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Der unbewusste Lebensplan

Das Skript in der Transaktionsanalyse. Typische Muster und therapeutische Strategien

AutorAlmut Schmale-Riedel
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783641178345
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
'Ich bin eh nicht so wichtig', 'Ich bin schuld', Ich glaub, ich bin zu blöd'
Drei typische Sätze, die wir schon in früher Kindheit verinnerlichen, unbewusst glauben und mit denen wir uns das Leben schwer machen. Die unbewussten Lebenspläne, die sich aus solchen Sätzen entwickeln, werden in der Transaktionsanalyse als Lebensskripte bezeichnet. Almut Schmale-Riedel analysiert die häufigsten Skriptmuster und ihre Auswirkungen auf Lebensbewältigung, Partnerschaft und Beruf. Basierend auf jahrelanger therapeutischer Erfahrung zeigt sie Wege auf, die aus dem Bann dieser Muster herausführen - einfühlsam, fundiert und verständlich.

Inhalt:

Teil I Das Konzept des Lebensskripts

Eric Berne und die Transaktionsanalyse

Das Persönlichkeitsmodell der Transaktionsanalyse:

Ich-Zustände

Physis - schöpferische Wachstumskraft

Wie setzt sich ein Lebensskript zusammen?

Lebensskriptmuster und Entwicklungsphasen

Wofür waren Lebensskriptmuster einmal nützlich?

Die Psychodynamik des Skriptgeschehens

Wie sich Skriptmuster bei Erwachsenen zeigen

Auflösung von Lebensskriptmustern

Teil II Die Lebensskriptmuster

Typische Lebensskriptmuster und ihre Veränderung

1 Ich bin nicht so wichtig

2 So, wie ich bin, bin ich nicht o. k.

3 Ich glaub, ich bin zu blöd

4 Ich darf nicht zu erfolgreich sein

5 Freude und Glück gibt es für mich nicht

6 Besser nicht so viel fühlen

7 Liebe und Nähe gibt es nicht für mich

8 Nähe ist bedrohlich

9 Eigentlich hätte es mich nicht geben sollen

10 Ich bin böse, aber das darf keiner merken

11 Ich bin schuld

12 Ich muss stark sein und mich kümmern

13 Keiner darf merken, was hier eigentlich los ist

14 Transgenerationale Skriptmuster und Episkript

  • Das neue Standardwerk zum Konzept des Lebensskripts
  • Für persönliche Weiterentwicklung und Therapie


Almut Schmale-Riedel, geboren 1950, ist Lehrtransaktionsanalytikerin, Supervisorin und Coach. Nach dem Studium der Pädagogik, Psychologie und Soziologie sowie umfangreicher Aus- und Weiterbildung in Psychotherapie war sie in eigener psychologischer Praxis sowie als Trainerin und Beraterin in Erwachsenenbildungsinstituten tätig. 1982 gründete sie das Fortbildungs- und Psychotherapieinstitut TEAM Entwicklung Arbeit und Mensch in München (jetzt Gilching), das sie seitdem leitet. Sie gründete außerdem den TEAM Arbeitskreis Gewaltprävention und bildet Trainer und Trainerinnen für Selbstsicherheit sowie Selbstverteidigung für Kinder im Grundschulalter weiter.

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Leseprobe

Eric Berne und die Transaktionsanalyse

Der US-amerikanische Psychiater und Psychotherapeut Eric Berne entwickelte, ursprünglich von der Psychoanalyse herkommend, in den 1950er- und 60er-Jahren sein Konzept der Transaktionsanalyse. Er versuchte auf der Basis eines tiefenpsychologischen Verständnisses einerseits die intrapsychische Problematik der Patienten zu erklären und andererseits zu beschreiben, wie diese interpersonell in Beziehungen eingebunden ist, sich also in Beziehungen zeigt – eben in den Transaktionen. Darüber hinaus zeigte er auf, wie sich Problematiken in zwischenmenschlichen Beziehungen verstärken und wie sie gelöst werden können. Er entwickelte eine Reihe verschiedener therapeutischer Maßnahmen, um sinnvolle Verhaltensänderungen anzuregen, die auch fürs Alltagsgeschehen hilfreiche Ideen liefern.

Mit seinen griffigen Konzepten – die Berne auch seinen Patienten erklärte – gab er den Menschen Werkzeuge in die Hand, um sich sowohl besser zu verstehen als auch mehr Kontrolle über ihre neurotischen Muster zu gewinnen. Er forderte seine Patienten auf, in der Gegenwart als Erwachsene zu denken und zu handeln und nicht mehr nach von den Eltern übernommenen bzw. kindlichen Mustern. Gespräche auf Augenhöhe waren ihm dabei stets wesentlich. Er regte seine Patienten an, durch Reflexion aktiv an ihrer Gesundung mitzuwirken, mithilfe ihres Erwachsenen-Ichs und durch Übernahme von Verantwortung für ihr Denken, Fühlen und Verhalten im Hier und Jetzt.

Berne initiierte regelmäßige Treffen mit Fachkollegen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Er regte seine Kollegen auch an, die Transaktionsanalyse weiterzuentwickeln. Kollegen aus den Gründungsjahren, auf die ich bei den Konzepten zum Lebensskript ausführlicher eingehen werde, waren: Claude Steiner7, Fanita English8 sowie Robert und Mary Goulding9.

Wer mehr über die vielfältigen Konzepte der Transaktionsanalyse sowie vertiefte Theoriediskussion wissen möchte, sei auf weiterführende Literatur verwiesen.10

Neben dem Modell der Ich-Zustände gilt vor allem das Konzept vom Lebensskript als Herzstück der Transaktionsanalyse. Berne zeigte auf, wie vor allem durch Analyse und Veränderung des Lebensskripts Heilung möglich wird.

Gleichzeitig war er vermutlich selbst auf tragische Weise in seinem eigenen Skript gefangen und kam nicht mehr dazu, es zu entschlüsseln und zu verändern: Er starb mit 60 Jahren an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße, genau wie seine Mutter; er wurde nur ein paar Tage älter als sie. Claude Steiner, einer seiner Schüler, schrieb dazu: »Ich glaube, dass sein eigenes Leben von einem Skript her bestimmt war, das ihn früh an einem gebrochenen Herzen sterben ließ. Sein tragischer Tod war einerseits die Folge eines starken inneren Verbotes, andere zu lieben und die Liebe anderer zuzulassen … und andererseits eines ebenso starken Verlangens nach Unabhängigkeit …«11 Berne kümmerte sich zwar medizinisch um sein Herz, nicht aber psychisch oder emotional. Er muss – zumindest unbewusst – geahnt haben, dass er früh sterben würde, denn in seinen letzten Schriften finden wir viele Gedanken darüber, wie manche Menschen in ihrem Skript das Alter beschließen, in dem sie sterben werden, und auch, woran. Es ist auffällig, dass er sich dabei besonders der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Herzkranzgefäßerkrankung und skriptgebundenem Todesdatum zuwandte.12

Das Persönlichkeitsmodell der Transaktionsanalyse: Ich-Zustände

Eine kurze Einführung in das Persönlichkeitsmodell der Transaktionsanalyse soll helfen zu verstehen, wie äußere Einflüsse sich intrapsychisch niederschlagen und dort ihre Wechselwirkung entfalten. Die Denk- und Verhaltensmuster, die Kinder in Interaktion und Auseinandersetzung mit ihren Eltern und ihrer Umwelt entwickelt haben, sind bei Erwachsenen wieder als intrapsychische Wirkmuster erkennbar. Sie zeigen sich häufig in einem »inneren Dialog« zwischen unseren verschiedenen Persönlichkeitsanteilen, die in der TA als Ich-Zustände bezeichnet werden.

Das Strukturmodell der Ich-Zustände

Nach Bernes Definition handelt es sich bei einem Ich-Zustand »um kohärente Gedanken- und Gefühlssysteme, die durch entsprechende Verhaltensmuster zum Ausdruck gebracht werden«13.

Ich-Zustände sind Denkmodelle, keine physiologischen Realitäten. Sie helfen uns, menschliches Verhalten einzuordnen und in einem größeren Zusammenhang zu verstehen. Berne, der in Anlehnung an seinen Lehrer Paul Federn zuerst eine unbestimmte Menge von Ich-Zuständen annahm, ordnete sie dann aufgrund seiner Beobachtungen in drei Kategorien: Der Eltern-Ich-Zustand, der Erwachsenen-Ich- und der Kind-Ich-Zustand (kurz: Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kind-Ich, abgekürzt auch EL, ER und K).

Abb. 1: Strukturmodell der Ich-Zustände

EL = Eltern-Ich

ER = Erwachsenen-Ich

K = Kind-Ich

Wir sprechen vom Kind-Ich, wenn jemand so denkt, fühlt und sich verhält, wie er oder sie es als kleiner Junge bzw. kleines Mädchen getan hat, entsprechend der verschiedenen kindlichen Altersstufen. Jeder Erwachsene erlebt mitunter Situationen, wo er sich wieder fühlt wie früher als Kind, wo alte gespeicherte Erinnerungen im Hier und Jetzt auftauchen und in Teilen wieder erlebt werden können, mit den gleichen emotionalen Reaktionen wie damals.

Da geht ein junger Mann im Schwimmbad auf das 3-Meter-Brett und spürt plötzlich, wie er von einem Angstschauer durchflutet wird. Und er erinnert sich, wie er als kleiner Junge für das Schwimmabzeichen vom 1-Meter-Brett springen sollte und Panik bekam. Er spürt das peinliche Gefühl, dass alle schauen, wie er jetzt springen wird, und möchte am liebsten umkehren – heute wie damals.

Eine Frau erschrickt, als ihr Lebensgefährte ins Zimmer kommt, die Hände in die Hüften gestützt, und sagt: »Also, das muss ich dir jetzt mal sagen …« Sie wird ganz klein bzw. fühlt sich ganz klein und erwartet – wie als Kind – eine Standpauke. Und vielleicht passiert überraschenderweise etwas ganz anderes. Zum Erstaunen der Frau sagt ihr Lebensgefährte nämlich: »… also, das hast du ganz toll gemacht. Respekt, wie du die Situation gestern gemeistert hast, das muss ich dir jetzt doch mal sagen!« Wird es ihr gelingen, aus dem ängstlichen Kind-Ich-Zustand zurückzufinden in ihr Erwachsenen-Ich und das Lob wirklich zu hören und anzunehmen? Oder wird sie es abtun und abwerten, weil sie in ihrer seit der Kindheit gewohnten Erfahrung – nämlich kritisiert zu werden – stecken bleibt?

Vom Eltern-Ich sprechen wir, wenn jemand denkt, fühlt und sich verhält, wie er es von seinen Eltern und bedeutsamen Erzieherpersonen gelernt bzw. übernommen hat, auch wenn dies oft unbewusst abläuft. Das entspricht dann übernommenen und verinnerlichten Persönlichkeitsanteilen in uns, sogenannten Introjekten. Sie stammen aus unserer lebensgeschichtlichen Vergangenheit und sind noch nicht auf ihre Angemessenheit im Hier und Jetzt überprüft. Viele Erwachsene, die selbst Kinder haben, kennen das: Da hören sie sich bei der Kindererziehung plötzlich an wie ihre eigenen Eltern, obwohl sie sich vorgenommen hatten, nie so zu sprechen bzw. niemals so zu reagieren. Oft ist es uns aber nicht bewusst, wenn wir aus unserem Eltern-Ich heraus denken oder uns verhalten.

Solange wir uns mit unseren Eltern und anderen Bezugspersonen aus unserer Vergangenheit noch nicht ausgesöhnt haben, hören wir es deshalb meist sehr ungern, wenn jemand zu uns sagt: »Jetzt bist du genau wie deine Mutter/dein Vater.« Dieses vergleichende Feedback wird meist als Kritik und Abwertung gehört. Oft fällt es uns dann schwer, einfach zu sagen: »Ja, das stimmt, da bin ich ähnlich.« Klienten fällt es daher oft leichter zu sagen, was sie an ihrem eigenen Eltern-Ich nicht mögen, als dessen Stärken zu sehen.

Der Erwachsenen-Ich-Zustand, kurz das Erwachsenen-Ich, ist der Teil unserer Persönlichkeit, der weitgehend vorurteilsfrei wahrnehmen und denken kann und seine Erfahrung und sein Wissen benutzt, um auf die gegenwärtige Situation bezogen zu entscheiden und zu handeln. Das Erwachsenen-Ich ist unbeeinflusst von elterlichen oder kindlichen Programmen. Es kann reflektieren, was kindliche Bedürfnisse und elterliche Normen sind, zwischen ihnen vermitteln und zugunsten von Realitätsanforderungen Entscheidungen treffen. Wenn das Erwachsenen-Ich in der TA-Literatur oft mit einem Computer verglichen wird, bezieht sich dies auf seine Fähigkeit zur Objektivität. Zum Erwachsenen-Ich gehört jedoch die ganze Gefühlspalette: erwachsene Angst und Unsicherheit, Trauer, Ärger, Vertrauen und Liebe. Es wäre eine unzulässige Verkürzung der Ich-Zustands-Theorie, Gefühle nur im Kind-Ich anzusiedeln.

Machen Sie sich einmal bewusst, wie unterschiedlich Sie die Umarmung einer vertrauten Person erleben:

  • Sie umarmen einander bei der Begrüßung, weil Sie sich beide freuen, sich zu sehen.
  • Sie lassen sich vom anderen in den Arm nehmen, weil Ihnen nach (kindlicher) Anlehnung zumute ist.
  • Sie nehmen den anderen in den Arm, weil Sie spüren, dass es ihm nicht...
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