Die Pilates-Übungen
Jetzt geht’s los: Sobald Sie die wichtigsten Begriffe kennen und wissen, worauf es besonders ankommt, können Sie loslegen. Stimmen Sie sich mit einfachen Vorübungen auf das Training ein, dann geht es weiter mit dem klassischen Pilates-Workout.
Das sollten Sie vorab wissen
Die Trainingsprinzipien Joseph Pilates’ haben bis heute nichts an Gültigkeit verloren und bilden noch immer die Grundlage eines fundierten Pilates-Programms (>). Darüber hinaus haben verschiedene Pilates-Organisationen die Methode noch weiterentwickelt. Häufig wirkten dabei Sportmediziner oder Physiotherapeuten mit, um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen zu lassen. So arbeiten große Schulen wie STOTT PILATES® und POLESTAR im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien Pilates’ und heutigen medizinischen Erkenntnissen und orientieren sich bezüglich der Übungen stark am klassischen Repertoire.
Eine wichtige Rolle kommt der korrekten Ausrichtung des Körpers zu – vor allem bei STOTT PILATES®, einer Schule, die von Moira Merrithew (Mädchenname Stott) und ihrem Ehemann Lindsay G. Merrithew gegründet wurde. Moira Merrithew lernte noch bei Romana Kryzanowska, der Ziehtochter Joseph Pilates’. Der Anspruch von STOTT PILATES® liegt auch diesem Buch zugrunde.
Für die Ausrichtung des Körpers während des Trainings werden neben der Atmung auch die Stellung des Beckens, des Brustkorbs, der Schulterblätter, des Kopfs sowie des Nackens genau definiert. Durch spezielle Vorübungen werden Ihnen die Basispositionen und Bewegungen bewusst gemacht (>). Führen Sie die Vorübungen vor jedem Training durch, um Körper und Geist auf die anschließenden Hauptübungen vorzubereiten.
Atmung und Körperbasis
Damit Sie sicher sein können, dass Sie die Pilates-Übungen korrekt ausführen, lohnt es sich, beim Training ein paar prinzipielle Dinge zu beachten. Neben der bereits angesprochenen Aktivierung der Tiefenmuskulatur (>) kommt es vor allem auf die richtige Atmung und grundlegende Körperhaltung an.
Die Brustkorbatmung
Die natürliche Atmung ist häufig flach und kurz. Dabei lassen sich in der Regel zwei Atemtypen unterscheiden: Die einen atmen unbewusst eher in den Brustkorb, die anderen in den Bauchraum. Im Alltag mag dies unwichtig erscheinen. Aber damit die Pilates-Übungen ihre Wirksamkeit voll entfalten können, müssen sie mit der richtigen Atemtechnik kombiniert werden: der Brustkorbatmung, bei der Sie den Atem vor allem in den seitlichen und hinteren Teil Ihres Brustkorbs lenken. Nur so ist es möglich, die Bauchmuskulatur auch während des Einatmens in einer gewissen Grundspannung zu halten. Dadurch verhindern Sie, dass die Stabilisierung der Körpermitte beim Üben verloren geht.
So atmen Sie ein ...
Die erste wichtige Atemregel lautet: Beim Pilates atmen Sie durch die Nase ein. Beachten Sie dabei, dass sich beide Lungenflügel bis in die untersten Spitzen vollständig mit Sauerstoff füllen. Stellen Sie sich einfach vor, Ihre Lungen wären Luftballons, die Sie ganz aufblasen möchten. Das gelingt Ihnen nur, wenn Sie sehr tief einatmen. Verspannen Sie sich dabei nicht, um die Wirkung nicht wieder aufzuheben. Lassen Sie Ihre Schultern locker, den Nacken entspannt und die Wirbelsäule lang.
_a Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, Sie würden einen Reißverschluss schließen.
... und so aus
Die zweite Atemregel: Das Ausatmen erfolgt durch den Mund. Schließen Sie dazu Ihre Lippen leicht, als würden Sie eine Kerze ausblasen. Das hilft Ihnen, die Lungen richtig zu entleeren, was zum einen den Abtransport von Schadstoffen aus dem Körper fördert, zum anderen das Zusammenspiel der tiefen Muskulatur aktiviert. Sie können den Vorgang des Ausatmens mental unterstützen, indem Sie sich vorstellen, ein Reißverschluss würde Ihren Beckenboden mit Ihrem Brustbein verbinden. Ziehen Sie diesen imaginären Reißverschluss bei jeder Ausatmung von unten nach oben zu [ _a]. Diejenigen Körperpartien, an denen er sich schließt, werden ganz fest. Ein anderes schönes Bild zur Visualisierung ist das des Taillenkorsetts, das Sie mit jedem Ausatmen fest schnüren. Wichtig: Sinken Sie beim Ausatmen nicht in sich zusammen, sondern denken Sie daran, die Wirbelsäule schön lang zu lassen.
Das Becken
Während des Pilates-Trainings gibt es zwei mögliche Beckenstellungen: die neutrale und die so genannte Imprint-Stellung.
_a In der neutralen Beckenstellung liegen Hüfte und Schambein auf einer Linie. Die Lendenwirbelsäule berührt die Matte nicht (Foto oben).
Die neutrale Stellung
Im Liegen ist Ihre Beckenstellung neutral, wenn die vorderen Hüftknochen und das Schambein auf einer Höhe sind [ _a]. Theoretisch könnten Sie jetzt ein volles Glas Wasser auf Ihrem Becken abstellen, ohne dabei nur einen einzigen Tropfen zu verschütten. Die Lendenwirbelsäule verläuft in dieser Stellung in ihrer natürlichen Kurve (Lordose) und hält daher einen kleinen Abstand zur Matte. Unterhalb des Bauchnabels (beim dritten Lendenwirbel) ist dieser am größten; er darf aber auch dort maximal zwei Finger breit sein. Während des Trainings nehmen Sie die neutrale Stellung oft ein, um eine Übung, die zu Bewegungen von Wirbelsäule und Becken führt, zu beginnen oder zu beenden. Es gibt aber auch Übungen, bei denen Sie Wirbelsäule und Becken in der neutralen Stellung ruhig halten und nur Ihre Arme und Beine bewegen.
Ein positiver Nebeneffekt: Durch das Üben der neutralen Stellung im Training fällt es Ihnen auch im Alltag leichter, eine aufrechte, gute Haltung einzunehmen.
_b In der Imprint-Stellung liegt die Lendenwirbelsäule auf der Matte auf, die Hüftknochen liegen unter Schambeinniveau (Foto unten).
Imprint
Die Stellung des Beckens im Liegen wird als »imprint« bezeichnet, wenn die vorderen Hüftknochen etwas tiefer liegen als das Schambein. Das Becken ist in dieser Position ganz leicht nach hinten gekippt. Die Lendenwirbelsäule verlängert sich dadurch etwas zur Matte, presst sich aber nicht in diese hinein [ _b]. Um Ihr Becken so leicht zu kippen, spannen Sie nur die Bauch-, nicht die Gesäßmuskulatur an. Denken Sie dabei gar nicht so sehr an die Beckenkippung, sondern stellen Sie sich vor, Sie wollten den Abstand zwischen Hüfte und Rippen etwas verringern.
Die so genannte Imprint-Stellung ist eine Sicherheitsstellung, die verhindern soll, dass Sie bei schwierigeren Übungen ins Hohlkreuz gehen (also das Becken nach vorn kippen). Durch die verstärkte Aktivierung der tiefen Muskulatur und der Bauchmuskeln bleibt Ihr unterer Rücken dagegen geschützt. Empfehlenswert ist »imprint« deshalb immer dann, wenn Sie während einer Übung auf dem Rücken liegen und beide Füße von der Matte anheben. Denn gerade in dieser Position besteht die Gefahr, dass das Gewicht der Beine Ihr Becken nach vorn zieht.
So wie Sie einem Kind, das schwimmen gelernt hat, die Schwimmflügel abnehmen, können Sie die Imprint-Stellung zugunsten der neutralen Stellung aufgeben, sobald Sie sich sicher sind, dass Sie auch während schwierigerer Übungen in der neutralen Stellung ausreichend stabil liegen und kein Hohlkreuz machen. Probieren Sie von Zeit zu Zeit aus, ob Sie es schon schaffen. Spüren Sie bei Übungen für den Bauch auch den unteren Rücken, sind Sie noch nicht so weit. Wechseln Sie in diesem Fall wieder zu imprint zurück und warten Sie noch ein paar Übungsstunden. Wenn es dann klappt, sind Sie so weit und können alle Pilates-Übungen in der neutralen Stellung durchführen. Wenn nicht, warten Sie eben noch ein bisschen.
Der Brustkorb
Ebenso wichtig wie die Stellung Ihres Beckens ist auch die des Brustbeins und der Rippen – und auch deren Bewegung. Schließlich soll die Bauchmuskulatur, die Brustkorb und Becken zusammenhält, als wesentlicher Bestandteil Ihres körpereigenen Stabilisationssystems während der gesamten Übung aktiviert bleiben. Vermeiden Sie daher grundsätzlich, Ihr Brustbein unkontrolliert nach vorn zu schieben und Ihre Rippen herauszupressen. Sonst verlieren Sie nicht nur die Spannung der Bauchmuskulatur, sondern auch die natürliche Kurve Ihrer Brustwirbelsäule. Dadurch schaden Sie Ihrem Rücken und die harmonisierende Wirkung von Pilates auf Ihre Haltung kann sich nicht voll entfalten.
Bewegungen des...