Auslöser für eine Neuorientierung
Trennungen kündigen sich an. Vielleicht führt Ihr persönlicher Entwicklungsprozess zum Wunsch nach einer Erneuerung; möglicherweise sind es aber auch Veränderungen in Ihrem beruflichen Umfeld, die zum Auslöser einer Trennung werden. Auf solche Anzeichen zu achten hilft, nicht von den Ereignissen überrascht zu werden.
Es muss viel passieren, bevor wir aktiv eine berufliche Neuorientierung anstreben. Oft spüren wir lange vorher, dass etwas nicht mehr stimmt: Der Spass an der Arbeit, die Identifikation mit dem Unternehmen, die Akzeptanz der Vorgesetzten, die Verbundenheit mit den Kolleginnen und Kollegen gehen schleichend verloren. In anderen Lebensbereichen neigen wir zu Experimentierfreude, aber im Bereich der Arbeit verfügen wir oft über ein beachtliches Verdrängungs- und Beharrungsvermögen. Dabei gibt es meist etliche Anzeichen, dass eine Veränderung – freiwillig oder unfreiwillig – bevorsteht.
Veränderungen im Unternehmen
Veränderungen im Unternehmen lassen sich vielleicht eine Weile ignorieren – bis man irgendwann merkt, dass sie nicht nur die anderen Abteilungen, sondern auch den eigenen Arbeitsbereich und Arbeitsplatz direkt betreffen.
Einschneidende Reorganisationen
Unternehmen sind heute gezwungen, sich rasch an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, wenn sie im globalen Markt überleben wollen. Immer mehr einfache Arbeiten werden ins Ausland verlagert, weil sie dort billiger eingekauft werden können. Sogenannte Shared Service Centers (übergeordnete Dienstleistungszentren) übernehmen übergreifende Prozesse für alle Unternehmensbereiche und nutzen so die vorhandenen Synergien. Bei jedem Arbeitsprozess wird untersucht, ob eine Verschlankung und/oder Automatisierung möglich ist. Zudem findet in allen Bereichen eine Konsolidierung des Marktes durch Übernahmen und Fusionen von Unternehmen statt.
Arbeit ist teuer – besonders in der Schweiz –, und diesen Preis wollen die Unternehmen nur noch zahlen, wenn sie dafür aktuelles und unternehmensnotwendiges Know-how erhalten, nicht aber für exportierbare Routinetätigkeiten. Es findet ein Umbau statt: Jobs verschwinden, andere werden geschaffen.
Die Chemie stimmt nicht mehr
«Chemie» ist ein etwas vager Begriff im Zusammenhang mit Veränderungen am Arbeitsplatz, aber er wird häufig verwendet, um zu erklären, dass etwas einfach nicht mehr stimmt. In den allermeisten Fällen passen die Werte und/oder die Köpfe verschiedener Personen im Unternehmen nicht oder nicht mehr zusammen. Differenzen auf der Werteebene sind häufig. Unternehmen, die sich rasch entwickeln oder zum Beispiel durch Zukäufe wachsen, haben oft Mühe, die bestehende Unternehmenskultur in die angestrebte zu überführen oder unterschiedliche Kulturen unter einen Hut zu bringen.
Solche Konflikte werden schnell auf Mitarbeiterebene ausgetragen, wenn es etwa darum geht, wer eine Führungsfunktion übernimmt oder von wem man sich trennt. Unternehmen, die einem hohen Veränderungsdruck ausgesetzt sind, unterstellen langjährigen Mitarbeitenden gern eine «alte Denke» – und plötzlich ist man in der Situation, dass das betriebliche und fachliche Know-how nicht mehr gewürdigt wird und man stattdessen als Bremsklotz gilt.
Neue Besen kehren anders – Chefwechsel
Auch durch einen Chefwechsel im eigenen Bereich oder durch einen Wechsel in der obersten Führung werden Veränderungen ausgelöst. Gerade an der Spitze der Unternehmen wird die Verweildauer der Chefs immer kürzer, weil sie sich zunehmend an kurzfristigsten Ergebnissen messen lassen müssen. Dieser Trend ist neu für Führungskräfte, die ihre Position noch einem langjährigen Aufstieg innerhalb der Firma verdanken. Aber auch für alle anderen Mitarbeitenden eines Unternehmens sind dadurch die Zeichen auf Veränderung gesetzt. Denn mit jeder Neubesetzung in der Chefetage müssen sich auch alle Angestellten innerhalb der Firma wieder neu positionieren. Das führt dazu, dass ganze Unternehmen dauernd mit Positionskämpfen beschäftigt sind.
Neue Manager bringen zudem oft eine eigene Entourage mit, für die erst Positionen freigeräumt werden müssen. Besonders Schlüsselpositionen – also Positionen, die im direkten Umfeld des Chefs angesiedelt sind – werden mit neuen Mitarbeitenden besetzt. Dies kann den Assistenten des Geschäftsführers ebenso betreffen wie die Finanzchefin.
Wertewandel in Unternehmen
So wie sich Ihre eigenen Werte im Verlauf der Zeit verändern, wandeln sich oft auch die Werte in einem Unternehmen. Viele traditionelle schweizerische Unternehmen haben sich innerhalb der letzten 20 Jahre in globale Konzerne verwandelt. Mit dieser Entwicklung haben sich nicht nur die Personen, die Strukturen und die Prozesse in diesen Firmen verändert, sondern eben auch die Werte. Wurden Mitarbeitende früher vielleicht noch als erweiterte Familie angesehen, der man Sorge tragen musste, sind sie heute eine Ressource, die je nach Bedarf zugekauft oder abgestossen wird. Dasselbe Unternehmen, das vor einigen Jahren noch einen Mitarbeiter mit guten Kenntnissen der schweizerischen Rechnungslegung suchte, braucht heute jemanden mit Kenntnissen im Bereich IFRS oder US-GAAP, um auch den internationalen Ansprüchen zu genügen.
TO DO: VERÄNDERUNGEN IN MEINEM UNTERNEHMEN
Überlegen Sie, ob sich in letzter Zeit eine oder mehrere der genannten Veränderungen in Ihrem Unternehmen vollzogen haben.
–Welche Veränderungen waren das genau?
–Welche Auswirkungen könnte das auf Ihre Position haben?
–Gibt es Jobs in der Firma, die doppelt besetzt sind, zum Beispiel nach einer Fusion? Gehört Ihr Job dazu?
–Gibt es für Sie eine Alternative im Unternehmen?
Persönliche Entwicklung
Neben Veränderungen im Unternehmen kann auch die persönliche Entwicklung ein Auslöser für eine berufliche Neuorientierung sein. So wie Ihr Unternehmen Einflüssen ausgesetzt ist, die es zur Veränderung zwingen, gibt es auch Einflüsse im Verlauf Ihres Berufslebens, die Impulse für eine Veränderung sind.
Entwicklungsbedingter Wertewandel
Die eigenen Werte wandeln sich mit den Jahren, Prioritäten werden neu gesetzt. Oft ist uns gar nicht so bewusst, worin unsere Wertebasis besteht. Wird sie aber immer wieder verletzt, spüren wir das als eine Art ständige Reibung.
Persönliche Werte können zum Beispiel sein: Nachhaltigkeit, Konstanz, Wertschätzung, Feedback, interessante Arbeit, Lernmöglichkeit, Status, Aufstiegsmöglichkeit. Wir starten unsere Karriere mit bestimmten Werten. Oft wählen wir beim Berufseinstieg ein Unternehmen, das unsere Werte spiegelt. So steigt ein innovationsbegeisterter Mitarbeiter, dem Sicherheit nicht so wichtig ist, vielleicht in einem Start-up ein; eine Mitarbeiterin, der Konstanz, ein geregeltes Umfeld und ein sicherer Verdienst am Herzen liegen, geht eher zu einer etablierten Firma. Doch die Prioritäten verändern sich: Der Mitarbeiter im Start-up gründet eine Familie und merkt plötzlich, dass ihn die dauernde Unsicherheit stresst. Die Mitarbeiterin der etablierten Firma spürt mit der Zeit das Bedürfnis nach Veränderung und stösst überall auf enervierende Routinen.
Genügen die Kompetenzen?
Die Arbeitsmarktpolarisierung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Durch die zunehmende Automatisierung und Computerisierung sind viele Jobs im mittleren Lohnbereich – etwa bei der Maschinenbedienung oder Montage, aber auch im Büro – nahezu verschwunden. Dafür stieg der Anteil der besser verdienenden Berufsgruppen, zum Beispiel der Techniker, Wissenschaftler, Führungskräfte.
Die persönlichen Kompetenzen sind im Verlauf der Jahre ebenfalls der Veränderung ausgesetzt. Startete man seine berufliche Laufbahn noch als gut ausgebildete Fachkraft, führen die schnellen Entwicklungen dazu, dass man nur mit ständiger Weiterbildung in seinem Fachbereich mithalten kann. Wer dies vernachlässigt, ist fachlich schnell nicht mehr ganz auf der Höhe.
«Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.»
Franz Kafka, deutschsprachiger Schrifsteller aus Prag
So kann ein Anstoss zur Veränderung und damit für eine berufliche Neuorientierung auch sein, dass man nicht mehr in der Lage ist, die erwartete Leistung zu erbringen. Das ist weniger in Unwilligkeit oder mangelndem Einsatz begründet, sondern vielmehr im Umstand, dass sich die Anforderungen an eine Position oder Funktion grundlegend verändert haben und man selber diese Veränderung, den Anforderungsshift, nicht mitvollzogen hat.
Eine solche Situation kann grossen Stress auslösen, weil man eventuell sehr viel Energie darauf verwenden muss, die mangelnde Kompetenz vor dem Chef oder der Arbeitgeberin zu verheimlichen. Diese Energie in eine Neuorientierung zu investieren, ist dann der bessere Weg.
Achten Sie auf diese Anzeichen
Eingangs war bereits die Rede davon, dass sich Veränderungen auch auf der emotionalen Ebene ankündigen: Der Montag wird zum schlimmsten Tag der Woche; jede Besprechung mit der Chefin liegt Ihnen schon lange vorher auf dem Magen; die Freude an der Arbeit geht verloren. Ihre innere Stimme sagt Ihnen, dass es das nicht mehr lange sein kann. Und diese innere Stimme wird umso lauter, je mehr Anzeichen in Ihrer direkten Umgebung darauf hinweisen, dass eine Veränderung bevorsteht. Typische solche Anzeichen, auf die Sie reagieren sollten, sind etwa:
■Ihr Arbeitsbereich ist nicht erfolgreich, ist zum Beispiel...