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E-Book

Die Göttersöhne

Die Götter der Germanen - Band 19

AutorHarry Eilenstein
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl204 Seiten
ISBN9783744827775
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Die Reihe Die achtzigbändige Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Daneben werden auch jeweils Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeit der Menschen in ihr zu beschreiben. Das Buch Dieses Buch enthält die Betrachtungen über Hödur den Wintergott, Wali den Rächer, Widar den Himmelswanderer, Bragi den Skalden, Forseti den Richter, Hofund Tyr-Sohn, Magni den Starken, Modi den Kämpfer, Wali Loki-Sohn, Nari Loki-Sohn, Narfi Loki-Sohn und über den namenlosen Sohn des Freyr und der Freya.

Ich bin 1956 geboren und befasse mich nun seit 40 Jahren intensiv mit Magie, Religion, Meditation, Astrologie, Psychologie und verwandten Themen. Im Laufe der Zeit habe ich ca. 40 Bücher und ca. 50 Artikel für verschiedene Zeitschriften verfasst. Seit 2007 habe ich meine jahrzehntelange Nebentätigkeit ausgeweitet und bin nun hauptberuflich Lebensberater. Dies umfasst die eigentlichen Beratungen, aber auch das Deuten von Horoskopen, Heilungen, Rituale, Hilfe bei Spukhäusern u.ä. Problemen, Ausbildung in Meditation und Feng Shui und vieles mehr. Auf meiner Website www.HarryEilenstein.de finden Sie einen Teil meiner neueren Artikel und auch einen ausführlichen Lebenslauf.

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Leseprobe

4. Der Mörder des Baldur

4. a) Die Vision der Seherin


Hödurs einzige Funktion in den überlieferten Mythen ist es, seinen Halbbruder Baldur durch eine List des Loki ungewollt zu töten, wodurch dann schließlich der Ragnarök begann. Dieser „lange Winter“ ist die Umdeutung des ständigen Wechsels von Tag und Nacht sowie von Sommer und Winter zu einem einmaligen Ereignis, dem Fimbulwinter („gewaltiger Winter“).

Die Mistel als „Tatwaffe“ ist als immergrüne Pflanze vermutlich ursprünglich ein Symbol dafür gewesen, daß es nach der Nacht einen neuen Morgen, nach dem Winter einen neuen Sommer und nach dem Tod eine Wiedergeburt geben wird.

Ich sah dem Baldur, dem blutenden Gott,

dem Sohn des Odin, sein Schicksal bestimmt:

Berühmt und schön stand hoch über den Wiesen

zu voller Kraft herangewachsen, der Mistelzweig.

Aus dem Zweig, der so schlank und schön schien,

wurde ein schädlicher Stab, den Hödur schießen sollte;

aber schon nach kurzem wurde Baldurs Bruder geboren

und als er eine Nacht alt war, kämpfte Odins Sohn.

Seine Hände wusch er nicht, seine Haare kämmte er nicht,

bis er Baldurs Feind zum Todesfeuer trug.

Doch in Fensalir weinte Frigg bitterlich

um Walhalls Verlust – wollt ihr noch mehr wissen?

„Baldurs Bruder“ ist der Odin-Sohn Wali, der im Alter von einer Nacht schon seinen Halbbruder rächte. Diese kurze Zeitspanne erklärt sich daraus, daß Wali ursprünglich der Sonnengott-Göttervater Tyr gewesen ist, der am Abend stirbt und am Morgen wiedergeboren wird. Hödur ist der „abendliche Mörder“ des Göttervaters – er hat also die Funktion des Loki in den alten, Tyr-zentrierten Mythen vor 500 n.Chr. übernommen.

Baldur ist die Verkörperung des Schönen, Guten und Richtigen. In den Mythen der Indogermanen findet sich des öfteren ein solcher Gott, von denen der griechische Apollon der bekannteste sein wird. Er ist aus einer Verselbständigung des Aspektes des Richtigkeit-Erhalters des Sonnengott-Göttervaters entstanden.

Da der Tod und die Wiedergeburt des Göttervaters und allgemein die Wiedergeburt der Toten dem Sonnenuntergang bzw. dem Sonnenaufgang gleichgesetzt wurden, hat dieser „Gott der Richtigkeit und der Schönheit“ oft auch Charakterzüge eines Sonnengottes – insbesondere den zyklischen Tod.

In diesem Zusammenhang ist Hödur das, was dem Guten, dem Schönen und der Richtigkeit ein Ende bereitet: die Nacht, der Winter und das Chaos.

4. b) Gylfis Vision


Am ausführlichsten werden der Tod des Baldur und die Ereignisse, die dazu führten, in „Gylfis Vision“ berichtet:

Da frug Gangleri: „Haben sich noch andere Abenteuer mit den Asen ereignet? Eine gewaltige Heldentat hat Thor auf dieser Fahrt verrichtet.“

Har antwortete: „Es mag noch von Abenteuern berichtet werden, die den Asen bedeutender scheinen.

Und das ist der Anfang dieser Sage, daß Baldur, der gute, schwere Träume träumte, die seinem Leben Gefahr deuteten. Und als er den Asen seine Träume sagte, pflogen sie Rat zusammen und beschlossen, dem Baldur Sicherheit vor allen Gefahren auszuwirken.

Da nahm Frigg Eide von Feuer und Wasser, Eisen und allen Erzen, Steinen und Erden, von Bäumen, Krankheiten und Giften, dazu von allen vierfüßigen Tieren, Vögeln und Würmern, daß sie Baldurs schonen wollten.

Als das geschehen und allen bekannt war, da kurzweilten die Asen mit Baldur, daß er sich mitten in den Kreis stellte und einige nach ihm schossen, andere nach ihm hieben und noch andere mit Steinen warfen. Und was sie auch taten, es schadete ihm nicht; das dünkte sie alle ein großer Vorteil.

Aber als Loki, Laufeyjas Sohn, das sah, da gefiel es ihm übel, daß den Baldur nichts verletzen sollte. Da ging er zu Frigg nach Fensal in Gestalt eines alten Weibes.

Da frug Frigg die Frau, ob sie wüßte, was die Asen in ihrer Versammlung vornähmen.

Die Frau antwortete, daß sie alle nach Baldur schießen würde, aber ihm nichts schade.

Da sprach Frigg: „Weder Waffen noch Bäume mögen Baldur schaden: ich habe von allen Eide genommen.“

Da frug das Weib: „Haben alle Dinge Eide geschworen, Baldurs zu schonen?“

Frigg antwortete: „Östlich von Walhall wächst eine Staude, Mistel genannt, die schien mir zu jung, sie in Eid zu nehmen.“

Darauf ging die Frau fort; Loki nahm den Mistelzweig, riß ihn aus und ging zur Versammlung. Hödur stand zuäußerst im Kreise der Männer, denn er war blind.

Da sprach Loki zu ihm: „Warum schießt Du nicht nach Baldur?“

Er antwortete: „Weil ich nicht sehe, wo Baldur steht; zum anderen habe ich auch keine Waffe.“

Da sprach Loki: „Tu doch wie andere Männer und biete Baldur Ehre wie alle tun. Ich will Dich dahin weisen wo er steht: so schieße nach ihm mit diesem Reis.“

Hödur nahm den Mistelzweig und schoß nach Baldur nach Lokis Anweisung. Der Schuß flog und durchbohrte ihn, daß er tot zur Erde fiel, und das war das größte Unglück, das Menschen und Götter betraf.

Als Baldur gefallen war, standen die Asen alle wie sprachlos und gedachten nicht einmal, ihn aufzuheben. Einer sah den anderen an; ihr aller Gedanke war wider den gerichtet, der diese Tat vollbracht hatte; aber sie durften es nicht rächen: es war an einer heiligen Freistätte.

Als aber die Asen die Sprache wieder erlangten, da war das erste, daß sie so heftig zu weinen anfingen, daß keiner mit Worten dem anderen seinen Gram sagen mochte. Und Odin nahm sich den Schaden um so mehr zu Herzen, da niemand so gut wußte wie er, zu wie großem Verlust und Verfall den Asen Baldurs Ende gereichte.

Als nun die Asen sich erholt hatten, da sprach Frigg und frug, wer unter den Asen ihre Gunst und Huld gewinnen und den Helweg reiten wolle, um zu versuchen ob er da Baldur fände, und der Hel Lösegeld zu bieten, daß sie Baldur heimfahren ließe gen Asgard.

4. c) Wegtam-Lied


Wegtam (Odin):

Schweig nicht, Wala, ich will Dich fragen

Bis ich alles weiß. Noch wüßt ich gerne:

Wer wird uns Rache gewinnen an Hödur,

Und zum Bühle bringen Baldurs Mörder?

Wala (Jenseitsgöttin):

Rinda wird Wali in den Hallen des Westens gebären;

dieser Odins-Sohn wird töten, wenn er eine Nacht alt ist.

Er wäscht nicht die Hand, er kämmt nicht das Haar

Bis er Baldurs Mörder zum Bühle brachte.

Genötigt sprach ich, nun will ich schweigen.“

Odins Sohn Wali rächt seinen Bruder Baldur, indem er Hödur tötet.

4. d) Gylfis Vision


Snorri Sturluson berichtet auch, was nach dem Ragnarök geschieht, der mit Baldurs Tod beginnt:

Da sprach Gangleri: „Leben denn dann noch Götter und gibt es noch eine Erde oder einen Himmel?“

Har antwortete: „Die Erde taucht aus der See auf, grün und schön, und Korn wächst darauf ungesäht.

Widar und Wali leben noch, weder die See noch Surturs Lohe hatte ihnen geschadet. Sie wohnen auf dem Idafeld, wo zuvor Asgard war. Auch Thors Söhne, Modi und Magni, stellen sich ein und bringen den Miölnir mit. Danach kommen Baldur und Hödur aus dem Reiche Hels: da sitzen sie alle beisammen und besprechen sich und gedenken ihrer Heimlichkeiten, und sprechen von Dingen, die vordem sich ereignet, von der Midgardschlange und dem Fenriswolf.“

Entsprechend der ursprünglichen zyklischen Mythe, die aus dem Gleichnis zwischen dem Sonnenlauf und dem Leben der Menschen entstanden ist, werden sowohl Baldur als auch Hödur wiedergeboren – denn sonst gäbe es nicht mehr Tag und Nacht und auch nicht mehr Sommer und Winter. Auch Widar, Wali, Modi und Magni sind Göttersöhne und entsprechen somit dieser Symbolik.

4. e) Die Vision der Seherin


Die Rückkehr des Baldur und des Hödur wird auch in „Die Vision der Seherin“ berichtet, die vermutlich das älteste der Lieder in der Edda ist.

Da werden unbesät die Äcker tragen,

Alles Böse bessert sich, Baldur kehrt wieder.

In Heervaters Himmel wohnen Hödur und Baldur,

Die walweisen Götter. Wißt ihr, was das bedeutet?

4. f) Skaldskaparmal


„Wie soll man Hödur...

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