Das Schadensrecht wird vom Ausgleichsprinzip regiert. Nach der herrschenden Dogmatik ist es allein der Schaden, der die Höhe des Schadensersatzes bestimmt. Vielfältige Ausnahmen, in denen der Schadensersatz durch andere, zumeist präventive Kriterien bestimmt wird (z. B. dreifache Schadensberechnung, Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, § 611a BGB) werden als praktisch notwendig hingenommen, aber dogmatisch nicht überzeugend erklärt. Der Verfasser weist nach, daß Erklärungsansätze aus dem Bereicherungs- und Geschäftsführungsrecht scheitern müssen. Ihm gelingt es, die Ausnahmefälle als systemimmanente Erscheinungsformen präventiven Schadensersatzes zu erklären. Die Rechtfertigung des präventiven Schadensersatzes findet er in der Rechtsschutzfunktion des Haftungsrechts. Rechtsvergleichende Erwägungen und eine ökonomische Analyse bestätigen dieses Ergebnis. Der Autor stellt das Ausgleichsprinzip nicht in Frage und propagiert auch keinen Systemwechsel. Er erklärt die rechtstatsächlichen Phänomene präventiver Schadensbemessung als notwendige Ergänzung des Schadensausgleichs und bestimmt das Verhältnis von Ausgleichs- und Präventionsprinzip durch die Definition wechselseitiger Vorrangbedingungen. Das Ergebnis zwingt zu konkreten und für die Praxis bedeutsamen Folgerungen. Die bisher als systemwidrig angesehenen Ausnahmen werden in die allgemeine Schadensdogmatik integriert. Dadurch erschließt sich ein sinnvoller Anwendungsbereich für den präventiven Schadensersatz, der nicht anhand einzelner Ausnahmefälle, sondern durch abstrakte Kriterien bestimmt wird. Reinhard Möller gibt eine klare Definition von Möglichkeiten und Grenzen des präventiven Schadensersatzes im deutschen Recht, ohne die anglo-amerikanische punitive-damages-Doktrin zum Vorbild zu nehmen. Die vorliegende Untersuchung ist eine dogmatische Arbeit von großer praktischer Relevanz.
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