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E-Book

Das Geheimnis glücklicher Pferde

Was sie wirklich brauchen

AutorCaroline Sperling
VerlagCrystal Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl96 Seiten
ISBN9783958477124
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Wünsche unserer Pferde Die Pferdepsychologin Caroline Sperling schreibt über ihr Herzensthema: In einer gelungenen Mischung von fachlichen Informationen, persönlichen Erlebnisberichten und praktischen Lösungsansätzen führt sie den Leser auf den Weg zu einem zufriedenen Pferd. Sie macht neugierig auf neue Wege und zeigt, dass oft nur kleine Dinge zu verändern sind, die aber eine große Wendung hin zum Positiven bewirken. Ein Schwerpunkt des Buches sind die Grundbedürfnisse des Pferdes - seelische und körperliche. Kommen diese auf welche Art und Weise auch immer zu kurz, kann es sein, dass ein Pferd 'schwierig oder problematisch' wird. Aber auch unsere eigene Einstellung spielt auf dem Weg zum glücklichen Pferd eine große Rolle: Wahre Liebe lässt frei! Aus dem Inhalt: • Körperliche und seelische Grundbedürfnisse • Achtsamer Umgang mit dem Körper des Pferdes • Faires Training im Dialog mit dem Pferd • Irrwege und wie man sie vermeidet

Caroline Sperling ist seit 2006 hauptberufliche Pferdepsychologin, Trainerin, Ausbilderin rund um München. Ihre Ausbildung hat sie bei bekannten Pferdetrainern in Deutschland und den USA absolviert und kann auf über 20 Jahre Pferdeerfahrung zurückblicken.

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Leseprobe

(Foto: Christiane Slawik)

Die körperlichen Grundbedürfnisse


Ausreichend Bewegung


Eine E-Mail mit einem ellenlangen Text finde ich in meinem Postfach. Verfasserin ist ein junges Mädchen von 15 Jahren. Sie schreibt von ihrer Foxtrotter Stute, die im Umgang mehr und mehr Probleme macht. Ich bin ihre letzte Anlaufstelle, denn wenn sich die Probleme nicht lösen lassen, muss die Stute verkauft werden. Den Eltern wird das Pferd zu gefährlich. Ich spüre ganz deutlich die Verzweiflung der jungen Frau, weil sie ihr geliebtes Tier nicht hergeben will. Die Stute ist doch ein Teil der Familie! Wir vereinbaren einen ersten Termin. Es ist ein kalter Tag im Februar, als ich im Stall ankomme. Ich werde freudig von der jungen Besitzerin und ihrer Mutter begrüßt. Ich merke, wie viel Hoffnung sie in mich und unser Training setzen.

Ich möchte mehr über die Vorgeschichte der Stute erfahren und wir sprechen zunächst in Ruhe miteinander. Lebhaft berichtet mir die Besitzerin, wie sie zu der Stute kamen und wie verbunden sie sich mit ihrem Seelenpferd fühlte. Anfangs gab es überhaupt keine Probleme. Erst als sie einen Streit mit dem Stallbetreiber hatte und mit ihrer Stute in einen neuen Stall umziehen musste, veränderte sich das Pferd mehr und mehr. Hier wurde ich hellhörig. Was für ein Stall war das, in dem sie früher stand, und wo steht sie heute? Zu Anfang stand die Stute in einem kleinen Offenstall mit fünf weiteren Pferden, der sehr großzügig angelegt war. Die Herde konnte sich frei bewegen. Von dem zweiten Stall, in dem die Stute jetzt stand, wollte ich mir selbst ein Bild machen. Wir gingen also in den Stalltrakt, links und rechts Boxen, hoch vergittert, wie ich sie so oft sehe. Mich erinnern solche Ställe immer an einen Hochsicherheitstrakt im Gefängnis, in dem man Angst hat, es könnte einer der Häftlinge ausbrechen.

Oft habe ich das Gefühl, dass mich einige Pferde, die mich mit ihren Blicken verfolgen, fast ansprechen: „Hey, bleib stehen und schenk mir wenigstens kurz deine Aufmerksamkeit und etwas Abwechslung.” Vor einer Box blieb das junge Mädchen stehen. Das war sie, die Stute, die sich beim Führen losriss und unter dem Sattel nicht mehr zu bremsen war. Eine kleine, feingliedrige Fuchsstute mit großen braunen Augen, die sofort mit dem Fressen aufhörte und auf uns zukam. Ihr Äußeres verriet, dass sie einen großen Vollblutanteil haben musste. Diese Pferde sind durch ihre Züchtung meist hochintelligent und lernen schnell, sie sind sehr sensibel und haben einen großen Bewegungsdrang. Es war bereits nach zehn Uhr und ich fragte mich, was die Pferde noch in der Box machten, wo sie doch angeblich täglich im Winter auf einen Paddock kommen sollten. Ich hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da kam der Stallbetreiber um die Ecke, begann die Boxentüren zu öffnen und die Pferde auf die Paddocks laufen zu lassen.

Die Stute wurde nervös und hektisch, drehte sich im Kreis in ihrer Box und stieg immer wieder vor der Boxentür, als wolle sie sagen: „Lass mich raus, ich will endlich raus! Ich halte es nicht mehr länger aus!” Als sie endlich an der Reihe war – der Stallbetreiber erklärte mir, dass sie grundsätzlich als Letzte hinauskomme, weil sie sich immer so aufführe –, raste sie aus ihrer Box wie vom Blitz getroffen. Der Gedanke, dass sich dies jeden Tag abspielt, machte mir ernsthaft Sorgen. Auf dem betonierten Stallboden war es nur eine Frage der Zeit, wann sie wegrutschte, stürzte und sich verletzte. Die Erzählungen zusammen mit meinem eigenen Eindruck machten für mich jetzt Sinn.

Was machen die Wildpferde?

Wildpferde bewegen sich in freier Wildbahn circa 17 Stunden am Tag im Schritt mit dem Kopf am Boden vorwärts − auf der Suche nach Futter und Wasser. Schnellere Gangarten nutzen sie fast ausschließlich, wenn sie vor einem hungrigen Fleischfresser flüchten müssen. Von diesem natürlichen Verhalten abgeleitet, erklärt sich Bewegung in dieser Form als Grundbedürfnis unserer Pferde.

Wird dieses Bedürfnis zu wenig oder gar nicht gestillt, kommt es zu einem Energiestau, und Verhaltensauffälligkeiten sind die Folge. Gerade bei jüngeren Pferden mit viel Vollblutanteil muss dem noch mehr Beachtung geschenkt werden als bei schweren Kaltblütern. Blütige Pferde erkennt man an ihren großen Augen und ihrem schmalen Exterieur.

So sehen zufriedene Pferde aus. (Foto: Christiane Slawik)

Momentaufnahme: Pferdekumpel

Ich stehe am Koppelzaun und beobachte eine kleine Pferdeherde. Ein Wallach fällt mir besonders auf. Er steht zusammen mit seiner Herde auf der Koppel: Anfangs spielt er wild mit einem Kumpel. Sie zwicken sich gegenseitig in den Hals, gehen immer wieder auf die Hinterbeine und steigen sich an. Nach einer Weile schnauben sie beide müde, aber zufrieden ab und beginnen, nebeneinander genüsslich zu grasen. Der Wallach hat einen sanften, wachen Blick. Sein gesamter Körper wirkt entspannt, seine Bewegungen sind elastisch, weich und fließend. Sein Fell glänzt im Tageslicht, auch wenn er nicht geputzt ist. Er strahlt totale Zufriedenheit aus.

Ein Leben in der Herde unter freiem Himmel. (Foto: Christiane Slawik)

Das Verhalten der Stute − unbändig beim Führen, in der Box steigen und unter dem Sattel nicht bremsen wollen – deutet klar darauf hin, dass die Stute kurz vor dem Explodieren stand, weil ihr die Bewegung nicht ausreichte: Vier bis fünf Stunden auf dem Paddock stehen und im besten Fall eine Stunde unter ihrer Reiterin laufen bedeutet 18 Stunden in der Box.

Nun hatte die Stute aber bereits im vorigen Stall die Freiheit und das Leben in der Herde kennengelernt. Das Wieder-Einsperren in die Box machte sie so wild.

Nach unserem Gespräch, in dem ich Mutter und Tochter meine Eindrücke und Ideen erzählte, suchten die beiden umgehend nach einem gut durchdachten Offenstall und stellten die Stute um. Nur wenige Wochen später erhielt ich eine überglückliche E-Mail der Tochter, dass ihre Stute wieder total brav sei, sie wieder stundenlange gemeinsame Ausritte machen und dass sie mir so dankbar seien. Über solche Nachrichten freue ich mich immer sehr!

Für eine ausgeglichene Psyche braucht ein Pferd die Möglichkeit, sich frei bewegen zu können. Aber auch der Pferdekörper wird dadurch gesund erhalten: Durch eine langsame, energiesparende, aber kontinuierliche Bewegung wird der Stoffwechsel angeregt, der gesamte Bewegungsapparat und alle Organe werden mit Blut versorgt. Dieses tägliche Training hält den Pferdekörper mit all seinen Muskeln, Bändern und Sehnen weich, elastisch und trainiert. Auch das Immunsystem bleibt in Schwung, weil Wildpferde in der Natur einem ständig wechselnden

Der Tag im Leben eines Boxenpferdes

5.00 Uhr: Es ist dunkel. Dösen im Stehen. Meine linke Nachbarin steht gerade auf und schüttelt sich. Kurze Begrüßung durch die Gitterstäbe. Stehen. Eine Runde im Kreis gehen. Stehen. Ohren spitzen und lauschen.

7.00 Uhr: Das Licht geht an und der Stallbursche kommt mit dem Kraftfutterwagen. Unruhe. Scharren und Schlagen an die Boxenwände. Allgemeine Unruhe. Drehen in der Box und schon mal böse zum Nachbarn rechts hinbewegen.

7.15 Uhr: Endlich kommt das Kraftfutter. Noch mal böse schauen, an die Boxenwände treten, nicht dass hier einer meint, ich gebe etwas ab von meinem Futter. Ich schlinge, weil ich so ausgehungert bin.

7.25 Uhr: Die Unruhe legt sich im Stall, alle fressen.

7.30 Uhr: Das Kraftfutter ist vertilgt, es liegt mir wie Steine im Magen. Wieder allgemeines Warten, dieses Mal auf das Heu. Stehen, warten, lauschen. Eine Runde gehen. Scharren. Boxentüren gehen immer wieder auf und zu. Lauschen. Endlich bin ich an der Reihe. Boxentür auf, Heu rein, Boxentür zu. Giftig zum Nachbarn schauen, was bildet der sich ein!

8.00 Uhr: Stehen. Warten. Das Heu ist aufgefressen. Stehen. Halbe Runde drehen zum Wasser und trinken. Stehen. Warten. Lauschen. Der Stallbursche kommt. Dieses Mal mit dem Mistwagen. Boxentür auf, ich werde zur Seite gedrängt, der Mist wird mitgenommen, Boxentür zu. Zwei Schritte nach links. Stehen. Warten. Lauschen.

9.00 Uhr: Stehen. Warten. Lauschen. Der Stallmensch kommt erneut mit Stroh. Boxentür auf, Stroh rein, er schüttelt es auf, ich bekomme einen Hustenreiz, weil es so staubt, Boxentür zu. Drei Schritte nach rechts. Knabbern am Stroh. Warten. Stehen.

10.00 Uhr: Stehen. Warten. Der Stallmann kehrt den Stall. Es staubt. Allgemeines Husten und Nach-Luft-Ringen. Sich ein paar Schritte im Kreis bewegen. Stehen. Warten. Ich schwitze unter meinem Mantel, den ich seit ein paar Wochen tragen muss, Tag wie Nacht. Puh! Warten. Stehen. Im...

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