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Der Einsatz von Facebook im Marketing von Organisationen der sozialen Arbeit - Chancen und Risiken

AutorJutta Niesbach
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl132 Seiten
ISBN9783656320074
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Pflegemanagement, Note: 1,0, Alice-Salomon Hochschule Berlin , Veranstaltung: Sozialmanagement, Sprache: Deutsch, Abstract: Soziale Netzwerke im Internet haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und sind inzwischen in aller Munde. Im Juli 2010 waren weltweit 945 Millionen Menschen in den verschiedenen sozialen Netzwerken aktiv, davon waren zwischen 600 und 700 Millionen bei Facebook. 2011 gibt Facebook schon allein die Zahl von 800 Millionen aktiven Nutzern an. In Deutschland hat die Zahl der Nutzer 2011 die 20 Millionen Grenze überschritten, das heißt jeder vierte Deutsche hat ein Profil bei Facebook und viele Menschen sind in mehreren Netzwerken aktiv. Facebook, StudiVZ, SchülerVZ, Twitter, Youtube, Xing, LinkedIn prägen die Art der Kommunikation und die Erfahrungswelt ihrer Nutzer. Mehr und mehr entdecken auch Wirtschaftsunternehmen die Möglichkeiten dieser sozialen Netzwerke für Marketing und Werbung. Die meisten großen Unternehmen haben inzwischen in Ergänzung zum klassischen Marketing eigene Seiten bei Facebook, twittern und bloggen und zeigen Werbefilme bei Youtube. In der sozialen Arbeit kommt dieser Trend jedoch erst langsam an. Fehlende Sachkenntnis, fehlende Personalkapazität für die Pflege der Seiten, aber auch die Sorge, möglicherweise veröffentlichte Kritik schade dem Ansehen des Unternehmens, könnten die Gründe dafür sein. Angesichts der Entwicklung sollten wir jedoch darüber nachdenken, wie die sozialwirtschaftlichen Unternehmen und Organisationen die Generation der sogenannten 'Digital natives', der nach 1980 Geborenen, erreichen. Klassische PR, plakative Werbung und Flyer reichen nicht mehr aus, um in Kontakt mit Kunden und Klienten zu treten. Die veränderten Kommunikationsprozesse bringen mehr Partizipationsmöglichkeiten, in einigen Punkten auch mehr Transparenz und beschleunigen die Kommunikation. Sie ermöglichen den Wandel des Konsumenten zum sogenannten 'Prosumer', der die Informationen nicht nur konsumiert sondern weiterverarbeitet und dann aktiv neue Information und Inhalte ins Netz stellt. Immer mehr wird von Kunden eine individuelle, schnelle, interaktive und an ihren Bedürfnissen ausgerichtete Kommunikationsmöglichkeit eingefordert. Unternehmen, die diese Entwicklung nicht berücksichtigen, werden an Konkurrenzfähigkeit verlieren. Dabei genügt es nicht, die klassische Werbestrategie auf die Facebook-Seite zu übertragen, sondern es ist ein Umdenken in den Marketing und Öffentlichkeitsabteilungen notwendig. [...]

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Leseprobe

3. Soziale Netzwerke

 

Sozialen Netzwerke im Internet sind derzeit Gegenstand vieler Publikationen und Diskussionen. Die Meinungen dazu reichen von totaler Begeisterung über die vielfältigen Möglichkeiten der Kommunikation bis hin zu Warnungen vor Vereinsamung und sozialer Isolation der Nutzer. Was aber sind eigentlich soziale Netzwerke und welchen Gesetzmäßigkeiten unterliegen sie? Wie definieren sich soziale Netzwerke im Internet?

 

3.1. Was sind soziale Netzwerke?

 

Soziale Netzwerke finden wir in vielen gesellschaftlichen Zusammenhängen. Der Begriff bezeichnet das Beziehungsgeflecht, in dem sich Menschen oder Organisationen befinden: verwandtschaftliche Netzwerke, Freundeskreise, Arbeitskollegen und –kontakte, Freizeitvereinigungen, Netzwerke mit geografischer Grundlage (wie nachbarschaftliche Netzwerke), politische/gesellschaftspolitische Beziehungen. Bei einer genaueren Analyse lassen sich dabei nicht nur die beteiligten Personengruppen und die gemeinsame Basis des Netzwerks bestimmen, sondern auch die Intensität der Beziehungen und Interaktionen lassen sich unterscheiden, beispielsweise in starke Bindungen („strong ties“) und schwache Bindungen („weak ties“), die Wechselseitigkeit und die Multifunktionalität des Austauschs. In der sozialen Arbeit wird der Begriff Netzwerk häufig als Bezeichnung für das unterstützende soziale System einer Person oder, im Rahmen der Netzwerkarbeit, als Begriff für die zielgerichteten Kontakte zur gegenseitigen Unterstützung zwischen einzelnen Akteuren oder auch Gruppen, Organisationen und Institutionen benutzt.

 

Durch die Vernetzung entsteht für die Akteure des Netzwerkes aufgrund von Vertrauen und gemeinsam anerkannten Normen und Werten zusätzliches Sozialkapital. Mit Sozialkapital werden die aktuellen und potentiellen Ressourcen bezeichnet, über die der Akteur nicht allein verfügt, sondern von ihm durch die Vernetzung mit anderen Personen zusätzlich generiert werden können, wie beispielsweise Zugang zu zusätzlichen Informationen, Vertrauensvorschuss, gegenseitige Unterstützung, Gewinn an Macht und Einfluss.[67]

 

Erste Darstellungen solcher Netzwerke finden sich schon bei Moreno, der in den 30ger Jahren mit der Methode der Soziometrie und dem Instrument des Soziogramms die Strukturen sozialer Beziehungen darzustellen versuchte.[68] Dargestellt wird ein Netzwerk zumeist als ein Modell, genannt Graph, bestehend aus sogenannten Knoten und den Verbindungen/Strängen zwischen den Knoten, genannt Kanten, wobei die Knoten die Akteure symbolisieren und die Kanten die Interaktion und Kommunikation zwischen den Akteuren. Das eigentliche Netzwerk besteht also aus der Interaktion zwischen den Knoten.[69]

 

Eine neue Dimension erlangte der Begriff „soziales Netzwerk“ mit den sich schnell entwickelnden neuen Möglichkeiten der Vernetzung durch das Internet und den sich dort entwickelnden „Social Networks“ wie zum Beispiel Facebook.

 

Soziale Netzwerke unterliegen bezüglich ihrer Strukturen und ihres Nutzens für den einzelnen Akteur verschiedenen Gesetzen, die ich im folgenden Punkt darstelle.

 

3.2. Das „Kleine - Welt - Phänomen“ und andere Gesetzmäßigkeiten sozialer Netzwerke

 

Schon 1967, noch vor dem Siegeszug des Internets, wurde von dem bekannten US-Sozialpsychologen Stanley Milgram ein Versuch durchgeführt, der sich mit der Frage beschäftigte, über wie viele Personen ein Mensch mit anderen Menschen durchschnittlich vernetzt ist. Um dies zu untersuchen, gab er sechzig amerikanischen Versuchspersonen den Auftrag, ein Paket an eine ihm genannte Zielperson in Boston zu verschicken,- direkt, falls sie diese persönlich kannten oder indirekt über eine nächste Person, von der sie glaubten, diese könnte die Zielperson eventuell persönlich kennen. Diese zweite Person erhielt die gleiche Instruktion. Von den 60 Paketen erreichten drei über durchschnittlich 5,5 Zwischenstationen ihre Zieladresse. Zwei Jahre später wiederholte Milgram das Experiment mit einer größeren Anzahl von Versuchspersonen und diesmal erreichten 30% der Pakete ihr Ziel, ebenfalls über fünf bis sechs Kontakte.[70] Aufgrund der geringen Anzahl der Versuchspersonen und der eingetroffenen Pakete wurde diese Untersuchung zwar häufig kritisiert, trotzdem aber unter dem Namen „das Kleine-Welt-Phänomen“ international bekannt und konnte später von weiteren Untersuchungen bestätigt werden. 1998 unternahmen die amerikanischen Soziologen Duncan Watts und Stephan Strogatz von der Columbia University ein Experiment um die Ergebnisse von Milgram zu überprüfen: mit einem am Computer simulierten Netzwerk von sechs Millionen Punkten bewiesen sie, dass es möglich ist, von jedem Punkt über sechs andere Punkte zu jedem beliebigen anderen Punkt des Netzwerks zu gelangen. Im Jahr 2003 wurde dieses Ergebnis von Duncan Watts, Peter Sheridan Dodds und Doby Muhamad in einer Studie mit E-Mails, die von 61184 Personen aus 166 Ländern an Personen verschickt wurden, die Ihrer Vermutung nach der Zielperson nahestanden, bestätigt .[71] 2008 veröffentlichten zwei Microsoft-Mitarbeiter, Juri Leskovec und Eric Horvitz, das Ergebnis einer Analyse von 240 Millionen Instant-Messenger-Accounts mit 30 Milliarden einzelnen Chatverbindungen, die im Juni 2006 erfolgten: durchschnittlich 6,6 „Zwischenstationen“ führten von einer Person zu einer anderen Person im Netzwerk.[72]

 

So sehr diese Forschungsergebnisse auch verblüffen und begeistern und auch von den Betreibern sozialer Netzwerke im Internet gern als Eigenwerbung benutzt werden: dies ist natürlich nur ein theoretisches Konstrukt. Nicht jeder Mensch steht mit jedem über sechs Kontakte in Verbindung. In der Realität liegen vielfach sprachliche, geografische, politische und technische Grenzen und Hürden dazwischen.[73]

 

Der Soziologe Mark Granovetter untersuchte 1973 die Auswirkung der Intensität der Beziehungen auf die Reichweite und die Qualität des Sozialkapitals des Netzwerkes. Er unterschied zwischen starken Bindungen ( beispielsweise innerhalb der Kernfamilie oder zu engen Freunden) und schwachen Bindungen (zwischen entfernteren Freunden, Bekannten und Arbeitskontakten, etc.) und stellte fest, dass starke Bindungen zwar mehr Unterstützung und Sicherheit bieten, jedoch aufgrund der durch gemeinsame Werte und Normen entstehenden Geschlossenheit auch Nachteile haben, zum Beispiel weniger neue Informationsquellen erschließen können. Insbesondere die schwachen Beziehungen sind dagegen für weitreichende und effektive Netzwerke wichtig, da sie als Brücken zwischen den durch starke Bindungen verknüpften Netzwerken dienen und dem Individuum wichtige Informationsvorsprünge und weit verzweigte Unterstützungsressourcen sichern.[74] So können auch „Löcher“ zwischen Netzwerken überbrückt werden. Zudem verstärkt es die Machtposition desjenigen, der über diese externen Informationsquellen verfügt, wie 1992 der Soziologe Ronald S. Burt feststellte.[75] Diese Stärke bieten durch die einfachen, unkomplizierten Möglichkeiten der Aufnahme und Pflege von schwachen Bindungen auch soziale Netzwerke im Internet.

 

Eine weitere Dimension sozialer Netzwerke beschreibt das Metcalfsche Gesetz, das sich mit der Entwicklung des Nutzens von Netzwerken in Beziehung zu ihrer Größe befasst. Metcalfe stellte die Formel auf:     ,   d.h. der Nutzen eines Netzwerks wächst in der Höhe der Anzahl der Nutzer zum Quadrat. In der Praxis heißt das: Der Nutzen einer neuen Technologie, bei der der Sender zur Kommunikation einen Empfänger braucht, der ebenso über diese Technologie verfügt, um die Nachricht zu entschlüsseln, wächst nicht nur um die Zahl der hinzugekommenen Nutzer, sondern vervielfacht sich mit jedem neuen Netzwerkteilnehmer, da die Zahl der möglichen Zweierverbindungen steigt.[76] Je größer also der Nutzerkreis des Internets im Allgemeinen und eines sozialen Netzwerks im Internet im Speziellen, desto mehr Nutzen bringt es für den einzelnen Netzwerkteilnehmer. Der Internetpionier David P. Reed änderte diese Formel in 2ⁿ-N-1, die besagt, dass in sozialen Netzwerken, die eine Gruppenbildung ermöglichen, der Nutzen nicht nur entsprechend der wachsenden Zahl der möglichen Zweierverbindungen steigt, sondern noch stärker, da die Zahl der möglichen Untergruppen ebenfalls steigt und dadurch zusätzlicher Nutzen generiert werden kann.[77] Ein soziales Netzwerk ist also mehr als die Summe der dyadischen Beziehungen, es kann sowohl positive Unterstützereffekte als auch negative Effekte wie Konflikte und Gerüchte vervielfachen und die Verbreitung stark beschleunigen.[78]

 

Welches ist nun die optimale Größe eines Netzwerks? Jeder Mensch verfügt laut dem Soziologen und Netzwerkexperten Harald Katzmair über ein zentrales Netzwerk von 4-6 wichtigsten sozialen Kontakten und nochmals 5-8 Kontakten im „Kernnetzwerk“. Diese Erkenntnis führte auch dazu, dass die Betreiber von Websites versuchen, über die Offenlegung anderer fünf Freunde, die die Seite besuchen, Vertrauen zu schaffen.[79] Die Kapazität...

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