Wie im vorigen Kapitel dargestellt wurde, stehen die Städte vor großen Herausforderungen. Aufgrund der wachsenden Zahl älterer Menschen als Folge der demografischen Entwicklung gewinnt das Thema „Altersgerechtes Wohnen“ in den Städten an Bedeutung. Infolge der immer größer werdenden Herausforderungen müssen sich die Städte auf die Veränderungen einstellen. Wohnen muss z. B. neu organisiert werden, Infrastrukturen neu angepasst, neue Unterstützungsangebote geschaffen werden. Im folgenden Kapitel wird zuerst versucht, den Begriff „Altersgerechtes Wohnen“ zu definieren. Ferner wird ein Überblick über die wichtigsten Rahmenbedingungen des Lebens und Wohnens im Alter gegeben. Nachher wird die Aktualität des Themas durch einige Aktivitäten zu diesem Bereich verdeutlicht. Aufbauend auf die Rahmenbedingungen werden in Bezug auf die Handlungsfelder „Wohnen“, „altersbezogene Infrastruktur“, „Unterstützung und soziale Integration“ die Aufgaben einer altersgerechten Stadtentwicklung dargestellt.
In vielen Diskussionen der letzten Jahre zum Wohnen im Alter wurde die Forderung formuliert, dass Wohnungen und Wohnumgebung möglichst altersgerecht gebaut und gestaltet werden sollen (vgl. Höpflinger 2009: 143). Wenn man an das altersgerechte Wohnen denkt, stellt sich die Frage, was bedeutet eigentlich der Begriff „altersgerecht“. Kommt es vom Wort „alt“, oder sind vielleicht Menschen verschiedener Altersgruppen gemeint?
Es gibt keine eindeutige Antwort und Definition für „altersgerecht“. Es gibt aber unterschiedliche Ansätze, wie z. B. „Altengerecht heißt menschengerecht. D.h., Maßnahmen, die Älteren zugute kommen, sind auch für andere Bevölkerungsgruppen gut.“ (Tötzler/Loibl 2009: 653).
Beetz stellt die Begriffe „altengerecht“ und „altersgerecht“ in eine Reihe, indem er gleichzeitig über „altengerechte oder altersgerechte Wohnungen“ schreibt (Beetz et al. 2009: 131).
Nach Meinung von Real M.A. steht der Begriff „Alter(n)sgerechtes Wohnen“ in Verbindung mit der Altenpopulation, ihren Lebenssituationen, Bedürfnissen und auch Werten, bedeutet aber nicht gleichzeitig behindertengerechtes Wohnen (vgl. Real M.A. 1996: 72).
Nach Höpflinger wird beim Konzept einer „altersgerechten Wohnung“ erstens von deutlichen Unterschieden in den Wohnbedürfnissen von Jungen und Alten ausgegangen (vgl. Höpflinger 2009: 143), was heißt, dass alte und junge Menschen verschieden sind (vgl. ebd.). Zweitens bedeutet der Begriff „altersgerecht“ ein eindeutiges Bild vom Alter und ist bei den ersten funktionalen Defiziten gleichzeitig mit „behindertengerecht“ gleichbedeutend (vgl. ebd.: 134-144).
Aus der Forschungsliteratur ergibt sich, dass es für den Begriff „Altersgerechtes Wohnen“ keine klare Definition gibt. Die Tendenz geht aber eher in die Richtung, dass unter „altersgerecht“ die Zielgruppe älterer Menschen gemeint ist, und es Parallelen zwischen „altersgerecht“ und „altengerecht“ gibt. Somit bedeutet altersgerechtes Wohnen überwiegend Wohnen für Ältere.
In der Praxis wird mit dem Begriff „Altersgerechte Wohnungen“ eine große Bandbreite von Konzepten verbunden (vgl. Heinze et al. 1997: 56). Das können individuelle Anpassungsmaßnahmen im Bestand, unterschiedliche Standards und Fördervorschriften für den Neubau oder komplexe Modelle des betreuten Wohnens sein, die eine Vielzahl unterschiedlicher Wohnformen und Dienstleistungsangeboten bezeichnen kann (vgl. ebd.). Klassische Kriterien des altersgerechten Wohnens orientieren sich traditionell überwiegend an baulich-räumlichen und infrastrukturellen Ausstattungsmerkmalen (vgl. Peter 2009: 212). Unter altersgerechten Wohnalternativen werden vor allem barrierefreie Wohnungen gemeint, in denen Ältere auch bei eingeschränkter Bewegungsfähigkeit wohnen und im Bedarfsfall auch eine Hilfe in Form von Serviceangeboten bekommen können (vgl. ebd.: 71-72).
Im vorigen Kapitel wurde dargestellt, dass unter dem altersgerechten Wohnen die Gruppe der älteren Menschen verstanden wird. Um die Bedürfnisse älterer Menschen zu ermitteln, ist es wichtig, diese Bedürfnisse zu kennen. Somit wird im folgenden Kapitel auf die Rahmenbedingungen des Lebens und Wohnens im Alter näher eingegangen.
Das Alter – Altersbilder und Differenzierungen
Wenn man an das Alter denkt, stellt sich die Frage. Wann fängt Alter an? Manchmal zählt man sich schon mit 30 Jahren zu den Alten. Oder bedeutet der Einstieg ins Rentenalter, dass man alt geworden ist? So ist es schwierig oder sogar auch gefährlich, die Gruppe der alten Menschen allgemein zu charakterisieren (vgl. Kreuzer 2005: 5).
Es gibt keinen zeitlich festgelegten Beginn des Alters (vgl. Brückmüller, 1999: 204). „Man ist so alt, wie man sich fühlt.“ (McManama 1999: 189). Es handelt sich eher um einen Prozess der Alterung, der persönlichkeitsorientiert von verschiedenen individuellen, sowie soziokulturellen Faktoren abhängt (vgl. Brückmüller 1999: 204).
Der Eintritt in die „Lebensphase Alter“ wird meisten mit dem seit über 100 Jahren sozialpolitisch geregelten Übergang in den Ruhestand nach Beendigung des Erwerbslebens verbunden (vgl. Peter 2009: 89). Die Ergebnisse einer österreichischen Studie von Gerhard Majce (1992, 2000) haben ergeben, dass der Begriff „Älterer Mensch“ durchschnittlich den über 56jährigen zugeschrieben wird (vgl. Eberherr et al. 2009: 28).
Es gibt auch unterschiedliche Ansätze hinsichtlich der Klassifizierung von Altersgruppen: Nach Vorschlägen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird in der zweiten Lebenshälfte zwischen älteren Menschen (60- bis 75jährige), alten Menschen (75- bis 90jährigen), sehr Alten oder Hochbetagten (über 90jährigen) und schließlich Langlebigen (über 100jährigen) unterschieden. Aufgrund der sozialen, kulturellen und individuellen Differenzierungen des Alterns haben solche Altersbegrenzungen eher Orientierungswichtigkeit (vgl. Eberherr et al.: 29). Die gerontologische Forschung versucht ältere Menschen anders einzuteilen, indem sie zwischen den 55- bis 75jährigen jungen Alten und den über 75jährigen alten Alten unterscheidet (vgl. ebd.).
Inzwischen hat sich eine Zweiteilung des Lebensabschnitts Alter in die „jungen Alten“ oder „neue Alte“, und die „alten Alten“ oder auch „Hochbetagten“ entwickelt. Mit den „jungen Alten“ sind dabei meistens die Menschen in den ersten zehn bis fünfzehn Jahren nach der Berufsaufgabe gemeint. Die Gruppe der „alten Alten“ in der „vierten Lebensphase“ gewinnt hinsichtlich der zunehmenden Hilfs- und Pflegebedürftigkeit zunehmend an Bedeutung (vgl. Kreuzer 2006: 38).
„ ,Alter ist nicht gleich Alter', und die Alternsprozesse von Menschen sind vielfältig und mehrdimensional.“ (Höpflinger 2009: 16). In der Regel wird das Alter oder das Altern als „Auslaufmodell“ betrachtet, denen negative Vorzeichen des Nicht-mehr-Könnens, des Abschiedes, der Pflegebedürftigkeit, des Endes zugeschrieben werden (vgl. Brückmüller 1999: 203). Aber die oft noch herrschende Meinung, dass das Alter mit weniger Leistungsvermögen, gravierenden Mobilitätseinschränkungen, mit Krankheitszunahme oder Vitalitätsverlust verbunden wird, ist heute nicht mehr aktuell (vgl. Bertelsmann Stiftung 2008: 8). Die älteren Menschen von heute sind nicht die älteren von früher. Alt heißt heute nicht unbedingt krank und abhängig. Ältere Menschen sind heute viel aktiver, mobiler, viel gesünder als früher. Sie haben einen höheren Lebensstandard, höhere Ansprüche. Sie wollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Allein die lange Dauer der Lebensphase Alter bewirkt eine ansteigende Ausdifferenzierung (vgl. Kreuzer 2006: 37).
Aktuelle Ergebnisse der empirischen Sozialforschung beweisen, dass sich die Alten der Nachkriegsgeneration, die „Neuen Alten“, in ihren Werthaltungen, Lebensführung und Lebensstil offenbar von den heutigen Senioren unterscheiden (vgl. Poddig 2006). Die Bedürfnisse und Verhaltensweisen alter Menschen hängen in starkem Maße von ihren bisherigen Lebenserfahrungen ab (vgl. Kreuzer 2006: 37).
Körperliche Einschränkungen und Gesundheit
Gesundheit und Wohlbefinden sind wichtige Aspekte für die Lebensqualität und Aktivitätspotentiale im Alter, die wesentlich über die Zufriedenheit älterer Menschen entscheiden (vgl. Beetz et al. 2009: 112).
„Das Alter hat viele Gesichter.“ (Dettling 2001: 121). Es gibt auf der einen Seite Ältere, die viele Krankheiten haben oder pflegebedürftig sind. Und auf der anderen Seite gibt es Ältere, die zwar schon älter aber „noch jung“ sind. Das biologische und das soziale Alter triften auseinander (vgl. ebd.).
Alterung bedeutet nicht unbedingt körperliche Hinfälligkeit, Hilflosigkeit oder Krankheit (vgl. Kreuzer 2006: 48). Durch die moderne Medizin hat sich der Gesundheitszustand älter Menschen verändert (vgl. McManama 1999: 188) und verbessert. Hohes Alter führt aber...