Vermutlich möchten Sie sich gleich auf die Fragen stürzen, die Ihnen im Moment unter den Nägeln brennen. Das ist verständlich, und ich würde es wahrscheinlich genauso machen. Bevor es jedoch in die einzelnen Teilgebiete wie Leistungsbewertung oder Aufsichtspflicht geht, beantworte ich die immer wieder auftauchenden grundlegenden Fragen. An einem der langen Winterabende sollten Sie sich diesen Teil auch einmal gönnen. Er erscheint auf den ersten Blick nicht so interessant, ist letztlich aber viel wichtiger als die Frage, wie Sie reagieren können, falls die Eltern das Zeugnis nicht unterschreiben (Frage 59). Urteilen Sie selbst und lesen Sie einmal die nächsten zwei Seiten.
1. Ist meine morgendliche Fahrt zur Schule eine Dienstfahrt?
Wenn der offizielle Teil meiner Fortbildungen vorbei ist, bleibe ich meist noch vor Ort, um noch offene Fragen zu klären, die die Kollegen verunsichern. Mit großer Regelmäßigkeit taucht die oben genannte Frage auf. Natürlich gibt es Lehrkräfte, die so nah an der Schule wohnen, dass sie morgens bequem zu Fuß zu ihrer Dienststelle gehen können. Andere kommen mit dem Fahrrad und wieder andere mit dem öffentlichen Nahverkehr. Aber die meisten nutzen für den Weg ihr Auto, das juristisch korrekt »privateigener Pkw« heißt. Diese Kollegen stellen die Frage aus der Überschrift und wollen wissen: Ersetzt mir der Dienstherr etwaige Schäden an meinem Auto, wenn ich auf dem Weg zur Schule, z. B. wegen Blitzeis, einen Unfall habe? Schließlich bin ich so entgegenkommend und setze mein privates Fahrzeug ein (und nutze es ab), um pünktlich zu meiner Dienststelle zu kommen. Dann könnte doch im Gegenzug der Dienstherr so fürsorglich sein und etwaige Sachschäden an meinem Fahrzeug ersetzen.
Ja, das wäre wirklich sehr nett vom Dienstherrn. Allerdings ist Nettigkeit leider keine Kategorie, die sich wie ein roter Faden durch das Beamtenrecht (oder das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) zieht. Hier geht es um Rechte und Pflichten, die beide Seiten haben. Das ist für Sie schon eine ganze Menge wert, wie Sie am Schluss des Kapitels sehen werden.
Zunächst jedoch die unangenehme Nachricht, und zwar völlig unverblümt: Die Bequemlichkeit der Lehrkräfte ist nichts, was den Dienstherrn dazu bringt, Geld auszugeben. Bezahlt wird nur das, was absolut notwendig ist – und manchmal nicht einmal das. Wer also täglich mit dem öffentlichen Nahverkehr zur Schule fährt, um dort seinen Dienst zu verrichten, bekommt seine Fahrkarten nicht vom Dienstherrn erstattet. Er kann die Kosten dafür lediglich in seiner Steuererklärung geltend machen und erhält im Nachhinein etwa 25 Prozent vom Finanzamt zurück. Aber wir wollen fair sein. Unser Dienstherr ist hier nicht besonders geizig, sondern verhält sich so wie die meisten Arbeitgeber, bei denen es dem Arbeitnehmer obliegt, auf seine Kosten – wie auch immer – zum Arbeitsplatz zu kommen.
Nun wieder zurück zur Schule. Wer also aus Gründen der Bequemlichkeit das eigene Auto wählt, um seinen Dienst anzutreten, der bekommt seine Fahrtkosten nicht ersetzt und schon gar nicht wird der eingangs erwähnten Unfallschaden durch Blitzeis vom Dienstherrn getragen.
Dieser argumentiert wie folgt: Die Wahl, nicht direkt neben der Schule zu wohnen, ist nicht vom Dienstherrn vorgegeben, sondern eine freie persönliche Entscheidung. Schließlich gibt es Kollegen, denen der kleine Schulort zu provinziell erscheint und die deshalb als Wohnort die nächste Großstadt (80 km entfernt) mit einer Fülle von Restaurants, Kinos und anderen Freizeitmöglichkeiten wählen. Das sei ihnen gegönnt, die daraus resultierenden zeitlichen oder finanziellen Belastungen müssen sie jedoch selbst tragen.
Aber keine Regel ohne Ausnahme: Wem die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln objektiv nicht zuzumuten ist, kann beantragen, seine Fahrten zur Schule als Dienstfahrten einzustufen. Dann gibt es einen Kilometersatz (kleine Wegkostenentschädigung) von 0,20 Euro für jeden gefahrenen Kilometer und etwaige Unfallkosten können bis zu einer bestimmten Höhe (350 Euro) vom Land übernommen werden. Wann nun ist – aus Sicht des Dienstherrn – der Einsatz des Privat-Pkws zwingend notwendig? Bei entsprechenden körperlicher Behinderung oder falls die öffentliche Verkehrsverbindung so schlecht ist, dass die Fahrt (je Strecke!) etwa zwei Stunden länger dauert als mit dem Auto. Das trifft nur auf die wenigsten Lehrkräfte zu, allerdings ist es gut, diese Ausnahmen zu kennen.
Oben hatte ich im Verhältnis zum Dienstherrn von Rechten und Pflichten gesprochen, die das Minimum regeln und absichern. Das sollte man nicht gering schätzen. Lassen wir unseren fiktiven Kollegen wieder einmal mit seinem Auto zur Schule fahren. Plötzlich gibt es Blitzeis, der Wagen kommt von der Straße ab, überschlägt sich, und der Kollege ist verletzt. Neben der schlechten Nachricht, dass der Schaden am Auto nicht ersetzt wird, gibt es eine gute: Denn die Körperschäden sind versichert, und zwar über die gesetzliche Unfallversicherung (Unfallkasse des Landes), die jeden Arbeitnehmer auf dem Weg zu Arbeit (und zurück) versichert. Und das ist in einem solchen Fall schon eine ganze Menge.
2. Kann von mir verlangt werden, meinen privaten Pkw für die schulische Praktikumsbetreuung zu nutzen?
Nein. Fast regelmäßig höre ich diese Frage an Berufsschulen bzw. Berufsbildenden Schulen, aber ebenso an anderen weiterführenden Schulen, bei denen das Berufspraktikum meist in der 9. Klasse durchgeführt wird. Einige Kollegen eines Oberstufenzentrums im Havelland wollten sogar wissen, ob der Dienstherr für solche Einsätze nicht eigentlich Dienstfahrzeuge stellen müsse. Falls Sie jetzt innerlich lachen, so wie ich es damals getan habe, tun wir den Fragestellern ein wenig Unrecht. Denn völlig absurd ist dieser Wunsch nicht. Schließlich gibt es eine Vielzahl von Behörden, die ihren Mitarbeitern Dienstfahrzeuge zur Verfügung stellen. Die typischen Tätigkeiten dieser Behördenvertreter umfasst allerdings sehr viel häufiger die Wahrnehmung von Außenterminen, als es bei Lehrkräften der Fall ist.
Anders als bei der vorangegangenen Frage (Weg zur Arbeitsstätte) ist die Betreuung von Schülern, die verstreut irgendwo ein Praktikum absolvieren, unbestritten eine dienstliche Tätigkeit. Selbst derjenige, der direkt neben dem Schulgebäude wohnt, muss in der Regel die Wege zu den Praktikumsstätten mit einem Verkehrsmittel zurücklegen. Aber ist er verpflichtet, dafür seinen privaten Pkw zu benutzen – und abzunutzen? Nein. Schließlich ist keine Lehrkraft verpflichtet, ein Auto zu besitzen. Oder mussten Sie den Besitz eines Kraftfahrzeugs nachweisen, bevor man Sie eingestellt hat? Na also. Der Dienstherr kommt nicht daran vorbei, dass es Menschen ohne Auto gibt. Sei es aus Gründen des Umweltschutzes oder weil in einer Großstadt ab 500 000 Bewohnern ein Auto nicht sehr praktisch ist.
Allerdings kann der Dienstherr verlangen, dass Sie irgendwie zu den Praktikumsbetrieben gelangen, notfalls mit Bussen und Bahnen. Wenn das deutlich länger dauert als mit dem eigenen Auto, dann ist das eben so. Als Folge könnten Sie nicht mehr so viele Betriebe pro Tag besuchen, und die Verweildauer in den einzelnen Betrieben würde sich deutlich verkürzen, aber das ist nicht Ihr Problem. Das »Schöne« daran: Die Fahrten zu und zwischen den einzelnen Praktikumsbetrieben sind Dienstreisen und die dafür aufgewendete Zeit zählt als Arbeitszeit. Und wenn Sie an einem Tag länger als acht Stunden unterwegs sind, dann gibt es sogar eine Tagesgeldpauschale von zwölf Euro. Dafür kann man es bei McDonalds schon mal so richtig krachen lassen!
Sie können für diese (unbestritten dienstlichen) Fahrten natürlich Ihren privaten Pkw einsetzen, sind allerdings gehalten, dies vorher bei der Schulleitung zu beantragen. Das ist in der Regel kein Problem, man muss es nur machen. Sofern es ein erhebliches dienstliches Interesse an diesen Fahrten gibt, und das sollte bei einer Praktikumsbetreuung an entlegenen Orten vorliegen, ist der Ersatz etwaiger Unfallschäden jetzt auch nicht mehr auf 350 Euro begrenzt. Zudem gibt es nun die große Wegstreckenentschädigung (0,30 Euro/km). Das...