahrheiten. Das ermöglichte es uns, alte Problemstellungen aus neuen Blickwinkeln zu betrachten.

Die Qualität der Beziehung

Wir lernten, dass eine bestimmte Qualität in der Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern destruktive in konstruktive Prozesse umwandeln kann. Am Anfang war es schwierig, diese Qualität zu konkretisieren, weil sie sich als Teil der zwischenmenschlichen Prozesse sozusagen unter der Oberfläche befand. Das geschah in einem Jahrzehnt, in dem überall in der Gesellschaft eine gewaltige Demokratisierung in der Eltern-Kind-Beziehung stattfand und die Terminologie oft politisch gefärbt war. Daher war es nicht leicht, diese Qualität fachlich auf einen Begriff zu bringen. Schließlich einigten wir uns darauf, dass Gleichwürdigkeit sowohl präzise als auch praktikabel war.

Meiner Meinung nach besteht ein großer Unterschied zwischen Gleichwürdigkeit und Gleichheit. Als Mensch meiner Zeit bin ich der Ansicht, dass Kinder und Jugendliche Gehör finden sollten. Es wäre für alle Seiten gut, wenn sie über großen (politischen) Einfluss und Mitbestimmung verfügten und wenn die Erwachsenengesellschaft ihre Macht mit ihnen teilte. Doch diese Meinung hat nichts mit meiner fachlichen Erkenntnis zu tun, dass Gleichwürdigkeit ein qualitativ entscheidender Faktor ist, und zwar sowohl in familiären als auch in professionellen Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen.
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