3. Kinder- und Jugendbücher zum Thema Arbeitslosigkeit1
Mit der steigenden Arbeitslosigkeit entsteht bei Religionslehrern und Religionslehrerinnen zunehmend der Bedarf, das Thema Arbeitslosigkeit zum Gegenstand des Schulunterrichts zu machen. Auch Hauptamtliche der Kirchen suchen für die Gemeindepastoral, speziell für eine diakonische Pastoral, nach sinnvollen Anknüpfungspunkten zum Thema Arbeitslosigkeit. Sie erwarten beispielsweise in Kinder- und Jugendbüchern einen hilfreichen Baustein für ihre Arbeit. Manche Mitarbeiter sowie Mitarbeiterinnen aus Stadt- und Gemeindebibliotheken denken darüber nach eine Sonderausstellung zum Thema Arbeitslosigkeit in Kinder- und Jugendbüchern zu machen.
Diese Anfragen regten dazu an, sich um ein Schließen dieser Informationslücke zu bemühen. Durch eine Recherche in verschiedenen Stadtbibliotheken, an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt/Main sowie in einzelnen Buchhandlungen konnten etwa 100 Titel ermittelt werden. Sie können hier nicht alle erwähnt werden – deswegen werden die Titel vorgestellt, die zwischen 1980 und 1996 erschienen sind.
Anders, Knut | Auf zu neuen Ufern | 1982 |
Blechner, Andreas | Der Drücker | 1984 |
Däs, Nelly | Aljoscha, ein Junge aus Krivoj Rog | 1991 |
Feller, Krista | Was nun? | 1991 |
Friedmann, Herbert | Katers Geheimnis | 1984 |
Friedmann, Herbert | Mensch Mücke | 1984 |
Friedmann, Herbert | Vaters Geheimnis | 1984 |
Fuchs, Ursula | Steine hüpfen übers Wasser | 1988 |
Günzel-Horaz, Renate | Das sind doch alles Drückeberger | o.D. |
Geier, Thomas | Weil er mein Freund ist | o.D. |
Harranth, Wolf/ Oppermann-Dimow, Christina | Mein Papa hat was verloren | 1991 |
Härtling, Peter | Fränze | 1995 |
Harvardsholm, Espen | Die Geschichte von Kalle und Reinert | o.D. |
Heyne, Isolde | Was geschah mit Anja Hagedorn | 1984 |
Heyne, Isolde | Treffpunkt Weltzeituhr | 1984 |
Heyst, Ilse von | Springfeldstraße | 1982 |
Klugmann, Norbert | Vorübergehend zu Hause | 1985 |
Johansson, Kerstin | Dort wo keine Margeriten blühen | o.D. |
Jones, Allan Frewin | Sie liebt mich, sie liebt mich nicht ... | 1991 |
Kratzer, Herthe | 5 Tage hat die Woche oder die kleine Freiheit | o.D. |
Knöpfel, Eckehardt | Werkbuch Jugendarbeitslosigkeit | o.D. |
Kolnberger, Evelyne | Die Mädchen von Timonera | 1992 |
Kordon, Klaus | Die Wartehalle | o.D. |
Kordon, Klaus | Zugvögel oder Irgendwo im Norden | 1988 |
Kordon, Klaus | Mit dem Rücken zur Wand | 1996 |
Ludwig, Christa | Die Kastanienallee | 1990 |
Ludwig, Volke /Michel, Detlef | Das hälste ja im Kopf nicht aus | 1985 |
Lutzeier, Elizabeth | Der Weg in die Fremde | 1992 |
Mai, Manfred | Ein guter Trick | 1992 |
Noack, Hans Georg | Suche Lehrstelle, biete | 1989 |
Pelz, Monika | Reif für die Insel | 1987 |
Pestum, Jo | Morgen beginnt mein Leben | 1982 |
Präkelt, Volker/ Weichler, Kurt | Jede Menge Mut | 1985 |
Prost, Rolf | Vater ist arbeitslos | o.D. |
Reinboth, Gudrun | In meinem Baumhaus wohnen Raben | 1989 |
Rusch, Regina | Mein Vater ist kein ausgebranntes Streichholz | 1986 |
Schlott, Jutta | Kalter Mai | 1993 |
Schnack, Friedrich | Klick aus dem Spielladen | 1988 |
Schneider, Gerd | Geld, Motorrad - sofort | 1990 |
Thau, Martin | Die Nordlichter | o.D. |
Thüminger, Rosemarie | Ab morgen ist Papa zu Hause | 1994 |
Vellguth, Klaus/ Neuendorf, Silvio | Papa bleibt zu Hause | 1996 |
Wilhelm, Hans | Waldo und die Geburtstagshose | 1993 |
Zülsdorf, Siegfried | Arbeit sichern, Arbeit finden | 1989 |
Mit dieser unvollständigen Aufzählung ist keine inhaltliche Wertung der Bücher verbunden, auf die hiermit hingewiesen wird. Das kann nur eine Buchbesprechung leisten – deswegen nachfolgend einige Buchbesprechungen, um eine erste Orientierung unter den benannten Büchern zu ermöglichen. Für einige Bücher sind nach meiner Einschätzung Buchbesprechungen nicht notwendig, sie sind Klassiker – wie z.B. „Fränze“ von Peter Härtling.
3.2. Buchbesprechungen (eine Auswahl)
Arbeitslosigkeit ist ein durchgängiges Gewebe des Lebensalltages – das merken Vater und Mutter Westermann wie auch ihre Kinder Katharina, Christian und Stefanie sehr schnell. Ständig stellt sich die Frage: Was nun? Da muss von liebgewonnenen Gewohnheiten Abschied genommen werden und Trauerprozesse werden durchlaufen, sei es die Sehnsucht nach ein paar Fußballschuhen von Christian oder das gelegentliche „Schoki“ von Stefanie. Doch es gibt auch Zeichen der Solidarität; sie zu erkennen und zu ergreifen fällt den Familienangehörigen oft nicht leicht und bedeutet oft eine Herausforderung an die Personenwürde. Einfühlsam werden psychologische Empfindlichkeiten von Eltern und Kindern eines Haushaltes in Arbeitslosigkeit nachgezeichnet, sich verändernde Denkprozesse skizziert und ein nicht immer einfaches, aber trotzdem machbares Lösungsmodell aufgezeigt - der Familienrat. Die Autorin zeigt in vielen kleinen Randbemerkungen ein hohes Problembewusstsein zum Problemkomplex Arbeitslosigkeit, gegenüber allzu glatten Erklärungen von der Lebenslage Arbeitslosigkeit bedeutet diese Geschichte ein entschiedener Widerspruch.
Gelegentlich haben sich ein paar Worte und Sätze eingeschlichen, die vom Verständnishorizont das Gesamtniveau des Buches übersteigen – sie sind deshalb erklärungsbedürftig. Langsam vorgelesen und gut nachbesprochen können auch Kinder im Alter von 6 bis 8 Jahren viel von den Inhalten des Buches profitieren.
- Ursula Fuchs: Steine hüpfen übers Wasser
Oles Vater ist arbeitslos und hat vorübergehend eine Stelle als Babysitter. Davon erzählt er der Familie nicht, es ist ihm unangenehm. Eines Tages lässt Ole nicht locker, er will mit „aufs Arbeitsamt“ - da weiht ihn Vater in sein Geheimnis ein. Ole ist zunächst eifersüchtig; aber mit der Zeit, in der sie das Geheimnis teilen, lernen Vater und Ole sich immer besser kennen.
Ursula Fuchs stellt in ihrer Erzählung ein interessantes psychologisches Wechselspiel dar: Wie der Sohn den Vater als Babysitter akzeptieren lernt, fühlt sich der Vater herausgefordert, eine gewisse Akzeptanz für seine Situation zu entwickeln. Dadurch verdeutlicht sie, Arbeitslosigkeit lässt sich gemeinsam – hier als Familie – bestehen.
Das Buch hat aber ein Problem. Es setzt bei einer hohen verbalen Leistungsfähigkeit eines betroffenen Akademikers an. Darüber hinaus scheint Oles Mutter ein gehobenes Einkommen zu erwirtschaften. In dieser Konstellation kann man die in der Erzählung vorgestellte Personengruppe als nur bedingt repräsentativ für die überwiegende Mehrzahl der Arbeitslosen und ihrer Familien betrachten.
Ole wird als 10jähriger eingeführt. Das wird wohl auch die Lesergruppe sein, die die Autorin vor Augen hatte.
- Wolf Harranth / Christina Oppermann-Dimow: Mein Papa hat was verloren
Papa hat was verloren, genauer die Arbeit als Zahntechniker. Das hat etwas für sich: „...wir können stundenlang spielen“ und „ich darf länger schlafen ...“.
Aber es geht nicht nur die Arbeit verloren. Beim Essen wird...