2 Ihr Auftritt: Wie Sie sich optimal präsentieren
Kennen Sie das Sprichwort »Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance«? Halten Sie die Aussage für zutreffend? Stellen wir diese Frage unseren Seminarteilnehmern, so lautet die Antwort regelmäßig und zutreffenderweise Nein. Die Teilnehmer vertreten richtigerweise die Auffassung, dass es sehr wohl eine zweite Chance für den ersten Eindruck gibt. Einigkeit besteht jedoch darin, dass es sehr viel schwieriger ist, eine unzutreffende schlechte erste Einschätzung wettzumachen, als gleich im ersten Eindruck erfolgreich zu punkten.
Die ersten drei Sekunden entscheiden
Der erste Eindruck entsteht nach der Meinung von Experten innerhalb kürzester Zeit: Man nimmt an, dass es lediglich drei Sekunden dauert, bis man eine erste Einschätzung seines Gegenübers vorgenommen hat. Um einen ersten Eindruck zu revidieren, benötigt es dagegen sehr viel mehr Zeit: Sie müssen mindestens 30 Minuten in der Gesellschaft Ihres Gesprächspartners verbringen, um ihn »vom Gegenteil« zu überzeugen. Doch nicht immer haben Sie tatsächlich eine halbe Stunde Zeit, Ihren Gesprächspartner umzustimmen. Es kann vorkommen, dass er sich schon früher aus dem Gespräch verabschiedet, da er sich ja bereits »ein Bild« gemacht hat. Es ist also sehr viel besser, den ersten Eindruck bewusst zu gestalten: Seien Sie sich darüber im Klaren, dass die ersten drei Sekunden den weiteren Gesprächsverlauf bestimmen werden!
Personaler gehen auf Nummer sicher. Sie entscheiden sich für den Bewerber, der so weit wie möglich dem Wunschkandidaten entspricht. Wenn Sie zwar gute Noten und Fachkenntnisse aufweisen können, aber einen unpassenden ersten Eindruck machen, indem Sie sich zum Beispiel nachlässig kleiden, dann werfen Sie sich aus dem Rennen. Sie müssen sich in allen Bereichen optimal präsentieren, um sich die besten Chancen zu sichern: Dazu gehört neben der Fachkenntnis auch ein tadelloses Auftreten.
Wie präsentiert man sich optimal?
Umso wichtiger ist es, zu wissen, welche Faktoren genau das Bild beeinflussen, das man sich von Ihnen macht. Was können Sie tun, um möglichst gut »rüberzukommen«? Das Problem ist, dass es innerhalb von nur drei Sekunden kaum möglich ist, etwas besonders Geistreiches über die Lippen zu bringen und durch Worte zu überzeugen. Das bedeutet, dass den nonverbalen Signalen umso mehr Bedeutung zukommt.
Der erste Eindruck setzt sich zusammen:
zu 55 Prozent aus nonverbalen Signalen wie Körpersprache, Duft, Kleidung und Distanzverhalten
zu 38 Prozent aus der Stimme, also Tonfall, Lautstärke, Tonlage
zu 7 Prozent aus dem gesprochenen Wort wie Wortwahl und Dialekt
Selbstbild – Fremdbild
Manch ein Bewerber gibt zu bedenken, dass man ihn doch bitte so nehmen solle, wie er ist. »Wem nicht gefällt, wie ich auftrete, der hat eben Pech gehabt und mich nicht verdient«, lautet der entsprechende O-Ton. Doch wenn nach zahlreichen Vorstellungsgesprächen immer noch niemand die betreffende Person »verdient« hat, beginnt erfahrungsgemäß auch der Widerspenstigste, an seinem Auftreten zu feilen, und das Sprichwort »Aus Erfahrung wird man klug« beweist seine Richtigkeit.
Was sind nonverbale Signale?
Zu den nonverbalen Signalen gehören die Gestik, die Mimik und die Körpersprache. Daneben spielt beim gelungenen ersten Eindruck die Kleidung selbstverständlich eine ebenso elementare Rolle. Versetzen Sie sich in die Lage eines Personalers: Wie soll nach Ihrer Meinung der optimale Bewerber aussehen? Überlegen Sie sich, welcher Dresscode im Unternehmen herrscht. Welche Anforderungen sind mit der ausgeschriebenen Stelle verbunden? Wird der gesuchte Mitarbeiter viel Kundenkontakt haben? Je mehr Kundenkontakt, umso höhere Ansprüche werden an die Kleidung und das Auftreten des Bewerbers gestellt. Ein entsprechendes Outfit ist Sinnbild für Seriosität, Zuverlässigkeit, Loyalität und Beständigkeit. Umgekehrt gilt das leider auch: Ein nachlässiges Erscheinungsbild lässt den Rückschluss zu, dass der Bewerber womöglich nicht zuverlässig ist.
Kleiden Sie sich für den Job, den Sie haben möchten. Sie kleiden sich im Vorstellungsgespräch also nicht für den Job, den Sie jetzt bereits haben.
Die härtesten Fragen für den weichsten Typ
Viele Personaler sind fest davon überzeugt, ihre Entscheidung stets unabhängig vom Geschlecht des Kandidaten zu treffen. Unbewusst werden ihre Erwartungen an Bewerber aber trotzdem von deren äußeren Merkmalen gesteuert.
Männlichkeit ist Trumpf
Die Diplomsoziologin Anke von Rennenkampff hat im Rahmen ihrer Promotion zum Thema »Bewerbungsfotos« zum Beispiel herausgefunden, dass bei der Arbeitssuche nicht nur das Können zählt, sondern ein gewisses Aussehen die Chancen maßgeblich erhöht. Von Rennenkampff kommt zu dem Ergebnis, dass »Männlichkeit Trumpf ist«, sogar bei Frauen. Weibliche Reize sind demnach auf Bewerbungsfotos, im Vorstellungsgespräch und in allen anderen Bewerbungssituationen fehl am Platz. Wer als Frau mit entsprechend dezentem Make-up, zusammengebundenen Haaren und einem Hosenanzug erscheint, kann damit deutlich besser punkten als mit roten Fingernägeln und einem knappen Minirock. »Bei Sekretärinnenjobs mag das tiefe Dekolletee den einen oder anderen Personaler noch beeindrucken, bei Führungspositionen aber kaum«, so Anke von Rennenkampff. (Anke von Rennenkampff: »Die Gunst des kantigen Kinns«, Spiegel Online, 21.08.2001)
In einem weiteren Versuch telefonierten studentische »Personaler« mit angeblichen Bewerberinnen. Dabei konnten sie sechs von 18 vorformulierten Fragen auswählen. Je weiblicher die Kandidatin auf dem Bewerbungsfoto wirkte, desto härter wurde auch das Kreuzverhör. Während die Frau mit spitzem Kinn und zurückgekämmtem Haar lange über ihre größten Erfolge sprechen durfte, musste die »femininere« Kandidatin ausführlich über ihre Fehler referieren. Umgekehrt galt das übrigens auch bei männlichen Bewerbern. Wenn ein Mann mit längeren Haaren und vollen Gesichtszügen sich auf einen »harten« Job bewarb, musste er sich eher zahlreiche Fragen zu seiner fachlichen Kompetenz gefallen lassen, während der Bewerber mit kantigem Kinn und Kurzhaarschnitt ausführlich über seine Erfolge berichten durfte. Wird dagegen eine kommunikative, zuhörende, vermittelnde Persönlichkeit gesucht, haben nach von Rennenkampffs Ansicht weiblich aussehende Kandidaten gute Chancen. Davon kann dann auch der Mann mit Pferdeschwanz profitieren …
Zeigen Sie Souveränität in allen Bereichen
Vergessen Sie bitte nicht, dass es im Vorstellungsgespräch nicht nur darum geht, die entsprechenden Fragen »richtig« zu beantworten. Sie vermitteln dem anderen nicht nur durch Ihre Antworten ein Bild von sich. Es geht stets um eine ideale Verbindung aus fachlichem Können, sozialer Kompetenz, überzeugendem Auftreten und Passgenauigkeit zum Unternehmen. Beschäftigen Sie sich »nur« mit den Fragen und Antworten für das Job-Interview, übersehen Sie einen wesentlichen Teil. Die Devise heißt: Schnappen Sie sich den Job – und zwar indem Sie in all diesen Bereichen Souveränität beweisen.
Kleidung: Weniger ist mehr
Jede Branche, jedes Unternehmen und jede Abteilung hat einen eigenen (oft ungeschriebenen) Dresscode. In einer Agentur für neue Medien herrscht ein anderer Kleidungsstil als in der klassischen Unternehmensberatung. So gesehen hat jede Branche und jedes Unternehmen einen charakteristischen Dresscode, an dem Sie sich orientieren sollten.
Grundsätzlich gilt: Mehr Stoff bedeutet mehr Autorität beziehungsweise weniger Stoff bedeutet weniger Autorität. Somit ist schon einmal klar, dass Damen selbst im Hochsommer nicht zu viel Haut zeigen sollten.
Die Devise »Weniger ist mehr« gilt nur dann, wenn Sie an die Auswahl der Accessoires gehen. Ein Zuviel davon, womöglich kombiniert mit einer bunten Mischung an Materialien, Dessins und Farben, lässt Sie leicht überladen aussehen, es lenkt ab und ist eben nicht stilvoll. Ihre Kleidung und Ihr Styling sind lediglich ein dezenter Rahmen, der Ihnen schmeichelt und Sie kompetent und seriös wirken lässt. Nun beweisen Sie im Gespräch Ihre Fachkompetenz, die soziale Kompetenz und Ihre Passgenauigkeit zum Unternehmen. Ihr Outfit darf daher keinesfalls auffallen oder ablenken. Denn...