Warum gehen wir in Verhandlungen? Wieso bemühen wir uns, in Gesprächen unsere Meinung darzustellen?
Letztendlich möchten wir damit immer etwas erreichen: Die Zustimmung der Gesprächspartner, Einwilligung bei Projekten, neue Aufträge, gute Geschäfte, Einkäufe, Verkäufe etc.. Jeder will seine Ziele durchsetzen, was mehr oder weniger gut gelingt. Um jedoch Ziele durchsetzen zu können, muss man sein Gegenüber auf die eigene Seite “ziehen”. Wie man das macht, wird später noch erläutert. Kommen wir erst einmal zum Ziel.
Bei jeder Verhandlung sollten Sie sich ein festes Ziel setzen. Sie müssen sich also immer fragen: Was möchte ich erreichen?
Dieses Ziel sollte fest stehen und in der Verhandlung nicht bezweifelt werden. Weichen Sie auch nicht von diesem Ziel ab. Warum ist ein festes Ziel so wichtig?
Sie orientieren sich während der ganzen Verhandlung an diesem Ziel und arbeiten darauf hin, d. h. es gibt eine Leitlinie, an die Sie sich halten können. Wenn dieses Ziel erreicht ist, sind Sie (und ev. auch ihr Gegenüber) zufrieden mit dem erreichten Stand. Sie haben dann nicht das Gefühl, noch mehr herausholen zu müssen, was in den seltensten Fällen wirklich gelingt. Also konzentrieren Sie sich auf das Ziel und agieren wahrscheinlich erfolgreicher, als wenn Sie völlig ohne feste Marke in die Verhandlung gehen.
Haben Sie sich auch über die zum Teil überzogenen Forderungen gewundert, die bei Profis zum Vorschein kommen? In jeder politischen Verhandlung werden stets maximale Ziele formuliert, die natürlich kaum zu erreichen sind. Auf diese Weise dokumentieren die Partner jedoch ihre jeweiligen Ausgangspositionen und lassen viel “Spielraum” für Kompromisse zu. Daher kann man dann in der Verhandlung ev. von festgelegten Positionen im Interesse der gegnerischen Partei ab rücken und seine Bereitschaft zur Lösung verdeutlichen. Im Gegenzug erwartet man natürlich ein Entgegenkommen der Anderen bei verschiedenen Punkten des Problems. So entstehen tragfähige Kompromisse.
Diese Methode ist auch bei ganz gewöhnlichen Verhandlungen anzuwenden.
Beispiel:
Sie möchten einen Gebrauchtwagen von einem privaten Verkäufer erwerben, aber der Preis erscheint Ihnen zu hoch. Der Verkäufer verlangt 7500 Euro für das zugegeben noch sehr intakte Fahrzeug. Der Preis wäre eigentlich in Ordnung, aber Sie möchten in wenigen Augenblicken viel Geld sparen und versuchen nun, ihre Verhandlungskenntnisse anzubringen.
Sie zeigen auf keinen Fall zu viel Bereitschaft, den Wagen zu kaufen. Der Verkäufer soll ihr Verlangen nicht spüren. Schon fast gelangweilt teilen Sie dem Mann ihre Preisvorstellung mit, die erheblich unter dem Ziel des Verkäufers liegt. Ich habe in so einem Fall einen Preis von 5500 Euro vorgeschlagen. Sie können sich bestimmt vorstellen, was dann passierte: Der Verkäufer fing an zu toben und fuchtelte wild in der Gegen herum. “Unter 6000 Euro verkaufe ich auf keinen Fall!” sagte er. Darauf streckte ich ihm die Hand hin und meinte “Abgemacht!”. Der Verkäufer zeigte sich verblüfft und willigte schließlich ein und der Deal war perfekt. Die Überraschung gelang, denn im Grunde wollte der Verkäufer den Wagen auch loswerden. Wenn dann jemand mit ernsten Absichten kommt und seine Bereitschaft zum Kauf verdeutlicht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man mit sich reden lässt und seine Erwartungen “zurückschraubt”.
Mein Ziel hatte ich erreicht (= den Wagen für 6000 Euro zu erstehen). Der Verkäufer musste nachgeben, hat sein oberstes Ziel (= den Wagen zu verkaufen) auch erreicht. Wir gaben uns die Hand und der Handel wurde im gegenseitigen Einvernehmen abgewickelt. Ich verzichtete dann noch auf das Beanstanden kleinerer Fehler und sicherte Barzahlung zu. Das stimmte den Verkäufer wieder positiv, so dass dieser mir noch einen kompletten Satz Reifen mit auf den Weg gab. Gleichzeitig lies er den Wagen durch den TÜV mit den notwendigen Reparaturen (u.a. Bremsen, neue Klötze, Scheiben etc.).
Nach ein paar Tagen trafen wir uns wieder und der Verkäufer machte deutlich, dass er doch froh über den problemlosen Verkauf seines Autos war. Schließlich hätte man sich doch gut geeinigt und alle könnten zufrieden sein.
Was lernen wir aus solchen Beispielen?
Mit Hilfe des festgelegten Ziels und Respekt vor dem Verhandlungspartner können Sie Erfolge erzielen. Achten Sie die Wünsche ihres Verhandlungspartnern, aber vergessen darüber hinaus ihre eigenen Intentionen nicht. Ordnen Sie weniger wichtige Ziele (hier z. B. kleine, leicht zu behebende Fehler am Wagen) dem obersten Ziel unter und geben Sie bei solchen Punkten auch nach. Das erhöht die Bereitschaft des Gesprächspartners seinerseits, Ihnen wieder entgegenzukommen. Bestehen Sie nicht unbedingt auf ihrem maximalen Ziel (hier Wagenpreis: 5500 Euro), sondern zeigen Sie sich kompromissbereit. Deshalb setzen Sie ihre Maximalforderung natürlich erheblich höher bzw. in diesem Fall niedriger an, so dass noch genügend Spielraum bleibt.
Bei solch einfachen Sachverhalten können sie wunderbar ihre Verhandlungstechnik optimieren. Wer sich z. B. mit guten Autoverkäufern unterhält, wird schnell feststellen, dass diese Leute sehr wohl wissen, wie sie den jeweiligen Interessenten “anpacken” müssen, um ihn für ein Fahrzeug zu interessieren. Es gibt die unterschiedlichsten Techniken hierfür, doch im Endeffekt reduziert sich die Betrachtung immer wieder auf vier Typen:
- Den Pragmatiker
- Den extrovertierten Typ
- Den introvertierten Typ
- Den Analytiker
Ihre Technik sollten Sie je nachdem, welcher Typ Ihnen gegenübersteht, entsprechend anpassen, denn alle Typen erfordern eigene Methoden.
Woran erkennt man die unterschiedlichen Typen?
Der Pragmatiker
Der Pragmatiker hält sich nicht mit sinnlosem Geschwätz auf, sondern möchte gleich zur Sache kommen. Er ist ergebnisorientiert, d. h. möchte bald Resultate sehen. Halten Sie solche Leute nicht mit oberflächlichen Darstellung auf. Kommen Sie gleich zu den wesentlichen Punkten ihres Angebotes und erklären Sie kurz, warum gerade ihr Angebot oder Anliegen vorteilhaft ist. Der Pragmatiker entscheidet rational. Es geht bei ihm nur um die Sache. Ob Sie ihm sympathisch sind oder nicht, interessiert ihn nicht.
Der extrovertierte Typ
Er ist mit Ihnen gleich per Du und erzählt munter vom letzten Urlaub. Der extrovertierte Typ will begeistert werden. Er arbeitet mit Emotionen, möchte ein Produkt toll finden.
Langweilen Sie ihn also keineswegs mit Details oder gar technischen Spezifikationen. Ihn interessiert der “Hype” an einem Produkt. Es muss “in” sein und natürlich funktionieren. Einzelheiten berühren ihn wenig.
Gehen Sie auf Emotionen ein und stimmen Sie dem Mann zu. Passen Sie sich möglichst schnell seiner Sprache an. Wer bei ihm auf gleicher Wellenlänge liegt, hat eindeutig bessere Chancen. Mit Theoretikern kommt dieser Typ kaum klar. Extrovertierte Typen findet man häufig in Vertriebsabteilungen. Sie sind schnell begeisterungsfähig, wenden sich aber auch schnell wieder von Konzepten, Produkten oder Dienstleistungen ab.
Der introvertierte Typ
Ohne Zweifel möchte der introvertierte Typ erst einmal mit ihnen warm werden, sprich sich mit Ihnen unterhalten, mehr über Sie erfahren, bevor er Geschäfte mit Ihnen macht. Gehen Sie es also bei solchen Typen langsam an, sprechen Sie über Gott und die Welt und kehren Sie dann nach längeren Einleitungen zum Geschäftlichen zurück. Introvertierte Typen lassen Sie erst einmal reden, hören aufmerksam zu, “tauen” dann auf. Ihre Zurückhaltung legt sich erst nach einige Zeit, wenn sie sich wohl fühlen. Sie müssen also zu Anfang auf jeden Fall den aktiven Part im Gespräch übernehmen. Wenn Sie solche Typen aber einmal auf ihrer Seite haben, können langfristig erfolgreiche Geschäftsbeziehungen entstehen. Sie halten an bewährten Geschäftsbeziehungen fest.
Der Analytiker
Dieser Typ sitzt meistens in einem Büro voller Technik. Er möchte alles durch Zahlen bestätigt sehen und rechnet auch die dritte Prognose der möglichen Geschäftsentwicklung noch einmal komplett durch. Bei solchen Leuten können Sie nur mit Fakten auftreten. Der Analytiker kann nur durch schwarze Zahlen überzeugt werden. Visionen, Emotionalität und Begeisterung sind ihm weitgehend fremd. Alles was zählt ist die Rechenmaschine auf seinem Schreibtisch. Wer die Rechnung übersteht, hat eine Chance.
Bestätigen Sie also angebotene Produkte oder Dienstleistungen konkret mit Zahlen (Ersparnis, Verdienst, Umsätze etc.). Kommen Sie auf keinen Fall ohne Vorbereitung zu ihm ins Büro. Unterlassen Sie auch das typische “Verkäufer - Geschwätz”. Dafür hat er absolut kein Verständnis.
Jetzt werden Sie vielleicht entgegnen, dass es noch viel mehr unterschiedliche Typen gibt. Das ist richtig! Leider können die meisten Menschen aber in kurzer Zeit nur wenige Typen voneinander unterscheiden. Deshalb habe ich hier diese...