3. Case Management in der Suchtkrankenhilfe
Eine weitere effektive Betreuungsform bei Substitutionstherapie wäre das Case Management.
Diese Methode der Fallführung ist ein Konzept der Unterstützung für Menschen mit komplexen Problemlagen, die verschiedene Hilfen benötigen. So wird bei Case Management zum einen die Organisation und Koordination eines Hilfe-Netzwerkes und zum anderen Teile der direkten Betreuung von Klienten übernommen.
Case Management zielt auf eine Stärkung der Fähigkeit und Bereitschaft, Hilfe in Anspruch zu nehmen und unterstützt Klienten bei der Nutzung von Angeboten und der Inanspruchnahme von Rechten. Es geht bei diesem Konzept der Einzelfallhilfe darum, die persönlichen Fähigkeiten des Klienten und Ressourcen in seinem sozialen Umfeld zu ermitteln und das Ünterstützungsangebot von professionellen Anbietern und informellen Hilfsangeboten zielgerichtet zu verknüpfen (vgl.Gellert, Schneider, 2002, S.38)
Wendt beschreibt Case Management als kein neues Konzept, sondern als einer Methode, die vielmehr auf Traditionen der Sozialarbeit basiert und vorhandene Methoden integriert.
Neu seien jedoch die Art der Verknüpfung und die Systematisierung der Hilfeleistung. Untrennbar wird die Sicherung von Klientenrechten mit der Gewährleistung von Qualität verknüpft.
„Das neue Management steht allerdings im Verdacht, vielmehr auf die Kosten und nicht so sehr auf den Menschen und seine Bedürfnisse zu sehen.
Richtig ist, dass in jedem Management der Einsatz von Mitteln in Beziehung zum Ertrag gebracht wird.
Case Management ist eine sozial- und heilberufliche und ebenso sehr eine betriebswirtschaftliche gestaltete Arbeitsweise. Sie beschneidet die fachliche Zuständigkeit nicht, sondern optimiert ihre Nutzung.“(Wendt,2001,S.7/8)
Nicht alle Heroinabhängigen, die sich in einer Substitutionsbehandlung befinden, benötigen psychosoziale Begleitung oder Case Management. Eine große Anzahl der Klienten, die eine stabile Substitution leben, d.h. ohne den Konsum noch weiterer Drogen neben dem Substitutionsmittel, hat einen ganz „normal“ strukturierten Alltag.
Doch ist ein Teil der Menschen mit Suchtproblematik mit vielfältigen und schweren Problemen konfrontiert, die sich in vielen Bereichen überschneiden können und somit Zuständigkeitsprobleme auftreten.
Hilfeleistungen können in verschiedene Richtungen zielen, unterschiedlichen Philosophien folgen und sich widersprechende Ziele verfolgen. Zudem haben manche Drogenabhängige, aufgrund gemachter Erfahrungen in der Vergangenheit oder einem negativen Selbstbild -da „Junkie“ übersetzt soviel wie „Dreck“ bedeutet und sich viele als solchen sehen, bzw. den Eindruck haben, von der Umwelt als solcher angesehen zu werden - Hilfe in Anspruch zu nehmen bzw. Hilfe effektiv zu nutzen. Diese Klienten kennen vielleicht weder Hilfemöglichkeiten noch ihre Ansprüche an sozialstaatliche Unterstützung oder zweifeln auch an dem Sinn der Maßnahmen, da schon frühere Hilfeangebote nicht, aus welchen Gründen auch immer, für sie zum Ziel geführt haben.
Schließlich kann es auch sein, dass passende Angebote fehlen oder zu hochschwellig oder inadäquat gestaltet sind.
Für diese Menschen kann Case Management die ideale Methode sein, wenn mehrere Probleme gleichzeitig vorliegen und Klienten nicht fähig sind, selbständig die notwendigen Hilfen in Anspruch zu nehmen. (vgl. M.Schu in Löcherbach, 2003,S. 119)
Entsprechend der verschiedenen Ansätze, ob klientenorientierte oder einrichtungsorientierter Schwerpunkt ( siehe Kapitel 3.5 ), sind auch die Aussagen zu strukturellen Rahmenbedingungen unterschiedlich.
Für die Betreuung von Suchtkranken im deutschen Versorgungssystem erscheint es am günstigsten, wenn Case Management nicht als spezielles Angebot vorgehalten wird, sondern eine Funktion/Arbeitsweise von Einrichtungen ist.
In der Suchtkrankenhilfe kann Case Management durch freie und öffentliche Träger angeboten werden. Hier ist vor allem an ambulante Hilfen, z.B. Sucht- oder Drogenberatungsstellen, sozialpsychiatrische Dienste und /oder Substitutionsbetreuung zu denken.
Aber auch in (teil-)stationären Settings sowie – eher als Übergangsbegleitung – in klinischen Bereichen bestände die Möglichkeit diese Methode anzuwenden.
Wichtig ist, dass die Träger sich grundsätzlich für die Anwendung von Case Management entscheiden, da hiermit organisatorische und fachliche Anforderungen einhergehen und Case Management zudem erhebliche zeitliche Kapazitäten bindet.
Es ist hilfreich, wenn Case Management in interdisziplinären Teams verankert wird, um Krisen besser aufgefangen zu können. Des Weiteren sind die Informationen über Ressourcen in der Region, im Netzwerk um ein vielfaches mehr vorhanden und Mitarbeiter können sich untereinander vertreten und unterstützen.
Wichtig ist vor allem, für jeden Klienten einen „Bezugs-Case-Manager“ zu benennen, der eine stabile Bindung zum Klienten aufbauen und diese auch pflegen kann, sowie Betreuungskontinuität sicherstellt. (vgl. Raiff/Shore, 1997, S. 8)
Bevor in den nachfolgenden Kapiteln die Methode Case Management ausführlich dargestellt wird, werde ich eine kleine Auswahl von Erklärungsversuchen von Case Management vorstellen, da in der Literatur noch keine einheitliche, festgelegte Definition zu finden ist.
Case Management
„Als „methodisch fundierte Hilfe kann Sozialarbeit mit Hilfe des Case Managements „Ressourcen erschließen, Fähigkeiten entwickeln und Dienstleistungen unter komplexen Bedingungen aufeinander abstimmen“
Es ist damit geeignet, die Ressourcenerschließung des Empowerments in ein methodisches Modell zu integrieren.
Sozialarbeiterinnen fungieren zudem „als Spezialisten für Steuerungsaufgaben in sozialen Netzwerken. Durch den institutions- und trägerübergreifenden Ansatz des Case Management leisten sie einen Beitrag zur Überwindung der Schnittstellenproblematik“ zwischen den Leistungsträgern und Betreuten“.
(Mühlum & Gödecker-Geenen, 2003, S. 23/24
„Case Management gehört der Sozialarbeit an und hat die Kernfunktion, den Klienten-Systemen (einzelnen Menschen, Familien und ihren Angehörigen, Kleingruppen, Nachbarn, Freunden usw.) in koordinierter Weise Dienstleistungen zugänglich zu machen, die von ihnen zur Lösung von Problemen und zur Verringerung von Spannungen und Stress benötigt werden.
Sozialarbeiter erfüllen damit einen wichtigen Teil ihres Mandates und ihrer Funktion, indem sie soziale oder gesundheitliche, therapeutische und erzieherische, religiöse, juristische u.a. Hilfen denen vermitteln und zukommen lassen, die auf derartige Leistungen ambulant (im eigenen Haushalt) oder in Institutionen und Organisationen angewiesen sind.“
(Lowy 1988, S. 31 in Galuske, 2005, S. 202)
.“Case Management ist eine Erweiterung der Einzelfallhilfe im Bereich der sozialen Arbeit. Case Management erweitert diese um:
Die konsequente Einbeziehung der Klienten zu Erarbeitung .passgenauer Hilfen
Zielfindung und Definition
Eine Ablauf- (Entwicklungs-) Planung
Evaluation durch verpflichtende Leistungsdokumentation
Die planmäßige und systemische Vernetzung aller an der Problemlage Beteiligten
Die Entwicklung eines umfassenden Hilfeplans und die Steuerung des
Hilfeprozesses“. (Remmel-Fassbender 2003)
Zusammenfassend kann man Case Management als eine Methode der Sozialen Arbeit bezeichnen, ein Konzept, welches sich aus der Einzelfallhilfe entwickelt hat und dessen Kernfunktion es ist, den Klienten oder Klientensystemen in koordinierter Weise Dienstleistungen zugänglich zu machen, die von ihnen zur Verringerung von Spannungen und Stress benötigt werden und zur Lösung von Problemen führen kann..
Aufgabe es ist, ein an die Bedürfnisse des Klienten angepasstes Netzwerk zu...