Im Jahre 1997 wurde in Frankfurt das Börsensegment „Der Neue Markt“ gegründet. Es begann ein Ansturm auf die Aktien der jungen Unternehmen, den so genannten „Start-Ups“. Die Zahl der Unternehmensgründungen und Börsengänge wuchs in den Folgejahren enorm. Eine neue Ökonomie entstand weltweit, die New Economy. „Unter „New Economy“ (NE) wird eine neue Wirtschaftsära – mit dem Schwerpunkt von Dienstleistungsunternehmen aus der Handels-, Finanz-, IT-, Telekommunikationsbranche usw. – verstanden, in der die ineinander greifenden Prozesse der netz- bzw. webbasierten Globalisierung, Technisierung, Restrukturierung und Liberalisierung zu einem dauerhaften und fast inflationsfreien Wachstum führen.“[1] Basis für diesen Wirtschaftswandel sind vor allem Innovationen und Veränderungen in den Informations- und (Tele-) Kommunikationstechnologien, welche die globale Vernetzung der Wirtschaft zur Folge haben. Auf diese veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen muss sich nun auch die Unternehmensführung einstellen.
Das World Wide Web (www) wird als Multimediadienst des Internets[2] zum virtuellen Marktplatz. Die Unternehmen streben darauf eine interaktive Kundengewinnung und Kundenbindung an. Die Zuwachsrate der Internetanschlüsse, sowie Befragungen über das Nutzerverhalten bestätigen sie in dieser Absicht. Hatten 1999 noch 12,3 Millionen Menschen in Deutschland einen Internetanschluss, werden für das Jahr 2003 über 40 Millionen prognostiziert.[3] Im Nutzerverhalten war zu registrieren, dass 1999 bereits 87,3 %, 2002 sogar 90,6 % der befragten Internet-nutzer einen Online-Einkauf beabsichtigten.[4]
Dadurch ist es nicht verwunderlich, wenn der beständig steigende Internetumsatz, trotz anhaltender Konjunkturflaute, vom Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) für das Jahr 2003 auf mehr als 11 Milliarden Euro geschätzt wird. Dies entspricht einer Umsatzsteigerung von circa 38 % gegenüber dem Vorjahr.[5]
Ein Kennzeichen der New, auch Net oder Internet genannten Economy sind die veränderten Sprachgewohnheiten. Wie in dieser Arbeit feststellbar, dominieren in der neuen Ökonomie Anglizismen (englische bzw. amerikanische Spracheigentümlichkeiten) die Sprache der Wissenschaftler und Wirtschaftler. Vor allem das Voranstellen eines „e“ für electronic wird zum Symbol der New Economy.
Im Rahmen dieser Veränderungen treten zwei Begriffe, die im Folgenden kurz definiert werden, immer wieder als Schlagwörter auf:
Electronic Business (eBusiness)
Electronic Commerce (eCommerce)
Zum eBusiness gehören „alle Arten von Geschäftsprozessen, die auf elektronischem Wege abgewickelt werden. […] z.B. Geschäftsanbahnung und -abwicklung, Werbung, Online Banking bis hin zum Kundenservice.“[6]
Der elektronische Handel, eCommerce, ist dabei wichtigster Bestandteil des eBusiness. „Unter Electronic Commerce wird die Unterstützung von Geschäftstransaktionen, Geschäftsprozessen sowie der Beziehung zu sämtlichen internen und externen Partnern eines Unternehmens durch Informations- und Kommunikationstechnologie verstanden.“[7]
Die Bedeutung der Nutzung des Internets als neuen Marktplatz bekräftigt Larry Ellison, Gründer von Oracle, durch seinen Ausspruch:
„There is e-Business or out of Business.“[8]
Er behauptet, man betreibt entweder eBusiness oder das Unternehmen wird sich früher oder später aus dem Markt manövrieren. Bevor man sich jedoch für den Schritt in Richtung eBusiness entscheidet, sollte das Marktumfeld von eBusiness-Unternehmungen genauer betrachten werden. Dieses ist v.a. geprägt durch:
hohe Dynamik
hohe Wettbewerbsintensität und
relativer Unerfahrenheit
Stetige und schnelle Veränderungen, sowie eine hohe Anzahl von Konkurrenten aufgrund geringer Markteintrittsbarrieren und wenig Erfahrung im Umgang mit den neuen Strukturen bestimmen das eBusiness-Umfeld.[9]
Im Laufe kürzester Zeit haben sich aufgrund der verschiedenen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen drei Unternehmensmodelle herauskristallisiert:
bricks & mortar
clicks & mortar
dot.com[10]
Unternehmen, welche das Internet lediglich zur Unternehmenspräsentation, jedoch nicht zur Abwicklung von Geschäftsprozessen benutzen werden als bricks & mortar Unternehmen bezeichnet.
Clicks & mortar Unternehmungen gehören vielmehr zur Old Economy. Sie nutzen die Chance, über das Internet einen neuen, zusätzlichen Vertriebs- oder Einkaufskanal zu erschließen. Den Kunden werden durch die Internetpräsenz gezielte Informationen leichter zugängig gemacht. Dadurch wird die Kundenbindung erhöht und die Handlungseffizienz gesteigert.
Zu reinen Internetunternehmen zählen die dot.coms. Sie haben sich zum Ziel gesetzt nur über das Internet zu agieren und dort ihre Kunden zu erreichen. Der virtuelle Marktplatz stellt für sie den Hauptvertriebsweg dar.
Wie eBusiness-Unternehmen eCommerce betreiben können zeigt Abbildung 1. Sie veranschaulicht alle Ebenen und Beziehungen im Bereich des eCommerce.
Abb. 1: Ebenen des eCommerce
Quelle: modifiziert nach Eggers, B.; Hoppen, G. (Hrsg.): a.a.O., S. 147
Als die wichtigsten und häufigsten Geschäftsbeziehungen etablierten sich hierbei:
Business to Business (B2B)
Business to Consumer (B2C)
Von B2B-Commerce spricht man bei elektronischer Abwicklung verschiedenster Prozesse zwischen Unternehmen. Häufig findet diese Art der Kommunikation mit Hilfe unternehmensspezifischer Software unter Zulieferer und Herstellern, aber auch innerhalb eines Unternehmens statt. „Die Einsatzbereiche betreffen dabei alle Wertschöpfungsstufen sowie internen und externen Geschäftsprozesse, z.B. in Beschaffung, F&E, Produktion oder Marketing/Vertrieb.“[11]
B2C-Commerce dagegen bedeutet Handel zwischen Herstellern, bzw. Zwischenhändlern und Endverbrauchern. Vor allem Bestell- und Verkaufsprozesse werden dabei über das World Wide Web getätigt. Anbieter treten hier meist über Online-Shops im Web auf. Für die Transaktionsabwicklungen ist bei den Kunden keine spezielle Software, außer einem Internetzugang mit entsprechenden Web-Browser nötig.[12] Die Steuerung und Beurteilung von Transaktionen und Online-Shops im Rahmen des B2C-Commerce bildet den Hauptteil dieser Arbeit.
Der Neue Markt und das schnelllebige Internetzeitalter bieten neben zahlreichen Chancen auch viele Risiken für die Unternehmensführung. Als erfolgreichstes B2C-Unternehmen soll hier Amazon erwähnt werden. Das Management hat es verstanden den virtuellen Marktplatz gezielt zu bearbeiten und ist dadurch zum Vorzeigeobjekt der New Economy geworden. Die steigenden Umsatzzahlen bestätigen dies. So wurde bis zum III. Quartal 2002 ein Umsatz in Höhe von 851 Millionen Dollar erreicht, was einer Umsatzsteigerung von 33 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.[13]
Aktuell ist allerdings die Tendenz zu beobachten, dass viele der erfolgsversprechenden Start-Ups mit enormen Kurseinbrüchen und damit verbunden mit ihrer Existenzsicherung zu kämpfen haben. Einige der jungen Unternehmen sind bereits gescheitert, so z.B. boo.com, letsbuyit.com, Gigabell oder Value America. Gründe hierfür könnten sein, dass Unternehmen die hohen Kostenbelastungen von Marketingaktionen nicht tragen können, die Kundenerwartungen nicht erfüllen, dem Konkurrenz- und Preisdruck nicht gewachsen sind, oder es einfach nicht verstehen die Regeln der Old Economy mit denen der New Economy zu verknüpfen.
Ein weiterer Grund für das Scheitern könnte auch sein, dass manche der Unternehmen eine der grundlegendsten Regeln, dass Controlling, vernachlässigt haben. Es ist bei vielen „E-Business-Unternehmen immer noch ein Mangel an einem modernen Controllinginstrumentarium festzustellen.“[14] So verzichten ca. 43 % der Unternehmen in Deutschland auf die Auswertung von Server-Logfiles, d.h. auf Informationen aus dem Datenaustausch zwischen Kunde und Unternehmen.[15]
Nach einer Umfrage der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in deutschen eBusiness-Start-Ups über das Controlling lässt sich darüber hinaus festhalten, dass zwar finanzwirtschaftliche Kennzahlen vorhanden sind,...