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E-Book

Auf den Spuren Interpretativer Unterrichtsforschung in der Mathematikdidaktik. Götz Krummheuer zum 60. Geburtstag

VerlagWaxmann Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl329 Seiten
ISBN9783830973980
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,40 EUR
Die Interpretative Unterrichtsforschung ist ein Zweig der Mathematikdidaktik, der entscheidend dazu beigetragen hat, die Mathematikdidaktik als wissenschaftliche Disziplin zu etablieren. Ihre Wurzeln reichen bis in die 1970er Jahre zurück. Die Interpretative Unterrichtsforschung hat viele Gesichter. Ein Name, der untrennbar mit der Interpretativen Unterrichtforschung verknüpft ist, ist Götz Krummheuer. Von Beginn seiner Forschungstätigkeiten an hat Götz Krummheuer maßgeblich an der theoretischen Ausdifferenzierung dieses Ansatzes mitgewirkt. Seine Arbeiten schaffen forschungsmethodisch und forschungsmethodologisch Orientierungen für die empirische Theoriegenese in der Interpretativen Unterrichtsforschung.
Der Sammelband ist Götz Krummheuer zum 60. Geburtstag gewidmet. Die Aufsätze in diesem Band zeigen sehr unterschiedliche Aspekte der interpretativen empirischen Forschung in der Mathematikdidaktik auf. Was die Beiträge bei aller Verschiedenheit eint, ist ihre konsequente empirische Grundlegung, die Götz Krummheuer in besonderer Weise in all seinen Arbeiten vertritt und für die er immer wieder das Wort erhebt.

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Kapitelübersicht
  1. Inhalt und Vorwort
  2. Identität, Argumentation und Partizipation – Mathematiklernen im Kontext biographischer und alltäglicher Lebenswelten
  3. Die Rahmung der Rahmung
  4. Argumentationen – sine qua non?
  5. Erste Schritte zur Verwendung der algebraischen Symbolsprache
  6. Rationale Modellierungsprozesse
  7. Support in mathematischen Eltern-Kind-Diskursen: funktionale Betrachtung einer Interaktionsroutine
  8. „... und der Elefant in die Mitte“ – Rekonstruktion mathematischer Konzepte von Kindern in Gesprächssituationen
  9. Implizite Pädagogik – eine Barriere für Lernen im Mathematikunterricht der Grundschule
  10. Die Entwicklung der Semiotischen Prozess-Karten
  11. Reassembling the Social Classroom Mathematikunterricht in einer Welt der Dinge
  12. Bedingungen praxisbezogener Professionalisierung von Mathematiklehrkräften – Diagnosegespräche, kollegiale Reflexionen und theoriegeleitete Interpretation
  13. Schriftenverzeichnis Götz Krummheuer (1978–2010)
  14. Autorinnen und Autoren
Leseprobe
Implizite Pädagogik – eine Barriere für Lernen im Mathematikunterricht der Grundschule (S. 209-210)

Marcus Schütte

1 Chancengleichheit trotz sprachlich-kultureller Vielfalt

Die Schülerschaft in deutschen Schulen ist aufgrund der Zuwanderung in den letzten Jahrzehnten durch Mehrsprachigkeit und unterschiedliche kulturelle Hintergründe geprägt; aktuell hat nahezu ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in deutschen Schulen einen Migrationshintergrund. Dieser Umstand wäre nicht weiter bedenkenswert, wenn alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn hätten. Das ist jedoch nicht der Fall (vgl. OECD 2006, S. 30).

So lässt sich z.B. aus den Ergebnissen von PISA 2000 ableiten, dass das deutsche Schulsystem durch früh einsetzende und starke Selektionsprinzipien keine gewünscht hohe Qualität an Schulleistungen in seiner Breite erbringt, sondern lediglich die Chancenungleichheit innerhalb des Systems Schule auf ein internationales Spitzenniveau hebt. Dies mag verwundern, da in Deutschland gemeinhin angenommen wird, eine starke Selektion führe zu einer hohen Qualität. Betrachtet man die Ergebnisse von PISA 2000 genauer, ist dieser Annahme zu widersprechen. So schaffen es acht von den elf Ländern mit der höchsten Chancengleichheit unter den OECD-Staaten der PISA-Studie 2000, eine hohe Qualität an Lesekompetenz zu erreichen.

Lediglich Spanien scheint eine hohe Chancengleichheit seiner Schülerschaft nur auf international vergleichsweise niedrigem Leistungsniveau zu erreichen (vgl. OECD 2005, 27ff.). Der Schlüssel, Schulsysteme mit international vergleichsweise hoher Qualität zu etablieren, scheint demnach nicht in einer frühen Auslese, sondern in der gezielten Integration einer vielfältigen Schülerschaft zu liegen. Die einfache Formel könnte lauten: Chancengleichheit schafft Qualität in der Breite.

Ein solcher konstruktiver Umgang mit einer Schülerschaft, die sprachlich-kulturell vielfältig ist und aus Familien mit sogenannter unterschiedlicher Bildungsnähe stammt, gelingt in deutschen Schulen bis jetzt höchstens ansatzweise. Hierdurch scheint der Erfolg des gesamten Schulsystems in seiner Breite gefährdet (vgl. OECD 2006, S. 30). Großes Potenzial zur Veränderung dieser Situation liegt nach einhelliger Meinung – gerade für Schülerinnen und Schüler, die in mehr als einer Sprache leben und lernen – im Beherrschen der deutschen Sprache. Dies erscheint plausibel.

Aber wie unterstützt man Kinder auf dem Weg zum Beherrschen der notwendigen Kompetenzen im Deutschen, sodass diese nicht nur im Deutsch-, sondern auch im übrigen Fachunterricht aktiv teilnehmen und lernen können? Die Ergebnisse von internationalen Vergleichsstudien wie PISA 2003 sowie IGLU legen den Schluss nahe, dass schlechtere Bildungschancen und Schulleistungen – auch die im Fach Mathematik – von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund vorwiegend auf außerhalb der Schule liegende Ursachen, wie z.B. den sozioökonomischen Hintergrund oder die im Elternhaus gesprochene Sprache, zurückzuführen sind.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt8
Vorwort10
Identität, Argumentation und Partizipation – Mathematiklernen im Kontext biographischer und alltäglicher Lebenswelten16
1 Lebenswelt und Situationsdefinition16
2 Notationen des Gesprächs18
3 Analysen der Szene23
4 Reflexion der Analysen mit Blick auf die Theoriegenese34
5 Rückblick und Ausblick39
Die Rahmung der Rahmung44
1 Vorbemerkung44
2 Einleitung46
3 Rahmung in der soziologischen Theoriebildung48
4 Zwischenbemerkung: Zur Funktion von Metaphern und Analogien50
5 Rahmen und Rahmungsdifferenzen in der interpretativen Unterrichtsforschung52
6 Rahmung und ihre Werte in der bildungssoziologischen Unterrichtsforschung56
7 Wissen und Erfahrung – Vergleich der Rahmungsbegriffe60
8 Zusammenfassung63
Argumentationen – sine qua non?68
1 Einführung68
2 Analyse von Argumentationsprozessen im Mathematikunterricht69
3 Beispiele von komplexen Argumentationen in Beweisprozessen74
4 Grafische und schriftliche Elemente in Beweisprozessen82
5 Argumentationen als Bedingung für das Lernen von Beweisen88
6 Zusammenfassung und Ausblick91
Erste Schritte zur Verwendung der algebraischen Symbolsprache96
1 Einleitung96
2 Interview und Methoden der Interviewanalyse97
3 Strukturen erkennen, beschreiben, darstellen100
4 Charakteristische Fallbeispiele – Argumentation bei der Frage nach der 10er-Würfelschlange103
5 Abschließende Erörterungen113
6 Bedeutung der Analyse von individuellen mathematischen Deutungen der Lernenden für den Unterrichtsalltag114
Rationale Modellierungsprozesse118
1 Der Lauf des Modellierens119
2 Theoretische Grundlage für die Analyse von Modellierungsprozessen126
3 Analyse der Bearbeitung der „Tanken“-Aufgabe130
4 Theoretische Vertiefung140
5 Abschließende Erörterungen143
Support in mathematischen Eltern-Kind-Diskursen: funktionale Betrachtung einer Interaktionsroutine150
1 Einleitung: Die Familie als Raum mathematischer Sozialisation150
2 Forschungskontext: „Home Mathematics“151
3 (Mathematischer) Support153
4 Forschungsdesign155
5 Die elizitierte Fortführung: Timing als Support157
6 Die elizitierte Fortführung: interaktionstheoretische Klärung160
7 Die elizitierte Fortführung: Funktion162
8 Theoretische Folgerungen: ein MASS-Element173
„... und der Elefant in die Mitte“ – Rekonstruktion mathematischer Konzepte von Kindern in Gesprächssituationen178
1 Einleitung178
2 Theoretische Rahmung179
3 Analyse ausgewählter Sequenzen mathematischer Gesprächssituationen mit Kindern unterschiedlicher Altersstufen188
4 Abschließende Betrachtung203
Implizite Pädagogik – eine Barriere für Lernen im Mathematikunterricht der Grundschule210
1 Chancengleichheit trotz sprachlich-kultureller Vielfalt210
2 Die Unterrichtsszene kgV213
3 Methodologie und methodisches Vorgehen222
4 Die Analyse der sprachlichen Gestaltung224
5 Theoretische Reflexion: Implizite Pädagogik als Barriere der Chancengleichheit232
6 Konsequenzen und Ausblick235
Die Entwicklung der Semiotischen Prozess-Karten244
1 Das Projekt ‚Mathe-Chat‘245
2 Mathematische Inskriptionen247
3 Aspekte der Semiotik von Charles Sanders Peirce248
4 Semiotische Prozess-Karten252
5 Ein empirisches Beispiel254
6 Ergebnisse262
Reassembling the Social Classroom Mathematikunterricht in einer Welt der Dinge268
1 Einleitung268
2 Theoretischer Rahmen271
3 Methodologische Aspekte276
4 Mathematikunterricht in einer Welt der Dinge: auf der Suche nach einem Objekt integrierenden Ansatz287
Bedingungen praxisbezogener Professionalisierung von Mathematiklehrkräften – Diagnosegespräche, kollegiale Reflexionen und theoriegeleitete Interpretation292
1 Einleitung292
2 Theoretischer Hintergrund292
3 Methodischer Hintergrund: Projekt MathKiD298
4 Interaktive Konstruktionen mathematischen Wissens – Diagnosegespräch und kollegiale Reflexion300
5 Wie kann Verstehen in Schülergesprächen und Lehrerreflexionen möglich werden? – Zusammenfassung und Ausblick313
Schriftenverzeichnis Götz Krummheuer (1978–2010)320
Autorinnen und Autoren328

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