Wie viele Runden halten Sie durch?
In dieser Sekunde können Sie sich entscheiden, im künftigen Berufsleben Spitzenleistungen abzuliefern. Sie glauben es nicht? Starten wir mit einem Beispiel mitten aus dem Leben.
Beispiel
Nehmen wir Markus Korn, 35 Jahre, Bankkaufmann, Sparkassenangestellter, seit der Ausbildung in derselben Filiale. Er kennt alle seine Kunden in- und auswendig, weiß um alle Vorgaben und Vorschriften. Seine Arbeit beschränkt sich hauptsächlich auf eingefahrenen Alltagstrott. Korn liest dieses Buch. Oder er bucht ein Seminar, hört einen Podcast oder was auch immer zu diesem Thema. Vielleicht ist Wochenende. Dann kommt die alles entscheidende Sekunde der Wahrheit: Er beschließt am Sonntagabend, ab Montagmorgen hochwertige Qualität abzuliefern in allen Bereichen. Das kann nicht überall auf Anhieb gelingen. Aber sein Filialleiter wird schnell merken, dass plötzlich ein veränderter junger Korn am Werk ist. Routineformulare werden zügiger als sonst bearbeitet, konzentrierter. Kundentermine absolviert der neue Spitzenleister noch zuvorkommender als bisher und würzt sie mit kreativen Lösungsvorschlägen. Schon am Dienstag gelingt es Korn, einer jungen Familie eine vorher aussichtslos scheinende Baufinanzierung zu verschaffen. Am Freitag fragen ihn die Kollegen scherzhaft, ob er gedopt sei. Einen Monat später bittet er seinen Filialleiter um die Freigabe zu einer Zusatzqualifikation ... Können Sie sich vorstellen, was mit dem Mann passiert ist? Falsch gestellte Frage: Können Sie sich vorstellen, was Markus Korn aus seinem Leben machen wird? Ich kann es Ihnen verraten: Er ist heute Geschäftsführer einer gut aufgestellten Privatbank. Er hat eine frühere Kollegin geheiratet, hat mit ihr vier Kinder und ist sehr glücklich. Woher ich das weiß? Der heute nicht mehr ganz so junge Mann nahm vor 13 Jahren an einem meiner Seminare teil. Wir stehen nach wie vor in Verbindung. Markus Korn erbringt noch immer tagtäglich Spitzenleistung.
So kann es sein. Doch vielerorts sieht es ganz anders aus.
Beispiel
Coaching mit einem Manager bei einer großen Versicherung. Nach einem kurzen Warming-up erzählt er ziemlich aufgeregt: „Wissen Sie, wir hatten letztes Jahr in meinem Bereich das beste Ergebnis der gesamten Geschichte unseres Konzerns. Natürlich, es war auch etwas Glück dabei. Aber insgesamt haben wir das ganze Jahr über hart für unseren Erfolg gearbeitet. Wir haben alles gegeben, als Team und jeder einzelne. Ich geriet oft an meine Grenzen, sowohl psychisch als auch physisch.“ Er macht eine lange Pause. „Und wissen Sie, was das Schlimme daran ist? Das Schlimme ist, dass am 1. Januar alle Uhren wieder auf null gestellt werden und die Latte dann noch ein bisschen höher gelegt wird.“
Klar haben wir Verständnis für diesen Mann und seine Haltung. Wer würde an seiner Stelle nicht resignieren? Zumindest im ersten Augenblick. „Doch, halt!“, möchte ich Ihnen zurufen. „Nicht resignieren, nicht aufgeben …“ Genau das ist doch das Leben. Ihr Leben ist nicht am 31.12. zu Ende. Sie starten doch bloß in die nächste Runde. Und nach weiteren zwölf Monaten in die übernächste. Wieder und wieder, jedes Jahr.
Das Leben ist kein Sprint
Auch wenn viele es glauben und sich so verhalten: Es geht nie – nie (!) – darum, nur die nächste Runde zu überstehen. Sie werden noch unendlich viele Runden laufen. Beruflich, persönlich, in Ihrer Beziehung. Das ist immer so. Das sind die Spielregeln. Die muss man kennen und sich danach ausrichten. Dann kann – fast – nichts mehr passieren. Auf eine Laufstrecke übertragen, könnte man formulieren: Das Leben ist kein Sprint. Es ist nicht einmal ein Marathon. Das Leben besteht aus unzähligen Sprints und Ruhephasen, aus vielen Marathons, aus Vorbereitung, Nachbereitung, aus Regeneration, Schlappheit, Verletzungen, entscheidenden Augenblicken und, und, und.
In jedem von uns steckt ein Spitzenleister
Vielleicht liest sich das auf den ersten Blick nicht allzu aufbauend. Nichtsdestotrotz kann es durchaus erquicklich sein. Schließlich gibt es genügend Vorbilder, die langfristig erfolgreich waren und aufzeigen, wie gut das funktionieren kann. Bekannt, da in der Öffentlichkeit stehend, sind Sportler, Manager, Schauspieler, Unternehmensführer, Politiker, Musiker. Betrachtet man solche Musterexemplare des langfristigen Erfolgs, keimt schnell der Verdacht auf, nur ganz besondere Ausnahmetalente wären zu dauerhaften Spitzenleistungen befähigt. Dass dem nicht so ist, dass auch „ganz normale“ Menschen dauerhaft Spitzenleistungen erbringen können, zeigen die Beispiele in diesem TaschenGuide. Vielleicht erkennen Sie sich in dem einen oder anderen der dort beschriebenen Alltagshelden wieder oder lassen sich von ihm beflügeln.
Wichtig
Es kann unendlich wohltuend sein zu wissen, dass die Oma zwei Straßen weiter schon seit Jahrzehnten persönliche Spitzenleistung erbringt. Sie wird es wohl anders bezeichnen, aber im Grunde arbeitet sie nach den gleichen Prinzipien wie der Inhaber eines Firmenimperiums oder ein Olympiasieger.
Es geht nicht um andere, es geht um Sie
„So, wie es momentan bei mir läuft, soll es nicht mehr weitergehen.“ Manche, von denen ich dies höre, sind auf einem mehr oder weniger geradlinigen Weg nach oben, machen Karriere. Andere haben längst Karriere gemacht. Und wieder andere wissen überhaupt nicht mehr, warum sie in ihrem Job ständig Vollgas geben sollen. Allesamt haben diese Menschen schon viel geleistet, und alle spüren sie, dass dies auf Dauer nicht so weitergehen kann. Dass sich die Kräfte erschöpfen, dass etwas nicht stimmt, dass sie nicht bis zum Ende ihres Berufslebens durchhalten können. Die Crux: Mal so richtig Gas geben kann fast jeder. Ein Strohfeuer entfachen? Schnell mal einen guten Eindruck machen? Nichts leichter als das.
Nicht von ungefähr bekämpfe ich allerorts das Phänomen des „Impressions-Managers“. Das ist jene Sorte von Führungskräften, der es wichtiger ist, Eindruck zu schinden, als solide Leistungen zu erbringen. Nur selten sind diese beiden Zielsetzungen deckungsgleich. Der gute Eindruck ist oft Blendwerk und meist von nur kurzfristiger Natur. Das erinnert an das sog. Home Staging. Da wird eine Immobilie vor dem Verkauf tüchtig „aufgehübscht“: schöne frische Farben an die Wände, alles sauber, poliert, hübsche Leihmöbel. Das garantiert einen guten Eindruck – und einen höheren Verkaufspreis. Schon Konfuzius stellte fest: „In alten Zeiten lernte man, um sich selbst zu vervollkommnen; heute tut man es, um auf andere Eindruck zu machen.“ Ganz im Sinne des chinesischen Weisen und konträr zum Gebaren des Impressions-Managers geht es langfristig nie darum, anderen einen guten Eindruck zu vermitteln. Es geht in erster Linie um Sie selbst. Doch wie schaffen Sie es, nicht nur kurzfristig, sondern tagtäglich, über Jahre und Jahrzehnte hinweg, Ihr Bestes zu geben? Auch in schwierigen Phasen? Vor allem im Alltag, wo schleichende Gewohnheiten häufig gefährlicher die Kräfte schwinden lassen als eine kurzfristige Krise?
Es heißt, man erkenne den Charakter eines Menschen am besten daran, wie er sich ohne Zuschauer und Beobachter verhält. Und genau das ist der Punkt: Sind Sie bereit, Ihr Bestes zu geben, auch wenn niemand zuschaut, es niemanden interessiert?
Beispiel
Dr. Stefan Lenzenbroich, Leiter der 250 Mitarbeiter starken Qualitätsentwicklung eines größeren Unternehmens: „Ich bin 43 Jahre alt, seit fast 25 Jahren im Beruf. Ich weiß noch genau, wie ich damals angefangen habe. Schon in den ersten Monaten konnte ich überzeugen, erste Erfolge einfahren. Das fiel schnell auf, auch in der HR-Abteilung. Ich kam in ein Förderprogramm, durfte Zusatzqualifikationen erwerben, im Ausland Symposien besuchen und vieles mehr. Anfänglich wirkte das auf mich wie eine Droge: Beförderung, mehr Gehalt, höheres Ansehen, mehr Macht, Einfluss, Verantwortung. Wow! Gut so! Genau so sollte es weitergehen. Doch irgendwann, ich kann gar nicht genau sagen, wann und durch welche Umstände, kam bei mir allmählich ein Gefühl hoch, besser gesagt eine Erkenntnis: Mir geht es ja gar nicht besser, wenn ich immer schneller unterwegs bin. Ím Gegenteil, ich fühlte mich immer schlechter. Ich fragte mich: Wo wollte ich eigentlich ursprünglich hin? Mir machte die Arbeit trotz meiner Erfolge weniger und weniger Spaß. Und dann kam ganz plötzlich der Zusammenbruch: Burn-out! Ohne ihn hätte ich nie gemerkt, dass ich auf meiner Überholspur geradewegs in eine Sackgasse gerast bin.“
Liest man dies, wird klar: Das Ziel ist nicht eine einmalige Wahnsinnsleistung. Es steht nicht einmal im Brennpunkt, zig-fach Erfolge einzufahren. Nein, es geht darum, ausdauernd auf einem hohen – vielleicht dem persönlich höchstmöglichen – Niveau zu agieren und dabei nicht nur nicht auszubrennen, sondern sich auf Dauer Lust und...