2 | Unser Land wird an die Wand gefahren |
Abrissbirne – Der linke Mainstream und seine gefährlichen Komplizen
»Ich bin ein Mensch des Gleichgewichts. Wenn das Boot nach links zu kentern droht, lehne ich mich automatisch nach rechts. Und umgekehrt.«
Thomas Mann
Wir leben in einem Land mit absurd verschobenen politischen Koordinaten. Die CDU hat sich von einer konservativen Volkspartei in eine konturlose rot-grüne Koma-Organisation links der Mitte verwandelt. Ihre Vorsitzende Angela Merkel hat der SPD 2018 mit leichter Hand sechs Ministerien inklusive Finanzministerium übergeben, um erneut Kanzlerin zu werden. Das tat Merkel, nachdem sie in den gescheiterten Jamaika-Sondierungen keinen Schritt auf die FDP zugegangen war. Wie weit muss eine ehemals konservative Partei nach links gerückt sein, damit das passieren kann? Sehr weit, sagt selbst die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Laut einer Studie der Stiftung sehen sich die Mitglieder der CDU inzwischen von ihrer eigenen Partei links überholt. Die CDU ist auf ihrem Stimmenfang in der sogenannten »Mitte« des politischen Spektrums so weit nach links gerückt, dass sogar die linke taz fordert, »Merkel muss bleiben«.205 Der Marsch nach links war so stramm, dass der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer aus den Reihen der Union als rechter Populist beschimpft wird,206 wenn er die Migrationspolitik von Merkel kritisiert und sagt: »… wir müssen die unkontrollierte Einwanderung beenden«. Wie radikal das Koordinatensystem verschoben und die politische Statik aufgelöst wurde, wird auch deutlich, wenn in Berlin Schläger der Antifa eine »Merkel-muss-weg«-Demonstration auf dem Weg zum Kanzleramt blockieren. Der linksextreme Mob agiert nun als Palastgarde, die eine CDU-Kanzlerin schützt. Und aus der CDU erntet der stellvertretende Vorsitzende Armin Laschet kaum Widerspruch, wenn er Merkel-Kritiker in den eigenen Reihen belehrt, der Markenkern der Partei sei »eben nicht das Konservative«.207
Willkommen in der neuen Bundesrepublik, wo die Parteienlandschaft nicht mehr wiederzuerkennen ist. Rechts der Mitte gibt es nur noch die CSU und die AfD, links daneben ein Parteienkartell, das sich von den Nachfahren der SED über die Grünen und die SPD bis hin zur CDU erstreckt. Angela Merkel, in mehreren Kernpositionen eine grüne Kanzlerin, die von Joschka Fischer als »ein Glück für das Land« bezeichnet wird,208 hat ihre Partei so weit nach links verschoben, dass selbst die Mehrheit der deutschen Wähler sie inzwischen links von der Mitte verortet.209 Das parteiübergreifende linke Milieu hat die Institutionen eisern unter Kontrolle und zementiert mithilfe der Medien, des Justizapparates, des Kultur- und Bildungsbetriebs sowie der Kirchen eine schwer angreifbare Meinungs- und Machtdominanz.
Angefangen hat alles vor etwa vor 50 Jahren mit Studentenprotesten und der APO. Die 68er sind geduldig durch die Institutionen marschiert. Auf dem Weg dorthin haben sie mehrmals eine Frischzellenkur bekommen. Ostlinke und ehemalige Stasi-Leute sind in den 90er-Jahren in den Bundestag eingesickert, wo der Liedermacher Wolf Biermann sie in einem spektakulären Auftritt 2014 als »Drachenbrut« attackierte.210 Inzwischen haben sie Schaltstellen bis in die Talkshows des Fernsehens eingenommen oder kämpfen wie die Amadeu Antonio Stiftung im Auftrag der Bundesregierung – finanziert mit Steuermitteln – fleißig »gegen rechts«. Die politische Linke in Deutschland hat durch den Linksruck von Angela Merkel die vierte Lebensverlängerung seit der 68er-Protestbewegung erfahren. Jedes Mal ist sie dabei stärker geworden.
Studentenprotesten und Außerparlamentarischer Opposition folgten in den 70er- und 80er-Jahren zunächst Bewegungen gegen die Atomkraft, für die Umwelt, gegen die Startbahn West in Frankfurt und gegen den NATO-Doppelbeschluss. In den Kämpfen dieser beiden Jahrzehnte wurde eine Mentalität geformt, die heute das linke Spektrum dominiert: Radikalisierung statt Ausgleich, absolute Wahrheiten statt Differenzierung, ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein statt Kompromissbereitschaft sowie überhebliche Moral gegen die verteufelten Meinungen anderer. Viele Linke etikettieren sich gerne als tolerante Linksliberale, sind aber in Wirklichkeit von Selbsthass erfüllte Kulturmarxisten mit einer stalinistischen Mentalität. Die Proteste der 70er- und 80er-Jahre erzeugten Rückenwind für diese diffuse Bewegung, die schließlich in die Gründung der Grünen Partei mündete und Anfang der 90er-Jahre noch einen erneuten Schub durch die deutsche Wiedervereinigung erfuhr. Ein weiterer Schub kam auch mit der Finanzkrise 2008, als die völlig enthemmte Finanzindustrie implodierte, die größte Rezession seit 80 Jahren nach sich zog und die Banken mithilfe der korrumpierten Politik ein riesiges Milliardenproblem auf die Steuerzahler abluden. Mit dieser spektakulären Bauchlandung lebte linke Gesellschaftskritik wieder auf, was den sichtlich entgeisterten Frank Schirrmacher im August 2011 so aus der Fassung brachte, dass er schrieb, er »beginne zu glauben, dass die Linke recht hat«.211 Sie hatte in diesem Punkt nicht nur recht, sie verwandelte sich dank Angela Merkels strammem Marsch nach links auch noch in den politischen Mainstream, der seit dem vergangenen Jahrzehnt neben der Kultur und den Medien auch die Politik unseres Landes dominiert.
Links sein ist so etwas wie ein politisches Gütesiegel geworden. Wer links ist, gehört zum moralisch erhöhten, weltoffenen Klub der toleranten Welterneuerer. Er fährt mit im Flottenverband der Guten im Kampf gegen »Ewiggestrige«, »Rechtspopulisten«, »Dunkeldeutsche« und »Modernisierungsverlierer«. Links sein bedeutet, ein Ticket gelöst zu haben für die Bewegung der Erleuchteten, die gerade das größte Experiment in der Geschichte unseres Landes veranstalten: den Umbau einer lange Zeit ziemlich homogenen in eine multi-ethnische, »bunte« Gesellschaft, dazu die Auflösung bestehender Traditionen und Bindungen, die Errichtung eines europäischen Zentralstaates und ein Kulturkampf, der eine globale Gesellschaft der Gleichen und Gleichgesinnten ohne Grenzen anstrebt. Eine sich selbst als »kosmopolitisch« wahrnehmende Klasse versucht hier, ein kulturmarxistisches Modell durchzusetzen. Dafür muss alles beseitigt werden, was diesem Ziel entgegensteht: Nationalstaaten und ihre Grenzen, Familien, traditionelle Institutionen und lästige Konventionen. Hier schließt sich der Kreis zu den 68ern wieder. Deshalb werden kollektive Einrichtungen und demokratische Institutionen von der Familie (»Brutstätte der Repression«) bis hin zum Parlament geschliffen und vom Leistungsprinzip über das private Eigentum bis hin zur traditionellen Ehe so ziemlich alles relativiert oder unterminiert, was vereint, Zusammenhalt stiftet, Harmonie herstellt und bisher unseren Wohlstand zu sichern geholfen hat. Als aufmerksamer Zeitungsleser hat man fast täglich das Gefühl, unser gesamtes Koordinatensystem soll aufgelöst werden.
Wie mit einer Dampfwalze wird alles plattgefahren oder zumindest attackiert, was der Gesellschaft innere Kraft, Sicherheit und Halt verleiht. Das reicht bis hin zum verhassten Katholizismus, der mit seiner »repressiven Moral«, seinen gesellschaftlichen Prioritäten wie Ehe und Familie sowie der Ablehnung der Homosexualität dem linken Projekt im Wege steht. Um diese »Hürde« aus dem Weg zu räumen und das Volk schleichend zu entchristianisieren, wird sogar der Islam hofiert und selbst der politische Islam willkommen geheißen. Das ist der Grund, warum die Linke auch islamistischen Terrorismus billigend in Kauf nimmt und muslimische Straftäter nicht abschieben will. Aus der SPD kam im Mai 2018 der Vorstoß, den Familiennachzug für »geläuterte« Gefährder zu erlauben.212 Man muss sich das einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen: Ein Land, das selbst den kleinsten Strafzettel rabiat durchsetzt und GEZ-Verweigerer ins Gefängnis wirft, will Familien von Menschen ins Land holen, die vielleicht nur zum Schein von ihren gefährlichen Plänen Abstand genommen haben, um die Familie nachzuholen. Gefährder sind potenzielle Straftäter, von denen die Polizei annimmt, dass sie »Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden«213, zum Beispiel Terroranschläge wie Anis Amri. Gibt es ein stärkeres Signal, das eine Regierung oder Partei dem Wahlvolk senden kann, um zu zeigen, Eure Sicherheit ist uns nicht sonderlich wichtig? Ein Unternehmen, das seine Zielgruppe so vor das Schienbein tritt, wäre längst pleite. Bei der SPD legen die Umfragewerte und die jüngsten Wahlergebnisse so eine Entwicklung allerdings auch nahe.
Die offenen Grenzen und das Anbiedern der Linken an den Islam sind der Grund, warum mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der Antisemitismus wieder fest zu Deutschland gehört, ein weiteres Vermächtnis der Kanzlerschaft von Angela Merkel. Die Anbiederung an den Islam wird auch medial deutlich, wenn die Zeit sich mit der Frage beschäftigt, ob muslimischer Antisemitismus »gerechtfertigter sein kann als der von christlich sozialisierten Europäern«.214 Hier wurde im deutschen Journalismus ein neues Tief markiert. Vor allem der Nationalstaat wird bekämpft. Ohne ihn gibt es kein Gemeinwesen, ohne Gemeinwesen keinen kollektiven Willen. Viel wichtiger noch, wie Thierry Baudet in seinem Buch Der Angriff auf den Nationalstaat gezeigt hat: Ohne Nationalstaat gibt es auch keinen...