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Denken hilft zwar, nützt aber nichts

Warum wir immer wieder unvernünftige Entscheidungen treffen

AutorDan Ariely
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783426402092
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Warum wir ticken, wie wir ticken Der Sachbuch-Bestseller des Verhaltens-Psychologen Dan Ariely erklärt, wie wir Entscheidungen treffen: mit der Logik der Unvernunft Kennen Sie das auch? Beim Anblick eines köstlichen Desserts fallen uns spontan tausend vernünftige Gründe ein, unser Diät-Gelübde zu brechen. Wir sind fest davon überzeugt, dass teure Produkte besser wirken als billige. Und für jeden von uns gibt es etwas, für das wir bereit sind, deutlich mehr Geld auszugeben, als wir haben - aus ganz vernünftigen Gründen, versteht sich. Bestseller-Autor Dan Ariely stellt unser Verhalten auf den Prüfstand, um herauszufinden, warum wir immer wieder unvernünftig handeln - und dabei felsenfest überzeugt sind, uns von Vernunft leiten zu lassen. Denn wenn wir Entscheidungen treffen, gehen wir davon aus, dass wir das Für und Wider vernünftig abwägen. In Wahrheit werden unsere Entscheidungen jedoch meist von vorgefassten Urteilen und einer gelernten Weltsicht beeinflusst. Unvernünftige Entscheidungen liegen offenbar in der menschlichen Natur begründet. Ebenso unterhaltsam wie spannend zeigt der renommierte amerikanische Verhaltens-Psychologe Dan Ariely in seinem Bestseller, wie die meisten unserer Entscheidungen tatsächlich zustande kommen, und wie unvernünftig unsere Vernunft oft ist. »Ein ebenso amüsantes wie lehrreiches Buch.« Der Spiegel

Dan Ariely, geboren 1968, studierte Psychologie und Betriebswirtschaft. Ab 1998 war er Professor für Verhaltensökonomik am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und leitete dort u.a. die Forschungsgruppe eRationality. Seit 2008 lehrt er an der renommierten Duke University. Er ist Gründer und Direktor des Center for Advanced Hindsight.

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Leseprobe

An meine Leser


Liebe Leser, Freunde und Fans der Sozialwissenschaften

Willkommen zur aktualisierten und erweiterten Ausgabe von Denken hilft zwar, nützt aber nichts.

Seit meinen ersten Tagen als Patient in der Abteilung für Brandopfer[1] ist mir absolut klar, dass Menschen Dinge tun und Entscheidungen treffen, die häufig nichts mit Rationalität zu tun haben und gelegentlich auch alles andere als ideal sind. Im Lauf der Jahre habe ich versucht, die dummen, albernen, seltsamen, amüsanten und manchmal auch gefährlichen Fehler zu verstehen, die wir alle hin und wieder machen – in der Hoffnung, wir könnten uns aufgrund solcher Einsichten dazu erziehen, bessere Entscheidungen zu treffen.

Mein theoretisches und angewandtes Wissen über Irrationalität hat mich zu der neuen Disziplin der Verhaltensökonomik geführt, wo ich gewisse Spleens als grundlegendes Element des menschlichen Verhaltens begreifen lernte. Bei meinen Forschungen habe ich etliche menschliche Schwächen unter die Lupe genommen und Fragen gestellt wie: Warum geraten wir vollkommen aus dem Häuschen, wenn etwas kostenlos ist? Welche Rolle spielen Emotionen bei unseren Entscheidungen? Warum lassen wir uns immer wieder dazu verleiten, etwas auf die lange Bank zu schieben? Welche Funktion haben unsere seltsamen sozialen Normen? Warum klammern wir uns an falsche Überzeugungen, obwohl alles für das Gegenteil spricht? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen hat mir unendliche Stunden Spaß beschert, und die neuen Erkenntnisse, die sich daraus ergaben, haben mein berufliches und privates Leben verändert.

Die Experimente, die ich zusammen mit meinen Kollegen durchführte, halfen uns zu verstehen, warum unsere Probanden (und die Menschen im Allgemeinen, wir selbst eingeschlossen) nicht immer der Logik folgen. Es verschaffte mir Befriedigung herauszufinden, warum wir so handeln, wie wir handeln, und es bereitete mir Vergnügen, anderen Menschen, die sich selbst darüber wunderten, was für Entscheidungen sie gelegentlich trafen, unsere Erkenntnisse zu vermitteln.

Trotz alledem stellten sich mir vor der Finanzkrise des Jahres 2008 etliche Hindernisse in den Weg, wenn ich unsere Ideen, Experimente und Erkenntnisse ausführlicher erläutern wollte. So überfiel mich beispielsweise ein Bursche, den ich Mr. Logik nennen möchte – stellvertretend für viele Menschen, mit denen ich im Lauf der Jahre diskutiert habe –, nachdem ich bei einer Konferenz einen Vortrag gehalten hatte.

»Mir haben die vielen kleinen Irrationalitäten gefallen, die Sie in Ihren Experimenten zutage gefördert haben«, sagte er zu mir und überreichte mir seine Visitenkarte. »Sie sind ziemlich interessant – tolle Geschichten für Cocktailpartys.« Er machte eine Pause. »Aber Sie haben keine Ahnung, wie es in der realen Welt aussieht. Wenn es um wichtige Entscheidungen geht, verschwinden natürlich all diese irrationalen Verhaltensweisen. Wo es wirklich darauf ankommt, wägen die Menschen ihre Wahlmöglichkeiten sorgfältig ab, bevor sie handeln. Und an der Börse, wo äußerst wichtige Entscheidungen getroffen werden, treten all diese Irrationalitäten ganz bestimmt zurück, und die Rationalität gewinnt die Oberhand.«

Eine solche Haltung ist nicht auf die Ökonomen der Chicagoer Schule – die Elite des rationalen Wirtschaftsdenkens – beschränkt. Ich war oft erstaunt, wie verbreitet diese Einstellung (ich würde sogar sagen: Indoktrination) unter Leuten ist, die keine besondere wirtschaftliche Ausbildung besitzen. Die grundlegenden Gedanken der Ökonomie und der Glaube an eine allumfassende Rationalität haben so tiefe Wurzeln in unserer Sicht der sozialen Welt geschlagen, dass Menschen aus allen Berufen sie als fundamentale Naturgesetze zu betrachten scheinen. Und was das Börsenparkett angeht, gelten Rationalität und Wirtschaft als ebenso ideales Paar wie Fred Astaire und Ginger Rogers.

Wenn ich mit dieser Art von Kritik konfrontiert wurde, bohrte ich ein wenig nach und fragte, warum der Glaube an die Rationalität immer dann zutage trete, wenn Leute Entscheidungen an der Börse träfen. In der Regel versuchte mein Gesprächspartner dann, mich mit sichtlicher Geduld von seiner Denkweise zu überzeugen. »Begreifen Sie doch«, pflegte Mr. Logik zu sagen, »wenn eine Menge Geld auf dem Spiel steht, denken die Leute besonders intensiv über ihre Möglichkeiten nach und tun ihr Bestes, um ihren Gewinn zu maximieren.«

»Sein Bestes tun«, entgegnete ich, »ist nicht dasselbe wie die Fähigkeit, optimale Entscheidungen zu treffen. Was ist mit den Investoren, die ihr ganzes Geld in Aktien ihrer eigenen Firma anlegen,[2] nicht genügend streuen und einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens verlieren? Was ist mit den Leuten, die auf ihren 60. Geburtstag zugehen und immer noch nicht in die Altersvorsorge eingezahlt haben? Sie verzichten auf kostenloses Geld, weil sie es zusammen mit dem Arbeitsgeberanteil fast unmittelbar von der Steuer abziehen können.«[1] »Gut«, räumte er, wenn auch widerstrebend, ein. »Es stimmt, dass private Investoren manchmal Fehler machen, aber Profis müssen per Definition rational handeln, weil viel Geld durch ihre Hände geht und sie dafür bezahlt werden, dass sie ihre Gewinne maximieren. Darüber hinaus stehen sie im Wettbewerb, was sie auf Trab hält und dafür sorgt, dass sie stets den Regeln nach korrekte Entscheidungen treffen.«

»Wollen Sie wirklich damit sagen«, pflegte ich dann mit einem Augenzwinkern zu fragen, »dass professionelle Anleger niemals große Fehler machen, weil sie in ihrem eigenen Interesse handeln?«

»Nicht immer«, erwiderte Mr. Logik dann gelassen, »aber unter dem Strich treffen sie den Regeln nach korrekte Entscheidungen. Der eine macht einen zufälligen Fehler in diese Richtung, der andere macht einen Fehler in eine andere Richtung, und zusammengenommen heben sich all diese Fehler gegenseitig wieder auf, so dass die Preisbildung auf dem Markt optimal bleibt.«

An diesem Punkt, muss ich gestehen, riss mir meist der Geduldsfaden. »Wieso glauben Sie«, fragte ich, »dass die Fehler, die Menschen machen – selbst wenn es sich um professionelle Anleger handelt –, einfach nur zufälliger Art sind? Denken Sie an Enron. Die Buchprüfer befanden sich in großen Interessenkonflikten, weshalb sie letztlich bei dem, was innerhalb des Unternehmens vor sich ging, ein Auge zudrückten (oder vielleicht auch beide, und sich außerdem Nase und Ohren zustopften). Oder nehmen Sie die Anreize für Geldmanager, die dicke Kohle machen, wenn ihre Klienten Gewinne erzielen, aber nichts verlieren, wenn das Gegenteil eintritt. Unter solchen Bedingungen – also dort, wo ständig Anreize, die in die falsche Richtung gehen, und Interessenkonflikte vorhanden sind – machen die Leute höchstwahrscheinlich immer wieder dieselben Fehler, und zwar Fehler, die sich nicht gegenseitig aufheben. Diese Fehler bergen die größte Gefahr, weil sie keineswegs zufällig sind und unterm Strich für die Wirtschaft verheerend sein können.«

An diesem Punkt zog Mr. Logik dann immer die letzte Waffe aus seinem Arsenal und erinnerte mich (Zack! Peng!) an die Macht der Kursdifferenz – die magische Kraft, die die Fehler Einzelner ausgleicht und den Markt als Ganzen vollkommen rational handeln lässt. Und wie funktioniert das? Nun, wenn die Märkte frei sind und es keine Reibungen gibt – selbst im Fall, dass die meisten Anleger irrational vorgehen –, wird eine kleine Gruppe superschlauer, rationaler Anleger von den falschen Entscheidungen aller anderen profitieren (indem sie zum Beispiel Aktien von jenen unter uns kaufen, die diese Aktien irrtümlich unterbewerten) und im Lauf des Wettbewerbs um ein größeres Stück vom Kuchen selbst viel Geld gewinnen und die Preisgestaltung des Marktes wieder auf ein rationales und korrektes Maß bringen. »Die Kursdifferenzen zeigen also, dass Ihr Konzept der Verhaltensökonomik falsch ist«, schloss Mr. Logik triumphierend.

Leider lässt sich dieses Argument nicht empirisch überprüfen, da wir nicht eine Variante des Aktienmarkts nehmen können, die aus Otto Normalverbrauchern wie Ihnen und mir, und einer anderen, die aus Otto Normalverbrauchern plus ein paar dieser ganz besonderen, höchst rationalen Anleger besteht – jenen Supermännern, die tagtäglich die Finanzwelt vor Gefahren retten, dabei aber ihre Anonymität wahren und als Clark Kents auftreten.

Ich wünschte, ich könnte berichten, dass ich in vielen Fällen meine Gesprächspartner von meinem Standpunkt überzeugen konnte, aber fast immer war ziemlich klar, dass sich keine Seite zur Sichtweise der anderen bekehren ließ. Natürlich hatte ich die größten Schwierigkeiten bei Gesprächen mit eingefleischten Ökonomen der rationalen Schule, die die Ergebnisse meiner Experimente beinahe ebenso wenig ernst nahmen, wie ihr Glaube an die Rationalität geradezu religiöser Art war (wenn man mit Adam Smith’ »unsichtbarer Hand« nicht Gott assoziiert, mit was dann?). Diese Grundhaltung kommt in knapper Form bei zwei berühmten Ökonomen der Chicagoer Schule, Steven Levitt und John List, zum Ausdruck, die die Ansicht vertreten, dass sich der praktische Nutzen der Verhaltensökonomik bestenfalls als marginal erwiesen habe:

Die vermutlich größte Herausforderung für die Verhaltensökonomik besteht darin, ihre Anwendbarkeit in der realen Welt nachzuweisen. Fast in allen Fällen stammen die stärksten empirischen Belege für Verhaltensanomalien aus dem Labor. Doch es gibt viele Gründe für die Annahme, dass die Laborergebnisse nicht auf die realen Märkte...

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