Empfehlungen zur Durchführung von Zielplanungsverfahren
Der wichtigste Punkt zuerst:
Was ist die Idee einer Zielplanung? Der jungen Menschen soll auf sein Ziel hin motiviert werden. Alles andere (die Zergliederung in Teilschritte und alle Folgefragen) sind nur Mittel zum Zweck.
Wenn Sie einfach technisch alle möglichen Fragen stellen, ist dies nicht nur unübersichtlich und bindet viel Ihrer kostbaren Zeit, der junge Mensch bekommt mit hoher Wahrscheinlichkeit schnell den Eindruck, dass Sie an seinen Antworten nicht interessiert sind und ihn nicht ernst nehmen. Sie genügen durch diese Art des Vorgehens lediglich ihrer gewählten oder vom Träger vorgegebenen Form, nicht aber dem Inhalt/dem Geist der hinter den Zielplanungsverfahren steht.
Es gilt also abzuwägen, welche Frage Sie wann stellen. Hier einen gemeinsamen Nenner zu finden zwischen den Vorgaben des Trägers, des Geldgebers und den Wünschen des Teilnehmers und das Ganze noch zu kommunizieren ist eine Kunst für sich. Haben Sie ein solches Zielplanungsverfahren wiederholt durchgeführt, entwickeln Sie schnell ein pädagogisches Geschick, welchem jungen Menschen Sie wann welche Frage stellen können und welche Sie stellen sollten.
- Ein Zielplanungsverfahren ist dann und nur dann wirkungsvoll, wenn Sie es in regelmäßigen Abständen mit dem jeweiligen Teilnehmer fortschreiben. Das heißt, dass Sie alle Schritte der Planung, die von Ihnen angeregt, mit Ihnen vereinbart oder sonst wie festgelegt wurden in dem von Ihnen festgelegten Zeitrahmen überprüfen.
Wurde das jeweilige (Teil-)Ziel erreicht? Entstehen dadurch neue Teilziele?
Wenn das Ziel nicht erreicht wurde.
Warum wurde es nicht erreicht? Bleibt das Ziel als solches bestehen? Muss es verändert, oder weiter zergliedert werden?
Ein Zeitrahmen von vier bis sechs Wochen für intensive Gespräche mit den Beteiligten ist hier sinnvoll, machbar und für den jungen Menschen nachvollziehbar.
Wenn Sie sich an diese regelmäßigen Sequenz halten, honoriert Ihr Teilnehmer, dass Sie sich mit ihm und seinen Zielen beschäftigen. Vor allem, wenn Sie bei jedem Treffen jeden einzelnen Punkt ansprechen, auf Veränderungen und Anliegen des Teilnehmers eingehen und so für Sie beide der Prozess und die Fortschritte deutlich werden. Somit sind solche Gespräche nicht nur irgendein beliebiges Gespräch, sondern ein fester Bestandteil im Leben des jungen Menschen.
Größere Zeiträume, wie bei vielen Trägern praktiziert (alle drei Monate oder sogar darüber hinaus), sind nicht sinnvoll, da sie für den jungen Menschen keine Kontinuität darstellen, keinen Prozess erkennen lassen und nur zu Pflichtübungen für beide Seiten ausarten.
Die Zielüberprüfungen selbst, also die Überprüfung der im Zielplanungsverfahren festgeschriebenen Schritte und Vereinbarungen sollten zuverlässig an den abgesprochenen Zeitpunkten stattfinden. Das kann der normale Turnus des Zielplanungsverfahrens sein oder es können außerordentliche Termine sein, wie beispielsweise 'bis nächsten Donnerstag'.
Wenn Sie sich an ihre eigenen Wiedervorlagetermine halten, werden Sie rasch feststellen, dass die Erfolge und Fortschritte den zeitlichen Aufwand mehr als wett machen. Die Arbeit mit den jungen Menschen wird sich nach der Etablierung dieses Instruments einfacher als vordem gestaltet. Sie wird zum Selbstläufer.
- Die Informationen der Kollegen aus den Bereichen und den Verantwortlichen in den Praktika sind ein wichtiger Teil der Planung. Idealerweise sollten sie bei solchen Zielplanungsverfahren mitwirken.
Werden die Kollegen bei der Planung mit einbezogen, amortisiert sich dieser Aufwand rasch, da auch diese Kollegen sich und ihre Arbeit geschätzt fühlen. Zudem vereinfacht sich auch die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den Teilnehmern.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
- Ihr Hauptansprechpartner ist Ihr Klient
- Dokumentieren Sie
- Stellen Sie nur ausgewählte Fragen, die Sie oder ihren Klienten weiterbringen
- Regelmäßige Wiedervorlage des Zielplanungsverfahrens
- Regelmäßige Treffen mit allen Beteiligten
- Nutzen Sie das Wissen aller Beteiligten
Vertretungssituationen
Der junge Mensch als Fachmann
"Wat issen n`Dampfmaschin? ... Da schtelle ma uns ma janz dumm!"
Sie kennen diesen Spruch vielleicht aus der Feuerzangenbowle. Und selbst wenn Sie ihn nicht kennen – es ist ein guter Ansatz für Vertretungssituationen – sich einfach mal dumm stellen.
In Maßnahmen passiert es leider häufig, dass man eine Gruppe Teilnehmer kurzfristig und vertretungsweise übernehmen muss. So kann beispielsweise auch ein Sozialpädagoge plötzlich als Anleiter einer Gruppe Handwerker fungieren.
Wenn Sie nun versuchen, den perfekten Mitarbeiter zu mimen, der alles kann (vor allem, wenn Sie es nicht können), so rächt sich dies rasch. Die jungen Menschen merken sehr schnell, ob Sie von dem entsprechenden Metier Ahnung haben, oder nicht.
Was können Sie tun?
Sie können sich zu aller erst fragen, was Ihr eigentlicher Auftrag ist.
Von Seiten des Trägers ist ihr Auftrag klar: eine Personallücke schließen und Teilnehmer beschäftigen (Fachjargon: bespaßen).
Wie können Sie nun dafür sorgen, dass auch die jungen Menschen etwas davon haben?
Sie haben die Möglichkeit sich unter großem Stress schnell einzuarbeiten, ein Alternativprogramm zu entwickeln oder etwas mehr oder minder Sinnvolles zu machen.
Oder: Sie stellen sich dumm. (Auch wenn Sie Ahnung vom Metier haben, ist dies möglich und auch manchmal sinnvoll). Ihr Vorgehen könnte dann so aussehen:
Sie erläutern der Gruppe, dass Sie lediglich in Vertretung und zur Aufsicht da seien. Sie fragen die Gruppe, was die anliegenden Arbeiten seien und lassen sich von jedem Einzelnen seinen aktuellen Arbeitsauftrag erläutern.
„Was ist Dein Auftrag?“, "An welchem Werkstück bist du gerade?" „Was musst du tun?“
Und weiter:
„Auf was muss man dabei achten?“ „Wie macht man das?“ „Hab ich noch nie gemacht, erklär mal.“ „Wie nennt man das, was du gerade machst?“ „Was kommt danach?“ etc.
In einer bestimmten Klassenstufe hatte ich selbst als Schüler eine Menge Probleme mit Mathemagie. Konnte ich mich nach einiger Zeit durchringen jemanden (einen Erwachsenen) um Hilfe zu bitten, stellte sich ein weiteres Problem ein. Die Erwachsenen hatten zu einer anderen Zeit als ich Mathematik erlernt. Die Gesetze der Mathematik verändern sich nicht. Für Namen, Darstellung und Vorgehensweisen im Fach Mathematik gilt das nicht. Also musste ich erst einmal umständlich erklären, worum es eigentlich geht, was die verschiedenen Dinge bedeuten, wie die vom Lehrer gewünschte Form aussieht. Interessanterweise löste sich meist während des Erläuterns die eigentliche Fragestellung in Wohlgefallen auf. Das Problem löste sich also durch das Erklären (der Schritte).
Warum nicht eine solche Methode aktiv nutzen? Ich lasse mir also vom Teilnehmer erklären, worum es geht, was zu tun und auf was zu achten ist. Ich bin mir nicht zu schade, mich als unwissend zu outen und der jungen Mensch kann sich in diesem speziellen Fall in dem Wissen sonnen, mehr als der Erwachsene zu können.
Eine Parallele aus dem Sportcoaching mag hier hilfreich sein:
Im Sportcoaching geht es nicht darum, dem Sportler zu erklären, was er wie zu machen habe – u.a. da man selten genau diesen Sport auf Niveau des Sportlers ausübte – der Sportler weiß von diesem Sport meist mehr als der Coach. Dieser hat nur die Aufgabe, die richtigen Fragen zu stellen, damit der Sportler sich selbst beispielsweise mit seinem Bewegungsablauf auseinander setzt.
Richtig befragt setzt sich der junge Mensch in der Maßnahme mit seinem Arbeitsauftrag oder seiner Aufgabenstellung konstruktiv auseinander, reflektiert diese und ist sogar stolz dem Erwachsenen etwas voraus zu haben und ihm etwas erklären zu können. Er fühlt sich anerkannt, da das normale Schüler-Meister-Verhältnis aufgehoben zu sein scheint.
Bleibe ich als Mitarbeiter bei diesem Interesse, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit ausdauernd an seiner Arbeit bleiben – er muss ja jetzt weiter zeigen, dass er kann.
Sollten Fragen vom Teilnehmer kommen, so kann man diese an die Gruppe oder einen erfahrenen Teilnehmer weiterreichen.
Generell kann gesagt werden, dass, egal in welcher Position Sie arbeiten, Sie nicht immer alles wissen müssen. Vermitteln Sie vor allem nicht, den Eindruck, dass Sie alles (besser)...