Das Verhältnis von Identitätsverlust und Erinnerung in Marcel Prousts 'Recherche' und Rainer Maria Rilkes 'Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge'
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,7, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Sprache: Deutsch, Abstract: In seiner Theorie des Romans bezeichnet Georg Lukács die 'Wanderung des problematischen Individuums zu sich selbst' als essentielles, die Gattung des Romans bestimmendes Merkmal. Demzufolge stehe im Zentrum der Handlung der 'Weg von der trüben Befangenheit in der einfach daseienden, in sich heterogenen, für das Individuum sinnlosen Wirklichkeit zur klaren Selbsterkenntnis', den der Protagonist beschreitet. Zwar ist die Kritik, die Lukács für diese Definition über Jahrzehnte erfuhr, nicht von der Hand zu weisen, jedoch erscheint sie insbesondere dem modernen Roman wie auf den Leib geschneidert, da sie den Protagonisten von seiner statischen Rolle des Handelnden befreit und ihn viel mehr als Träger eines individuellen inneren Prozess begreift. Eben diese Dissonanz zwischen dem modernen, nach Selbsterkenntnis strebenden Protagonisten und der 'sinnlosen Wirklichkeit' konstituiert den Ausgangspunkt dieser Arbeit: Anhand zweier bekannter Protagonisten der Weltliteratur, nämlich Rainer Maria Rilkes Malte Laurids Brigge und Marcel Prousts Ich-Erzähler der Recherche, den wir im weiteren Verlauf der Arbeit Marcel nennen werden , wollen wir diesen existentiellen Konflikt zunächst in seinem Ursprung und seinen Auswirkungen aufarbeiten und ergründen. Im Fokus dieser Arbeit wird jedoch die von Lukács beschriebene 'Wanderung des problematischen Individuums zu sich selbst' stehen, d.h. das Vorgehen der Protagonisten gegen den Verlust ihrer Identität in einer zunehmend entfremdeten Welt. Hierbei soll insbesondere die Erinnerung als Schlüsselelement zur Rekonstitution des Ichs beleuchtet werden, da sie trotz verschiedener Funktionsweisen die beiden Protagonisten miteinander verbindet und somit neben dem Identitätsverlust eine weitere Parallele der untersuchten Romane darstellt. In diesem Zusammenhang stellt sich schließlich auch die Frage, ob das Vertrauen in die Kraft der zeitlosen Erinnerung eine erfolgreiche Methode zur Gegenwartsbewältigung darstellt oder ob die Protagonisten sich letztendlich wieder am Ausgangspunkt ihrer Krise befinden.
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