Unternehmensgründungen haben nachweislich eine hohe Bedeutung für eine Volkswirtschaft, da dabei ein Kreislauf entsteht, der durch die Schaffung von Innovationen die konjunkturelle Entwicklung eines Landes ankurbelt. Bei Unternehmensgründungen werden Ressourcen am Markt nachgefragt, Arbeitsprozesse werden durchlaufen und so wiederum neue Produkte oder Dienstleistungen am Markt angeboten.[11] Start-Ups erhöhen den Wettbewerbsdruck auf am Markt bereits etablierte Unternehmen und gleichzeitig den Druck, sich permanent weiterzuentwickeln und effizientere Produkte bzw. Dienstleistungen anzubieten. Dies fördert sowohl das nationale Wirtschaftswachstum als auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.[12] Gerade auf das Know-How der Gründer, ihre Innovationen und den stetigen technologischen Fortschritt ist Deutschland als rohstoffarmes Land angewiesen, denn sie bilden die Grundlage für den Wohlstand der deutschen Volkswirtschaft.[13] Ihren Beitrag zur Beschäftigung verdeutlichen die Zahlen der KfW. Laut dem KfW-Gründungsmonitor ist der Bruttobeschäftigungseffekt durch die Anzahl an Neugründungen in den letzten Jahren gestiegen. Im Jahr 2013 wurden insgesamt ca. 419.000 neue Vollzeitstellen geschaffen. Dazu zählen 203.000 Stellen, welche Gründer durch die Einstellung von Mitarbeitern schufen.[14]
Bei einer Unternehmensgründung im eigentlichen Sinne wird eine neue, originäre Wirtschaftseinheit geschaffen, bei der auf keinerlei Vorarbeiten, z. B. Unternehmensstrukturen, zurückgegriffen werden kann. Somit wird eine rechtliche Einheit zur Umsetzung eines selbst entwickelten Konzeptes neu geschaffen. Die Gründer bauen selbstständig eine zur Existenz sichernde Unternehmung auf, mit dem Willen durch ein spezifisches Angebot den Bedarf Externer (Kunden) zu decken. Dabei kann das Unternehmenskonzept auf Innovationen oder Imitationen aufbauen. Bei der Innovation wird mit den vorhandenen materiellen (Technik) oder immateriellen (Know-How) Einsatzfaktoren, eine neue Kombination eingegangen. Bei der Imitation erfolgt eine Modifizierung eines bereits bestehenden Unternehmenskonzeptes. Die vorangegangene Definition von Unternehmensgründungen lässt darauf schließen, dass nur bei einem innovativen Konzept eine Gründung mit einem originären Charakter erfolgen kann. Daher sollen auch nur Unternehmensgründungen zur Umsetzung einer innovativen Idee Gegenstand der weiteren Betrachtung sein.[15]
Für eine erfolgreiche Gründung ist jedoch nicht ausschließlich die Idee entscheidend, sondern auch deren Realisierung. Hierzu haben sich aus der Vergangenheit bestimmte Erfolgsfaktoren herauskristallisiert: das Management, das Produkt, die Prozesse, die Finanzierung und der Marktzugang (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Erfolgsfaktoren einer Unternehmensgründung[16]
Der Erfolgsfaktor Management befasst sich mit den Gründerpersonen, welche durch ihre Fähigkeiten die Umsetzung einer Idee ermöglichen. Eine Kombination aus Führungskompetenz, Risikobewusstsein, Belastbarkeit, Motivation, Selbstbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit sowie branchenspezifisches Know-how ist wünschenswert, jedoch in der Praxis eher selten. Daher empfiehlt es sich, dass Gründerteams aus Mitgliedern mit sich ergänzenden Eigenschaften bestehen bzw., dass externe Beratung eingeholt wird.[17] Das Produkt muss ein Alleinstellungsmerkmal, auch Unique Selling Proposition (USP) genannt, sowie einen klar definierten Nutzen für den Konsumenten aufweisen. Um es am Markt durchzusetzen, sollte es sich von denen der Konkurrenz abheben und dem Kunden einen Mehrwert bieten, damit dieser bereit ist, einen angemessenen Preis dafür zu zahlen.[18] Ein organisierter Ablauf- und Aufbauprozess innerhalb des Unternehmens kann über die Etablierung des Unternehmens am Markt entscheiden. Alle Unternehmensbereiche müssen kooperieren, so dass alle Angelegenheiten mit höchster Qualität bearbeitet werden. Der Erfolgsfaktor Finanzierung ist im Vergleich zu den weiteren Erfolgsfaktoren relativ schwierig, da an dieser Stelle Externe von einer Finanzierung in das Unternehmen überzeugt werden müssen. Kontinuierlich sind die Liquiditäts- und Finanzpläne zu aktualisieren. Die Daten müssen auf realistischen Annahmen beruhen, um potenziellen Geldgebern den vorhandenen Finanzierungsbedarf aufzeigen zu können. Die Kommunikation mit den Geldgebern muss regelmäßig erfolgen, da diese ein Interesse daran haben, die Entwicklung des Unternehmens zu verfolgen und über potenzielle Risiken aufgeklärt zu werden. Weiterhin ist der Erfolgsfaktor Marktzugang zu betrachten. Dieser berücksichtigt eine Preis-, Produkt-, Distributions- und Marketingpolitik. Um einen dauerhaften Marktzugang zu erhalten, ist die Entwicklung und Weiterentwicklung dieser vier Komponenten zu gewährleisten.[19]
Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist von den Gründern ein Businessplan zu erstellen. Mit Hilfe dessen sollen z. B. externe Kapitalgeber von einer Investition in das Unternehmen überzeugt werden. Dieser Businessplan dient dazu, das Unternehmenskonzept schriftlich zu fixieren und Internen sowie Außenstehenden einen genauen Überblick sowohl über die Idee als auch die Unternehmensstrategie, bis hin zum Finanzierungsbedarf zu geben. Der Umfang des Businessplans liegt i. d. R. zwischen zwei (Executive Summary) und 200 (Operational Businessplan) Seiten.[20] Potenzielle Geldgeber, vor allem Risikokapitalgeber (siehe hierzu Kapitel 3.3) ziehen den Businessplan als Beurteilungskriterium heran. Strebt ein Unternehmen eine Finanzierung durch externe Geldgeber an, so wird dieses im Rahmen einer Due Diligence zunächst analysiert und bewertet.[21] Unter einer Due Diligence versteht man eine sorgfältige und in angemessener Tiefe durchgeführte Unternehmensanalyse.[22] Die Verfahren der Unternehmensbewertung werden im nächsten Kapitel erläutert.[23]
Die folgende Abbildung (Abbildung 2) stellt die Kriterien zur Beurteilung eines Unternehmens und dessen Businessplan durch Risikokapitalgeber dar:
Abbildung 2: Beurteilungskriterien von Risikokapitalgebern[24]
Für den Erhalt einer finanziellen Unterstützung ist der Aspekt der Unternehmensbewertung von besonderer Bedeutung, da das Ergebnis die Grundlage für die Festsetzung der Höhe der finanziellen Beteiligung ist. Aufgrund der Fragestellung dieser Arbeit werden im Folgenden nur die Unternehmensbewertungsmethoden betrachtet, welche bei den in Kapitel 4.1.1 analysierten Plattformen Anwendung finden. Gegenstand der Betrachtung sind das Multiplikatorverfahren und das Discounted Cash Flow-Verfahren unter Anwendung des WACC-Diskontierungszinssatzes. Auf eine Differenzierung zwischen Brutto- und Nettoberechnungsmethoden sowie eine nähere Erläuterung der Zinssätze wird verzichtet. Der Fokus liegt auf der Vorstellung der im Vorfeld genannten Verfahren und der Unternehmensbewertungsproblematiken bei Start-Ups.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat vor dem Hintergrund der Rechtsprechung in Deutschland Grundsätze festgelegt, nach denen Wirtschaftsprüfer Unternehmen oder Unternehmensteile bewerten sollen.[25] Die aufgeführten Standards sind bei Unternehmen jeder Art und Größe anzuwenden, Besonderheiten einzelner Unternehmensklassen (z. B. KMU) sind zu berücksichtigen. Die Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen umfassen die Anwendung von zukunftsorientierten Bewertungsmethoden, wie dem Ertragswertverfahren und dem Discounted Cash Flow-Verfahren.[26] In Deutschland ist das Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF) ein anerkanntes und weit verbreitetes Verfahren zur Bewertung von Unternehmen oder Unternehmensteilen. Bei dem DCF-Verfahren werden die finanziellen Jahresüberschüsse, der Free Cash Flow (FCF) auf den Bewertungsstichtag mittels eines unternehmensspezifischen Diskontierungszinssatzes abgezinst. Als Diskontierungszinssatz kann u. a. der Weighted Average Cost of Capital (WACC) herangezogen werden.[27] Dieser Zinssatz wird auch als mögliche Rendite des Eigentümers bei einer bestmöglichen Investitionsalternative verstanden.[28] Für die Berechnung der Kapitalkosten mittels WACC-Ansatz werden das Eigenkapital (EK) und das Fremdkapital (FK) ins Verhältnis zum Gesamtkapital (GK) gesetzt und mit der Renditeforderung (r) der jeweiligen Kapitalgeber multipliziert (siehe Formel 1).
Formel 1: DCF-Verfahren im...