MEHR LEBENSQUALITÄT DURCH ERNÄHRUNGSUMSTELLUNG
Falsche Ernährungsgewohnheiten gehören zu den wichtigsten Auslösern von Reizdarmbeschwerden. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Zum einen können Nahrungsbestandteile wie zum Beispiel Laktose und Fruktose eigenständig Beschwerden verursachen. Zum anderen lösen Nahrungsmittel auch aufgrund ihrer mechanischen Struktur, also zu heiß oder zu kalt gegessen, zu schlecht gekaut, Probleme aus. Reizende Substanzen wie Alkohol, scharfe Gewürze oder Kaffee führen zusätzlich zu Beschwerden. Dazu kommt, dass die Nahrungsmittel von Darmbakterien vergoren werden, was einen großen Teil der Reizdarmproblematik mitverursacht. Einzeln benennbare Nahrungsbestandteile, die vielen Betroffenen Probleme machen, stellen wir Ihnen ab > vor.
PROBLEMLEBENSMITTEL MEIDEN
Aber selbst wenn bei bekannter Unverträglichkeit einzelne Lebensmittel gemieden werden, neigen Reizdarmpatienten dazu, weiterhin Beschwerden zu haben. Dies erklärt sich mit der schon beschriebenen Überempfindlichkeit des Darms, der viszeralen Hypersensitivität (siehe >). Deshalb wurde für diese Patienten eine einfache Kostform, die FODMAP-Diät (siehe >) entwickelt, die umfassend die meisten der beschwerdeauslösenden Nahrungsmittel ausspart. Klinische Studien ergaben, dass 80 Prozent derjenigen, die sich FODMAP-reduziert ernähren, eine deutliche Beschwerdeverbesserung spüren. Verglichen zu den 35 bis 40 Prozent, deren Beschwerden sich bei einer Medikamenteneinnahme bessern, ist dies ein vielversprechendes Ergebnis.
Aktivierung des Magen-Darm-Trakts
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass manche Beschwerden auch indirekt durch die Ernährung verursacht werden. Hier ist zu beachten, dass jegliche Nahrungsaufnahme den ganzen Magen-Darm-Trakt vom Ruhezustand in einen Aktivitätsmodus versetzt. Das bedeutet, in dem Moment, in dem etwas gegessen wird, fangen auch Dünn- und Dickdarm mit der Arbeit wieder an (»gastrokolischer Reflex«), um Platz zu schaffen für die neu aufgenommene Nahrung. Dies wiederum kann in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme zu Beschwerden führen, die mit dem eigentlichen Lebensmittel zunächst überhaupt nichts zu tun haben, diesem aber oft fälschlicherweise zugeschrieben werden.
Der unspezifische Beschwerdetyp
Achten Sie daher darauf, was für ein Beschwerdetyp Sie sind. Reagieren Sie auf jegliche Nahrungsaufnahme manchmal mit Beschwerden? Und stehen die Beschwerden in einem nicht erkennbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme? Dann sind Sie der unspezifische Beschwerdetyp, bei dem viele unterschiedliche Lebensmittel an manchen Tagen Beschwerden auslösen, an anderen aber auch nicht.
Der spezifische Beschwerdetyp
Oder sind Sie mehr der Typ, bei dem bestimmte Nahrungsmittel regelmäßig Beschwerden auslösen? Bei diesem Typ entstehen die Beschwerden oftmals in einem gut wiedererkennbaren zeitlichen Abstand zur Nahrungsaufnahme. Dieser Abstand kann ein bis zwei Stunden oder auch ein bis zwei Tage betragen. Wenn Sie der spezifische Beschwerdetyp sind, dann werden die gleichen Lebensmittel bei Ihnen immer auch ähnliche Beschwerden auslösen, da es sich um eine zumeist spezifische Reaktion handelt. Beim spezifischen Beschwerdetyp sollte für eine Besserung der Beschwerden in erster Linie das auslösende Nahrungsmittel gemieden werden.
DER ERNÄHRUNGSPLAN
Da Ernährungsumstellungen immer mit einem gewissen Aufwand einhergehen, sieht der Reizdarm-Ernährungsplan ein schrittweises Vorgehen, beginnend mit dem niedrigsten Aufwand, vor. Die Stufen 1 bis 3 sind einfache Anpassungen, die vor dem eigentlichen Reizdarmprogramm (siehe >) stehen sollten. Die Ernährungsumstellung im Reizdarmprogramm beginnt dann mit Stufe 4, der FODMAP-Diät.
Stufe 1
An erster Stelle stehen allgemeine Ernährungsempfehlungen, die einfach umzusetzen sind und bei einer Vielzahl von Betroffenen, insbesondere bei denjenigen mit milden und moderaten Beschwerden, schon zu einer guten Symptomkontrolle und damit Verbesserung der Lebensqualität führen. Sie beeinträchtigen den Alltag kaum und werden meist auch nicht als belastend empfunden:
Nehmen Sie sich zum Essen ausreichend Zeit und vermeiden Sie hektisches Essen sowie nicht ausreichend gekaute Speisen.
Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße berücksichtigt und Kohlenhydrate tendenziell reduziert.
Nehmen Sie genügend Ballaststoffe (Zielwert 30 Gramm pro Tag) auf, hilfreich sind Vollkornprodukte.
Vermeiden Sie alkoholische und kohlensäurehaltige Getränke sowie Limonaden.
Achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge. 1,5 bis 2 Liter pro Tag, ideal sind Wasser oder ungesüßter Tee.
Begrenzen Sie koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, schwarzen oder grünen Tee auf maximal drei Tassen am Tag.
Beschränken Sie frisches Obst auf maximal drei Portionen à 100 Gramm pro Tag.
Beschränken Sie Rohkost auf maximal eine Portion à 100 Gramm pro Tag.
Versuchen Sie, Hafer und geschrotete Leinsamen in Ihre Ernährung zu integrieren.
Vermeiden Sie Zucker und Süßstoffe.
Vermeiden Sie voluminöse Mahlzeiten.
Vermeiden Sie frittierte Mahlzeiten.
Reduzieren Sie Salz und scharfe Gewürze und bevorzugen Sie schonende Zubereitungsmethoden.
Essen Sie wenig Fleisch.
Halten Sie Normalgewicht.
Stufe 2
Wenn Stufe 1 nach vier Wochen keinen ausreichenden Erfolg bringt, ist es Zeit für Stufe 2. Dabei wird die Ernährung der Stufe 1 regelmäßig mit wasserlöslichen Ballaststoffen (siehe >) ergänzt. Das Ziel ist, dass Sie sich unter Berücksichtigung der Empfehlungen aus Stufe 1 zunächst wie gewohnt weiterernähren. Morgens und abends nehmen Sie aber je eine Portion wasserlösliche Ballaststoffe zusätzlich zu sich. Infrage kommen geschrotete Flohsamenschalen oder Weizenkleie, alternativ auch Präparate, die resistente Dextrine, Pektin, Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl oder Akazienfaser enthalten. Wasserlösliche Ballaststoffe vom Inulin-, Lactulose-, Fruktooligosaccharid- und Galaktooligosaccharid-Typ sind weniger geeignet, da diese stark blähend wirken. Die beste medizinische Datenlage gibt es derzeit für Flohsamenschalen, sodass diese die erste Wahl sein sollten. Bei guter Wirksamkeit können Sie mit der Zeit versuchen, auf einen Teil der Ballaststoffergänzung zu verzichten, und diese durch Haferflocken ersetzen.
Stufe 3
Wer nach vier Wochen Stufe 2 nicht weiterkommt, dem empfehlen wir das Führen eines Ernährungs-, Symptom- und Aktivitätstagebuchs (siehe Vorlage >). Es wird vier Wochen lang konsequent geführt und ist geeignet, Hinweise auf Nahrungsmittelintoleranzen und -allergien, Unverträglichkeiten oder andere auslösende Ereignisse zu entlarven. Anhand der Aufzeichnungen kann Ihr Arzt eine weitere Diagnostik oder eine individuelle Therapie anregen.
Stufe 4
Wenn all dies nicht zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden geführt hat, kommt in der nächsten Stufe der Ernährungstherapie die spezielle Reizdarmdiät, genauer gesagt die FODMAP-reduzierte Diät (siehe >) zum Einsatz. Bevor wir uns dieser Diät zuwenden, sind jedoch noch einige Informationen zu Ballaststoffen nützlich.
ERNÄHRUNGS-, SYMPTOM- UND AKTIVITÄTSTAGEBUCH DATUM:
Uhrzeit | Nahrungsmittel, Getränke & Naschereien, inkl. Menge, Zubereitungsart (roh, gedünstet, gebraten, aufgewärmt, geschält), Zutaten bei Fertigprodukten, Medikamente, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, Probiotika | Beschwerden: Zeitpunkt, Art, Schweregrad (0–10), Dauer, Stuhlgang |
Lebensmittel, die Beschwerden verursachen |
Lebensmittel | Beschwerden | Stuhlgang |
Sonstiges: Sport, Stress, Tierkontakt, Rauchen, sonstige Aktivitäten und Belastungen |
BALLASTSTOFFE
Ballaststoffe (BS) sind ein wichtiger Bestandteil einer darmgesunden Ernährung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin rät, täglich 30 Gramm Ballaststoffe aufzunehmen, da eine ausreichend große Menge das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechsel- und Verdauungskrankheiten reduziert und zu einer höheren Lebenserwartung führt. Diese Menge mit unserer modernen Ernährung zu erreichen, ist aber nicht so einfach. Was auch daran liegt, dass wir Äpfel und Kartoffeln schälen und Getreideprodukte meistens...