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E-Book

Begegnungen auf dem Pfoten-Pfad

Aus der Arbeit eines Mentalcoaches für Hundhalter

AutorEckard Wulfmeyer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783752863758
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Mein Name ist Eckard Wulfmeyer und ich bin Mentalcoach, nicht nur für Menschen mit Hunden. Ich ersetze Ausbildung durch Beziehung, weil die Hunde, die zu mir kommen, bereits gut ausgebildet sind. Die Menschen haben in diesem Zusammenhang meistens nur das Problem, dass ihr Hund zwar alles kann, es aber nicht tut. Und dann komme ich ins Spiel. Immer wieder sprach man mich an: Erzähl doch mal, was du schon alles erlebt hast. Was hast du für Hunde hier gehabt? Hat dich schon mal ein Hund gebissen? Was war dein schwierigster Fall? Wie findest du die Lösungen? Und auf Vorträgen und Veranstaltungen hörte man mir nur allzu gerne zu, wenn ich von Fällen erzählte, die ich erlebt habe. So lag es eigentlich nahe, dass mir irgendwann jemand sagte: Mensch, Eckard, schreib die Geschichten doch mal auf! Ich fing über die Jahre an, die interessantesten Fälle, die mir begegnet sind, aufzuschreiben. Und es haben sich so viele angesammelt, dass ich davon mehrere Bücher schreiben könnte. Wer weiß, womöglich wird das ja sogar so geschehen. Als Coach von Menschen mit Hund erlebst du Geschichten, die du dir zu Beginn deiner Tätigkeit gar nicht vorstellen konntest. Du erlebst Sachen, da wärst du nicht mal auf die Idee gekommen, dass Menschen sowas machen. Und das vor deinen Augen. Du erlebst hoch emotionale Ereignisse voller Frust, Resignation und Enttäuschung, die nach einiger Zeit umschlagen in Glück, Euphorie und Tränen der Freude. Und manchmal, da hörst du Leidensgeschichten, bei denen du nur noch weinen kannst, trauern mit den Menschen und deren Hunden. Du hörst von aufwühlenden Momenten im Leben deines Gegenübers. Man berichtet dir Geschichten, die ins Persönliche gehen, manchmal ins Intime, die dich berühren, weit über die Zusammenhänge mit dem Hund hinaus. Persönliche Geschichten und Schicksale, in denen du mal Wut verspürst, mal Fassungslosigkeit, mal Trauer und oft das starke Bedürfnis zu helfen und sei es nur durch einmal in den Arm nehmen, Geborgenheit geben. Für ein besseres Leben. Man berichtet dir Geschichten, bei denen du strahlst vor Freude, du aus vollem Herzen lachst, deine Arme in die Höhe streckst und denkst: geschafft! Wunderbar! Und du erlebst Grenzen. Grenzen, die du nicht überschreiten kannst, um zu helfen. Sei es, dass der Betroffene keine Hilfe möchte oder diese nicht umsetzen kann.

Um es gleich vorwegzunehmen: ich bin weder Hundetrainer noch Hundefachmann, Kynologe oder ähnliches! Und ganz ehrlich: Ich möchte es auch gar nicht mehr sein. Ich war es einige Jahre lang, bevor ich mich auf das Mentalcoaching für Hundehalter spezialisierte. Etwas, das mir viel mehr liegt, als Hunde oder deren Halter auszubilden. Ich bin mir sogar sicher, dass sehr viele Hundetrainer die Tiere ganz toll und wunderbar ausbilden und sicherlich oftmals besser, als ich es könnte. Doch fehlt es ihnen zumeist an Wissen über die Kernpunkte, die über die Ausbildung von Hunden hinausgehen. Respekt und Vertrauen kann man nicht ausbilden oder trainieren, beides muss man sich erarbeiten, muss man sich verdienen. Eine typische Aussage solcher Hundehalter: Zu Hause hört er so gut, da klappt alles, da ist er ganz lieb, aber sobald wir draußen sind, klappt nicht mehr viel. Damit ist der Beweis erbracht, dass der Vierbeiner gut trainiert und erzogen ist und dass er weiß, was er zu tun hat, denn zu Hause klappt ja alles. Aber das ist auch der Beweis dafür, dass er sich andererseits gegen die Anweisungen entscheidet, auch wenn es eigentlich wichtig wäre zu gehorchen. Einem solchen Hund muss man nichts mehr beibringen, er kann alles, er ist wunderbar trainiert und erzogen. Hier muss man nach dem Grund suchen, warum er sich gegen die Anweisungen des Menschen entscheidet. Denn was nützt es mir, dass mein Hund gut trainiert ist und eigentlich ganz toll, brav und ruhig an meiner Seite gehen kann, aber er tut es nicht und zieht stattdessen wie eine Wünschelrute von links nach rechts und hin und her? Aber was mache ich als Mentalcoach für Hundehalter? Ich helfe den Menschen, die Beziehung zu ihrem Hund zu analysieren. Ich unterstütze sie dabei, die Kraft und die Stärke, die zweifellos in ihnen steckt, zu finden, zu aktivieren und für sich zum Wohle aller zu nutzen. Ich bin ihnen dabei behilflich, sich durchzusetzen und auch Nein zu sagen, wenn es angebracht ist. Ich helfe ihnen, sich den Respekt und das Vertrauen ihres Hundes zu erarbeiten und zu verdienen. Ich bringe ihnen bei, die starken Emotionen aus schlechten Erfahrungen zu überwinden und daraus positive Emotionen für die Zukunft zu schaffen, sodass gemeinsame Hundeausflüge zukünftig die gewünschte Entspannung bieten.

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Leseprobe

HUNDEBEGEGNUNGEN


Toni, ein junger Mann aus dem Süden Deutschlands, kam für ein Wochenseminar mit seinem Hund, einem weiß braunen Boxermischling, zu mir an die Nordseeküste. Den beiden wollten Hundebegegnungen auf zivilisierte Art und Weise einfach nicht gelingen. Es gab noch hier und da die ein oder andere Baustelle, wie z.B. das Klauen von Abendessen vom Tisch, aber primär sollte es darum gehen, dass Hundebegegnungen in Zukunft entspannt vonstattengehen sollten. Das war das Ziel.

Ich schaute mir an, wie solche Hundebegegnungen von Toni mit seinem Hund bislang aussahen. Dazu ging er unsere gepflasterte Auffahrt entlang, 100 m, bis zur Straße. Eine angenehme Aufgabe bei dem sonnigen, leicht warmen Wetter, das vorherrschte. Beide gingen gemütlich nebeneinander her. Ein angenehmes und harmonisches Bild, was sich uns dort offenbarte. Links der Auffahrt Pferde und rechts der Hundeplatz. An der Straße drehte er um und ging die Auffahrt entlang zurück. Ich schickte ihm unsere Komparsin Kirsten mit ihrer Dolly, einem hellbraunen Boxer, entgegen. Toni kam also in unsere Richtung. Er sah Kirsten mit ihrer Dolly. Er führte seinen weiß braunen Boxermischling an der linken Seite. Die erste Maßnahme von Toni war, dass er in den Bauchbeutel griff, um dort Leckerlis in Form von Käse herauszuholen. Er ging dabei weiter und schaute hinunter zu seinem Hund, während er gleichzeitig den linken Arm mit der Leine in der Hand hoch hob bis fast auf die Höhe seines Kopfes, um den Bewegungsraum des Hundes zu verringern, durch die künstliche Verkürzung der Leine. Es hatte etwas von einem Puppenspieler, der seine Puppen an den Fäden tanzen lässt. Er bewegte schnell die rechte Hand in kurzen Abständen von oben nach unten und von links nach rechts. um mit dieser hektisch anmutenden Bewegung den Hund auf seine Hand mit dem Käse aufmerksam zu machen. So ging er weiter die Auffahrt entlang. Die linke Hand in Höhe seines Kopfes, die Leine dabei stramm, auf seinen Hund schauend, und mit der rechten Hand mit Futter wedelnd. Die Brust und die Schultern angespannt, das konnte man durch die sommerliche Kleidung erkennen. Die Schritte immer steifer werdend, mit jedem zurückgelegten Meter, weil er die Beine immer mehr durchdrückte. Die beiden kamen Kirsten und Dolly immer näher und näher. Und je näher sie kamen, desto mehr interessierte sich der Boxermischling für Kirsten und Dolly. Nun fing Toni an, mit einer hellen, piepsenden Stimme zu sprechen. Das war der Augenblick, in dem sein Hund anfing, leicht zu tippeln und die Rute zu erheben. Es waren nur noch wenige Schritte, bis sie auf Höhe von Kirsten waren. Der Hund zog ganz leicht rüber zu der ihnen entgegenkommenden Dolly und Kirsten. Und je näher sie sich kamen, umso heller, fast schon schrill, wurde die Stimme von Toni. Proportional zu der aufgeregten, fast hysterischen Stimme zog Tonis Hund immer stärker zu Dolly, fast schon auf den Hinterbeinen stehend, nur gebremst von der Leine. Kaum war Toni mit seinem Hund an Kirsten vorbei, senkten sich seine Schultern, man konnte sehen, wie er tief mit der Brust durchatmete, den Kopf leicht nach vorne senkte und sein eigener Schritt wieder federnder wurde. Gleichzeitig sprach er in heller, fast schon schriller Stimme weiter zu seinem Hund, um ihn zu loben, mit den typischen Wörtern, wie fein, bravi und so weiter. Bei mir angekommen, war das erste, was Toni mir erzählte, dass dies eine ungewöhnlich einfache und ruhige Begegnung gewesen sei. Normalerweise würde sein Hund noch viel intensiver und vor allem viel früher zu dem anderen Hund hinziehen, so dass er manchmal schon Probleme hätte, den Hund überhaupt zu halten, manchmal beide Hände bräuchte, um sich abzufangen, um nicht selber hinzufallen. „Das sei jetzt wohl der Vorführeffekt“, fügte er noch hinzu.

Ich fragte Toni, ob er mit seinem Hund regelmäßig Fahrrad fahren würde oder ähnliches. Er erzählte mir, dass er mit dem Hund Suchspiele machen würde und dass der Hund auch große Freude daran hätte. Dies soll er auch gerne fortführen. Aber bitte auch eine körperliche Auslastung wie Fahrradfahren einbauen. So setzte ich ihn auf unser Hundeschulfahrrad und schickte die beiden los, erst die Auffahrt und dann unsere kleine Straße entlang, auf der mit Begegnungen, egal ob mit Autos oder anderen Hunden kaum zu rechnen ist. Ich sagte ihm, wie weit er fahren sollte, dort dann wieder umdrehen und wieder zu uns zurückkehren. Er fuhr los. Toni auf dem Fahrrad, sein Hund am Dogrunner. Die ersten Meter waren ein wenig holprig, wackelig, schlenkernd, weil auch der Hund sich erst daran gewöhnen musste, neben dem Fahrrad zu laufen. Aber noch keine 100 m die Auffahrt entlang, hatten sich die beiden schon eingespielt, und der Hund lief neben ihm am Fahrrad und schaute dabei zu ihm hoch. Nach ungefähr 20 Minuten kam er zurück. Beide machten einen zufriedenen, fröhlichen Eindruck. „Das habe ich mir viel schwieriger vorgestellt“, freute sich Toni bei seiner Ankunft. Er war froh, dass es so einfach war. Wo sollte da auch das Problem sein? Alles, was wir in diesem Fall von dem Hund wünschten, war doch nur, dass er geradeaus läuft. Mehr nicht. Und auf dem Rückweg hatte er schon den Entschluss gefasst, dies in Zukunft öfters zu machen, weil es beiden so viel Spaß bringt. Ich sagte zu ihm, dass er dies nicht nur öfters machen soll, sondern täglich! Denn eine der Ursachen, warum sein Hund sich so in einer Begegnung verhält, wie es sich eben dargestellt hat, war die fehlende körperliche Ausgeglichenheit des Hundes. Dolly war für seinen Hund quasi ein Versprechen auf Bewegung, auf herumtollen, raufen, rennen. Dabei geht es nicht darum, den Hund so dermaßen auszupowern, dass er den Rest des Tages schlafend in der Ecke liegt, sondern wirklich nur darum, ein entsprechendes Maß zu haben, bei dem der Hund seinen körperlichen Bewegungsdrang befriedigen kann, um ein ausgeglichener Hund zu sein. Und für den Hund von Toni liegt hier in diesem Zusammenhang mit dem Fahrradfahren die Zeit bei ungefähr 20 bis 30 Minuten am Tag.

Er stieg vom Fahrrad ab. Ich bat ihn, seinen Bauchgürtel mit dem Futter abzulegen und mir zu geben. Ich legte den Bauchgürtel zur Seite und sagte ihm, dass er auf ein Ziel schauen solle, das dort am Ende der Auffahrt steht. Er sollte nirgendwo anders hinschauen. Nur zu diesem Ziel. Dort angekommen soll er umdrehen und wieder zu mir gehen. Er sollte dann nur zu mir schauen. Nirgendwo anders hin. Nur zu mir. Egal, was um mich und ihn herum passiert. Nur zu mir. Alles andere ginge ihn nichts an. Alles andere solle er ausblenden. Er durfte auch nur noch ein Wort sagen und das war das Kommando „Fuß“. Kein anderes Wort. Und dies soll er so sagen, als wenn er es mir sagen würde. Zum Vorteil für uns beide war er sehr empfänglich für bildhafte Suggestionen, die ich dazu verwendete.

Dann schickte ich ihn los. Die Auffahrt entlang zu dem angegebenen Ziel. Sein braun weißer Boxermischling an seiner linken Seite. Sein Blick nach vorne gerichtet. Und still. Das angegebene Ziel hatte er erreicht und drehte dort wieder um, zurück zu uns zum Hof. Ich stand am Ende der Auffahrt. Er schaute nur zu mir. Nachdem Toni die Hälfte des Weges zurückgegangen war, schickte ich wieder Kirsten mit ihrer Dolly los. Toni schaute weiterhin nur zu mir. Er musste sich zusammenreißen, das merkte man ihm an. Er war auch angespannt und konzentriert. Das konnte man deutlich sehen, konzentriert, alles andere auszublenden, nur zu mir zu schauen. Seine Schrittfrequenz erhöhte sich leicht und sein Schritt wurde steifer. Seine Schultern spannten sich ebenfalls an. Als sich sein Hund und Dolly von Kirsten direkt auf einer Höhe begegneten, schaute sein Hund einmal kurz rüber, zog für den Bruchteil einer Sekunde dahin, ordnete sich aber gleich wieder bei Toni an der Seite ein. Damit waren die ersten Ursachen für das Verhalten des Hundes in Hundebegegnungen gefunden und gelöst.

Toni lieh sich noch am selben Tag in der Fahrradvermietung ein Rad. Er fuhr mit seinem Hund in den kommenden Tagen täglich den Deich an der Elbe entlang. Es gab auch beim Fahrradfahren keine Probleme mehr in den Begegnungen mit anderen Hunden. Sein Hund lief in seinem Tempo an seiner gewünschten Seite geradeaus weiter.

Während wir in den weiteren Tagen des Wochenseminares das Verhalten und die Gedankenwelt von Toni festigten, erklärten wir seinem Boxermischling noch, dass man nichts vom Tisch nehmen solle. Aufgrund des veränderten Verhaltens und des neuen Blickwinkels auf seinen Hund, akzeptierte sein Hund dieses Verbot relativ schnell und problemlos.

Am letzten Tag des Wochenseminares schickte ich Toni mit seinem Hund in einen gleichzeitig stattfindenden Gruppenunterricht unserer Trainerin Christa. Dort musste Toni mit seinem Hund an den anderen Hunden vorbeigehen, bei diesen stehen bleiben, dem anderen Hundehalter die Hand geben und kurz begrüßen, während sein Hund sitzen musste. Sein Hund lief brav an seiner Seite, wenn es erforderlich war, und er blieb in allen Hundebegegnungen sitzen.

Nach einigen Wochen bekam ich von Toni eine Nachricht. Sein Hund würde noch immer ganz ruhig und gelassen durch die Begegnungen gehen. Sowohl beim Spazierengehen wie auch am Fahrrad. Und er würde natürlich jeden Tag Fahrradfahren. Immer die 20 bis 30 Minuten am Tag....

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