2 Corporate Governance
2.1 Inhalt
Corporate Governance bezeichnet den rechtlichen und tatsächlichen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Krankenhauses. Unvollständige Verträge und unterschiedliche Interessenlagen bieten den verschiedenen Interessensgruppen Gelegenheiten und auch Motivation zu opportunistischem Verhalten. Regelungen zur Corporate Governance haben grundsätzlich die Aufgabe, die Spielräume und Motivationen der Akteure für nicht gewünschtes Verhalten einzuschränken. Das Konzept der Corporate Governance beschreibt insofern die Festlegung und Anwendung von Grundsätzen für eine gute Unternehmensführung. Corporate Governance ist dabei sehr vielschichtig und umfasst sowohl verpflichtende als auch freiwillige Maßnahmen:
• Einhalten von Gesetzen und Regelwerken
• Befolgen anerkannter Standards und Empfehlungen
• Entwickeln und Befolgen eigener Unternehmensleitlinien
Kennzeichen einer guten Corporate Governance in einem Krankenhaus sind unter anderem:
• Angemessener Umgang mit Risiken (z. B. medizinische Risiken, Datenschutz)
• Transparentes Verfahren für Vorschlag und Bestimmung der Aufsichtsgremien und der Krankenhausleitung (z. B. Aufsichtsräte und Vorstände eines börsennotierten Klinikkonzerns)
• Managemententscheidungen sind auf langfristige Wertschöpfung ausgerichtet (z. B. Schonung von Ressourcen)
• Transparenz in der Unternehmenskommunikation (z. B. Regelungen zur Kommunikation im Namen des Unternehmens)
• Wahrung der Interessen verschiedener Gruppen (z. B. Patienten, Zuweiser)
• Zielgerichtete Zusammenarbeit der Unternehmensleitung und -überwachung (z. B. klare Festlegung der eigenständigen Entscheidungsbefugnisse der Unternehmensleitung)
Gute Corporate Governance soll dem Krankenhaus selbst, seinem Träger, aber auch externen Interessengruppen (z. B. Patienten, Gesellschaft) dienen. Keinesfalls sollen Corporate-Governance-Festlegungen jedoch zu einer Überregulierung führen. Die Corporate-Governance-Prinzipien sollten fortlaufend überprüft und weiterentwickelt werden. Wichtige Ziele sind darin zu sehen, dass durch Transparenz und Verantwortlichkeit das Vertrauen in die Krankenhausführung gestärkt wird. Hierdurch können der Zugang zu Kapital erleichtert und die Kapitalkosten reduziert werden. Durch den wirtschaftlichen Umgang mit Ressourcen und eine zielgerichtete Zusammenarbeit von Krankenhausleitung mit dem Aufsichtsgremium sollen eine bessere Leistung erzielt und Wachstum ermöglicht werden. Finanziell gesunde Kliniken stellen Arbeitsplätze zur Verfügung und tragen damit zum volkswirtschaftlichen Fortschritt bei.
2.2 Deutscher Corporate Governance Kodex
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (vgl. Regierungskommission 2014) stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften dar. Er enthält anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung und hat zum Ziel, das Vertrauen der Kapitalgeber, Kunden, Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung von Unternehmen zu fördern. Der Kodex richtet sich in erster Linie an börsennotierte Gesellschaften und Gesellschaften mit Kapitalmarktzugang im Sinne des § 161 Abs. 1 Satz 2 des Aktiengesetzes, allerdings kann auch nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften, wie man sie im Krankenhausbereich häufig findet, eine Orientierung am Kodex empfohlen werden. Der Kodex wird in der Regel einmal jährlich vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Entwicklungen überprüft und bei Bedarf angepasst. Er verdeutlicht die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen (Unternehmensinteresse). Die Anteilseignervertreter und die Arbeitnehmervertreter sind gleichermaßen dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Die Rechnungslegung ist am True-and-fair-view-Prinzip orientiert und hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln. Empfehlungen des Kodex sind im Text durch die Verwendung des Wortes »soll« gekennzeichnet. Die Unternehmen können hiervon abweichen, müssen die Abweichungen jedoch offenlegen und begründen (»comply or explain«). Ferner enthält der Kodex Anregungen, von denen ohne Offenlegung abgewichen werden kann; hierfür verwendet er den Begriff »sollte«. Die übrigen sprachlich nicht so gekennzeichneten Teile des Kodex betreffen Beschreibungen gesetzlicher Vorschriften und Erläuterungen.
2.3 Grundsätze fairer Betriebs- und Geschäftspraktiken
Faire Betriebs- und Geschäftspraktiken beziehen sich auf die ethische Verhaltensweise eines Krankenhauses gegenüber anderen Organisationen. Dazu zählt der Umgang mit staatlichen Stellen sowie Kostenträgern, Zuweisern, Patienten und Mitbewerbern. Unternehmerische Verantwortung zeigt sich in der Art und Weise, wie ein Krankenhaus seine Beziehung zu anderen Organisationen gestaltet. Hierzu zählen unter anderem die aus Abbildung 2.1 ersichtlichen und nachfolgend dargestellten Punkte.
Abb. 2.1: Grundsätze fairer Betriebs- und Geschäftspraktiken
Bekämpfung von Korruption
Unter Korruption kann allgemein der Missbrauch von anvertrauten Befugnissen zum eigenen Vorteil verstanden werden. Beispiele sind unter anderem:
• Bestechung von Amtsträgern (z. B. um Bauanträge schneller genehmigt zu bekommen)
• Bestechung in der Privatwirtschaft (z. B. Annahme von Bestechungsgeldern durch einen Geschäftsführer, der daraufhin einen Auftrag an ein bestimmtes medizintechnisches Unternehmen erteilt)
• Interessenskonflikte (z. B. Unterlassen von notwendigen Instandhaltungen, um die eigene Tantieme nicht zu gefährden)
• Unterschlagung (z. B. Abzweigen von Spendengeldern eines Krankenhauses)
Wie aus Abbildung 2.2 ersichtlich ist, gibt es vier prägende Risikofaktoren, die korruptes Verhalten in der Gesundheitswirtschaft fördern (vgl. Boemke und Schneider 2011, S. 19 f.).
Abb. 2.2: Risikofaktoren der Korruption
Geringes Entdeckungsrisiko: Korruptionsdelikte in der Gesundheitswirtschaft haben oftmals keinen unmittelbar Geschädigten, der das Verhalten zur Anzeige bringen könnte. Sowohl Geber (z. B. Krankenhaus, welches eine Zuweisungsprämie an einen niedergelassenen Facharzt bezahlt) als auch Nehmer (in dem genannten Beispiel der niedergelassene Facharzt) ziehen Vorteile aus dem Vorgang, sodass beide Seiten kein Interesse an einem Bekanntwerden der Tat haben. Der Geschädigte (z. B. Wettbewerber) erfährt von dem Fehlverhalten im Regelfall nichts, sodass durch diesen dagegen auch nicht vorgegangen werden kann.
Erkenntnisse der Dunkelfeldforschung: Obwohl Mitarbeiter (z. B. Ärzte) mit Beeinflussungsversuchen konfrontiert werden und auf diese nicht eingehen, bringen sie den Versuch nicht zur Anzeige. Die Gefahr, dass fehlgeschlagene Korruptionsvorgänge strafrechtlich verfolgt werden, ist insofern gering.
Spezifika des Gesundheitswesens: Der wirtschaftliche Erfolg von Pharmaunternehmen und Unternehmen der medizintechnischen Industrie hängt maßgeblich vom Verordnungs- bzw. Empfehlungsverhalten von Ärzten und Pflegekräften ab. Daher ist es naheliegend, dass die Industrie versucht, werbend auf diese Gruppen einzuwirken. Die Grenze zwischen erlaubter Absatzförderung und verbotener Zuwendung ist dabei fließend.
Informationsasymmetrie zwischen Ärzten und Verwaltungsmitarbeitern: Verträge über klinische Studien oder Anwendungsbeobachtungen sind für die Verwaltung vielfach nur schwer zu verstehen, da diese zumeist in englischer Fachsprache abgefasst sind. Eine Beurteilung des Vertrages, insbesondere von Leistung und Gegenleistung, wird so deutlich erschwert.
Korruption kann auf unterschiedliche Weise entstehen ( Abb. 2.3). Zum einen kann sie aus einer Unkenntnis heraus darüber resultieren, was gesetzlich zugelassen und was verboten ist, zum anderen kann bewusstes Korruptionsverhalten...