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E-Book

Das schmutzige Geld der Diktatoren

AutorFlorian Horcicka
VerlagVerlag Kremayr & Scheriau
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783218009836
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Diskrete Geschäfte sind es, die Wirtschaftsjournalist Florian Horcicka in seinem Buch unter die Lupe nimmt. Arabische Diktatoren wie Gaddafi, Assad oder Ben Ali, der ukrainische Ex-Präsident Janukowitsch, Rakhat Aliyev, der frühere Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten, afrikanische Potentaten oder der philippinische Marcos-Clan: Sie alle haben ihr Vermögen ins Ausland transferiert. Österreich ist dabei eine beliebte Destination, dank diskreter Banken, Privatstiftungen und verschwiegener Berater. Wie verlaufen die Transaktionen? Wie agieren die Drahtzieher und Hintermänner? Wie arbeitet das Geflecht aus Steuerberatern, Wirtschaftstreuhändern und Anwälten? Welche Rolle spielen dabei 'gute Freunde' aus Politik und Wirtschaft? Die Kapitel des Buches tragen Titel wie • 'Blutgeld in Wien - das traurige Ende des libyschen Ölministers' • 'Die Nordkorea-Pipeline' • 'Der tote Anwalt - warum musste Rebasso sterben?' • 'Geldgrüße von Moskau nach Düsseldorf' • 'Weißes Geld aus Weißrussland' Akribisch recherchiert, öffnet dieses Buch die Tür zu einer Parallelgesellschaft, in der undurchsichtige Machenschaften an der Tagesordnung sind.

Florian Horcicka, geboren 1975 in Wien, ist seit 2000 als Journalist tätig. Bei News, Österreich und seit 2011 bei Format beschäftigt er sich mit Wirtschaftskriminalität, Ost-Politik und Geheimdiensten.

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Leseprobe

Geheime Geschäfte
im Zentrum Europas


Diktatorengeld in der Europäischen Union, der Schweiz, in Liechtenstein und vor allem in Österreich? Millionenkonten von Despoten in Wien, Vaduz, Zürich? Dubiose Immobilienfinanzierungen mit kaukasischem Schurkengeld in Deutschland? Nicht erst seit den stetig verschärften Sanktionen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten gegen Russland und die Ukraine im Jahresverlauf 2014 richtet sich der Fokus der breiten Öffentlichkeit auf geheime Vermögen von Oligarchen, autoritären Machthabern und deren Gefolge im demokratischen Westeuropa. Seit Jahren tauchen regelmäßig schwere Vorwürfe auf, wonach Österreich, die Schweiz oder Liechtenstein durch ihre Art des Umgangs mit Millionen unbestimmter Herkunft die Finanzierung illegaler Aktivitäten begünstigen sollen. Ging es in den 1970er und 1980er Jahren noch um die mögliche Beihilfe zu blutigen terroristischen Aktivitäten (einige nahöstliche Top-Terroristen wie Abu Nidal oder der syrische Waffenschieber Monzer Al Kassar verfügten über Konten in Wien), so stand in 1990er Jahren die Begünstigung des Transfers von Milliarden aus dem vom Jelzin-Clan und seinen Freunden ausgeplünderten Russland im Zentrum der Vorwürfe. Kaukasische Mafia-Paten nützten Österreichs bisweilen grobmaschigen Umgang mit Geldwäsche-Bestimmungen damals ebenso und tun es in Teilbereichen bis heute. Ihre Werte schleusen sie durch das Land Richtung Spanien und Frankreich, wo sie in Luxusvillen residieren. Im 21. Jahrhundert wurden zwar Gesetze und Kontrollen verschärft – die richtig großen Fische schlüpften aber weiter durch das Netz der Behörden. Der libysche Ex-Diktator Gaddafi soll zuerst in der Schweiz und dann in Österreich Milliarden versteckt haben, ebenso der nordkoreanische Tyrann Kim Jong-il. Reiche Geschäftsleute aus dem Osten besitzen direkt oder über verdeckt agierende Mittelsmänner Hunderte, wenn nicht Tausende wertvolle Immobilien und sind an Firmenkonstruktionen beteiligt, deren Erträge wiederum in die undemokratischen Machtstrukturen ihrer Herkunftsländer fließen. Dort geht die Unterdrückung breiter Bevölkerungsteile dadurch weiter. Strohmänner und diskrete Investitionsvehikel von Herrschern aus dem Kaukasus und den zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken, wie etwa Kasachstan, runden dieses hässliche Konglomerat ab.

Diktaturen wirken aus dem Blickwinkel eines an Demokratie und Menschenrechte gewöhnten Mitteleuropäers wie Relikte einer grausamen Vergangenheit. Der Kolonialismus ist überwunden und es scheint unvorstellbar, dass demokratische Grundprinzipien an Stellenwert verlieren. Dabei sind autokratische und faschistische Herrschaftssysteme auch in Europa noch nicht allzu lange abgeschafft. Das faschistische Franco-Regime in Spanien, die Militärdiktaturen in Portugal und Griechenland, wirkten auch nach ihrer Überwindung Ende der Siebziger- und zu Beginn der Achtzigerjahre lange nach. Auch dort ging es vorrangig um zwei Dinge: um Macht und vor allem Geld. Und in Österreich und Deutschland wird auch sieben Jahrzehnte nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft noch immer über die Restitution geraubten jüdischen Vermögens gestritten. Zu Recht. Denn eines muss klar sein. Auch den Nazis ging es bei ihrer blutigen Auslöschung von Millionen Juden neben einer verbrecherischen Rassenideologie um die Aneignung von Vermögenswerten. Raubgold, gestohlene Kunstwerke und die Arisierung von Immobilienbesitz verfolgten das Ziel einer großangelegten Vermögensverschiebung. Diese Werte wurden teilweise ins Ausland geschafft: Die Schweiz, aber auch Südamerika waren die Zielländer dieser Verschleierungshandlungen. Die unrühmliche Rolle der Eidgenossenschaft bei diesem Raubzug wurde vor allem in den Neunzigerjahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends ausführlich dokumentiert. Die Nazis vertrauten ebenso auf das Schweizer Bankgeheimnis wie es heutige Diktatoren tun. Kein Grund also, die schmutzigen und blutigen Diktatorengelder als ein Phänomen zu betrachten, das mit Europa nichts zu tun hat. Im Gegenteil. Es sind gerade Österreich, Deutschland, die Schweiz und Liechtenstein, die aus einer unseligen Tradition heraus der Hauptanziehungspunkt für Geldwäsche und die begleitenden Tatbestände sind.

Ein Funken Hoffnung bleibt. Der »Diktatorenjäger« Reed Brody von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte der Schweizer Zeitung »Blick« im Oktober 2011 dazu: »Die Schweiz hat sich in den letzten Jahren vom sichersten Versteck zum riskantesten Ort für Diktatorengelder gewandelt.« Das liegt laut dieser Expertenmeinung daran, dass die Schweiz sofort Kontakte zu den Nachfolgeregierungen knüpfte, während andere Länder zuwarteten: »Kaum war der tunesische Präsident Zine el-Abidine Ben Ali ins Exil geflohen, entsandte die Schweiz einen Finanzspezialisten nach Tunis. Seither hilft er dort beim Aufbau rechtlicher Strukturen. In Bern liegt bereits ein offizielles Rechtshilfegesuch für die Rückführung der 60 Millionen Franken vor, die auf Schweizer Konten eingefroren sind. Kein anderes Land hat in Tunesien so viel erreicht.« Wie sich zeigt, ist die Rückführung allerdings nicht so einfach. Die NZZ berichtete Ende Dezember 2014: »Die Schweiz kann nicht wie geplant vorzeitig rund 40 Mio. USD an Tunesien zurückerstatten. Das Bundesstrafgericht hat die Beschwerde des Schwagers des gestürzten Präsidenten Zine al-Abidine Ben Ali gegen eine entsprechende Verfügung der Bundesanwaltschaft gutgeheißen.« Schweizer Banken sperrten zudem 45 Millionen Franken aus Syrien. Auch in Ägypten klären Schweizer Rechts- und Finanzexperten die Situation. Noch sind 410 Millionen Franken eingefroren, die der Familie von Ex-Präsident Hosni Mubarak gehörten. Ein von einem ägyptischen Gericht gefällter Freispruch für Mubarak im Zusammenhang mit der blutigen Niederschlagung der Proteste gegen sein Regime hat die Schweiz aber nun in eine schwierige Lage gebracht. Ohne rechtsgültiges Urteil gegen Mubarak wird es schwierig, die angeblich illegal erworbenen Gelder einzubehalten.

Im Kleinen gibt es noch einen Beweis, dass Sanktionen und die strenge Finanzkontrolle von Diktatoren durchaus Wirkung zeigen. So hat Deutschland die Auszahlung von Siegprämien an das Rennpferd des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow verweigert. Immerhin gewann »Zazou« 2014 stattliche Preisgelder im Großen Preis von Düsseldorf und Baden-Baden. Kadyrow gehören rund 100 Pferde in ganz Europa – solche Maßnahmen wie in Deutschland verleiden aber das teure Hobby. Das sich Kadyrow solche Extravaganzen überhaupt leisten kann, grenzt an ein Wunder. Offiziell verdient er nämlich nur 86.000 Euro jährlich – allein der Unterhalt eines Prestige-Gauls kostet aber bis zu 100.000 Euro pro Jahr. Transparency International kritisierte den Tschetschenen-Führer dafür wiederholt. Der hat aber eine simple Erklärung dafür: »Allah gibt!«, ließ er lapidar ausrichten.

Selbstverständlich kann und soll nicht jede Investition von Menschen aus diktatorisch regierten Ländern unter den Generalverdacht der Geldwäsche gestellt werden. Viele dieser meist bitterarmen Menschen, die den Großteil der dort lebenden Bevölkerung ausmachen, sind auf die Geldüberweisungen ihrer geflüchteten oder emigrierten Landsleute angewiesen. Daher gilt es klarzustellen: Nicht jeder tüchtige tadschikische Kaufmann, der in Österreich arbeitet und es vielleicht zu Wohlstand bringt, unterstützt mit seinem nach Hause geschickten Geld das dortige Regime. Selbstverständlich können und sollen Russen, Ukrainer oder Araber in Europa Immobilienbesitz erwerben dürfen. Unsere Grundrechte gelten für alle. Und die Neugier und Überwachungssystematik der europäischen Regierungen ist ohnehin schon an einem Punkt angelangt, der die Freiheit des einzelnen Bürgers arg zu beschneiden droht. Dennoch ist es wichtig, die Vermögensflüsse transparenter zu machen. Denn es gibt kein Grundrecht auf Schwarzgeld. Der Vormarsch des sogenannten Islamischen Staates (IS) zeigt deutlich, dass auch terroristische Organisationen mittlerweile nach kaufmännischen Gesichtspunkten handeln. Ihre Währung ist Angst, doch ihr Einfluss speist sich aus dubiosen Konten. Mag die unmittelbare Finanzierung auch mit dem Geld religiöser Fanatiker aus Saudi-Arabien oder durch den Drogenhandel erfolgen – ohne sichere Gelddepots im Ausland ist kein (Islamischer) Staat zu machen.

Die Osama-Verbindung nach Österreich


Damit ist auch schon der Kernpunkt der Materie erreicht, was am besten mit folgendem Beispiel zu zeigen ist. Denn sogar von Osama bin Laden, dem berüchtigten Drahtzieher der Terroranschläge des 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York, soll eine spektakuläre Geldspur nach Österreich führen. Das Wochenmagazin »profil« berichtete wenige Wochen nach der Katastrophe in Manhattan von einem Konto der Erste Bank, dessen Inhaber die in der sudanesischen Hauptstadt Karthum registrierte Privatbank Al Shamal Islamic Bank war. Die damals für Terrorismusbekämpfung zuständige Sondereinheit EDOK ließ das Konto sofort sperren und beschlagnahmte sämtliche auf Mikrofilm gelagerten Datensätze des Kontos. Warum? Die Al Shamal Bank wird laut dem US-Geheimdienst CIA dem Terrorpaten Osama Bin Laden zugerechnet. »profil« schrieb im Oktober 2001: »Die bis heute existente Kontoverbindung legt nahe, dass Bin Ladens Organisation al-Qa’ida doch Gelder nach oder zumindest über Österreich transferiert haben dürfte.« Eine Erste-Sprecherin damals: »Wir können nur bestätigen, dass es eine Geschäftsbeziehung zur Al Shamal Bank gab. Über das Konto wurden Handelsfinanzierungen zwischen Österreich und dem Sudan abgewickelt.« Das Ausmaß und die Natur dieser »Handelsfinanzierungen« wollte in der Erste Bank niemand kennen. Gleichzeitig konnte aber...

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