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E-Book

Das Burnout-Syndrom bei Lehrkräften

AutorFerdinand Falkenberg
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783640143047
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: 1,0, Ludwig-Maximilians-Universität München, 155 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Auch in seriösen Zeitungen sind immer häufiger Aufmacher wie 'Lehrer als Risikogruppe' oder 'Die Ausgebrannten' zu lesen. Diese Problematik ist höchst aktuell, wie zahlreiche wissenschaftliche, populär wissenschaftliche oder sonstigen Veröffentlichungen zeigen. Die teilweise plakativen Überschriften kommen nicht von ungefähr - Lehrkräfte sehen sich in ihrem Beruf immer größeren Belastungen ausgesetzt. Verschiedene Studien zeigen, dass der Lehrberuf wesentlich belastender ist als große Teile der durch Vorurteile über die 'faulen Säcke' (Altbundeskanzler G. Schröder) geprägten Öffentlichkeit erkennen wollen. Folge der Belastungen kann das Burnout-Syndrom sein. Das Burnout-Syndrom kann durch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale hervorgerufen werden, daher wird in dieser Arbeit zuerst die Persönlichkeit der Lehrkräfte analysiert. Vor der genauen Betrachtung des Burnout-Syndroms werden die Belastungen des Lehrberufs, die ebenfalls Burnout-Syndrom auslösend sein können, dargestellt. Abschließend folgen eine Vorstellung von Entspannungsmöglichkeiten für die betroffenen bzw. gefährdeten Lehrkräfte, da es 'schlicht an Erholungsmöglichkeiten' für Lehrkräfte mangelt. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind: (1) Trotz zahlreicher charakteristischer Persönlichkeitsmerkmale gibt es nicht die typische Lehrerpersönlichkeit. (2) Im Lehrberuf treten zahlreiche den Lehrer belastende Situationen auf. (3) Lehrkräfte können von dem Burnout-Syndrom betroffen sein, wenn bei ihnen eine Kombination aus speziellen Persönlichkeitsmerkmalen und bestimmten Berufsbedingungen auftritt. (4) Entspannungsverfahren bieten sich als präventive und rehabilitative Maßnahme gegen das Burnout-Syndrom an.

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Leseprobe

2 Belastungen des Lehrers


 

2.1  Einleitung


 

In einer Studie des BLLV von Hüfner[60] (2003) wurden 3.438 Personen untersucht. Danach schätzen 28,0% der Lehrer ihre beruflichen Belastungen als „sehr stark“ und 54,3% der Lehrer als „stark“ ein. Lediglich 15,0% der befragten Personen fühlen sich „etwas belastet“ und 2,7% „gering belastet“.

 

In diesem Kapitel soll nun die Belastungssituation des Lehrers dargestellt werden.

 

Zuerst wird der Begriff „Belastung“ erklärt. Rudows anschließend erläutertes Belastungs-Beanspruchungsmodell soll dann das theoretische Verständnis der Belastung bei Lehrern vermitteln.

 

Das Instrument AVEM von Schaarschmidt, das Verhaltens- und Erlebensmerkmale in Bezug auf Arbeit und Beruf untersucht, wird danach vorgestellt.

 

Anschließend werden die einzelnen Belastungsfaktoren in den Kategorien Arbeitsaufgaben und schulorganisatorische Bedingungen, schulhygienische Bedingungen, soziale Bedingungen und gesellschaftlich- kulturelle Bedingungen erörtert.

 

Als Exkurs folgt eine Betrachtung der signifikanten Zusammenhänge zwischen Alter und Belastung sowie zwischen Geschlecht und Belastung.

 

Weiter wird noch die besondere Belastungssituation der Sportlehrer näher dargestellt.

 

2.2  Begriffsklärung


 

Als erstes soll der Begriff „Belastung“ definiert werden:

 

Belastungen sind „Beeinträchtigungen der individuellen Befindlichkeit und Stimmung, der Erlebnis-, Verarbeitungs- und Handlungsmöglichkeiten einer Person in einer gegebenen Situation, die subjektiven Leidensdruck hervorrufen. Belastung ist also der Zustand des Erleidens von Beeinträchtigungen und Mangelzuständen, das Erleben von negativen Veränderungen oder Einbußen an […] positiven Erlebnis- und Handlungsmöglichkeiten.“[61]

 

Belastung wird also individuell erlebt und erlitten, sie ist folglich subjektiv.

 

Redeker[62] geht noch weiter: „Arbeitstätigkeiten und Arbeitserfahrungen im Lehrberuf […] werden dann als Belastung empfunden, wenn sie eine Frustration elementarer Wünsche bedeuten“.

 

Im Zusammenhang mit Belastung wird häufig der Begriff „Stress“ genannt bzw. fälschlicherweise als Synonym verwendet.

 

„Stress tritt dann auf, wenn eine Person ein Missverhältnis zwischen einerseits Anforderungen und Ansprüchen und andererseits Handlungsmöglichkeiten erfährt und zugleich die Folgen dieses Missverhältnisses als bedrohlich erlebt“[63].

 

Die Unterscheidung zwischen Stress und psychischer Belastung fällt vor allem in der Praxis schwer. K. Ulich[64] sieht „Stress als eine akute, über das sonst erfahrene Maß hinausgehende Belastung“.

 

Faltermaier[65] erkennt Belastung als ein Person-Umwelt-Verhältnis. Die Umwelt umfasst hierbei die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Person.

 

Umweltbedingungen, die den Lehrer als Belastung beeinflussen, sind in der Schule als Institution, in den Arbeitsanforderungen und in der Arbeitsorganisation zu sehen. Diese sind natürlich subjektiv, die Korrektur einer Probe beispielsweise ist für den einen Lehrer eine große Belastung, der andere sieht sie als eine willkommene Abwechslung und als nicht belastend an.

 

„Aus potentiellen Stressoren werden erst durch die individuelle kognitive Bewertung und Bedrohung aktuelle Stressoren.“[66]

 

2.3 Das Beanspruchungsmodell von Rudow


 

Rudow (1994) hat ein Belastungs-Beanspruchungsmodell zu dem Beruf des Lehrers konzipiert (s. Abb. 3), das nun detaillierter vorgestellt werden soll, um das theoretische Verständnis der Belastung im Lehrberuf zu verbessern. [67]

 

 

Abb. 3: Belastungs-Beanspruchungsmodell nach Rudow, B. (1994), S.46, modif.

 

Rudow versteht unter objektiver Belastung Faktoren der pädagogischen Tätigkeit, die unabhängig von der Person wirken, die aber möglicherweise Beanspruchungen für den Lehrer darstellen.

 

Die subjektiven Belastungen entstehen durch die Bewertung und die Widerspiegelung der objektiven Belastungen. Die Belastungsfaktoren sind, wie in den Kapiteln 2.6 bis 2.9 näher dargestellt, in die Kategorien Arbeitsaufgaben und schulorganisatorische Bedingungen, schulhygienische Bedingungen, soziale Bedingungen und gesellschaftlich- kulturelle Bedingungen unterteilt. Weiter unterscheidet Rudow[68] zwischen vordergründig kognitiver Belastung, also der Schwierigkeit der Aufgabe und der vordergründig emotionalen Belastung, also den angenehmen bzw. unangenehmen Gefühlen bei der Aufgabenerfüllung.

 

Bei der Tätigkeit des Lehrers tritt auf jeden Fall die psychophysische Belastung auf. Diese Beanspruchung erfährt der Lehrer als psychische Anspannung und in somatischen Veränderungen (darunter fällt beispielsweise das Herz-Kreislaufsystem).

 

Rudow hält in diesem Zusammenhang fest, dass Beanspruchungsfolgen nicht nur negativ sein müssen, es sind durchaus positive Beanspruchungsfolgen möglich. Nach dem Modell von Rudow kann Beanspruchung zu Stress, Überforderung etc. führen. Beanspruchung kann aber auch positive Wirkungen wie Freude und Zufriedenheit auslösen. Bei positiven Beanspruchungsfolgen zeigen die Lehrer als Reaktion Wohlbefinden und geistige Aktivität. Sie empfinden die Beanspruchung als Herausforderung, sind aber nicht überfordert. Belastung bewerten sie positiv. Dabei erwerben sie wirksame Handlungsmuster, verfügen über emotionale Stabilität, was wiederum ihre Handlungskompetenz und psychische Gesundheit stärkt. Bei negativen Beanspruchungsfolgen reagieren die Lehrer unmittelbar vor allem mit Stress und Ermüdung, was zu chronischem Stress und Übermüdung führen kann. Dies beeinträchtigt wiederum die Handlungskompetenz und die psychische Gesundheit. Nach Rudow[69] können Ermüdungsanzeichen aber auch eine Chance sein, Überbeanspruchung zu vermeiden und dann zu intervenieren.

 

K. Ulich[70] sieht an dem Modell von Rudow als Problem, dass es „nicht nach verschiedenen Tätigkeitsbereichen, in denen ja durchaus unterschiedliche subjektive Belastungen auftreten können“, differenziert. Teilweise sehen manche Lehrkräfte die Vorbereitung auf den Unterricht als Belastung an, andere wiederum sind gestresst vom Halten des Unterrichts.

 

K. Ulich[71] schreibt weiter, „dass die berufliche Gesamtbelastung der einzelnen Lehrer/innen sich als Saldo positiver und negativer Beanspruchungserscheinungen ergibt“.

 

2.4 Das AVEM von Schaarschmidt


 

Schaarschmidts Instrument AVEM (Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster) untersucht Verhaltens- und Erlebensmerkmale in Bezug auf Arbeit und Beruf.

 

Intention des Verfahrens ist es, diese Verhaltens- und Erlebensweisen gegenüber der Arbeit hinsichtlich gesundheitlicher Gesichtspunkte und den sich daraus ergebenden psychosomatischen und psychischen Risiken zu untersuchen.

 

Dieses Instrument soll hier anfangs vorgestellt werden, da die Ergebnisse der Untersuchungen Schaarschmidts, die auf dem AVEM basieren, wichtiger Bestandteil in den nachfolgenden Ausführungen in Bezug auf die Belastung der Lehrer, aber auch auf das Burnout- Syndrom sind. [72]

 

2.4.1.  Die 11 Dimensionen und die Sekundärfaktoren


 

Das AVEM besteht aus 11 Dimensionen mit jeweils 6 Items[73], also insgesamt 66 Items. Auf diese Fragen kann auf einer 5-stufigen Skala geantwortet werden („trifft völlig zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“).

 

Die 11 Dimensionen

 

1. Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit (="Stellenwert" der Arbeit im Leben des Befragten)

2. Beruflicher Ehrgeiz (="Motivation" im Beruf aufzusteigen)

3. Verausgabungsbereitschaft ( =Bereitschaft, sich für den Beruf zu verausgaben)

4. Perfektionsstreben (="Arbeitsleistung" bestmöglich erbringen)

5. Distanzierungsfähigkeit (=Fähigkeit zur psychischen Erholung von der Arbeit)

6. Resignationstendenz bei Misserfolg (="sich" schnell mit Misserfolgen abfinden und dann aufgeben)

7.  Offensive Problembewältigung (="Problem" aktiv und optimistisch angehen)

8. Innere Ruhe und Ausgeglichenheit (="innere" Stabilität und psychisches Gleichgewicht)

9. Erfolgserleben im Beruf (="beruflich" Erreichtes stimmt zufrieden)

10. Lebenszufriedenheit (="Zufriedenheit" mit der Gesamtsituation)

11. Erleben sozialer Unterstützung (=Gefühl der sozialen Geborgenheit)

 

Die Reliabilität des AVEMs liegt je nach Merkmalsdimension zwischen .78 und .87.

 

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