2.Zivilisations- und Berufskrankheit Allergien – wie die Schulmedizin über die Ursachen spekuliert und wo sie wirklich liegen
Jedes Frühjahr das gleiche Schauspiel in den Medien: Wenn die Heuschnupfensaison beginnt, lassen Magazine, Boulevardzeitungen oder Online-Portale Allergieexperten zu Wort kommen, die uns ihre angeblich neuesten Erkenntnisse präsentieren und Tipps verkaufen wollen, was wirklich gegen Allergien hilft. Doch schauen Sie in die Archive, stellen Sie fest, dass nichts davon wirklich neu ist. Es sind die gleichen Tipps wie schon im vergangenen Jahr. Die vermeintlichen Experten entpuppen sich als ahnungslos. Woher auch sollen sie es wissen? Die Schulmedizin gibt selbst zu, dass die Ursache von Allergien, Asthma und Neurodermitis noch unbekannt oder nicht ausreichend erforscht ist.
Obwohl es keine systematische Datenbasis gibt, wissen wir aus Meldungen von Hautärzten und Allergologen, dass Allergien seit Beginn des 20. Jahrhunderts stark zugenommen haben. Wir kennen folgende Daten:
Tabelle 1: Prävalenz Pollenallergien Schweiz (AHA 2015)
(*) in Prozent der Bevölkerung
Abbildung 1: Allergieverlauf über 100 Jahre
Das ergibt folgende Kurve. Ein Journalist in der „ÄrzteZeitung“ sieht dies noch viel dramatischer. Er schätzt, dass wir schon jetzt einen Anteil von 30 Prozent Allergiker haben: „Deutschland steht vor Allergieschock“ (af, 2015)!
Dieser Verlauf gilt in etwa für Mitteleuropa, wobei große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, in den Ländern und sogar innerhalb bestimmter Regionen bestehen. So hat Schottland einen wesentlich höheren Anteil an Asthmatikern als England.
In Deutschland ist allein in den 90er Jahren der Anteil der unter Heuschnupfen Leidenden von 10 auf 17 Prozent gewachsen. Und ein Ende des Allergie-Booms ist nicht in Sicht. Manche Wissenschaftler befürchten eine Verbreitung der Allergien auf bis zu 50 Prozent der Bevölkerung. Einige Forscher wollen herausgefunden haben, dass Allergien gegen Nahrungsmittel, Medikamente, Insektengifte sowie Kontaktallergien und Neurodermitis schon heute in Deutschland zusammen 50 Prozent ausmachen. Das heißt natürlich nicht, dass jeder zweite Deutsche heute Allergiker ist, weil viele Betroffene unter mehreren Allergieformen leiden.
Tabelle 2: Anteil der Allergiker in Deutschland 2011 (Statista 2015)
Nahrungsmittelallergie | 6,0 |
Allergien als Berufskrankheiten bestimmter Branchen
Rasant sind auch die Fälle berufsbedingter Allergien gestiegen. Hier verfügen wir über exakte Zahlen durch die Berufsgenossenschaften. So wissen wir, dass immer mehr Bäcker auf Mehl allergisch reagieren. Von 1970 bis 1990 stiegen die Fälle des sogenannten Bäckerasthmas von 300 auf 2000 Fälle jährlich. 58 Prozent aller als Asthma anerkannten Berufskrankheiten entfallen auf Tätigkeiten bei der Backwarenherstellung und Konditorei. Inzwischen nehmen sie zum Glück nicht mehr weiter zu. Aber nicht etwa, weil man die Ursache herausgefunden und beseitigt hätte. Nein! Sondern indem man die vermutlich Allergien verursachenden Inhalts- und Hilfsstoffe in den Produktionsverfahren verkapselt und die Produktionsstätten mit Schutzvorrichtungen für die Bäcker versehen hat. Der Verbraucher ist den vielen schädigenden Stoffen jedoch nach wie vor ausgeliefert.
Auch wenn die Schulmedizin offen zugibt, die Ursachen der Allergien nicht zu kennen, spekulieren manche Wissenschaftler munter und ohne Datenbezug drauflos – und kommen dementsprechend zu Theorien, die der empirischen Überprüfung nicht standhalten. Etwa dass „übertriebene Hygienemaßnahmen“ in der Kindheit zu einer Unterforderung des Immunsystems führten, das sich dann mit einer Allergie dagegen wehre. Oder dass das Immunsystem durch den Rückgang parasitärer Erkrankungen nichts mehr zu tun habe und sich deshalb eine „neue“ Krankheit als Kampffeld suche. Ähnlich argumentiert die „Western-Lifestyle-Hypothese“, wonach die Menschen in den westlichen Industrieländern schon bei jeder kleinsten Infektion mit Antibiotika behandelt und dadurch ihre natürliche Resistenz einbüßen würden.
Genauso wenig empirisch fundiert ist die „Psycho-Hypothese“: Weil die Menschen heute selbstbezogener lebten und weniger soziale Kontakte hätten, wäre ihr Immunsystem geschwächt, so dass vermehrt Allergien auftreten würden. Auch „genetische Faktoren“ wurden schon für die Allergien haftbar gemacht, wonach sich die Allergieauslösung vererben würde. Untersuchungen bei eineiigen Zwillingen zeigten allerdings, dass nur fünf Prozent von ihnen unter der gleichen allergischen Krankheit litten. Da sich die Vererbungsthese also nicht beweisen ließ, wurde sie zur „Theorie der Atopie“ modifiziert: In diesem Fall erben Kinder nur eine „genetische Allergie-Veranlagung“, also eine Neigung zu einer Überempfindlichkeitsreaktion. Doch bislang ließ sich auch die Atopie-Theorie empirisch nicht belegen.
Gern zitieren die Medien vor allem auch jene Wissenschaftler, die das Anwachsen allergischer Erkrankungen mit der Klimaerwärmung und der zunehmenden Umweltverschmutzung begründen und ihnen knallige Headlines liefern. „Klimawandel! Pollen aggressiv wie nie, Klimawandel und Feinstaub machen Allergene aggressiver.“ Oder: „Wissenschaftler warnen vor einem Allergie-Boom. Pollenflug – Immer früher, immer länger, immer aggressiver.“ Die Argumentation ist denkbar einfach: Die Pollen würden durch die höheren Temperaturen oder in Verbindung mit chemischen Partikeln immer aggressiver. Das Wort „aggressiv“ kommt inzwischen so häufig vor, dass man glauben könnte, ein Pollenkrieg sei ausgebrochen. Doch können die Wissenschaftler empirische Belege dafür anführen? Lässt sich die Aggressivität von Pollen überhaupt messen? Sagen die zitierten Experten, um wie viel Prozent die Pollen seit dem vergangenen Jahr aggressiver geworden sind? Nein, das tun sie nicht. Die Behauptung, die Pollen seien heute „aggressiver“ als vor zwei Millionen Jahren, hat bislang kein Wissenschaftler empirisch belegt, das müsste erst noch erforscht werden. Wir kommen also wieder auf die Frage zurück, warum eigentlich harmlose Pollenbestandteile durch die Haut in den Körper eindringen und im Körper äußerste Aggressivität entfalten können.
Die heutige Schulmedizin konzentriert sich auf die Symptombekämpfung
Allergien sind eine Zivilisationskrankheit, deshalb gibt es für sie auch erst seit gut hundert Jahren einen Namen. Der Wiener Kinderarzt Clemens von Pirquet hat diesen Begriff im Jahre 1906 das erste Mal verwendet. Er erkannte bei seiner Arbeit im Wiener St. Anna Kinderspital, dass Antikörper in den meisten Fällen eine schützende Immunreaktion hervorrufen, aber auch für Überempfindlichkeitsreaktionen verantwortlich sein können. Das Wort Allergie bildete er aus den altgriechischen Wörtern állos érgon, was so viel heißen soll wie „andere Verrichtung“ oder „fremde Reaktion“. Damit wollte der Arzt eine von der Norm abweichende (übersteigerte) Reaktion des Immunsystems auf bestimmte Substanzen aus der Umwelt beschreiben.
Diese Definition gilt noch heute in der Schulmedizin. Danach verhält sich das Immunsystem nicht so, wie es das eigentlich tun sollte. Es reagiert heftig auf Substanzen, die für den Körper eigentlich harmlos sind, denn Pollen oder Lebensmittel stellen für den Menschen keine Gefahr dar. Die Ärzte nennen es deshalb Hypersensibilität, Überempfindlichkeit. Eine Allergie kann sich in unterschiedlichen Beschwerden an verschiedenen Organen äußern. In allen Fällen reagiert das Immunsystem mit Überreaktionen auf Fremdstoffe. Kinder reagieren meist mit heftigeren Symptomen, ältere Menschen dagegen weniger. Ein gemeinsames Merkmal aller Allergien ist, dass sie nicht ansteckend sind.
Die heutige Schulmedizin konzentriert sich bei der Behandlung von Allergien, Asthma und Neurodermitis auf die Symptome, genauso wie die Pharmaindustrie. Das hilft den...