1. In fünf Schritten beschwerdefrei – so funktioniert’s!
»Funktionelle Störung« als Erklärung für meine Beschwerden? Das klingt nach Ausrede ... Vielleicht war dies Ihr erster Gedanke, als nach Ihrer letzten medizinischen Untersuchung die Diagnose »Reizmagen« bzw. »Reizdarm« gestellt wurde. Das folgende Abschlussgespräch warf zudem womöglich mehr Fragen auf, als es beantwortete. Trotz der gutgemeinten Bemühungen des Arztes hatten Sie den Eindruck, dass man Ihre Probleme als Kleinigkeiten abtut, die in erster Linie seelische Ursachen haben und damit nicht mehr in den Tätigkeitsbereich eines Mediziners gehören.
Sie sind nicht der erste Patient, der diese bittere Erfahrung macht. Viele Menschen sind enttäuscht oder fühlen sich nicht ernst genommen, wenn sie nach einer mit hohen Erwartungen und vielleicht auch Ängsten verbundenen Untersuchung das Gefühl vermittelt bekommen, ihre Gesundheitsbeschwerden seien mit den Mitteln der modernen Medizin nicht zu erklären. Wenn dann auch noch die Empfehlung zu einer Änderung der Lebensweise oder gar zu einer – in den meisten Fällen gar nicht angezeigten – Psychotherapie gegeben wird, kann dies zum endgültigen Vertrauensbruch zwischen Arzt und Patient führen.
Auch wenn Sie sich im ersten Moment sehr einsam gefühlt haben, sind Sie es nicht wirklich. Fälle wie dieser sind in deutschen Arztpraxen keine Seltenheit, Hochrechnungen zufolge müssen es jeden Tag einige Tausend sein.
2. Eine Krankheit – viele Gesichter
So viele Betroffene, und doch weiß man nur wenig darüber. Wie kann das sein? Die funktionellen Störungen des Verdauungstraktes, in erster Linie Reizmagen und Reizdarm, stellen die größte Gruppe der durch Ärzte diagnostizierten Krankheiten dar. Bei jedem zweiten (!) Patienten, der einen Gastroenterologen (Facharzt für Erkrankungen des Verdauungsapparates) aufsucht, können organische Ursachen als Auslöser teils heftiger körperlicher Beschwerden ausgeschlossen werden. Und so stehen die meisten Betroffenen nach der Routineuntersuchung und erst recht nach eingehender, intensiver Diagnostik vor einem Rätsel, da ihnen weder die wahren Ursachen noch die Heilungsaussichten ihrer Erkrankung bekannt sind.
3. Forschung auf dem Prüfstand
Erst in den letzten Jahren haben sich hinreichende Erkenntnisse über Entstehung und Wirkung funktioneller Störungen durchgesetzt, welche dieses Krankheitsbild in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Auf der Grundlage dieses Wissens ist die gängige Praxis, hauptsächlich psychologische Faktoren wie Stress, Sorgen oder unverarbeitete Traumata als Verursacher verantwortlich zu machen, nicht länger haltbar. Nachweislich spielen sie in den meisten Fällen eine eher untergeordnete Rolle.
4. Reizdarm und Ernährung
Inzwischen weiß man zum Beispiel, dass Unverträglichkeitsreaktionen auf Laktose, Fructose, Histamin, Gluten und Sorbit eine fundamentale Bedeutung bei der Erklärung von Reizmagen- und Reizdarmsyndrom haben. Generell wird dem Einfluss von Ernährungsfaktoren auf die Entstehung solcher Beschwerden heute eine sehr viel höhere Gewichtung eingeräumt als noch vor einigen Jahren. Darüber hinaus hat man zahlreiche Mechanismen »entlarvt«, die dieser schleichenden Erkrankung zuarbeiten. Die Aufklärung über sämtliche Auslöser wird daher das Hauptthema dieses Buches sein.
5. Was genau ist denn nun eigentlich eine funktionelle Störung?
Jeder Mensch kennt Verdauungsstörungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen, für die es keine organische Ursache zu geben scheint. Meist handelt es sich dabei um vorübergehende und vergleichsweise harmlose Beschwerden. Erst wenn solche Befindlichkeitsstörungen zum Dauerzustand werden, ohne dass ihre Auslöser dem Betroffenen bewusst sind, spricht man von einer Krankheit.
Reizmagen und Reizdarm sind die bekanntesten Vertreter dieser Krankheit, deren Ausprägungen man unter dem Oberbegriff »funktionelle Störung« zusammenfasst. Da auch bei enormen gesundheitlichen Beeinträchtigungen keinerlei organische Veränderungen nachweisbar sind, basiert ihre Diagnose auf dem Ausschluss anderer, organischer Krankheiten. Dieses Verfahren erscheint den Betroffenen meist nicht sehr glaubwürdig (»Sie haben die Krankheit A, weil Sie nicht die Krankheit B oder C haben ...«), und daher unterziehen sie sich, im festen Glauben an eine körperliche Erkrankung, womöglich weiteren Untersuchungen bei wechselnden Ärzten.
6. Verbesserte Heilungschancen
Aufgrund des hohen Leidensdrucks und der tiefen Verzweiflung wenden sich manche Menschen außerdem teuren pseudowissenschaftlichen Heilverfahren zu, deren Nutzen – falls es einen gibt – meist auf einem vorübergehenden Placeboeffekt basiert. Um eine funktionelle Störung jedoch effizient zu therapieren, muss man zunächst ihre Auslöser aufspüren und eliminieren.
Die meisten Betroffenen sind nach eingehender Information über potentielle Ursachen und nach Einleitung entsprechender Gegenmaßnahmen bereits nach kurzer Zeit in der Lage, ihre Lebensqualität deutlich zu erhöhen und den verbleibenden Beeinträchtigungen nur noch eine untergeordnete Rolle im Alltagsleben zuzuordnen. Die Chancen auf eine vollständige Heilung sind Studien zufolge langfristig außerordentlich gut, sodass es für den Betroffenen – auch wenn es im ersten Moment anders erscheint – keinen Grund zur Verzweiflung gibt.
7. Welchen Beitrag kann ich leisten, um wieder gesund zu werden?
Beste Voraussetzungen für eine optimalen Genesung wäre natürlich neben Ihrer persönlichen Initiative die Unterstützung durch einen medizinisch, psychologisch und ernährungsphysiologisch geschulten Arzt, zu dem Sie ein enges Vertrauensverhältnis haben und der außerdem genügend Zeit und Geduld aufbringen kann, um Ihren Heilungsprozess unterstützend zu begleiten. Die Realität sieht jedoch anders aus.
Trotz – oder gerade wegen – unseres modernen Gesundheitssystems ist eine optimale Betreuung bei der Therapie funktioneller Störungen eher die Ausnahme. Daher soll Sie dieser Ratgeber dabei bestärken, den Schwerpunkt Ihres Regenerationsprozesses in Richtung Eigeninitiative zu verlagern und Sie durch gezielte Aufklärung über Ihre Krankheit wie auch über deren Therapie unabhängiger und mündiger zu machen.
8. Zur Vorgehensweise in fünf Schritten
Im ersten – theoretischen – Teil dieses Buches erhalten Sie aktuellste Erkenntnisse über das Reizdarmsyndrom, damit nicht nur Ihr Arzt Sie besser versteht, sondern auch Sie Ihren Arzt.
Im praktischen, zweiten Teil lernen Sie die fünf Schritte zur Beschwerdefreiheit kennen und können auch direkt mit der Umsetzung beginnen.
Alle Ernährungsfaktoren werden unter die Lupe genommen und Alternativen angeboten, sodass Sie bereits nach kurzer Zeit in der Lage sein werden, typische Auslöser von Beschwerden zu erkennen und gegebenenfalls von Ihrem persönlichen Speiseplan zu streichen oder sie zumindest auf ein verträgliches Maß einzuschränken.
Die besondere Rolle von psychologischen Ursachen und Verstärkern sowie der Einfluss Ihrer Lebensweise und sogar Ihres Medikamentenkonsums werden angesprochen, um Ihnen die besten Voraussetzungen für eine endgültige Heilung zu schaffen.
9. Selbsttest Fragebogen: Habe ich einen Reizdarm?
Anhand dieses Fragebogens können Sie feststellen, ob Sie unter einem Reizdarm leiden. Beachten Sie bitte, dass der Test keinesfalls den Besuch beim Arzt ersetzt, sondern ausschließlich der persönlichen Selbstkontrolle dient.
Haben Sie während der letzten drei Monate ständig oder wiederholt unter einem oder mehreren der folgenden Symptome gelitten? Bitte mit Ja oder Nein beantworten:
- Völlegefühl nach den Mahlzeiten
- Übelkeit
- Erbrechen oder Brechreiz
- Aufstoßen
- Unverträglichkeit bestimmter Nahrungsmittel
- Kloßgefühl in der Kehle
- Sodbrennen mit Veränderung nach den Mahlzeiten
- Druckgefühl in Brustkorb oder Magen
- erschwertes Schlucken von festen Speisen
- Bauchschmerzen
- Durchfall oder durchfallartige Störungen
- Verstopfung
- Durchfall und Verstopfung im Wechsel
- Änderung der Stuhlbeschaffenheit
- Änderung der Stuhlhäufigkeit
- Gefühl eines aufgetriebenen Leibes
- Darmgeräusche
- Blähungen
- heftiger Stuhldrang
- Schleimabgang mit dem Stuhl
- unkontrollierter Stuhlabgang
- breiiger, wässriger oder harter Stuhl
- Stuhlgang nur unter großen Anstrengungen möglich
- Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung
- Erleichterung nach Stuhlentleerung
Sollten Sie drei oder mehr der vorhergehenden Fragen mit »Ja« beantwortet haben, so leiden Sie vermutlich unter einem Reizdarm. Voraussetzung für diese Annahme ist, dass eine organische Erkrankung als Ursache ausgeschlossen wurde.
Die folgenden Fragen zielen auf die typischen Auslöser oder Folgen von funktionellen Verdauungsstörungen ab. Mit jeder Frage, die Sie mit »Ja« beantworten, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Reizdarms:
- Liegen wegen Ihrer Beschwerden Einschränkungen im privaten, gesellschaftlichen oder beruflichen Bereich vor?
- Leiden Sie aufgrund Ihrer körperlichen Beeinträchtigungen unter seelischen Problemen?
- Vertragen Sie einige Lebensmittel schlecht oder gar nicht?
- Haben Sie während der letzten sechs Monate Antibiotika eingenommen?
- Nehmen Sie häufig Medikamente ein, die laut Beipackzettel zu Nebenwirkungen an den Verdauungsorganen führen können?
- Trinken Sie regelmäßig Alkohol oder rauchen Sie?
- Trinken Sie regelmäßig Kaffee...