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Chirurgie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien

Anatomie, Pathomorphologie und Rekonstruktionstechniken

AutorHans Scholz, Matthias Wunsch
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783131772718
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis59,99 EUR
Anatomie, Pathomorphologie und Rekonstruktionstechniken Praxisrelevant und umfassend bietet dieses Werk einen Überblick chirurgischer Techniken zur Behandlung bei Erkrankungen der hirnversorgenden Arterien außerhalb des Schädels. Sie profitieren von jahrzehntelanger Erfahrung renommierter Experten und sammeln Tipps und Tricks für die berufliche Praxis, die weit über alltägliche Standardsituationen hinausgehen: - 1000 konsekutive Angiografien der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße - Gesamte Bandbreite der variablen anatomischen und pathomorphologischen Befunde - Häufigkeit der Mehrgefäßbeteiligung und deren klinische Relevanz Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.

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Leseprobe

1 Einführung


1.1 Besonderheiten der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien


An den extrakraniellen hirnversorgenden Arterien manifestiert sich häufig eine klinisch relevante Pathologie.

Bei einer Reihenuntersuchung von 478 69-jährigen Männern in Malmö fand sich bei 20% eine moderate Stenose (30–59%) der A. carotis interna, bei 3% eine mehr als 60%ige Stenose und ein einseitiger Verschluss bei 1,5% ▶ [12].

Pathomorphologische Varianten Nicht nur Abgangsstenosen der A. carotis interna sind klinisch bedeutend. Unterschiedlich häufig sind auch andere Segmente der hirnversorgenden Arterien betroffen. In ▶ Abb. 1.1 sind chirurgisch angehbare extrakranielle Prädilektionsstellen skizziert.

Prädilektionsstellen.

Abb. 1.1 Chirurgisch relevante extrakranielle Lokalisationen pathomorphologischer Befunde. 1 = Truncus brachiocephalicus; 2 und 3 = A. subclavia; 4 und 5 = Abgangssegment der A. carotis communis; 6 und 7 = mittleres Segment der A. carotis communis; 8 und 9 = Abgangssegment der A. carotis interna; 10 und 11 = kraniales Segment der A. carotis interna; 12 und 13 = Abgangssegment der A. carotis externa; 14 und 15 = Abgangssegment der A. vertebralis (V0); 16 und 17 = V2-Segment der A. vertebralis.

Jedes der in ▶ Abb. 1.1 dargestellten 17 Segmente kann in den 3 Zuständen vorliegen:

  • offen ohne Stenose

  • stenosiert

  • verschlossen

Daraus ergeben sich über 129 Mio. mögliche Kombinationen (317 = 129240163) morphologischer Befunde.

Wahl der Operation Falls nur ein einziges Gefäß betroffen ist, fällt die Entscheidung nach Indikationsstellung nur bezüglich der am besten geeigneten Rekonstruktionsmethode. Falls mehrere Gefäße beteiligt sind, sind auch noch folgende Aspekte mit zu berücksichtigen:

  1. Welcher Befund hat die größte Bedeutung für die Hämodynamik?

  2. Welche Stenosen/Verschlüsse müssen überhaupt behoben werden?

  3. Welche Befunde können simultan rekonstruiert werden?

  4. Welche Befunde müssen zuerst behoben werden?

  5. Welche Rekonstruktionsmethode ist die beste?

Cave

Komplikationen

Operationen der hirnversorgenden Arterien erfordern noch mehr als andere eine außerordentliche Sorgfalt. Während z.B. ein kleiner arterieller Embolus von nur 1 mm Durchmesser in den meisten anderen Körperregionen meist keine klinisch relevanten Folgen hat, kann er im Hirn zu schweren dauernden Funktionsausfällen führen, die unter Umständen das Überleben und die Lebensqualität des Patienten wesentlich beeinträchtigen. Dieser Tatsache sollte sich der Operateur stets bewusst sein.

Langzeitergebnisse Die Rekonstruktion der hirnversorgenden Arterien ist für den Chirurgen etwas Besonderes. Einerseits können schon kleine Unachtsamkeiten ernste Komplikationen verursachen, andererseits die Ergebnisse bei Kenntnis und Beachtung der Risiken sehr befriedigend sein, mit berichteten Raten schwerer perioperativer neurologischer Komplikationen von weniger als 1% ▶ [2] ▶ [16]. Die Häufigkeit von Restenosen nach Rekonstruktion der A. carotis interna wird in der Literatur mit 1–37% angegeben ▶ [18]. Mögliche Ursache von Restenosen können Bindegewebsproliferation, arteriosklerotische Plaques oder technische Fehler sein. Operationstechnische Fehler, die wir beobachtet haben, waren

  • ein zu großer Abgangswinkel der A. carotis interna,

  • eine stenosierende Nahttechnik,

  • eine belassene Reststenose (unzureichende Endarteriektomie),

  • ein zu großes Patch.

1.2 Diagnostik


Sollte es sich nicht um einen Zufallsbefund oder einen im Rahmen einer Screeninguntersuchung gewonnenen Befund handeln, führen meist neurologische Defizite und Sehstörungen (Apoplex, PRIND [prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit], TIA [transitorisch ischämische Attacke], Amaurosis fugax) oder Einschränkungen der kognitiven Leistungen zur vaskulären Diagnostik. Auch pathologische Befunde bei der ophthalmologischen Fluoreszenzangiografie können Anlass für eine weiterführende Diagnostik sein. Schon die Auskultation der Halsgefäße im Rahmen einer gründlichen körperlichen Untersuchung kann den Verdacht auf eine Stenose nahelegen.

Merke

Vorsorglich sollte vor Operationen, bei denen größere Blutdruckschwankungen auftreten können, bei Patienten mit bekannter generalisierter Arteriosklerose eine präoperative Untersuchung der A. carotis erfolgen.

1.2.1 Sonografie


Die Doppler-Sonografie und Duplexsonografie erfassen Strömungsgeschwindigkeit, -richtung und -charakteristika und stellen zusätzlich die Gefäßmorphologie dar. Sie ermöglichen außerdem Aussagen über die Eigenschaften der Gefäßwand, des stenosierenden Materials und den Stenosegrad. Sonografische Methoden sind bei arteriosklerotischen Wandveränderungen der Gefäße eventuell nur eingeschränkt aussagekräftig. Unter Umständen gelingt nur eine Darstellung stromaufwärts oder stromabwärts der Plaque. Bei geeigneten transkraniellen Schallfenstern (temporal, nuchal und orbital) kann auch das intrakranielle karotidale und vertebrale Versorgungsgebiet untersucht werden.

Die relativ dünne Temporalschuppe bietet geeignete Voraussetzungen. Die Abschwächung der Schallenergie hängt von der Schichtdicke und dem Aufbau des Knochens ab. Untersuchungen an Knochenpräparaten zeigten, dass die Schallintensität durch das temporale Schallfensters erheblich gemindert wird. Diese Reduktion der Schallintensitiät beim Durchtritt durch den Knochen wird durch Reflexion bzw. Brechung an den Grenzflächen und Absorption bzw. Streuung im Knochen hervorgerufen. So können je nach Beschaffenheit des Knochens Intensitätsverluste zwischen 65% und 99% auftreten ▶ [3].

Mit einem unzureichenden temporalen Schallfenster ist bei zirka 10% aller Patienten und bei bis zu 50% der älteren Patienten (> 60 Jahre, überwiegend Frauen betroffen) zu rechnen ▶ [8] ▶ [11] ▶ [15] ▶ [24] ▶ [36]. In einer neueren Fallserie von 92 Patienten mit Eingriffen an der A. carotis fand sich in 34% kein suffizientes temporales Schallfenster ▶ [1]. Ein insuffizientes nuchales Schallfenster besteht in 4–10%. Der Anteil nimmt ebenfalls mit dem Patientenalter zu, jedoch weniger als beim temporalen Schallfenster ▶ [13]. Für die transorbitale Ultraschalluntersuchung ergeben sich in der Regel keine Einschränkungen durch das Fenster. Die transkranielle Sonografie dient zur Beurteilung des Flusses in den intrakraniellen Arterien und der Funktion der Kollateralkreisläufe.

Merke

Bei der transorbitalen Sonografie sollten Schallenergie und Schalldauer zum Schutz des Auges begrenzt werden

Die extra- und intrakraniellen Arterien sind in ▶ Abb. 1.2 und ▶ Abb. 1.3 dargestellt und bezeichnet. Sonografische Zugänge der extra- und intrakraniellen Gefäße und die geeigneten Schallsonden sind in ▶ Abb. 1.4 aufgeführt.

Hirnversorgende Arterien.

Abb. 1.2 Segmente der extra- und intrakraniellen hirnversorgenden Arterien.

A. carotis interna.

Abb. 1.3 Intrakranielle Segmente der A. carotis interna.

...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Hans Scholz, Matthias Wunsch et al.: Chirurgie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien1
Innentitel4
Impressum5
Vorwort6
Anschriften7
Inhaltsverzeichnis8
1 Einführung11
Besonderheiten der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien11
Diagnostik11
Sonografie12
Vergleich von digitaler Subtraktionsangiografie, Computertomografie- und Magnetresonanz-Angiografie der hirnversorgenden Arterien13
Wertung digitaler Subtraktionsangiografie, Computertomografie- und Magnetresonanz-Angiografie unter klinischen Aspekten14
Untersuchung der Hirndurchblutung15
Reihenfolge der apparativen Diagnostik15
Indikationsstellung16
Präoperative Vorbereitung16
Hinweise zur Anästhesie16
Erhalt der zerebralen Perfusion in der Abklemmphase16
Indikationsstellung zum selektiven Shunt nach intraoperativen Kriterien17
Routinemäßiger Shunt17
Shunttypen17
Intraoperative Oxymetrie zur Beurteilung der Hirndurchblutung19
Gerinnungsmanagement20
Operationstechnische Hinweise21
2 Pathomorphologie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien25
3 A. carotis29
Zugang zur A. carotis interna29
Zervikaler Querschnitt29
Schräger Längsschnitt am Vorderrand des Musculus sternocleidomastoideus29
Nervale Strukturen im Bereich des Zugangs34
Plexus cervicalis und seine Äste34
Hirnnerven36
Glomus caroticum und Sinus caroticus38
Halssympathikus39
Intraoperative Darstellung von Nerven39
A. carotis interna40
Anforderungen an die Rekonstruktion40
Morphologische Varianten der Karotisgabel41
Intraluminaler Shunt45
Isolierte Stenose der A. carotis interna52
Stenose von A. carotis interna und A. carotis externa67
Isolierte Knickstenosen der ACI69
Coiling75
Aneurysmen79
Dissektionen der A. carotis interna86
Verschlüsse der A. carotis interna91
Restenosen99
A. carotis externa105
Rekonstruktion einer Stenose der A. carotis externa bei Verschluss der A. carotis interna106
Revaskularisation der A. carotis externa bei Verschluss von A. carotis communis und A. carotis interna106
A. carotis communis109
Langstreckige kraniale Stenose109
Multilokuläre oder die gesamte A. carotis communis betreffende Stenose111
Kaudale (aortennahe) Stenose der A. carotis communis112
Verschluss der A. carotis communis116
Knickstenose der A. carotis communis119
Aneurysmen der A. carotis communis120
Dissektion der A. carotis communis122
4 A. vertebralis125
Anatomie125
Pathomorphologie126
Rekonstruktionen129
Stenosen der Ursprungssegmente (V0–V1)129
Revaskularisation der Atlasschlinge134
5 A. subclavia139
Anatomie139
Pathomorphologie139
Rekonstruktionen142
Abgangsnaher Verschluss der A. subclavia142
Aneurysmen der A. subclavia147
6 Komplexe extrathorakale Rekonstruktionen151
Vorbemerkung151
Ipsilaterale simultane Rekonstruktionen151
Beispiel 1 einer ipsilateralen Rekonstruktion151
Beispiel 2 einer ipsilateralen Rekonstruktion152
Beispiel 3 einer ipsilateralen Rekonstruktion152
Beispiel 4 einer ipsilateralen Rekonstruktion152
Beidseitige simultane Rekonstruktionen153
Beispiel 1 einer beidseitigen Rekonstruktion153
Beispiel 2 einer beidseitigen Rekonstruktion155
Beispiel 3 einer beidseitigen Rekonstruktion156
Beispiel 4 einer beidseitigen Rekonstruktion157
Beispiel 5 einer beidseitigen Rekonstruktion158
Beispiel 6 einer beidseitigen Rekonstruktion159
Beispiel 7 einer beidseitigen Rekonstruktion159
7 Thorakale Rekonstruktionen161
Vorbemerkung161
Pathomorphologie der abgangsnahen supraaortalen Arterien161
Rekonstruktionen164
Rekonstruktion bei Verschlüssen und Stenosen164
Rekonstruktion bei Elongation der bogennahen Gefäße169
8 Strahlenschäden der supraaortalen Arterien173
9 Tumoren der Karotisbifurkation177
Spektrum177
Glomustumoren178
Chirurgischer Eingriff179
10 Histopathologie183
Zur Embryologie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien183
Spezielle Pathologie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien183
Elastomuskuläre Übergangszone der Karotisgabel183
Atherosklerose185
Degenerative Arteriopathie187
Fibromuskuläre Mediadysplasie189
Neoplasien im Trigonum caroticum190
VascPath-Karotisregister192
Sachverzeichnis195

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