Der Arbeitskreis Assessment Center e.V. empfiehlt zur Verfahrensgestaltung ausdrücklich ein transparentes Vorgehen, wobei sich Transparenz auf drei wesentliche Aspekte bezieht. Das sind (1) die Vorinformation der Bewerber, (2) das Informieren der Bewerber zu Zielen und Beobachtungsschwerpunkten jeder Übung und (3) klare Rückmeldungen nach dem Assessment Center.[115]
Meist beginnt das Assessment Center zunächst mit einer Vorstellungsrunde und das ist bereits die erste Aufgabe, die es zu bewältigen gilt.[116] Die Bewerber müssen alleine oder im Team verschiedenartigen Aufgaben lösen, stehen in einigen Übungen unter Zeitdruck und werden dabei auch noch beobachtet. Am Ende der Veranstaltung wird aus den einzelnen Kurzgutachten und Rangreihen für jeden Teilnehmer ein Endgutachten erstellt, das ein Fähigkeitsprofil bezogen auf die Beobachtungsdimensionen darstellt.[117] Die mit Abstand verbreiteten Übungen sind Postkörbe und führerlose Gruppendiskussionen. Hierbei handelt es sich um die situativen Verfahren. Sie werden unverfänglich als Übung bezeichnet. Neben den situativen Verfahren, gibt es noch die nichtsituativen Verfahren (z.B. das Interview).[118] Bei den unterschiedlichen Verfahren / Übungen werden je nach Übung bestimmte Bewertungskriterien und verschiedene Indikatoren beobachtet und beurteilt. Je nach Übungsart sind das zum Beispiel Durchsetzungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Integrations, Führungs und Kommunikationsfähigkeit sowie Planung / Organisation oder das Eingehen auf Einwände anderer. Bei der Beurteilung hilft dem Beobachter ein Formblatt (Bewertungsbogen), dass während der Beobachtung ausgefüllt wird.[119] Empfohlen wird, das Assessment Center so einzurichten, dass exakt die gleiche Atmosphäre herrscht wie im Büro.[120] Ein Assessment Center sollte daher aus der Simulation eines realen Arbeitstages bestehen, an dem der Bewerber mit unterschiedlichsten Situationen, die ihn in der zukünftigen Position erwarten, umgehen muss. Der Kandidat sollte einen ganzen Tag lang aus der zu besetzenden Position agieren.[121] Beispielsweise werden in einem Assessment Center für Führungskräfte aus dem Vertrieb andere Anforderungen gestellt als bei einem Assessment Center für Führungskräfte aus dem Produktmanagement. Beim ersten kommt es mehr auf Durchsetzungsvermögen, Belastbarkeit, kundenorientiertes Gesprächsverhalten und Abschlusssicherheit an. Beim zweiten geht es mehr um Kreativität, Flexibilität, analytisches Denken, Präsentationsstärke und Organisationsgeschick.[122] Die durch den Beobachtungs und Beurteilungsprozess gewonnenen Erkenntnisse sind den Bewerber am Ende der Veranstaltung so mitzuteilen, dass sie für diese nachvollziehbar sind und von ihnen für die eigene persönliche Entwicklung sinnvoll genutzt werden können.[123]
Ein klassisches Assessment Center beinhaltet unter anderem, folgende Übungen:
Vorstellungsrunde
Postkorb
Präsentationsübung
Gruppendiskussion (moderiert oder führerlos)
Interview
Stressinterview
Rollenspiele
Tests (Persönlichkeitstest, LogikTest, etc.)
Die hier aufgezählten Elemente sind nicht zwingend. Einige Unternehmen verzichten z.B. auf das Stressinterview, weil sie es für sozial unangemessen halten. Auch FragebogenTests oder projektive Verfahren können, müssen jedoch nicht, Bestandteil eines Assessment Center sein. In letzter Zeit erobern vor allem Fallstudien und Planspiele die Assessment Center. Hier sind die verschiedenen Übungen in ein gedankliches Gesamtkonzept ein MiniProjekt mit mehr oder weniger Realitätsbezug eingebettet.[124] Zu den Standardübungen zählen der Postkorb, die Gruppendiskussion und das Rollenspiel.
Bei der Postkorbübung wird eine alltägliche Situation nachgespielt. Der Bewerber wird zum Beispiel in die Situation versetzt, dass er nach einer Abwesenheit von mehreren Tagen ins Büro kommt und kurz darauf erneut eine Dienstreise antritt. Oder der Chef ist plötzlich erkrankt und der Bewerber muss sich als sein offizieller Stellvertreter um seine „unaufschiebbaren Probleme“ kümmern, die sich natürlich mit den eigenen Terminen überschneiden. Innerhalb einer begrenzten Zeit von einer halben bis einer Stunde muss der überfüllte Postkorb bearbeiten werden. Der Bewerber erhält beispielsweise 15 bis 20 Briefe, Notizen und innerbetriebliche Meldungen. In den Briefen, Meldungen und Notizen geht es um leichte bis mittlere Katastrophen, die es sofort abzuwenden gilt. Während der Bearbeitung wird der Bewerber eventuell auch noch bewusst unterbrochen. Der Stress wird systematisch erhöht, indem von Zeit zu Zeit das Telefon klingelt, wobei der Bewerber von einem neuen Problem erfährt, das er in die Bearbeitung des Postkorbes mit einbauen muss. Oder ein „Mitarbeiter“ kommt herein nach dem Motto: „Können Sie mir mal helfen? Ich hab’ da ein Problem.“[125] Die Postkorbübung ist eine der am meisten verbreiteten situativen Übungen in Assessment Centern[126], es sind unter schwierigen Umständen viele Entscheidungen zu treffen. Diese Übung hat das Ziel, etwas über die Entscheidungsfreude, Selbstorganisation und Verantwortungsbewusstsein der Bewerber auszusagen. Ziel ist es, die analytischen Fähigkeiten, die Delegationsbereitschaft, die Fähigkeiten im Umgang mit komplexen Sachverhalten und Ihre emotionale Stärke unter starkem Zeitdruck zu testen.[127] Im Gegensatz zu anderen Assessment Center Verfahren hängt die Leistung eines Bewerbers nicht von den anderer Teilnehmern ab. Darüber hinaus eröffnet die Postkorbübung in einem weit höheren Maße als andere Assessment Center Verfahren die Perspektive einer beobachterunabhängigen, objektiven Auswertung und Interpretation der Leistung von Bewerbern.[128] Geprüft werden hier nicht nur Fähigkeiten wie Organisationstalent, Überblick und Stressbeständigkeit, sondern auch die Wertsetzungen des Mannes, beispielsweise in der Entscheidung zwischen Krankenhausbesuch und Gang zum Anwalt.
Kritisch betrachtet, wird die Schaubühne des Assessment Centers, auf der sich derlei Dramen abspielen, so zur moralischen Anstalt. Hier zeigen sich mit den Worten Schillers „Schicksale und die große Kunst sie zu ertragen“[129] und vor allem: „sie durch Organisationstalent, Nervenstärke und Durchsetzungsvermögen zu meistern.“[130]
Die so genannten „führerlose Gruppendiskussion“ wurden von den Wehrpsychologen erfunden. Die Übung ist noch heute eines der wichtigsten Instrumente der Assessment Center.[131] Derartige Diskussionsrunden gehören heute zum Standardrepertoire der Assessment Center. Dabei werden die Bewerber in eine Situation versetzt, in der sie zu einem vorgegebenen Problem eine Lösung finden müssen. Zu diesem Zweck können Gesprächsrunden mit der ganzen Gruppe oder mehrere kleinere Gruppen gebildet werden. Die meisten Diskussionsrunden sind relativ kurz, sie dauern ca. 15 bis 30, höchstens 45 Minuten. Die zu diskutierende Thematik ist oft so komplex, dass das geforderte gemeinsame Ergebnis, z.B. ein Gruppenkonsens, in der Kürze der vorgegebenen Zeit gar nicht erreicht werden kann. Weil sich die Diskussionsteilnehmer unter einem enormen Leistungsdruck fühlen und entsprechende Versagensängste entwickeln, führt dies häufig zu einer Aggressivgereizten Stimmung. Im Assessment Center erleben die Bewerber vom Auswahlgremium vorgegebene oder frei zu wählende Themen mit oder ohne Zielvorgabe. Die Themenpalette reicht von Berufsbezogenem über Inhalte aus den Bereichen Politik, Umwelt, Wirtschaft, Zeitgeschehen bis hin in den privaten Bereich. Gelegentlich wird ein Ergebnis gefordert.[132] „Der Lösung [..] an sich wird wenig Bedeutung beigemessen, vielmehr zählt für die Assessoren der Weg ihres Zustandekommens.“[133]
Ziel für die Bewerber ist es, den Sachverhalt zu verstehen, ihre Position überzeugend zu vertreten, eine Argumentationsstrategie entwickeln zu können und dabei auf ihre Körpersprache zu achten.[134] Die Gruppendiskussion ist eine zentrale Übung im Assessment Center. Sie ermöglicht die Beobachtung der Kandidaten im direkten Vergleich. Die Beobachter sehen in der Gruppendiskussion eine Simulation von Besprechung, Konferenz und Meeting.[135]
Der italienische Arzt Moreno entwickelte das um 1940 Rollenspiele für den psychotherapeutischen Bereich.[136] Rollenspiele im Assessment Center werden als Mitarbeitergespräche oder als...