1 Anwendungen für Magnete
Die Elektrotechnik setzt Magnete auf vielfältige Art ein. Die Nachbildung dieser Techniken mit fischertechnik-Modellen macht es einfach, die Funktionsweisen zu verstehen. Der folgende Abschnitt stellt vier praxisnahe Beispiele vor.
1.1Induktionssensor
Als Einstieg für den Einsatz von Magneten in einem fischertechnik-Modell zeigen wir einen Lösungsvorschlag für einen Sensor: einen berührungslosen elektromagnetischen Näherungsschalter.
Induktive Näherungsschalter
In der fischertechnik-Welt lösen normalerweise Lichtschranken oder Reed-Kontakte solche Aufgaben.
Sogar fischertechnik selbst hat einmal einen Initiator angeboten, der die Näherung metallischer Gegenstände erkennen konnte.1 Initiatoren werden in der Technik häufig eingesetzt.
Zugegeben, die hier gezeigte Lösung unter Anwendung von zwei Elektromagneten ist aufwendig und auch nicht besser als die oben genannten üblichen Verfahren. Wir möchten jedoch zeigen, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, die sich mit fischertechnik-Standardteilen aufbauen lassen. Zum Beleg der Praxistauglichkeit wurde ein automatisiertes Schienenfahrzeug aufgebaut.
Prinzipieller Aufbau
Im Grunde soll nur der Unterschied der Positionierung der beiden Elektromagneten automatisch erkannt werden können, wie in Abb. 1.1.1 gezeigt. Um das zu ermöglichen, muss der eine Elektromagnet mit einer Wechselspannung angeregt werden, damit im anderen eine Spannung induziert wird, die dann detektiert werden kann.
Abb. 1.1.1: Induktionssensor-Messstrecke
Abb. 1.1.2: Prinzipieller Gesamtaufbau einer Induktionssensor-Messstrecke
Zur Erzeugung der Wechselspannung und auch zur messtechnischen Auswertung wird ein Robotics TX oder Robotics TXT Controller (RTXC bzw. RTXTC) verwendet. Den Gesamtaufbau zeigt Abb. 1.1.2.
Software für Induktionssensor
Die Software besteht aus zwei getrennten Prozessen, die unabhängig voneinander laufen.
Programmteil 1: Erzeugung von Wechselspannung
Wie wird die Wechselspannung erzeugt? Alle 0,1 s findet eine Umpolung des Motorenausgangs M1 statt. Eine Periode dieser Wechselspannung dauert somit etwa 0,2 s, d. h., als Frequenz der Wechselspannung sind somit etwa 5 Hz (Hertz) zu erwarten.
Abb. 1.1.3: Erzeugung von Wechselspannung
Programmteil 2: Messtechnische Auswertung
Die Auswertung des Induktionssensorsignals gemäß Programmablauf in Abb. 1.1.4 sieht auf den ersten Blick komplizierter aus als nötig. Diese Programmierung erlaubt jedoch eine Beruhigung des Signals (Glättung) je nach Anwendungsfall. So ist es möglich, wie in Abb. 1.1.5 gezeigt, ein stabiles Messergebnis anzuzeigen. Bei fehlender Beruhigung würden immer wieder kurzzeitige fehlerhafte Ereignismeldungen stattfinden. Die Einstellung der Beruhigungsintensität kann im Programm beim Tuning-Parameter Glättung vorgenommen werden. Bei der obigen Einstellung Glättung = 10000 kommt es zu einem sehr stabilen Signal mit ca. 1 s Ansprechverzögerung. Bei schnellen Vorgängen müssen an dieser Stelle deutlich kleinere Einstellungen vorgenommen werden. Bei der Einstellung Glättung = 1 ist Beruhigungsfunktionalität im Grunde abgeschaltet.
Abb. 1.1.4: Auswertung des Induktionssensor-
Abb. 1.1.5: Anzeige des Auswertungsergebnisses
Die Eingangsart I1 wird auf A 10V eingestellt, also auf analoge Spannungsmessung mit einem maximalen Messwert von 10 V.
Alternative Wechselspannung
Heutzutage leider bei fischertechnik nicht mehr im Lieferprogramm, aber ggf. doch noch an manchen Stellen vorhanden ist der gute alte Transformator, der auch einen Wechselspannungsausgang hat. Auf diese Weise lässt sich die Detektionsempfindlichkeit des Systems wesentlich verbessern, wie in Abb. 1.1.6 gezeigt. Die oben erwähnte Signalberuhigung ist dabei nicht mehr erforderlich und kann parametrisch abgeschaltet oder ganz aus dem Programm entfernt werden.
Abb. 1.1.6: Versuchsaufbau mit alternativer Wechselspannungsquelle
Initiatoren
Der oben genannte Initiator, den es früher von fischertechnik gab, lässt sich mit Bordmitteln nachbauen. Hierzu wird der Versuchsaufbau gemäß Abb. 1.1.6 verwendet. Die Anordnung der Elektromagnete ist jedoch gemäß Abb. 1.1.7 und 1.1.8 zu ändern.
Abb. 1.1.7: Nutzung von zwei Elektromagneten als Initiator. Rechts wird das Metall der Rückschlussplatte erkannt.
Abb. 1.1.8: Nutzung von zwei Elektromagneten als Initiator mit Rückschlussplatte
Software für den Initiator
Abb. 1.1.9: Auswertung des Initiatorsignals (Änderungen im Vergleich zu Abb. 1.1.4 markiert)
Die Software für den Initiator ist sehr ähnlich zu der, die wir für den Induktionssensor eingesetzt haben. Die Änderungen sind in Abb. 1.1.9 rot markiert. Im Aufbau gemäß Abb. 1.1.8 ist ein Elektromagnet mit einem Wechselstrom beaufschlagt und erzeugt dabei fortlaufend ein wechselndes Magnetfeld. Diese wirkt auf den daneben befindlichen Elektromagneten und induziert in dieser Spule eine Spannung. Diese induzierte Spannung wird vom RTXC beobachtet. Die Wirkung der Induktion wird durch die Annäherung der runden Rückschlussplatte verändert. Diese Veränderung kann am Eingang I1 am RTXC erkannt werden.
Nachteile des Verfahrens
Beim Einsatz mit fischertechnik-Modellen bringt diese Vorgehensweise auch Nachteile. Diese sind:
- a) Der mit Wechselspannung beaufschlagte Elektromagnet wird nach einiger Zeit heiß und sollte aus diesen Gründen nicht zu lange ununterbrochen in Betrieb sein.
- b) Es muss ein relativ hoher Gesamtaufwand betrieben werden.
- c) Bei Verwendung des RTXC als Wechselspannungsgenerator gibt es gewisse Signalerkennungsfehler.
Nutzung zur Modellsteuerung
Abb. 1.1.10: Praktische Anwendung der Induktionssensoren
Das alles klappt tatsächlich auch in der praktischen Anwendung, wie Sie am Beispiel eines automatischen Zugs sehen können: Auf gerader Strecke soll er zwischen zwei Endpunkten hin- und herfahren. Auf dem unten angegebenen Video habe ich das mit einem Modell mit einem blauen und gelben Bahnhof verwirklicht. Die jeweiligen Endpositionen werden gemäß der oben gezeigten Induktionssensoren (Abb. 1.1.6) detektiert. Ich habe zwei RTXC verwendet: Einer an der Strecke, der andere auf dem Zug. Die Kommunikation der beiden RTXC erfolgt über Bluetooth. Die Wechselstrombeaufschlagung der Elektromagneten an der Strecke erfolgt über Relais nur nach Bedarf, wenn der Zug am zugehörigen Endpunkt erwartet wird. Eine gelbe oder blaue Lampe zeigt an, wenn ein Elektromagnet aktiviert ist. Ansonsten sind diese Elektromagnete abgeschaltet. Bei einem Endpunkt angekommen, wartet der Zug 20 s, dann erfolgt ein Warnsignal, und schließlich fährt der Zug ab zum anderen Endpunkt. Solange eine grüne Lampe blinkt, ist der automatische Fahrbetrieb aktiv.2
Abb. 1.1.11: Induktionssensoren am erkannten Endpunkt
1.2Rotationstransformator
In Zeiten, in denen bewegte Videobilder noch auf Tonbandkassetten aufgezeichnet wurden, waren Rotationstransformatoren in privaten Haushalten sehr gebräuchlich: Sie waren in den Kopftrommeln von Videorekordern verbaut. Auch wenn genau diese Anwendung heute keine Bedeutung mehr hat, haben Rotationstransformatoren durchaus das Potenzial, für spätere Anwendungen genau die passende Problemlösung zu werden.
Die Kopftrommel eines Videorekorders
Bei den damaligen Videorekordern wurde das Magnetband an einer schnell rotierenden Trommel, der Kopftrommel, vorbeigeführt. Damit erfolgte die Aufzeichnung des bewegten Videobilds auf das Magnetband. Genauso wurde auch das Auslesen des bereits beschriebenen Bands durchgeführt. Die Rotationstransformatoren übernahmen dabei die Übertragung der Videosignale von der Elektronik des Videorekorders zur schnell rotierenden Kopftrommel bzw. umgekehrt.3
Abb. 1.2.1: Rotationstransformator der Kopftrommel eines Videorekorders: links die fest stehende Spule (Stator), rechts die rotierende (Rotor)
Abb. 1.2.1 zeigt einen Rotationstransformator in seine...